Südtirols Weinpioniere.

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Vermutlich haben wir alle schon von den Weinpionieren des Südtirols mit ihren klingenden Namen gehört: Paolo Foradori, Luis Raifer, Hartmuth Spitaler und Alois Lageder. Doch wer sind diese Menschen, was treibt respektive trieb sie an? Was sind ihre wichtigsten Traubensorten und welchen Einfluss haben ihre kontrastreichen Terroirs auf die Weine? Das Konsortium Südtirol Wein hat eine emotionale und mit schönen Bildern untermalte Video-Serie lanciert, welche die vier prägenden Winzerpersönlichkeiten in ihrer einzigartigen Südtiroler Weinlandschaft portraitiert.

Paolo Foradori vom Weingut J. Hofstätter

Südtirol ist sowohl von Mittel- als auch Südeuropäischem Wetter geprägt, liegt quasi zwischen zwei klimatischen Welten. Die Alpenkette schützt die Region mehrheitlich vor Kälte und Niederschlag aus dem Norden während das Südtirol gleichzeitig von warmen und feuchten Strömungen aus dem Mittelmeer profitiert. Die Trauben werden in einer spektakulären Landschaft bis in Höhen über 1000 Meter über Meer angebaut wo sie von milden Sonnentagen, warmen Böden aber auch kühlen Nächten sowie von ausreichend Niederschlag profitieren. Die wichtigsten weissen Sorten des Südtirols sind Grauburgunder, Gewürztraminer, Weissburgunder, Chardonnay und Sauvignon Blanc während bei den Roten Sorten Vernatsch, Lagrein, Blauburgunder aber auch Merlot und Cabernet Sauvignon angebaut werden.

Im Rahmen einer Presse-Veranstaltung, bei der die vier Winzer-Portraits vorgestellt wurden, durfte ich einige Weine dieser faszinierenden Weinregion verkosten.

2018, Brut Althesis, Kettmeir. (30% Weissburgunder, 60% Chardonnay, 10% Pinot Noir aus Lagen zwischen 450 und 700 M.ü.M., 12.5%) In der Nase mit mürbem Apfel, etwas Zitrusfrucht und einer intensiven Würze. Der Gaumen ist kräftig, leicht cremig und eher füllig, die frische Säure kontert die Frucht, der wein hat Struktur und eine gute Länge, endet trocken und mit Noten, die an grüne Äpfel erinnern. 88 vvPunkte

2019, Müller Thurgau Feldmarschall von Fenner, Turmhof Tiefenbrunner. (Aus einer Lage die 1000 M.ü.M. liegt, 3.8g RZ, 6.7g Säure, 13.5%) Intensiver, sortentypischer Duft mit viel Muskatnuss, einer hellen Frucht und würzigen Kräutern. Im Gaumen druckvoll, leicht cremig, merklich Süsse, dabei auch eine gute Säure, reiffruchtig und leicht salzig im Abgang. Hohe Qualität. 89 vvPunkte

Luis Raifer von der Kellerei Schreckbichl

2019, Riesling Vigna Windbichel, Castel Juval Unterortl. (Steinige Juvaler Südlage in Kastelbell, 700-750 M.ü.M, 3.0g RZ, 7.5g Säure, 13.5%) Was für ein feines Parfum ist das, sehr Riesling, verspielt mit weissen Blüten, Honig, Pfirsich und etwas Fenchel, komplex. Im Gaumen strukturiert, dicht und kraftvoll, da ist einiges an Fleisch am Knochen, dennoch bleibt der Wein elegant und hallt mit seiner rassigen Säure lange nach. Verkörpert Wärme und Frische gleichermassen. Top gelungen. 92 vvPunkte

2019, Sauvignon Quarz, Kellerei Terlan. (Teils im grossen Holzfasse, teils im Stahltank ausgebaut. 2.7g RZ, 6.8g Säure, 14%) Intensive Nase, zeigt etwas Katzenpipi, grasige Noten, Zitrusfrüchte, Kaffee. Im Gaumen reiffruchtig und eher breitschultrig, die 14% Alkohol sind wahrnehmbar, doch da ist auch eine ausgezeichnete Säure, die den Wein erstaunlich frisch hält. Langer Abgang. 92 vvPunkte

2020, Kerner Aristos, Eisacktaler Kellerei. (Mineralreiche, karge Quarzphyllit-Verwitterungsböden auf 800-970 M.ü.M, 3.4g RZ, 6.9g Säure, 14%) Feinduftige, delikate und florale Nase, etwas Eisbonbon, eher still. Im Gaumen saftig, mit Druck und Rasse, krautig, frisch, top Säure und viel Länge, endet auf grünen Apfel. Ein ausgezeichneter Wein mit schönem Süss/Säure-Spiel. 90 vvPunkte

2019, Grande Cuvée Beyond the Clouds, Elena Walch. (Chardonnay, Gewürztraminer, Sauvignon Blanc wurden gleichzeitig geerntet und zusammen im Barrique vergoren und danach während 10 Monaten in Barriques ausgebaut, 2.4g RZ, 6.7g Säure, 14%) Stark vom Barrique geprägte Nase, nussig, buttrig. Weicher Auftakt, sehr füllig, cremige Textur, markantes, gut integriertes Holz, top Säure. Im Abgang frisch, langanhaltend und mit einer komplexen Rückaromatik. Ein Wein, der zu Speisen serviert werden will. 91 vvPunkte

2019, Gewürztraminer Nussbaumer, Kellerei Tramin. (Im Edelstahltank ausgebaut. 7.5g RZ, 4.7g Säure, 14.5%) Super expressiv, sortentypisch mit einem Rosen-Parfum, das seinesgleichen sucht. Der Gaumen ist süss im Auftakt, die reife, süsse Frucht ist hocharomatisch und sehr sauber, der Wein wirkt geschliffen und zeigt eine feine, anregende Bitternote im Abgang. Qualitativ hochwertig. 89 vvPunkte

Hartmuth Spitaler von der Kellerei Girlan

2020, Südtirol Kalterersee Classico Superiore Quintessenz, Kellerei Kaltern. (100% Vernatsch. 2.0g RZ, 4.6g Säure, 13%) Helle Farbe, leicht krautige Nase, dazu Himbeeren, Kräuter, strahlt Kühle aus. Im Gaumen frisch, mit delikater Frucht, einem feinen Säurenerv und gut integrierten Gerbstoffen, eher zart im Charakter, mit toller Balance aller Elemente. Ein Wein, der sogar zum Apéro serviert werden kann. 89 vvPunkte

2019, St. Magdalener Classico Moar, Kellerei Bozen. (85% Vernatsch, 15% Lagrein, 3.5g RZ, 13.5%) Mittleres Rubin. Feinduftige Nase, Kirsche, Himbeere, Walderdbeere. Der Gaumen ist zugänglich und fruchtbetont, mildes Tannin, lebhafte Säure. Im Abgang von mittlerer Länge. Perfekt für die Terasse. 88 vvPunkte

2018, Lagrein Riserva, Franz Goyer Glögglhof. (Von tiefgründigen Schwemmböden des Eisacks mit Porphyr, 12 Monate im Barrique ausgebaut. 1.1g RZ, 5.4g Säure, 14.5%) Offene, tiefgründige Nase, viel dunkle Frucht, Pflaumen, schwarze Kirschen, delikate Röstnoten. Opulent am Gaumen, mit feinmaschigem Tannin, gut verpackten 14.5% Alkohol, der Wein hat ordentlich Druck und eine gute Säure. Endet feinwürzig und langanhaltend. 92 vvPunkte.

2017, Cabernet Sauvignon Riserva Freienfeld, Kellerei Kurtatsch. (Gärung im Rotortank, 15-monatiger Ausbau in französischen Barriques, danach 9 Monate im grossen Holzfass. 1.7g RZ, 5.2g Säure, 14%) In der Nase ein Musterschüler in Sachen Cabernet Sauvignon Aromatik, schwarze Johannisbeere, Kirsche, Gewürznoten. Weicher Gaumen, top zugänglich, die Frucht ist blitzsauber und wird von einer wohl dosierten Säure sowie einem feinmaschigen Gerbstoffkorsett in Schach gehalten. Ein Cabernet ohne jegliche Holzdominanz. 92 vvPunkte

Zum anschliessenden Fünfgang-Menu, das von der Küche des Storchen Zürich zubereitet wurde, konnte ich weitere neun Weine probieren, von denen mich die allermeisten überzeugen konnten.

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2019, Chardonnay Lafóa, Kellerei Schreckbichl. (Gärung in neuen und gebrauchten Barriques, 1.7g RZ, 5.8g Säure, 14%) Komplexe Nase, tiefgründig, reiffruchtig, feine Holznote. Im Gaumen opulent, cremig, saftige Säure, würzig und lang. Ein ausgezeichneter, noch jugendlicher Chardonnay, der viel Potential hat. 93 vvPunkte

2017, LR, Kellerei Schreckbichl. (Chardonnay, Weissburgunder, Sauvignon Blanc, in Barriques vergoren und ausgebaut, 3.5g RZ, 6.2g Säure, 14.5%) Komplexe, reiffruchtige Nase, dazu etwas Karamell, Nüsse, Kräuter. Vollmundig und mit merklich Süsse im Auftakt, das sind schon fast zwei Mund voll Wein, top strukturiert, mit intensiver Aromatik die an Honigmelone, Pfirsich und exotische Früchte erinnert. Sehr langanhaltend und von sehr hoher Qualität, mir persönlich in der Stilistik etwas zu breitschultrig. 92 vvPunkte

2019, Gewürztraminer Vigna Kolbenhof, Weingut J. Hofstätter. (Sanfte Pressung. Nach der Gärung 8-monatiger Ausbau auf der Feinhefe mit Battonage. 3.5g RZ, 4.9g Säure, 15%) Intensive, komplexe Nase, exotische Früchte, weisser Tee, würzige Noten, ein Schnüffelwein. Im Gaumen mit Druck und Energie, ausgezeichnete Süss-/Säurebalance, die 15% Alkohol sind gut verpackt, strukturiert, mir Rasse und viel Länge. Meine persönliche Versöhnung mit einer Sorte, die ich sonst so ganz und gar nicht mag. 93 vvPunkte

2019, Vernatsch Gschleier Alte Reben, Kellerei Girlan. (Gärung im Edelstahltank, danach Ausbau im grossen Holzfass. 0.9g RZ, 5.3g Säure, 13%) Krautige Nase, dezente Röstaromatik, dunkle Frucht, Waldbeeren, Gräser. Im Gaumen saftig und frisch, gut strukturiert, wunderbare Säure, viel Trinkfluss. So macht Vernatsch Spass. Hat Charakter und Charme, wow! 91 vvPunkte

2018, Pinot Noir Riserva Trattmann, Kellerei Girlan. (Von lehmhaltigen Tonböden mit Kalkschotter und Morändenböden mit vulkanischem Porphyrgestein. 0.4g RZ, 5.9g Säure, 14.5%) Reiffruchtige Nase, Brombeere, würzige Noten, Eukalyptus, Süssholz, Rauch und Speck. Cremiger, vollmundiger Gaumen, sehr aromatisch, eher breit und mit etwas Hitzigkeit im Abgang. 89 vvPunkte

Alois Lageder vom gleichnamigen Weingut Alois Lageder

2017, Barthenau Vigna S. Urbano, Weingut J. Hofstätter. (100% Pinot Noir, von einem Konglomerat aus Lehm-, Kalk- und Porphyrböden. Gärung während 10 Tagen. Ausbau während 12 Monaten in Barriques. Nach der Assemblage weiterer Ausbau während 8 Monaten im grossen Holzfass. 1.8g RZ, 5.8g Säure, 13.5%) Intensiver Duft, florale Noten, Stein, helle und dunkle Beeren, verspielt. Im Gaumen elegant, feminin, frisch und würzig, ausgezeichnete Balance, keinerlei Holzüberhang, der Wein hat Rasse und Klasse. Sehr gute Länge. So geht Pinot Noir! 93 vvPunkte

2017, Ludwig Barth von Barthenau Vigna Roccolo, Weingut J. Hofstätter. (100% Pinot Noir, von einem Konglomerat aus Lehm-, Kalk- und Porphyrböden. Gärung während 10 Tagen. Ausbau während 12 Monaten in Barriques. Nach der Assemblage weiterer Ausbau während 6 Monaten im grossen Holzfass gefolgt von 12 Monaten Flaschenreife.) Was für eine Nase ich wähne mich bei Dujac im Burgund, ungemein parfümiert, floral, steinig kühl, mit feiner Röstaromatik, felsiger Mineralik. Im Gaumen vollmundig, maskulin, sehr gut strukturiert, zeigt Druck und gleichzeitig viel Finesse, das Holz ist top integriert, eine lebendige Säure verleiht Frische. Langer, würziger, dunkelfruchtiger Abgang. Grandios! 95 vvPunkte

Die letzten beiden Weine von Alois Lageder vermochten mich leider ganz und gar nicht zu überzeugen, den beide Weine waren in meinen Augen an der Grenze zum Fehlerhaften.

2018, Lagrein Conus, Alois Lageder. (Spontane Maischgärung, BSA im Edelstahltank. Ausbau über mehrere Monate teils im Edelstahl, teils im Holz, 5.8g Säure, 11.5%) Reduktive Nase, Kirschen, Oliven, Kräuter, würzige Noten, zeigt eine gute Komplexität. Im Gaumen mit Co2, wenig Balance und noch weniger Länge. 81 vvPunkte

2016, Merlot MCMLVII, Alois Lageder. (Spontane Maischgärung im grossen Holzfass und im Edelstahltank. Ausbau im kleinen und grossen Holzfass. 4.8g Säure, 13.5%) Sehr offene Nase, zeigt oxidative Noten und etwas flüchtige Säure, dazu verkochte Frucht. Im Gaumen breit, weich, rund, zugänglich, feines Tannin, milde Säure. Ein Wein mit wenig Eleganz und einer für mich klar fehlerhaften Nase – ich hoffe, es ist die Flasche, nicht der Wein. In diesem Zustand 79 vvPunkte

Es bleibt mir an dieser Stelle Südtirol Wein danke für diese spannende Verkostung zu sagen. Dieser Abend hat mir einmal mehr gezeigt, dass das Gute so nahe liegt. Darum ein Aufruf an die Schweizer Gastronomen: Nehmt doch den einen oder anderen Südtiroler Wein auf eure Karten, es sind wundervolle Essbegleiter!

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