Champagner von einem anderen Stern

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Kürzlich durfte ich als Vertretung vom Chefe an eine Champagner Degu von meinem Mittbewerber Les Bulles teilnehmen, einem hiesigen Champagner Händler, der auf Winzer-Champagner spezialisiert ist. Der Anlass fand in den chic designten, super privée Räumen von Lange & Söhne statt. Sagt Ihnen nichts? Ich helfe Ihnen gern auf die Sprünge: Wenn Sie nicht mindestens 20 Tsd. Franken auf der Seite haben, wird wohl nichts mit dem wunderschönen, handgefertigten Zeitmesser am Handgelenk. Und das ist erst der Einstieg: Gegen oben ist die Skala offen… Mit zwei Millionen Franken produziert Lange & Söhne nämlich die teuerste Uhr der Welt. Fazit zum Thema Zeitmesser am Handgelenk: Schon sehr, sehr chic und wunderschön was die da machen und eventuell, wenn ich darauf wirklich sparen würde, könnte ich mir vorstellen so ein Masterpiece an Understatement zu kaufen. Ich habe jetzt auch angefangen Lotto zu spielen.

Zurück zum Thema: Wie erwähnt – geladen hat Les Bulles. Mit an Bord, respektive der einzige Winzer im Raum war Herve Jestin mit seinen Champagner «Clos de Cumières 2012». Auch noch nie gehört von? Ebenfalls kein Wunder, denn die Stückzahlen der Lange & Söhne Uhren sind drei Mal grösser als die Anzahl Flaschen Champagner, die Hervè Jestin von diesem Wein produziert. Auf der 0.49 Hektar kleinen Parzelle wachsen gerade mal Trauben für knappe 2’500 Flaschen pro Jahr.

Ich war also an einem Ort, wo man die teuersten Uhren kaufen konnte, eingeladen mit einer Handvoll Gästen und zwei weiteren bekannten Star-Journalisten wenn es ums Essen und Trinken geht. Dem Dominik Vombach vom Falstaff und dem Wolfgang Fassbender (der Mann hat sogar seinen eigenen Wikipedia Eintrag!). Man stellte mich ebenfalls als Weinjournalist vor und ich fühlte mich dadurch so geehrt, dass ich 1cm gewachsen bin.

Könnte ich meine eigene Schrift nur besser lesen, ich hätte ausführlicher berichtet…

So – und jetzt kommt’s: Es gab nach viel Gesagtem auch endlich was vom raren «Clos de Cumières zu trinken – und verdammt und zugenäht, ist das gut. Achtung Spoiler: Das ist der beste Champagner, den ich in meinem Leben trinken durfte. Das ist die Endstufe der Endstufen, der Gipfel aller Gipfel – die Rückseite des Mondes oder wie wenn Claude Nicollier auf dem Mars spazieren geht – Freude herrscht und so richtig krass wie von einer anderen Welt.

Aber warum ist das so? Hervé Jestin ist ein Mann im Tweed, irgendwo kurz vor 70ig. A distinguished Gentlemen. Im Herzen aber ist er ein absoluter Biodynamik-Nerd. Quasi der Super-Nerd unter allen biodynamischen Winzern in der Champagne. Der Mann baut nicht nur seine eigene Flasche nach Fibonacci-Vorbild und gewöhnt den Grundwein erst mal an die Flasche, indem er 2dl Wein aus dem Fass nimmt, um ihn 5min in der Flasche zu schwenken und dann anschliessend wieder zurück ins Fass zu leeren, damit die Information vom Glas sich auf den Rest des Weines überträgt, bevor auch der Rest in die Flasche kommt. Er trägt auch Edelsteine in den Rebberg, vergräbt Hörner und behandelt seine Pflanzen mit homöopathischen Mitteln. Man kommt aus dem Staunen nicht raus, wenn man ihm zuhört und man fragt sich «ist das nicht etwas übertrieben»? Die Antwort findet man im Glas und sie lautet ganz offensichtlich «Nein!». Dieser Mann macht keinen Wein für die Konsumenten. «I make wine for human beings». Zitatende.

Der Champagner strotzt vor Energie, das ist mir als erstes aufgefallen. Denn ich hatte schon lange geschluckt und doch immer noch das Gefühl von Perlage im Mund. Die ist übrigens so fein und zart, unfassbar! Hier ist alles an seinem Platz, der Wein ist in Balance. Ach was, der Wein hat die Balance erfunden. Er ist das Equilibrium schlecht hin. Und wie es so ist, wenn man was so Gutes vor sich hat, muss man aufpassen, nicht mit Superlativen um sich zu schmeissen, aber es fällt mir sehr schwer, es nicht zu tun, es sei mir verziehen.

Die Nase ist zum Eintauchen: Rosmarin, Honig, frisches Buttergipfeli, Vanille und weisse Blüten. Am Gaumen saftige, animierende Säure, wieder etwas milder Honig, Steine, bei denen man nie aufhören will, sie zu lecken, salin, straff mit immenser Struktur und Kraft ohne dabei an Eleganz einzubüssen. Die superfeine Perlage sorgt für eine zartschmelzende Cremigkeit und fast unendlichen Tiefgang. Ich zücke ehrfürchtig die 100 Punkte Karte.

Es ist ein Champagner, der von einem sehr speziellen Menschen gemacht wurde. Ein Champagner, der mich so berührte, dass ich die halbe Nacht nicht schlafen konnte. Und ja, der Clos de Cumières 2012 ist nicht billig, aber jeden einzelnen Franken wert – ehrlich gesagt ist er geradezu ein Schnäppchen, denn mehr Champagner wird man für sein Geld wohl nirgends bekommen. Bezugsquelle Les Bulles für Fr. 318.00

2 Kommentare
  1. Markus Feer
    Markus Feer says:

    Ich hab mir als erstes mal das Buch geleistet, das die ‚Les Bulles‘ inspiriert hat zur Firmengründung. Ist doch wesentlich günstiger und zeitlich nachhaltiger als die empfohlene Champagnerbottle
    Liebe Grüsse
    Markus Feer

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