Seesicht, Ruhe und ein kulinarisches Highlight.

Man sollte über solche Orte eigentlich gar nicht berichten, denn sie leben davon, dass nicht jeder sie kennt. Orte, die zwar vom Tourismus leben, aber noch nicht zu stark von diesem beeinträchtigt worden sind. Der österreichische Ort Traunkirchen am Traunsee gehört dazu. Dieses kleine Dorf bietet nicht viel ausser eine herrliche Lage am See, viel Ruhe und ein kulinarisches Highlight namens Bootshaus.

Das Traunsee. Die Aussicht vom Hotelzimmer (c) vvWine.ch

Hotel: Das Traunsee.

Wir sind per Zufall auf das 4-Sterne-Hotel Das Traunsee gestossen. Nun ja, nicht ganz: Google hilft uns dabei jeweils ein wenig und nach etwas filtern nach Seeanstoss, Gourmet-Küche und dem damit einhergehenden Weinkarten-Studium ist unsere Wahl auf das Traunsee gefallen.

Der Empfang ist freundlich und unspektakulär ehrlich. Kein unnötiger Papierkram, keine Kofferträger. Der Gang durch den etwas gar in die Jahre gekommenen Hotel-Flur weckt anfangs zwar nicht gerade euphorische Stimmung und auch die Tatsache, dass wir das Zimmer-Personal beim Betreten unseres Zimmers beim vorletzten Feinschliff überraschen, irritiert kurzfristig ein wenig. Was dann aber folgt, schlägt vieles, was wir bisher erleben durften.

Das Zimmer, von aussen eher hässliches Entlein, ist innen modern, sauber und komfortabel in der Grösse. Es verfügt über eine uneingeschränkte Seesicht, eine eigene kleine Terrasse sowie einen direkten See-Zugang. Nach wenigen Schritten über die ineinander verschachtelten Holzstege springt man ins kühle Nass des Traunsees. Standup-Paddel steht zur freien Verfügung und sogar Bikes stehen für die ganz sportlichen Zeitgenossen kostenlos zur Verfügung.

Perfekte Urlaubstage. Die Aussicht vom Zimmer Nr. 7 (c) vvWine.ch

Die Aussicht auf den ruhig dahinplätschernden Traunsee und die darum herumliegenden Berge und Hügel ist traumhaft, sowohl vom Zimmer als auch von allen anderen Räumen des Hotels aus. Nichts stört die Idylle, ausser ab und an ein etwas gar übereifriger Gartenpfleger, der einige hundert Meter vom Hotel entfernt, seine Hecke trimmt.

Das Hotelpersonal ist äusserst freundlich, professionell geschult und erfreulich unaufdringlich. Wer etwas benötigt, bekommt was er sich wünscht. Doch muss man sich hier glücklicherweise nicht alle fünf Minuten bei jemandem entschuldigen und erklären, warum man noch immer nichts braucht. Das Traunsee lässt einen die Ruhe in vollen Zügen geniessen.

Restaurant Bootshaus, ein kulinarisches Highlight.

Da wir an einem Montag anreisen, und das Hauben-Restaurant Dienstags und Mittwochs geschlossen ist, geniessen wir gleich am ersten Abend das Gourmet-Menu von Lukas Nagl (Mitglied Jeunes Restaurateurs d’Europe). Wir haben eine gute, nein eine sehr gute Küche erwartet. Was hier aber geboten wird, übertrifft all unsere Erwartungen.

Unser Tisch direkt am Fenster in einer Ecke ist schlicht gedeckt und grosszügig bemessen. Die freie Seesicht spiegelt sich auch hier wider – Platz, Freiheit und Mut zum Weglassen. Es gibt zwei Menus wovon eines als Vier-Gänger, das andere als Vier- oder Sieben-Gänger konzipiert ist. Wir entscheiden uns für zwei unterschiedliche Viergänger und unser Sohn wählt das Wiener Schnitzel von der Kinderkarte.

Die Speisen sind von hervorragender Qualität. Vom Amuse Bouche – für die Kleinen gibt’s hier sogar einen grossen, kinderfreundlichen Gruss aus der Küche – über die beiden Vorspeisen bis hin zum Hauptgang und Dessert wird hier auf sehr hohem Niveau gekocht, ohne dass dabei übertrieben wird.

Wildkrebse aus den Traunauen, Krebsschmalz, Senfgurke, knusprige Hänchenhaut (c) vvWine.ch

Es dominiert eine wohltuende Schlichtheit. Steinpilz schmeckt nach Steinpilz, Fisch nach Fisch, Krebs nach Krebs und Lamm nach Lamm. Alle Gerichte kommen in perfekter Garstufe und sind finessenreich abgeschmeckt. Die Kombinationen aus Leit- und Begleit-Zutaten sind spannend gewählt und sehr inspirierend zubereitet.

Steinpilzsalat, Latschenkiefer, Perlsago, Walnussöl (c) vvWine.ch

Ein Highlight folgt dem anderen. So um nur einige Beispiele zu nennen, die zweite Vorspeise. Die Wildkrebse schwimmen im orangefarbenen Krebsschmalz und tanzen mit einer krossen Hühnerhaut. Die Reinanke (ein lokaler Fisch) wird roh auf einen heissen Salzstein gelegt auf welchem er nur kurz auf beiden Seiten gart. Er erhält dabei seine feine Salzigkeit vom Salzstein, auf welchem er auch dem Gast präsentiert und mit Poveraden, Eiskristallsalat und Szechuanpfeffer serviert wird.

Zubereitung der Reinanke auf dem heissen Salzstein (c) vvWine.ch
Reinanke am Salzstein, Poveraden, Eiskristallsalat, Szechuanpfeffer (c) vvWine.ch

Als Hauptgang dann ein Bio-Lammfilet aus Rutzenmoos. Dieses hat eine unglaublich zarte Fettkruste und wird mit Melanzane, Mostcurry und Zwiebel angerichtet. Ein auf Blauschimmelkäse basierendes Eis kombiniert mit Apfel, Orangentagetes und Senfessenz schliesst den Magen.

Bio-Lamm aus Rutzenmoss, auf den Punkt gegart, mit Melanzane, Mostcurry und Zwiebel (c) vvWine.ch
Blauer Büffel, Apfel, Orangentagetes, Senfessenz (c) vvWine.ch

Wir sind begeistert, hin und weg. Diese Küche gehört zum Inspirierendsten, was wir in letzter Zeit geniessen durften. Ein Michelin-Stern wäre hier definitiv kein falsches Zeichen.

Der Wein.

Natürlich wird auch Wein getrunken. Nach einigen Tagen und etwas gar fetten Grünen Veltlinern aus dem Wonnejahr 2015 fliesst endlich wieder mal ein schlanker Riesling ins Glas. Das Fostener Ungeheuer 2014, ein Grosses Gewächs vom Weingut von Winning in der Pfalz, macht sowohl als Aperitif als auch als Vorspeisen-Begleiter eine sehr gute Falle.

Zum Hauptgang wünschen wir uns dann einen eleganten Pinot, idealerweise aus dem Burgund. Die Wahl fällt schon fast auf den 2008er Corton Renardes von Lucien Le Moine wäre da nicht Julia, die in letzter Sekunde eine äusserst glückliche Wein-Empfehlung aus ihrem Heimatland abgibt. Ein Pinot Noir aus Österreich wird kredenzt. Das Weingut Schnabel, ein bio-dynamischer Produzent in der Südsteiermark, produzierte im 2014 einen umwerfend feinen, hocheleganten Pinot Noir namens Hochegg. Ohne Schwefelzusatz abgefüllt, zeigt sich dieser Wein aktuell in Höchstform.

Hochelegant und finessenreich: 2014, Pinot Noir Hochegg, Weingut Schnabel, Südsteiermark (c) vvWine.ch

Helles Rubin, schöner Glanz. Offene, sehr zugängliche Nase, leicht krautige Noten, die auf (teilweise) Ganzstil-Vergärung schliessen lassen, vermählen sich mit einer wundervollen Johannisbeerfrucht, dazu etwas Orangenzeste, Sanddorn und Anflüge von Brotrinde, sehr gute Komplexität. Am Gaumen weich beginnend, reife, süsse, rote Frucht und dabei doch ungemein frisch, das Ganze begleitet von einer interessanten Aromadimension, die an gebrannte Vogelbeere erinnert, der Wein ist aber alles andere als alkohollastig, mit seinen lediglich 12% Vol ist er äusserst bekömmlich und trinkanimierend, verfügt aber trotzdem über eine solide Struktur mit mässig ausgeprägtem Gerbstoff und einer herrlich saftigen Säure. Das ist komplex ohne zu überfordern, im Abgang von mittlerer Länge. Stilistisch zu 101% auf meiner Linie, technisch gesehen 17.5 vvPunkte (89/100). Jetzt bis 2019 in seiner Fruchtphase und mit max. 16 Grad geniessen. Danke Julia für diesen Tipp. Ich mache mich also mal auf die Suche…

Null Dosage, Rosé Schwaumwein von Judith Beck (c) vvWine.ch

Da wir mehr und mehr unsere liebe Mühe mit zu hoher Dosage in Schaumweinen haben, fragen wir Julia zum Abschluss des Abends nach einem Zero Dosage Champagner. Da keiner verfügbar ist, empfiehlt uns Julia ein Glas Null-Dosage Schaumwein von Judith Beck. Dieser Wein wird aus der Blaufränkisch Traube rosé gekeltert und wie es der Name sagt, ohne jegliche Zuckerzugabe abgefüllt. Ein weiterer Glücksgriff: knochentrocken, schlank und doch mit herrlicher Frucht versehen, ist dieser Schaumwein der perfekte Abschluss eines wunderbaren Abends. Auch diese Empfehlung ist ein klarer Beweis dafür, dass nicht nur die Köche sondern auch der Sommelier resp. die Sommelière des Restaurants Bootshaus ihr Handwerk verstehen. Chapeau!

Knochentrocken und mit herrlicher Frucht: Null Dosage Rosé von Judith Beck (c) vvWine.ch

Als abschliessende Randbemerkung möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass der Wein im Bootshaus in feingliedrigen, mundgeblasenen Zalto-Gäsern serviert wird; ein kleines aber nicht minder angenehmes Detail.

Es bleibt uns dem ganzen Team vom Hotel Traunsee inkl. Restaurant Bootshaus danke zu sagen. Danke für diese sehr professionelle Leistung, Danke für Seesicht, Ruhe und dieses kulinarische Highlight.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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  1. […] Sommer wurde ich im Restaurant Traunsee auf einen spannenden Pinot Noir aus Österreich aufmerksam: den Hochegg Pinot Noir 2014 vom Weingut […]

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