Besuch bei Madeleine & Denis Mercier

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«Kult-Winzer» – ich mag das Wort nicht sonderlich. Doch für Denis Mercier trifft dieser Begriff wahrlich zu. Seit Jahren vinifiziert er zusammen mit seiner besseren Hälfte, Anne-Catherine Mercier, Walliser Weine auf höchstem Niveau. Dabei bleibt das Paar aber erfrischend bescheiden, still und zurückhaltend – Starallüren? Fehlanzeige!

Ebenso still ging respektive geht der Generationenwechsel über die Bühne. Madeleine Mercier übernimmt nach und nach die Leitung des elterlichen Weingutes, hält dabei an Bewährtem fest und lotet auf überlegte Art und Weise die Vor- und Nachteile von Innovationen aus. Ich traf Madeleine kürzlich im Chateau de Villa beim Nachtessen und vereinbarte spontan einen Besuchstermin, um die 2017er Weiss- und Rotweine sowie die 2016er Barrique-Weine zu verkosten.

Das Jahr 2017 war auch im Wallis alles andere als einfach. Der Frost im April hat seine Spuren hinterlassen und nur mit minutiösem Aufwand konnte das Traubengut ohne qualitative Verluste eingefahren werden. So markierten die Merciers die einzelnen Rebtriebe mit Farbcodes, damit sie die «Frühen» (ohne Frostschaden) und die «Späten» (vom Frost betroffen und später in der Entwicklung) während der Ernte auseinanderhalten konnten. Geerntet wurde entsprechend in zwei Tranchen, das Traubengut anschliessend nochmals streng selektioniert.

Das Resultat lässt sich sehen respektive trinken. Die aktuelle Mercier-Kollektion gehört einmal mehr zum Besten, was das Wallis zu bieten hat.

Die aktuelle Kollektion von Madeleine & Denis Mercier (c) vvWine.ch

Ich durfte die Weine zusammen mit Madeleine und zwei Weinfreunden in Ruhe verkosten. Die Weissweine präsentierten sich dabei reif und mit sehr opulenter Frucht. Es sind in der Tendenz kräftige Weine, welche sich weniger zum Apéro, sondern vielmehr als strukturierte Essbegleiter eignen.

Kraftvoll und mit opulenter Frucht ausgestattet: die Weissweine von Madeleine & Denis Mercier (c) vvWine.ch

2017, Fendant, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Chasselas): Verhaltene Nase, Apfel, Willjamsbirne, Aprikose und weisse Blüten. Im Auftakt mit Schmelz und Druck, leichter bis mittlerer Körper, wieder reifer Apfel und etwas Aprikose, zieht sich im Abgang angenehm hin, endet dezent salzig. Jetzt bis 2022 geniessen, 17.5 vvPunkte (88/100)

2017, Pinot Blanc, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Weissburgunder): Expressive Nase, Gräser, Apfel, würzige Noten. Im Auftakt kraftvoll, mit reifer aber saftiger Frucht, der Wein zeigt einen mittleren Körper, breitet sich mehr und mehr aus, zeigt Schmelz und mit steigender Temperatur auch merklich Alkohol (14%), aromatisch mit reifem Apfel und vielen exotischen Früchten, im Abgang von sehr guter Länge. Jetzt bis 2024, 17.5 vvPunkte (89/100)

2017, Johannisberg, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Sylvaner): Offene Nase mit Mango, reifen Zitrusfrüchten, auch Grapefruit und Anflüge von Eisbonbons. Im Auftakt mit saftiger Frucht, zeigt Druck und eine gute Struktur, die Säure ist sehr gut eingebunden, hält das Fruchtkonzentrat in Balance. Im Abgang endet der Wein auf reife, exotische Früchte. Jetzt bis 2024 , 17.5 vvPunkte (88/100)

2017, Petit Arvine, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Petit Arvine): Expressive Nase, Blumen, Zitrusfrüchte, Apfel und exotische Früchte, darüber florale Noten, sehr komplex. Im Auftakt ungemein fruchtbetont, intensiv aromatisch mit Dörraprikosen, Äpfeln und Birnen, die sehr süss anmutende Frucht, wird getragen von einer gut integrierten Säure, der Wein zeigt feminine Rundungen, wirkt dabei aber nicht schwer und plump, sondern ist sehr ausgewogen, präzis und wunderbar langanhaltend im Abgang. Jetzt (auf der Frucht) bis 2022 geniessen 18 vvPunkte (91/100)

2017, Païa/Heida, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Savagnin Blanc, der biologische Säureabbau wurde im Barrique gemacht). Sehr schönes Parfum, viele Blüten und Zitrusfrüchte, Anflüge von reifen Bananen, dazu eine ganz dezente Holznote, sehr schöne Komplexität. Im Auftakt kraftvoll und mit viel Schmelz, da ist eine satte Frucht, getragen von einer sehr guten Struktur, die Säure ist hervorragend eingebunden, der Wein zeigt Spannung und Energie, trotz merklich Druck und süsser Fruchtkonzentration bietet dieser Heida erstaunlich viel Trinkfluss. Im Abgang sehr lang und mit einer wunderbaren Würze. Jetzt bis 2024+, 18 vvPunkte (91/100)

Fokussiert und mit gesunder Selbstkritik: Madeleine Mercier während unserer Verkostung (c) vvWine.ch

2016, Marsanne, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Marsanne, Ende Oktober gelesen, 5g Restzucker). Intensiv duftende, komplexe Nase, viele reife Birnen, Dörraprikosen, karamelisierte Nüsse, Lindenblüten, Gewürze. Im Auftakt knackig und explosiv, sensationell konzentrierte Frucht, die Süsse wird von einer frischen Säure balanciert, auch hier aromatisch mit deutlich Dörraprikosen, Weinbeeren und Nüssen, im Abgang sehr lang, endet trotz der Süsse angenehm frisch. 18 vvPunkte (91/100)

2017, Dôle Blanche, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Pinot Noir saignée). Offene, feinduftige Nase, deutlich Himbeerbonbons, dazu Kräuter. Im Auftakt fruchtbetont und mit anständig druck, mittlerer Körper, sehr schöne, reife Frucht, die Säure stimmt, der Alkohol ist allerdings etwas gar präsent. Unkompliziert aber nicht banal, zeigt im Abgang wieder viel reife Himbeerfrucht. Nicht zu warm trinken. 17 vvPunkte (85/100)

Eindrücklich: die im Barrique ausgebauten Weine von Madeleine & Denis Mercier – Pinot Noir «Pradec», Cornalin, Syrah und Humagne Rouge (c) vvWine.ch

Die anschliessend verkosteten Rotweine bestachen allesamt durch eine konzentrierte, reife aber nicht überreife Frucht. Ein weiterer, sehr positiver Punkt, ist das perfekt eingebundene Holz. Alle Barrique-Weine der Merciers zeugen von viel Gespür für einen moderaten Umgang mit Neuholz. Madeleine erwähnte, dass jährlich nur ca. 20% der Fässer erneuert werden und dass man Holz lediglich als Oxidations-Hilfe, nicht aber als Aroma-Instrument versteht.

2017, Pinot Noir, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Pinot Noir, im Stahltank ausgebaut): Offene Nase, sehr fruchtbetont mit reifen Himbeeren, Sauerkirschen und Gräsern. Im Auftakt präzis und gradlinig, sehr fruchtbetont, mittlerer Körper, reife rote Himbeerfrucht, getragen von einer guten Säure, und eingebettet in seidenweiches Tannin, der Wein wirkt konzentriert aber nicht schwer oder gar plump, nein, das zeigt Trinkfluss und im Abgang eine gute Länge. Jetzt bis 2024 17.5 vvPunkte (89/100)

2017, Dôle, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (60% Pinot Noir, 25% Gamay, je ca. 7-8% Ancellotta und Galotta): Angenehm tiefe Nase, würzig und mit dunkler und roter Frucht. Im Auftakt weich und rund, breitet sich aus, umgarnt die Zunge, das ist vollmundig und dennoch verspielt, gut strukturiert und durch seinen süsslichen Schmelz klar als Walliser zu erkennen, endet im Abgang wunderbar würzig. Jetzt bis 2024 geniessen 17.5 vvPunkte (89/100)

2016, Pinot Noir «Pradec», AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Pinot Noir, von Reben um das Chateau Mercier, BSA im Barrique, danach Ausbau im Barrique. Dieser Wein trägt quasi die Handschrift von Madeleine Mercier). Verhaltene, angenehm tiefe Nase, rote und dunkle Früchte, getrocknete Kräuter, würzige Noten, mit mehr Luft auch Anflüge von Leder und Rauch, das Holz sehr gut eingebundenen. Im Auftakt kraftvoll und ungemein fruchtbetont, die Frucht ist fast schon «kitschig schön», erinnert in ihrer Aromatik an Fruchtbonbon, der Wein ist konzentriert und zeigt viel Körper, das Holz ist perfekt eingebunden, verleiht dem Wein die nötige Struktur, überdeckt die wunderbare Frucht aber nicht, alle Elemente sind in sehr guter Balance. Im Abgang langanhaltend und dezent würzig. Macht heute schon Spass, dürfte aber sehr gut reifen. Jetzt bis 2026+ geniessen, 18 vvPunkte (91/100)

Der neue Barrique-Keller der Merciers: schlicht aber schön (c) vvWine.ch

2016, Humagne Rouge, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Humagne Rouge, Ausbau im Barrique). Offene, krautig-würzige Nase, zeigt Aromen von reifen Himbeeren und Brombeeren. Der Auftakt ist weich und rund, der Wein ist bereits zugänglich, mit dunkler und roter Beerenfrucht, diese wirkt leicht eingekocht, dazu ein Touch Vanille, strukturiert, mit einer dezenten Krautigkeit ausgestattet, die dem Wein gut steht. Zieht sich im Abgang sehr lang hin, endet auf Waldbeerkompott und Gewürznelken. Jetzt bis 2026 geniessen, 17.5 vvPunkte (89/100)

2016, Cornalin, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Cornalin, im Barrique ausgebaut).Was für eine Nase, das ist sensationell tief und würzig, ein Konzentrat aus Brombeeren, Heidelbeeren, dunklen Kirschen und schwarzen Johannsibeeren, dazu exotische Gewürze und florale Noten, hervorragend komplex man möchte eintauchen. Im Auftakt weich und rund, breitet sich aus, wird vollmundig, zeigt eine sehr gute Struktur, das ist dicht und konzentriert ohne jegliche Plumpheit, eine sensationelle Säure stützt, der Alkohol ist perfekt eingebunden, präzis und mit einer wunderbaren Saftigkeit ausgestattet, sehr ausgewogen. Die dunkle Frucht der Nase wiederholt sich, ist zudem gespickt mit würzigen Elementen. Im Abgang zieht sich der Wein ausgesprochen lange hin. Ein Hit, ich bekomme Hühnerhaut, ein Kraftpaket auf dem Hochseil, aber ohne Absturzgefahr – das zeigt definitiv eine perfekte Balance. Jetzt bis 2035. 19+ vvPunkte (94+/100)

Grund, warum Cornalin bei unseren Vorfahren nicht beliebt war: Mal mit, mal ohne Trauben, aber nicht jedes Jahr bei den selben Stöcken (c) vvWine.ch

2016, Syrah, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Syrah, im Barrique ausgebaut). Sehr sortentypische, komplexe Nase, pfeffrig, dunkelfruchtig, mit vielen Brombeeren, dunklen Kirschen, getrockneten Kräutern, kühl und steinig anmutend. Im Auftakt weich und zugänglich, da möchte man gleich schlucken, dann breitet sich der Wein aus, wird vollmundig, ausgesprochen gut strukturiert, mit super fein gewobenen Gerbstoffen, welche die konzentrierte, dunkle Frucht umhüllen, verspielt, charaktervoll, würzig und mit saftiger Säure ausgestattet, die den Wein bis in den langen Abgang frisch hält. Ein Hit, Konzentration und Finesse auf sehr hohem Niveau. Jetzt bis 2035, 18.5+ vvPunkte (93+/100)

2016, Ermitage, AOC Wallis, Denis Mercier, Sierre, Schweiz (100% Marsanne, mit 220 Oechsle am 2. Februar 2017 gelesen, im neuen Barrique ausgebaut). Was für ein Duft, ungemein tief und komplex, Dörraprikosen, Rosinen, Pfirsich, reife Mango, Nüsse, wow, da könnte man eintauchen, einfach nur schnüffeln. Im Auftakt süss und kraftvoll, unglaublich konzentriert, vollmundig und hedonistisch, mit viel Körper und ausladender Süsse, wäre da noch eine markantere Säure, ich würde total ausflippen. Dieser Wein ist wie ein flüssiges Dessert, eine Symbiose aus Crème brûlée, Mango-Eis und Aprikosen-Tart, alles hochkonzentriert und fokussiert in einem Wein vereint, in homöopathischen Dosen mit nur ein paar Tropfen auf die Zunge genossen, hält sich dieser Medidationswein minutenlang im Abgang. Ein eindrückliches Erlebnis, für Süsse-resistente Menschen. Konzentrierter kann man ein Dessert nicht zubereiten. Jetzt bis 2050, 19 vvPunkte (95/100).

Die Weine sind, teils leider nur in homöopathischen Mengen, direkt bei Mercier Vins erhältlich.

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