Eindrücklich: 10 Jahrgänge Cornalin von A.C. und D. Mercier

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Cornalin, ursprünglich „der Landrote“ genannt, ist der Name einer autochtonen Traubensorte, die unweigerlich mit dem Wallis in Verbindung gebracht wird. Die Sorte ist eine natürlich entstandene Kreuzung aus den Rebsorten Petit Rouge und Mayolet, welche im Aostatal heimisch sind.

Geschichte und ein Namens-Chaos.
Interessanterweise ist der Name Cornalin resp. Cornalin du Valais erst seit gut 40 Jahren in der Schweiz etabliert. Zwar wurde die Sorte bereits im Jahr 1313 zum ersten Mal erwähnt und ihre Verbreitung im Wallis war anfangs des 20. Jahrhunderts gross. Aufgrund ihrer anspruchsvollen Art – böse Zungen sagten, dass die Sorte nur in jedem zweiten Jahr eine vernünftige Qualität hervorbringt – dezimierten sich die Bestände nach und nach.

1970 leutete Jean Nicollier quasi die Wiedergeburt dieser Sorte ein und taufte sie auf den Namen „Cornalin“. „Cornalin du Valais“ darf nicht mit der gleichnamigen Sorte „Cornalin“ aus dem Aostatal verwechselt werden. Bei dieser handelt es sich nämlich um die ebenfalls im Wallis verbreitete Sorte Humagne Rouge. Somit ist das Namens-Chaos also perfekt.

Der Cornalin von Denis Mercier.
Einer der bekanntesten und besten Produzenten des Cornalin ist Denis Mercier. Zusammen mit seiner Frau Anne-Catherine keltert der in Sierre ansässige Winzer seit den 90er-Jahren einen hervorragenden Cornalin, welcher seit 1999 auch einer der Vertreter im Mémoire des vins Suisse ist.

Die Reben wurden 1988 gepflanzt. 1995 war der erste Jahrgang, welcher im Barrique ausgebaut worden ist. Seither produzieren Denis und Anne-Catherine Mercier Jahr für Jahr einen der hochwertigsten Cornalin-Weine des Wallis. Um jährlich eine Top-Qualität zu erzielen sollten die Erträge nicht über 500g/m2 liegen. In gewissen Jahren, so z.B. 2013, liegt die Erntemenge von Denis Mercier sogar noch deutlich tiefer.

Nach einer rund einwöchigen Maischekaltstandzeit – kalt heisst bei Denis Mercier mit 8-10 Grad wirklich kalt, nicht lediglich 13 Grad kühl – wird der Wein in Barrique-Fässern ausgebaut. Je nach Jahr beträgt der Neuholz-Anteil lediglich 20-25%. Denis Mercier legt viel Wert darauf, das Holz subtil einzusetzen. Es soll unterstützen, den Wein und die Frucht aber in keinem Fall überlagern.

Verkostung im Château de Villa ohne Denis Mercier’s Anwesenheit. 
vvWine hatte die einmalige Chance, zehn Jahrgänge dieses Weins zu verkosten. Fabrice Thorin, Direktor des Château de Villa, organisierte die Verkostung. Vorbereitet und geleitet wurden die Degustation von Emmanuel Charpin, seineszeichens auch Präsident des Charte Grain Noble ConfidenCiel sowie Ambassador und kommerzieller Direktor des Clos Tsamphero.

Zehn Weine, vom gleichen Winzer indentisch vinifiziert. Zehn Weine, bei denen die Eigensinnigkeit einer kapriziösen Sorte im Kontext des jeweiligen Jahrgangs spricht.

Perfekte Verkostungs-Bedingungen im Château de Villa, Sierre (c) vvWine.ch
Die Weine wurden von Adrian van Velsen offen und in der Reihenfolge des zunehmenden Alters verkostet, sprich der jungen Jahrgänge am Anfang, die reifen am Schluss. Die Verkostungs-Bedingungen waren im perfekt ausgerüsteten Schulungsraum des Château de Villa ideal.
Alle Cornalin-Weine wurden ca. 1h vor der Degustation geöffnet und doppelt dekantiert. Acht der zehn Jahrgänge wurden aus der Magnum serviert, so dass alle Teilnehmer den exakt gleichen Wein im Glas hatten. Bei den zwei ältesten Weinen, welche nicht in Magnum-Flaschen verfügbar waren, wurden die Inhalte von zwei Normalflaschen in einer Karaffe gemischt und dann zurück in die Normalflasche geschüttet, so dass alle Verkostungsteilnehmer auch von diesen Jahrgängen ein identisches Verkostungsmuster erhielten.
10 Jahrgänge Cornalin von A.C. und D. Mercier (c) vvWine.ch

Zum Auftakt der Verkostung, an welcher Denis Mercier angeblich nicht auftreten sollte, gab es den wunderbaren 2015er Chasselas.

2015, Denis Mercier, Fendant, Wallis, (Chasselas): Mittleres Gelb, blasser Rand. Die Nase feinduftig, sehr sortentypisch, weisse Blüten, Pfirsich, Holunderblüten sowie etwas Haselnuss, sehr gute Komplexität. Weicher, fast etwas molliger Auftakt, sehr reife, satte Frucht, wieder Anflüge von Pfirsich, dazu auch Zitrusfrüchte, kräftiger Körper, viel Schmelz, die Säure ist eher tief, doch wirkt der Wein trotzdem angenehm frisch, Im Abgang von sehr guter Länge, endet dezent würzig. Ein sehr kräftiger Chasselas mit guter Balance und soliden Reserven. Jetzt bis 2024, 17.5 vvPunkte, (88/100)

Dann ging’s los mit der Cornalin-Vertikale. Den Auftakt machte der Cornalin aus dem Jahr 2013.

2013, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Kräftiges Rubin, am Rand mit lilafarbenen Reflexen. Tiefe, noble Nase, rauchige und würzige, an Nelken erinnernde Noten, dunkle Frucht, Brombeeren, schwarze Kirschen, etwas Leder, schwarze Schokolade, mit mehr Luft auch krautige Noten sowie eine feine Floralität die an Veilchen erinnert, sehr gute Komplexität. Am Gaumen fruchtbetonter Auftakt, weich und geschmeidig, mit Aromen von Sauerkirschen, Brombeeren und Lakritze, sehr gut strukturiert, fein gewobene Tannine, die Säure stützt, macht den Wein saftig und ungemein frisch, Im Abgang langanhaltend, endet wie er begonnen hat auf Brombeeren. Ein sehr dichter, saftiger und grossartig ausgewogener Cornalin, noch jugendlich aber mit Reserven. 2018 bis 2034, 18.5 vvPunkte, (92/100)

2012, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Leuchtendes Rubin, violette Reflexe. Offene, sehr duftige Nase, floral, rauchig, würzig, verspielt, mit Veilchen, dunklen Beeren, dann auch etwas Menthol sowie feuchtes Unterholz, sehr gute Komplexität. Fruchtbetonter Auftakt, neben dunklen Beeren auch rotfruchtige Aromen, Sauerkirschen, ein Hauch Blutorangen, mitteklkräftiger Körper, reife, wenn auch teils etwas kantige Gerbstoffe, die Säure markant, macht den Wein sehr lebhaft, Die Gerbstoffe und die Säure umgarnen die Frucht, verleihen dem Wein sehr viel Frische. Im Abgang von mittlerer Länge, endet auf Blutorangen. Ein Wein seines Jahrgangs, vielleicht nicht gleich langlebig wie ein Cornalin aus ganz grossen Jahren, doch wer weiss: dieser Cornalin könnte in 10 Jahren für eine Überraschung gut sein. Jetzt bis 2026, 17.5 vvPunkte, (89/100)

Fabrice Thorin, Direktor des Château de Villa (c) vvWine.ch

2011, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Kräftiges Rubin, im Kern fast Schwarz. Intensive, noch etwas vom Holz geprägte Nase, dunkelfruchtig, würzig, mit dunklen Kirschen, Rauch, auch Torf sowie einem Hauch flüchtiger Säure, sehr gute Komplexität. Straffer Auftakt, saftig, rotfruchtig, unglaublich knackig und gleichzeitig sehr kraftvoll und würzig, mittelkräftiger Körper, die Frucht wirkt konzentriert aber ohne jegliche Breite, denn da stellt sich auch eine markante Säure dagegen, spannend, noch etwas wild und ungestüm aber doch sehr ausgewogen, Im Abgang von schöner Länge, endet hitzig aber nicht brandig. Dieser Cornalin erinnert mich mit seiner grossen Würze fast ein wenig an einen Syrah, hat definitiv Reserven. Jetzt bis 2028, 18 vvPunkte, (91/100)

2010, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Dichtes Rubin, jugendlich wirkend, purpurfarbene Reflexe. Tiefe, noble, feinduftige, florale und sehr steinige Nase, wow, das macht Spass, Veilchen, Brombeeren, dunkle Kirschen, Blutorangen, Rauch, ein Hauch weisser Pfeffer, Thymian sowie dunkle Schokolade, sehr gute Komplexität. Weicher, fast harmloser Auftakt, dann breitet sich der Wein aus, zeigt eine satte Frucht, viele schwarze Kirschen, dazu auch rote Beeren, mittlerer Körper, feine Gerbstoffe, unglaublich knackige Säure, hier tanzen die Elemente eine hervorragende Choreographie, leichtfüssig und doch dicht, verspielt und mit grossartiger Ausgewogenheit. Im Abgang langanhaltend, endet auf dunkle Kirschen und frisch geraspeltes Süssholz. Ein Klasse-Wein und eine sehr burgundische Interpretation der Sorte, hervorragend. Jetzt bis 2030, 19 vvPunkte, (94/100)

2009, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Kräftiges Rubin, nach wie vor Lila Reflexe. Tiefe, mineralische, kalkige Nase, anfangs noch verhalten, dann mehr und mehr floral, viele Veilchen, dazu rote und dunkle Beeren, Leder, Unterholz, sehr gute Komplexität. Am Gaumen weicher Auftakt, rote und dunkle Früchte, ein Hauch Würze, dicht, kraftvoll, reif und doch nicht fett, kräftiger Körper, die Gerbstoffe sind markant, reif, seidig gewoben, die Säure stützt, ohne zu überborden, Im Abgang sehr langanhaltend, endet auf dunkle Kirschen und etwas Nelken. Das ist ein Archetyp eines Cornalin. Ob man ihn oder den 2010er präferiert, ist schlussendlich eine Frage der Stilistik. Jetzt bis 2032, 19 vvPunkte, (94/100)

2008, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Rubinrot, aufgehellter Rand, erste Reifetöne. In der Nase tief, verspielt und spannend, florale Aromen wechseln sich mit Reifenoten ab, Unterholz, Veilchen, sogar etwas Rosen und Moos, ein Parfum, das irgendwo zwischen älterer, leicht überparfümierter Dame und dem Keller eines etwas in die Jahre gekommenen Grand Hotel schwankt, sehr gute Komplexität. Am Gaumen straffer, eher schlanker Auftakt, rotfruchtig, frisch, saftig und sehr trinkanimierend, der Wein hat einen mittelkräftigen Körper und eine solide Struktur, er ist perfekt gereift mit gut eingebundenen Gerbstoffen und einer sehr schönen Säure, endet angenehm lang. Aktuell ist dieser Wein im besten Genussfenster und er zeigte an diesem Abend so wunderbar viel Charme. Jetzt bis 2021, 18 vvPunkte, (91/100)

2007, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Reifes Rubin, gegen den Rand aufgehellt. Offene, feinduftige und florale Nase, dezent Veilchen, trockenes Leder, Sauerkirschen, Torf und etwas schwarze Schokolade, gute bis sehr gute Komplexität. Am Gaumen sehr weicher, reifer Auftakt, da ist eine pfeffrige Würze, rote und dunkle Früchte, sowie Blutorangen, eher leichter Körper, gut integrierte Säure und präsente, etwas kantige Gerbstoffe, Im Abgang von solider Länge. Kein grosser Wein aber ein angenehmer Tischgenosse, der die nächsten paar Jahre durchaus viel Trinkspass bereiten wird. Jetzt bis 2020 geniessen. 17.5 vvPunkte, (88/100)

Überraschungsgast Denis Mercier (c) vvWine.ch

2006, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Kräftiges Rubin, leicht aufgehellter Rand. Die Nase ist nobel, rauchig, ausladend mit einer schönen Reife, dunkler Frucht, dazu auch kühler Rauch, etwas Sauerkirsche, Blutorange und deutlich schwarzen Kirschen, mit etwas mehr Luft riecht man Süssholz, angebranntes Holz und Nelken, ein Spektakel, sehr gute Komplexität. Am Gaumen sehr weich, ja fast harmlos beginnend, dann wunderbar würzig, wieder deutlich Kirschen, konzentriert, dicht und doch tänzerisch leicht, feinste Gerbstoffe, sehr gut integrierte Säure. Im Abgang von ausgezeichneter Länge. Der, auch dank seiner Reife, vielleicht ausgeglichenste Vertreter des Abends. Hat alles eines grossen Cornalin, ist in seinem besten Trinkfester und noch lange nicht müde. Jetzt bis 2024, 19 vvPunkte, (94/100)

Und dann kam er doch noch, Denis Mercier.
Während ich den letzten Schluck des wundervollen 2006ers im Glas hatte betrat plötzlich Denis Mercier den Raum und löste spontan einen grossen Applaus aus. Wer ihn kennt, der weiss es: Denis Mercier ist kein Mann der grossen Worte. Ich traf ihn vor rund eineinhalb Jahren bereits einmal auf seinem Weingut und war beeindruckt von seiner ruhigen und überlegenen Art. Denis ist ein stiller Schaffer, ein eher introvertierter Winzer der aber ganz genau weiss, was er will und was nicht, für mich so etwas wie der „Lou Reed unter den Winzern“. In Ruhe verkostete er „seinen Cornalin“ und bestätigte in kargen aber präzisen Worten, was Emmanuel Charpin teilweise einleitend schon ausgeführt hat.

Denis Mercier und Emmanuel Charpin (c) vvWine.ch

Dann ging es im Beisein von Denis Mercier an die letzten beiden Weine. Einerseits der 2002er und andererseits der 2001er, ein immerhin schon 15jähriger Rotwein aus der Schweiz. Die Weine wurden aus Normalflaschen serviert, welche vorgängig, wie oben beschrieben, in einem Dekanter zu jeweils identischen Weinmustern vermischt wurden.

2002, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Reifes Bordeauxrot, aufgehellter Rand. Kräftige Nase, anfangs noch etwas warm und an Bouillon erinnernd doch dann öffnet sich der Wein, zeigt Aromen von Sauerkirschen, Rauch, Torf, dazu auch einen an einen mit Rotwein abgelöschten Fisch erinnernden Duft, tomatige Noten, Schalotten, Lavendel, sehr speziell, doch mit Luft sich verändernd, florale Noten kommen dazu, spannend, sehr komplex. Der Gaumen straff, saftig und frisch, der Wein zeigt rote Beeren, dazu feinwürzige Noten, rote Pflaumen, sehr gut integrierte Gerbstoffe, unglaublich saftige Säure, eine grossartige Balance. Im Abgang von ausgezeichneter Länge. Das ist ein Cornalin, der zeigt, wie gut die Sorte auch reifen kann. Ausgereift aber noch mit Reserven. Jetzt bis 2022, 18.5 vvPunkte, (93/100)

Im Glas: Cornalin 2002 von Denis Mercier. Im Hintergrund schnüffelt Denis Mercier am 2006er Cornalin (c) vvWine.ch

2001, Denis Mercier, Cornalin, Wallis, (Cornalin): Reifes Bordeauxrot, aufgehellter Rand. In der Nase feinduftig, rauchig, auch dieser Duft etwas an Räucherforelle erinnernd, kühl, kalkig, sehr mineralisch anmutend, rotfruchtige Aromen, Sauerkirschen, dann auch eine kräuterige Würze, sehr verspielt, komplex, einladend und faszinierend. Am Gaumen rotfruchtig und eher straff beginnend, saftig, frisch und lebhaft, ein knackiges Bündel Sauerkirschen, dazu Anflüge von Schalotten, auf den Punkt gereift, die Gerbstoffe entsprechend abgeschmolzen, vom Körper her eher leicht doch mit einer exzellenten Ausgewogenheit und viel Eleganz. Langer Abgang, endet auf Blutorangen und hinterlässt mit einer kühlen, mineralischen Note genau das, was er ganz am Anfang in der Nase schon gezeigt hat. Nicht ganz so dicht wie die anderen Cornalin dafür mit grosser Eleganz. Jetzt bis 2020 geniessen, 18.0 vvPunkte, (92/100)

10 Jahrgänge Cornalin von A.C. und D. Mercier (c) vvWine.ch

Abschliessend bleibt mir, Fabrice Thorin und Emmanuel Charpin für diese eindrückliche Verkostung zu danken. Der Abend war perfekt organisiert und die Temperatur der Weinmuster sowie die Verkostungsbedingungen ganz generell hätten nicht besser sein können. Ich hoffe, dass ich sehr bald wieder an einer Denis-Mercier Probe teilnehmen kann.

Im Anschluss an die Verkostung stand Denis Mercier Red und Antwort (c) vvWine.ch
Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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