Preiswerte Bordeaux-Alternativen.

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Es war im Jahr 2015, als mir bei der Verkostung der 2013er, die Weine der Familie De Schepper zum ersten Mal positiv aufgefallen sind. Dieser belgischen Familie gehören neben dem Weinhandelshaus De Mour auch einige kleine aber feine Weingüter in Bordeaux. Corona-Virus sei Dank fanden dieses Jahr in Bordeaux keine Primeur-Verkostungen vor Ort statt. Doch nach und nach treffen nun bei mir zu Hause einige 2019er-Muster ein, die ich für einmal ganz abgeschirmt von anderen Menschen in Ruhe verkosten kann. Die gelungenen Weine der Familie De Schepper – die meines Wissens in der Schweiz leider noch nicht erhältlich sind – möchte ich an dieser Stelle hervorheben.

Qualitativ top: Die 2019er-Weine der Familie De Schepper (c) vvWine.ch

2019, Château Tayet, Cuvée Prestige, Bordeaux Supérieur (60% Merlot, 30% Cabernet Sauvignon, 10% Petit Verdot. Muster vom 23.4., verkostet am 3.5.2020 in Windisch). Sehr schöner Duft, viel schwarze Johannisbeere, Brombeeren, etwas Kirsche, wirkt distinguiert und besticht mit einem sehr gut integrierten Barrique. Im Gaumen schlank, frisch, mit knackiger, reifer Frucht und einer guten Strukur, zeigt Druck aber keine Schwerfälligkeit, aromatisch mit Holunder und Cassis, kurzer, stimmiger Abgang.Wirkt bereits jetzt wunderbar zugänglich und dürfte früh Spass bereiten. 2022-2028, 17.5 vvPunkte (88-89/100).

2019, Château Haut Breton Larigaudière, Margaux (85% Cabernet Sauvignon, 10% Merlot, 5% Petit Verdot. Muster vom 23.4., verkostet am 3.5.2020 in Windisch): Sehr feinduftige Nase, weniger vom Ausbau geprägt als in anderen Jahren, viele Kirschen, schwarze Johannisbeeren, dieser typische Touch Haselnuss, dazu Lavendel, Kaffee, sehr komplex. Im Auftakt federleicht, weich und zugänglich, wow, das macht Spass, ist ungemein leichtfüssig und ausgewogen, zeigt dennoch einiges an Kraft und so viel Frische, mittlerer Körper, sehr gute Struktur, die Gerbstoffe sind reif und seidig, machen sich erst im langen Abgang bemerkbar. Sehr gelungen und wie immer mit Fingerspitzengefühl vinifiziert. Margaux-Eleganz zum Schnäppchenpreis. 2023-2032+, 18 vvPunkte (90-91/100).

2019, Château Haut Breton Larigaudière «Cuvée Le Créateur», Margaux (Diese Cuvée besteht zu 100% aus Cabernet Sauvignon und wird nur in guten Jahren produziert. Muster vom 23.4., verkostet am 3.5.2020 in Windisch): Herrliche Nase, tiefgründig, nobel, noch vom Holz geprägt, dieses jedoch nicht überlagernd sondern in Harmonie mit einer Bilderbuch-Cassisfrucht, darüber florale Aromen. Im Gaumen mit einem weichen Auftakt, druckvoll, kräftig, mit reifer, ja fast schon opulenter Cabernetfrucht unterlegt von einem seidenweichen Gerbstoff-Gerüst, die Säure ist perfekt integriert, hält die Frucht frisch, endet im Abgang sehr langanhaltend auf schwarze Johannisbeere und eine feine Röstnote. Eine Margaux-Beauty! 18.5 vvPunkte (92-93/100).

2019, Château Tour Baladoz, St. Emilion Grand Cru (Muster vom 23.4., verkostet am 3.5.2020 in Windisch): Krautige Nase, noch verhalten, zeigt steinige Noten, Veilchen, einen Mix aus dunklen und roten Kirschen, Pflaumen und frisch gehackten Kräutern, tiefgründig. Im Auftakt schlank, straff, gradlinig und eher rotfruchtig, eine knackige Säure stützt die Frucht, die Gerbstoffe sind hier sehr markant, die Kalk-Böden vom Plateau zeigen sich hier von ihrer gnadenlosen Seite, top strukturiert und im Abgang mit sehr guter Persistenz, endet dieser Wein auf einen Mix aus roten und dunklen Beeren sowie eine wunderbare Mineralik. Pures Terroir. Sollte unbedingt etwas reifen. 2024 bis 2034+, 18+ vvPunkte (90-93/100).

2019, Château La Croizille, St. Emilion Grand Cru (Muster vom 23.4., verkostet am 3.5.2020 in Windisch): Ausladende Nase, intensiv und dunkelfruchtig, noch vom Holz geprägt, würzige Noten, Schwarztee, Veilchen, Rauch, Wachholder, Zimt. Im Gaumen cremig und zugänglich, reife, fast schon opulente Frucht, sehr gute Struktur, trotz Rundungen und Körper wirkt der Wein elegant, tänzelt förmlich über die Zunge, umhüllt sie mit feinsten Tanninen und zieht sich in einen faszinierend langen, eher dunkelfruchtigen Abgang. Einmal mehr sehr gelungen. Wird früher zugänglich sein als Tour Baladoz aber dennoch sehr gut reifen. 2023-2032+. 18+ vvPunkte, (90-92/100).

6 Kommentare
  1. Krebs Andreas
    Krebs Andreas says:

    Lieber Herr Van Velsen

    Ich glaube, zumindest ältere Jahrgänge einiger dieser Bordeaux werden in der Schweiz von DIVO vertrieben.

    Besten Dank für Ihren stets bereichernden Blog und freundliche Grüsse

    Andreas Krebs

    Antworten
    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Lieber Herr Krebs, das stimmt mit Divo und älteren Jahrgängen. Leider fand ich bisher keinen aktuellen Importeur, habe beim Weingut nachgefragt.

      Danke auch für das positive Feedback!

      Herzliche Grüsse

      Adrian van Velsen

      Antworten
  2. Rainer
    Rainer says:

    Wow, bei deiner Beschreibung des 2019-er Château Haut Breton Larigaudière «Cuvée Le Créateur» läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Seit wann gibt es reinsortigen, perfekt ausgereiften Cabernet Sauvignon aus Bordeaux? Ohne Klimaveränderung nicht denkbar? Danke für deine Notizen! LG Rainer

    Antworten
    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Lieber Rainer. Der perfekt ausgereifte Cabernet existiert! Wirklich sehr schön der Wein. Nur… wo kauft man den in der Schweiz? Herzliche Grüsse Adrian

      Antworten
  3. Michael Holzinger
    Michael Holzinger says:

    Hallo Herr Van Velsen,

    mir haben gute Weinfreunde vor ein paar Jahren nach einer Rundreise auf dem Rückweg über Belgien ein gemischtes Paket mit einer ähnlichen Auswahl zum Geburtstag mitgebracht. Die Weine der Familien-Holding De Mour sind sehr gut und haben durchaus Spaß gemacht. Nur eines sind sie gewiss nicht, nämlich „preiswerte Bordeaux-Alternativen“.

    Schon zu der Zeit, als ich dann recherchierte, fand ich nur stramme Preise im EU-Raum, denn in Deutschland hatte sich bis dato damit ebenfalls kein Händler befasst., Tayet Prestige als BDX AOC Superior um 15,- Euro, Tour Baladoz Mitte 20,- Euro, Haut Breton Larigaudiere an die 30,- Euro, La Croizille über 60,- Euro. Und der Larigaudiere Le Createur sollte 80,- Euro kosten.

    Das ist schon sehr sportlich. auch wenn ich gerne ein Freund weniger gehypter Label bin, sind wir hier aber in Preisgefügen, wo es dann doch wirklich sehr viel Vorzügliches gibt, da stört mich dann auch nicht der ggf. längst weithin bekanntere Name eines Gutes, wohl eher im Gegenteil.

    Güter bzw. Familien mit u. U. mehreren solcher Weingüter gibt es gar nicht mal so wenige in Frankreich. Doch so betont selbstbewusst in der Preisgestaltung, ist der Markteintritt, jedenfalls hier in Deutschland, keinem Händler schmackhaft zu machen. Warum auch sollte er. Und der interessierte Bordeaux-Freund ist, hierzulande jedenfalls, mit einer lebendig umkämpften Händler-Landschaft, auch nicht BDX-unterversorgt. Da haben es solche Preis-Offerten schlussendlich einfach nur sehr sehr schwer.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Holzinger

    Antworten
    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Grüezi Herr Holzinger

      das die Preise beim Croizille in solche Höhen gingen, war mir nicht bewusst (hatte da auch um 30 Euro rum im Kopf). Die anderen Weine sind aber um 15-30 Franken zu haben, was ich im Kontext der Qualität als sehr angemessen bezeichnen würde. Aber ja, ein Bordeaux-Vakuum haben wir wohl weder in Deutschland noch in der Schweiz.

      Beste Grüsse,

      Adrian van Velsen

      Antworten

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