Etnadays 2023

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In der faszinierenden Welt des Weinbaus gibt es Orte, die sich wie wahre Schatztruhen der Natur präsentieren. Einer dieser aussergewöhnlichen Orte ist der Ätna, Europas höchster und aktivster Vulkan, der sich mit 3’357 Metern Höhe majestätisch über die östliche Küste Siziliens erhebt. Nördlich von der Stadt Catania gelegen hat dieser erhabene Berg nicht nur eine eindrucksvolle geologische Geschichte, sondern birgt auch eine einzigartige und reiche Tradition der Weinherstellung.

Der Ätna von der Tenuta di Fessina aus fotografiert (c) vvWine.ch

Die Vulkanweine vom Ätna sind nicht nur ein exquisites Beispiel für die Fähigkeit der Natur, Schönheit und Fruchtbarkeit aus Zerstörung zu erschaffen, sondern sie erzählen auch die Geschichte einer leidenschaftlichen Gemeinschaft von Winzern, die sich der Herausforderung stellen, auf den steilen Hängen dieses mächtigen Vulkans Weine von erlesener Qualität zu produzieren.

Im Jahr 1994 wurde das Consorzio Tutela Vini Etna DOC gegründet, das heute über 150 Weinbaubetriebe umfasst, die allesamt mit viel Herzblut und Fachwissen die faszinierende Welt der Vulkanweine am Leben erhalten, indem sie Tradition und Terroir auf einzigartige Weise verschmelzen.

Ätna-Weine, so weit das Auge reicht… (c) vvWine.ch

Eine sich ständig ändernde Geologie.

Der Ätna ist ein sehr aktiver Vulkan, dessen Eruptionen die Geologie immer wieder verändert. Zu den wichtigsten Events der letzten paar hundert Jahre gehören der der Ausbruch von 1669, der einer der verheerendsten in der Geschichte des Ätna ist. Er führte zur Zerstörung zahlreicher Dörfer und zur Verschüttung der Stadt Catania unter Lava. Dieser Ausbruch dauerte mehrere Wochen und hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die Region.

Der Lavaausbruch des Ätna im Jahr 1879 war ein weiteres, bedeutendes vulkanisches Ereignis. Dieser Ausbruch begann am 27. März 1879 und dauerte bis zum 28. Juli 1879, was einer der längsten dokumentierten Ausbrüche des Ätna ist.

Testa di moro (c) vvWine.ch

Ebenfalls sehr gross war der Ausbruch von 1928, der zur Evakuierung von Tausenden von Menschen führte und in den umliegenden Gebieten beträchtliche Schäden verursachte. Es gab damals auch Opfer, da einige Dörfer von der Lavaströmung betroffen waren.

Im Jahr 1981 erlebte der Ätna einen weiteren bemerkenswerten Ausbruch dessen Eruption mehrere Wochen dauerte und internationale Aufmerksamkeit auf sich zog. Die glühenden Lavaströme und Aschewolken waren deutlich sichtbar und es kam auch zu Beeinträchtigungen im Flugverkehr.

Schliesslich war da der Ausbruch von 1991-1993, einer der längsten in der jüngeren Geschichte des Ätna. Er dauerte fast zwei Jahre und führte zur Bildung zahlreicher neuer Krater und Lavafelder.

Die Konsequenz, dieser vielen Vulkanausbrüche ist, dass das Terroir am Ätna im Laufe der Zeit verändert. Alte Gesteinsschichten werden mit Lava bedeckt, neue Böden entstehen. Ein Puzzle von Lagen mit unterschiedlichsten Gesteinszusammensetzungen. Die nachfolgende geologische Karte enthält viele Details zu den einzelnen Vulkanausbrüchen und deren Einfluss auf das Terroir des Ätna.

Die DOC und ihre 142 Lagen, sogenannte Contrade.

Die DOC des Ätna umfasst Weinberge die sich auf Höhen von 400 bis 800m ü. M. im Norden des Vulkans resp. bis 1000m ü. M. im Osten und auf der Südseite des Vulkans erstrecken. Aufgrund seiner grossen Aktivität muss die Weinlandkarte des Ätnas regelmässig erneuert werden. So hat das Schutzkonsortium der Ätna-Weine kürzlich eine aktualisierte Karte des Anbaugebiets veröffentlicht, wodurch die Anzahl der offiziellen Contrade von 133 auf 142 gestiegen ist. Diese Lagen erstrecken sich über elf Gemeinden, nämlich 41 in Castiglione di Sicilia, 25 in Randazzo, 20 in Zafferana Etnea, 13 in Piedimonte Etneo, 10 in Linguaglossa, 9 in Trecastagni, 8 in Milo, 6 in Viagrande, 5 in Biancavilla, 4 in Santa Venerina und 1 in Santa Maria di Licodia.

Die Lagenkarte der DOC Etna mit ihren 142 Contraden

Vier Leitsorten: Carricante, Catarratto, Nerello Mascalese und Nerello Cappuccio.

Im Weisswein (Etna bianco) muss der Carricante-Anteil mindestens 60 Prozent betragen, während der Cuvée-Anteil aus Catarratto Bianco höchstens 40 Prozent ausmachen darf. Zusätzlich können bis zu 15 Prozent des Gesamtvolumens mit Trebbiano-Trauben oder der einheimischen Minella Bianca ergänzt werden. Im Fall von Bianco superiore muss der Carricante-Anteil mindestens 80 Prozent betragen, während der restliche Anteil aus Rebsorten wie Trebbiano, Minella und anderen nicht-aromatischen Weissweinsorten bestehen darf, die in der Region Sizilien für den Anbau zugelassen sind.

Für Rot- und Roséweine gilt, dass die Hauptrebsorte Nerello Mascalese zu 80 Prozent im Wein enthalten sein muss. Darüber hinaus sind bis zu 20 Prozent Nerello Cappuccio (Nerello Mantellato) und bis zu 10 Prozent anderer, auch weisser Rebsorten, erlaubt, sofern sie für den Anbau in der Region Sizilien zugelassen sind.

Der Etna vom Weingut Murgo aus betrachtet (c) vvWine.ch

Im Falle von Sektweinen muss der Anteil von Nerello Mascalese mindestens 60 Prozent betragen, wobei bis zu 40 Prozent aus anderen in der Region Sizilien zugelassenen Rebsorten stammen können. Der Spumante kann entweder als rosato oder bianco ausgebaut sein.

Die Etna Days 2023.

Im Rahmen der Etnadays 2023 konnte ich eine ganze Reihe von Weinen probieren und einige Weingüter persönlich besuchen, darunter das Gut Tornatore, das 2014 gegründet wurde und mit rund 70 Hektar Rebfläche zu den grössten Weingütern des Ätna gehört. Die Weine von Tornatore präsentierten sich von guter Qualität, allerdings störte der eher hohe Neuholzanteil bei den Weissweinen etwas das Gesamtbild.

Die verkosteten Rotweine von Tornatore (c) vvWine.ch

Ein Besuch bei Feudo Cavaliere, ein Gut dessen Reben zwischen 950 und 1050m ü. M. auf der Südseite des Ätna liegen, war sehr interessant. Einmal einen über 300jährigen Rebstock mit eigenen Augen sehen zu können, ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Feudo Cavaliere verfügt über insgesamt acht Hektar Rebfläche, die mit wurzelechten Reben (teils über 300jährig) bepflanzt sind und deren Bestand mittels Selection Massale aufrechterhalten wird. Entsprechend spannend waren die Weine, die zu 100% Nerello Mascalese (Etna Rosso) resp. 100% Carricante (Etna Bianco) bestehen zu verkosten. Die Feudo Cavaliere Weine kommen erst mehrere Jahre nach ihrer Abfüllung auf den Markt, ähnlich wie dies bei den Rioja-Reserva und Gran Reserva Weinen der Fall ist, so dass sich die in ihrer Jugend eher markanten Tannine weicher präsentieren. Aktuell sind die 2012er und 2013er (Etna Rosso) resp. der 2016er Etna Bianco im Verkauf. Das Gut vinifiziert auch einen ausgezeichneten Rosé-Wein, mit dem Feudo Cavaliere in der Vereinigung Rosés de Terroirs die Ätna-Region vertritt.

Uralte Buschreben bei Feudo Cavaliere (c) vvWine.ch

Bei einem kurzen Besuch auf dem Weingut Murgo war ich von den Schaumweinen besonders angetan. Unter anderem verkostete ich einen faszinierenden 2011er, der sage und schreibe 10 Jahre auf der Hefe reifte, bevor er degorgiert wurde.

Top Schaumweine von Murgo (c) vvWine.ch

Den Abend verbrachten wir in geselliger Runde auf der Tenuta di Fessina. Neben dem Weinmacher von Fessina waren auch befreundete Winzerinnen und Winzer anwesend, die ihre hervorragenden Weine präsentierten. Aus weintechnischer Sicht war dies ganz klar das Highlight meiner Reise, denn alle verkosteten Weine von der Tenuta di Fessina, von Monteleone, von der Tenute Bosco und von Fedegraziani waren schlicht umwerfend.

Alessandro Benedetto, Federico Graziani, Sofia Bosco und Giulia Monteleone (c) vvWine.ch

Am Vormittag meines letzten Tages am Ätna besuchte ich das Weingut Camporè, was so viel heisst wie «das Feld des Königs». Das Weingut liegt direkt an der historischen Zuglinie, welche von Riposto nach Bronte führt, und verfügt über eine eigene Haltestelle (auf Verlangen). 2016 von Maria Pia Madaudodie übernommen und mit viel Liebe zum Detail renoviert, bietet das Weingut heute neben soliden Weinen aus der Contrada San Lorenzo auch fünf Gästezimmer, ein Restaurant sowie diverse Locations, die für Firmenevents oder Hochzeiten genutzt werden können. Sehenswert ist hier auch die liebevoll renovierte Trotte (Palmento), die von der langen Tradition des Gutes zeugt.

Die liebevoll renovierte Trotte (Palmento) von Camporè (c) vvWine.ch

Kurz vor meiner Abreise besuchte ich schliesslich die Tenuta delle Terre Nere, ein Weingut, das ich seit über zehn Jahren verfolge, weil dessen Weine zum Besten gehören, was der Ätna zu bieten hat. Der Besitzer, Marco de Grazia, seines Zeichens Mitbegründer der berühmten Barolo Boys, gehört zu den Lichtfiguren am Etna. Mit seinem 2022er Etna Rosso (der Basiswein des Gutes), den er uns nur zwei Tage nach der Abfüllung präsentierte, hat er ein neues Level erreicht. Spoiler; noch nie habe ich einen so wundervollen Basis Etna Rosso von Terre Nere im Glas gehabt… Daneben präsentierten sich natürlich auch die Lagenweine, darunter die Grand Crus «Calderara Sottana» und «Dagala di Bocca d’Orzo» vorzüglich.

Die verkosteten Weine von der Tenuta delle Terre Nere (c) vvWine.ch

Ebenfalls am Mittagstisch bei Terre Nere sassen die Besitzer von Casale120. Margriet, eine Holländerin und Maurizio Lunetta, der beim Consorzio eine aktive Rolle spielt, konnten vor ein paar Jahren einige sehr alte Parzellen erwerben. Die Weine, die sie präsentierten bestachen mit Eleganz und Finesse, wobei der Weisswein aus der Contrada Picciolo eine fast schon Chablis-like Textur und Frische zeigte, die seinesgleichen sucht. Leider sind die Weine von Casale120 nur in Mini-Mengen verfügbar, wer sie jedoch auf einer Karte findet, sollte nicht zögern.

Klein aber fein: Etna Rosso und Etna Bianco von Casale120 (c) vvWine.ch

Nachfolgende Tabelle enthält sämtliche Verkostungsnotizen, die ich im Rahmen der Etnadays machen konnte. Viel Spass beim Lesen und – einmal mehr – man verzeihe mir die ganz sicher vorhandenen Tippfehler, denn vvWine leistet sich als nicht kommerziell orientierte Plattform kein Korrektorat.

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