Wie reifen die Ice-Cider-Weine von Brännland? Eine Mini-Vertikale.

,

Vor rund anderthalb Jahren hatte ich die schwedischen Apfel-Eisweine von BRÄNNLAND ICECIDER zum ersten Mal im Glas. Seither durfte ich diese spannende Weinkuriosität ein paar Mal probieren und im Rahmen einer dieser Gelegenheiten auch einige Worte mit Andreas Sundgren wechseln, welcher quasi der Vater des Icecider-Projektes ist. Ich fragte Andreas, ob seine Tropfen denn auch so gut reifen, wie beispielsweise Süssweine aus Deutschland, welche ebenfalls über wenig Alkohol, viel Süsse und ausgesprochen viel Säure verfügen.

Andreas konnte diese Frage nicht final beantworten. Nicht weil er nicht weiss wovon er spricht, sondern weil von seinen Produkten erst ein paar wenige Jahrgänge produziert worden sind. Meine Erfahrung mit Apfel-Eiswein ist zugegebenermassen sehr limitiert, doch meine und auch die Erfahrungen von Andreas liessen uns mutmassen, dass die Icecider-Produkte von Brännland genauso schön reifen können, wie andere Süssweine dieser Welt.

Minivertikale Brännland, Iscider: die Weine können reifen (c) vvWine.ch

Spontan bot Andreas an, mir eine kleine Vertikale seiner Icecider-Weine zuzusenden, damit ich diese in Ruhe verkosten und vergleichen kann.

Die Icecider-Weine verfügen je nach Jahrgang über moderate 10-12% Alkohol, dagegen aber enthalten sie 300-380g Restzucker und sehr hohe Säuren. Statt mir diese Dosis der Extreme alleine zuzuführen entschloss ich mich, den „Schweizer Entdecker“ dieser Weine, Markus Utiger von Le Millesime sowie die weinbegeisterte Flavia Hiestand, die zusammen mit ihrem Lebenspartner Markus Burkhard das innovative Restaurant Jakob in Rapperswil führt, zur Verkostung einzuladen. Ebenfalls anwesend waren Patrick Röthlisberger, Sommelier bei SwissRe und Philippe Cohen, Winzer auf Ch. Vieux Taillefer in St-Emilion (über dieses äusserst spannende Weingut aus Bordeaux sowie über die grossartige Qualität des Restaurant Jakob werden wir demnächst berichten).

 
Das Verkoster-Team: v.L. Philippe Cohen (Ch. Vieux Taillefer), Flavia Hiestand (Restaurant Jakob),
Patrick Röthlisberger (Sommelier SwissRe), Markus Utiger (Sommelier, LeMillesime)
und Adrian van Velsen (vvWine, hinter der Kamera) (c) vvWine.ch

Wir verkosteten die Weine offen in der oben erwähnten, kleinen Runde von fünf Personen. Es ging dabei weniger darum die Weine im Detail zu beschreiben, sondern vielmehr wollten wir feststellen, ob und wenn ja, wie stark die Weine über die wenigen Jahre bereits gereift sind.

Die Farbe war bei den jüngsten drei Weinen fast identisch, nur der älteste zeigte deutlich mehr dunkle Nuancen. In der Nase und am Gaumen aber präsentierten sich sämtliche Tropfen sehr frisch und spannungsvoll. Müde, oxidativ oder sonst in irgendeiner Form schwächelnd war keiner der Icecider. Lediglich der Jahrgang 2014 schien in der Flasche eine leichte Nachgärung durchgemacht zu haben, denn es machte sich bei dieser Flasche Co2 bemerkbar, was meine Bewertung negativ beeinflusste. Nachfolgende meine Eindrücke:

2015, Icecider, Brännland, Schweden (35 Brix, 11.4% Alkohol): Dunkles, leuchtendes Gelb. Intensive Nase nach frischen Äpfeln, Earlygrey-Schwarztee, weissen Blüten, Orangen, verspielt, sehr komplex. Strukturiert, saftig, grossartiges Süsse/Säurespiel, dicht und sehr komplex, dabei aber ungemein ausgewogen und tänzerisch leicht. Sensationelle Länge im Abgang. Jetzt bis 2028+, 18.5 vvPunkte (93/100).

2014, Icecider, Brännland, Schweden (34 Brix, 11.7% Alkohol): Dunkles, leuchtendes Gelb. Offene, leicht rauchige Nase, mehliger Apfel, Blätterteig, Gurke, Tee, dahinter Caramel und erdige Noten, sehr schöne Komplexität. Im Auftakt mit deutlich Co2 (Nachgärung in der Flasche), frische, saftige Frucht, neben Apfel auch Aprikosenaromen, markante Säure, etwas Minze, Honig. Langer Abgang. Wäre nicht das Co2 würde die Benotung noch besser ausfallen. Jetzt bis 2025, 18 vvPunkte (90/100).

2013, Icecider, Brännland, Schweden (33 Brix, 11.0 % Alkohol): Dunkles, leuchtendes Gelb. In der Nase viele reife Äpfel, dazu auch Quitte und Aprikose, erinnert fast etwas an Sauternes. Strukturierter, fülliger Gaumen, markante Süsse, getragen von einer ebenso markanten Säure, neben den obligaten Apfelaromen auch mit Aromen von Zartbitterorangen, Caramel und Nüssen. Endet sehr lang auf helle Rosinen. Jetzt bis 2025+, 18.5 vvPunkte (93/100).

2012, Icecider, Brännland, Schweden (38 Brix, 10.0% Alkohol): Bernsteinfarben, deutlich dunkler als die jüngeren drei Weine. Sehr intensive Nase, mehliger, warmer Apfel, abgelöscht mit etwas Calvados, Blätterteig, Schwarbrot, zeigt erste Reifenoten, wirkt aber nicht müde. Im Auftakt kraftvoll, opulent, sehr weich, süss, die Säure stützt, scheint aber weniger ausgeprägt als bei den jüngeren Weinen, Apfel, Schwarztee, darüber Gewürznoten die mich an Magenbrot erinnern, komplex und mit langem, auf Hagebutte endendem Abgang. Spannend, schön gereift, mit Reserven. Jetzt bis 2023+, 18 vvPunkte (91/100)

Impressionen einer eindrücklichen Verkostung der Brännland, Iscider Weine (c) vvWine.ch

Mein Fazit ist klar, wenn auch noch nicht durch Langzeitstudien bewiesen: Brännland Icecider-Weine haben ein beachtliches Reifepotential und ich kann jedem Weinkuriositätensammler wärmstens empfehlen, sich ein paar Flaschen davon in den Keller zu legen. Ich werde dies tun. Und es würde mich nicht wundern, wenn ich in 20 Jahren einem weininteressierten Jung-Blogger (wenn es diese Spezies dann überhaupt noch gibt) eine Flasche blind servieren könnte, die sich auch nach langer Reifung noch frischer und jugendlicher präsentiert als der Verkoster selbst.

Die Produkte von Brännland sind in der Schweiz bei Le Millesime erhältlich.

0 Kommentare

Dein Kommentar

Want to join the discussion?
Feel free to contribute!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.