16 Weine von der Côte St-Jacques: hohes Niveau und eine positive Überraschung.

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Am letzten Montag lud Jean-François Guyard von Vinifera-Mundi zu einer spannenden Burgunderprobe. Das Thema war die «Côte St-Jacques» (hier findet sich ein interessanter Artikel darüber), ein zusammenhängendes Gebiet, das mehrere 1er Cru Appellationen von Gevrey-Chambertin umfasst. Darunter fallen unter anderem wohlklingende Lagen wie Les Cazetiers, Champeaux oder eben die wohl berühmteste Lage und eigentlich einem Grand Crus ebenbürtig der Clos Saint Jacques. Nordwestlich vom Ortskern Gevery-Chambertins gelegen, am Hügel der die fliessende Überleitung zum «Réserve naturelle nationale de la combe Lavaux-Jean Roland» macht, gehören diese 1er Cru Lagen zu den besten 1er-Cru Lagen der Appellation Gevrey Chambertin.

16 Weine von der Côte St-Jacques (c) vvWine.ch

Die Verkostung

Die Probe umfasste 16 Weine von unterschiedlichen Produzenten. Es waren, von fünf Ausnahmen abgesehen, mehrheitlich junge Jahrgänge zwischen 2009 und 2012 am Start. Verkostet wurde Halbblind in 4er-Serien, sprich: die Teilnehmer wussten, welche 16 Weine ausgeschenkt werden, nicht aber, in welcher Serie und in welcher Reihenfolge diese ins Glas kommen.

Meine Eindrücke sind in der Reihenfolge der Verkostung geordnet und wie immer Momentaufnahmen. Einige dieser jungen Weine hätten von etwas mehr Luft und Zeit durchaus profitieren können.

Die Côte St-Jacques beherbergt die besten 1er Cru Lagen von Gevrey-Chambertin (c) www.burgmap.com


Die Weissweine: ein Zürcher Wein kann mehr als mithalten

Zum Einstieg gab es zwei gereifte Weissweine, von denen der vermeintliche Favorit seinen Zenit schon überschritten hatte.

2011, Completer, Schwarzenbach, Meilen: Kräftiges Gelb, leicht aufgehellter Rand. Verhaltene Nase, braucht Zeit sich zu öffnen, Reife Zitrusfrüchte, Apfel und rauchige Noten, sehr gute Komplexität. Sehr vollmundiger Gaumenauftakt, einiges an Schmelz, süsse und reife Frucht, würzige Elemente, mehliger Apfel, kraftvoll und dicht, die Säure ist sehr gut eingebunden, es fehlt aber etwas an Frische. Langer, salziger Abgang. Ein sehr schöner, wenn auch nicht besonders eleganter Wein. 2017-2025, 18 vvPunkte, (90/100)

1999, Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Caillerets, Fontaine-Gagnard: Dunkles Goldgelb, wirkt deutlich gereift. Oxidative Nase, deutliche Sherrynoten, dahinter Nüsse, reife Aprikosen, würzige Noten, gute Komplexität. Am Gaumen weich und füllig, sehr reife Frucht, die Säure stützt nach wie vor, viel Schmelz und schöne Cremigkeit, markante Mokkanote am mittleren Gaumen, dahinter Apfel und Quitte, langer Abgang, endet auf eine Bitternote die an Baumnuss-Schalen erinnert. Ein zu gereifter Wein, hätte mir vor 5-10 Jahren wohl besser gefallen. Austrinken oder je nach Preisniveau verkaufen? 17.5 vvPunkte, (88/100)

Der Clos St-Jacques von Fourrier und Dominique Laurents Poissenots schwingen oben auf (c) vvWine.ch


Rotwein-Serie 1: Fourrier und Dominique Laurent überzeugen

2004, Jean-Marie Fourrier, Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Goulots Vieilles Vignes: Mittleres Rubin, aufgehellter Rand. Rotfruchtige Nase, sehr würzig, intensiv, frisch, viele rote Kirschen, Gräser, Johannisbeeren, verändert sich laufend, sehr gute Komplexität. Weicher, reifer Gaumen, sehr schöne Frucht, rote Beeren, wieder viel Würze, knackige Frucht, ein Hauch Krautigkeit schwingt mit, strukturiert, sehr gut eingebundene Säure, feine, reife Gerbstoffe, im Abgang sehr lang und wieder mit dieser faszinierenden Würze. Sehr schöner Wein, saftig, knackig und klar. Jetzt bis 2028+, 18.5 vvPunkte, (93/100)

2004, Jean-Marie Fourrier, Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos Saint Jacques Vieilles Vignes: Reifes Rubin, aufgehellter Rand. Noble Nase, kühl, steinig, rauchig, tief, ein Schnüffelwein, eine Droge, mit mehr Luft kommt diese faszinierende Würze, herrlich komplex und tief. Am Gaumen straff, rote und dunkle Beeren, sehr saftig, die Säure markant, dahinter einiges an Schmelz, feine Gerbstoffe, rassig und würzig, strukturiert, dicht und mit ausgezeichneter Länge. Ein maskuliner Wein mit Reserven. Jetzt bis 2035+, 19 vvPunkte, (95/100)

1989, Domaine Duroché, Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaut Saint-Jacques: Sehr reifes Rubin, heller Rand, deutlich Trübstoff (ich wurde mit dem zweitletzten Schluck bedient). Sehr reife Nase, etwas feuchter Karton, Waldboden, Unterholz, dahinter rote Kirschfrucht, mit Luft auch würzige Noten, sehr gute Komplexität. Straffer Gaumen, auch hier reif, fast etwas gezehrt, die Säure ist markant, die Gerbstoffe sind abgeschmolzen, rotfruchtig, würzig und im Abgang angenehm lang aber etwas gar karg. Wirkt insgesamt etwas müde und mit zu wenig Fleisch am Knochen, als Essbegleiter aber sicher ganz angenehm zu trinken, 17.5 vvPunkte, (89/100)

1996, Dominique Laurent, Gevrey-Chambertin 1er Cru Poissenots, „Serie Rare“: Mittleres Rubin, aufgehellter Rand. Offene, intensive Nase, deutlich Holz, Rauch, Speck, dahinter reife rote Frucht, Gewürze, sehr gute Komplexität. Am Gaumen vollmundig, sehr opulent, mit Körper und Schmelz, auch hier rauchige Noten, die Frucht wirkt reif, rote und dunkle Beeren geben sich die Hand, sehr gute Struktur, sehr langer Abgang. Ein imposanter Wein der aktuell viel Trinkspass bietet und dennoch sehr gut weiterreifen kann. 2017-2030+, 19 vvPunkte, (96/100)

 
Hohes Niveau, Domaine des Varoilles, Fréderic Esmonin und Geantet-Pansiot (c) vvWine.ch


Rotwein-Serie 2: die Jahrgänge 2005, 2010 und 2012 überzeugen

2009, Domaine des Varoilles, Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos des Varoilles (Monopole): Klares Rubin, heller Rand. Intensive Nase, Speck, Rauch, verbrannter Gummi, rote Johannisbeeren, Kirschen, Süssholz, sehr gute Komplexität. Sehr saftiger, vollfruchtiger Gaumen, kraftvoll aber nicht plump, das Holz wahrnehmbar doch gut eingebunden, strukturiert, noch ungestüm, feine, reife Gerbstoffe, würziger, sehr schöner Abgang. Ein jugendlicher Wein, braucht noch Zeit, hat sehr gute Anlagen. 2022-2040, 18+ vvPunkte, (91+/100)

2005, Geantet-Pansiot, Gevrey-Chambertin 1er Cru Le Poissenot: Klares Rubin, aufgehellter Rand. Opulente Nase, sehr duftig, klar und rein, das Holz stützt die rote Frucht, viel Würze, florale Noten, sehr gute Komplexität. Straffer Gaumen, rotfruchtig, strukturiert und mit merklich Tannin, die Säure ist gut eingebunden, wirkt einerseits reif, andererseits dann doch noch sehr jugendlich, im Abgang von herrlicher Länge. Sehr ausgewogen, macht jetzt Spass und hat dennoch ein ausgezeichnetes Reife-Potential. 2017-2035, 19 vvPunkte, (94/100)

2012, Frederic Esmonin, Gevrey-Chambertin 1er Cru Estournelle Saint-Jacques: Helles Rubin, aufgehellter Rand. Modern anmutenden Nase, zeigt noch deutlich Holz, dahinter rotfruchtig, rauchig, feinwürzig und mit Aromen von Veilchen, sehr gute Komplexität. Sehr saftiger Gaumen, strukturiert, präzise Frucht, markante Tannine, mittlerer Körper, feinwürzig und rotfruchtig, die Säure ist genau richtig dosiert, frisch, saftig und mit sehr guter Länge im Abgang. Gefällt mir sehr gut, braucht noch etwas Zeit. 2020-2037, 18.5 vvPunkte, (93/100)

2010, Domaine des Varoilles, Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos des Varoilles (Monopole): Helles Rubin, weisslicher Rand. Offene Nase, wirkt zugänglich, einiges an roten Früchten, Trockenblumen, Orangenzesten, Weihnachtsgewürze, spannend, verspielt. Sehr straffer Auftakt, dann mehr und mehr Frucht zeigend, rote Johannisbeeren, wieder Orangenzesten und auch hier Weihnachtsgewürze, trotz merklich Tannin ausgewogen, hat definitiv Reserven, muss noch reifen. Ein Wein mit schönem Potential. 2021-2038+, 18.5 vvPunkte, (93/100)

Dominique Gallois fordert Fourrier heraus, Sylvie Esmonin reduktiv doch mit vielversprechender Zukunft (c) vvWine.ch


Rotwein-Serie 3: ein hervorragender Fourrier und eine reduktive Sylvie Esmonin

2012, Dominique Gallois, Gevrey-Chambertin 1er Cru La Combe aux Moines: Kräftiges Rubin, schöner Glanz. Sehr intensive Nase, wunderbar würzig und duftig, Teer, Rauch, Lakritze, getrocknete Blumen, das ist nobel, das ist komplex, ungemein verspielt. Am Gaumen straff, saftig und klar wie ein Bergbach, präzise Frucht, dunkle und rote Beeren, würzig, auch hier rauchig, sehr terroirbetont, strukturiert und dicht, dabei aber nicht schwer, hervorragend balanciert, elegant, rein, langanhaltend. Ein Hit, stilistisch voll auf meiner Linie. 2019-2040, 19 vvPunkte, (94/100)

2009, Jean-Marie Fourrier, Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos Saint Jacques Vieilles Vignes: Mittleres Rubin, erste Reifetöne am Rand. Offene Nase, ungemein würzig, das Holz aber noch präsent und sehr gut eingebunden, rotfruchtig, auch leicht animalische Noten, dahinter viele Weihnachtsgewürze, öffnet sich mit Luft immer mehr, ausgezeichnete Komplexität. Weicher Auftakt, dann breitet sich der Wein aus, wirkt warm und reif, wieder ein Hauch animalische Noten, dann fast etwas hitzig, wild, ungemein würzig, spannungsvoll, eigenwillig und mit Charakter, reife rote Früchte, eingelegte Erdbeeren, würziger und ausgezeichnet langer Abgang. Ein warmer, hedonistischer Wein mit viel Charakter. I like! Jetzt bis 2035+, 19 vvPunkte, (95/100)

2012, Sylvie Esmonin, Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos Saint-Jacques: Mittleres Rubin, schöner Glanz. Enorm reduktive Nase, das braucht Zeit und Luft damit die muffigen Töne verschwinden, hinter dem Gummiboot findet man Rauch, Teer, Gewürze und Kirschen, sehr komplex aber aktuell total verschlossen. Straffer, saftiger Auftakt, rassig, würzig und klar, sehr gut strukturiert, dicht, ungemein lebhaft, mit Spannung und Tiefe, enorm saftig, die Gerbstoffe noch ungestüm, die Säure frisch, endet langanhaltend, hat enorme Reserven. Das ist ein grosser Wein in einem ganz schwierigen Stadium. 2027-2043+, 18.5+ vvPunkte, (93+/100)

2009, Olivier Bernstein, Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Cazetiers: Helles Rubin, schöner Glanz. Rauchig-würzige Nase, angenehm tief, Gräser, Kräuter, rote Johannisbeeren, Kirschen, komplex ohne aber zu überfordern. Sehr gradliniger Auftakt, strukturbetont und kraftvoll, dabei aber nicht plump sondern sehr finessenreich, markante Gerbstoffe, sehr gute Säure, noch jugendlich und im Abgang von guter Länge, endet auf rote Kirschen. Ein Baby, zeigt vielleicht noch nicht ganz alles, braucht Luft. 2024-2040, 18 vvPunkte, (91/100)

Eine Serie mit homogenen Qualitäten, F. Esmonin’s zweiter Wein in der Verkostung überzeugt ebenfalls (c) vvWine.ch


Rotwein-Serie 4: sehr homogene Qualitäten

2009, Frédéric Magnien, Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaut Saint-Jacques: Strahlendes Rubin, schöner Glanz. Sehr rauchige Nase, komplex, verspielt, tief, mit Spannung, Leder, Tee, Gewürze, das ist komplex, braucht Zeit. Kraftvoller Gaumen, dicht und fruchtbetont, dunkle Beeren, Brombeeren, dahinter auch schwarze Kirschen, sehr feine Gerbstoffe, gut eingebundene Säure, körperreich aber ausgewogen, das ist saftig und klar, sehr gut strukturiert, endet wunderbar würzig und lang. Noch sehr jung, vielversprechend, hat Luft nach Oben. 2020-2033+, 18.5 vvPunkte, (93/100)

2010, Michel Magnien, Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Cazetiers: Mittleres Rubin, schöner Glanz. Angenehm tiefe Nase, würzig, rauchig, erdig und jung, sehr komplex, braucht Zeit. Frischer Auftakt, viele Brombeeren, dann auch rote Früchte, präzise Gerbstoffe, saftige Säure, noch ungestüm und etwas wild, muss sich noch finden, zeigt sehr gute Anlagen. Da kommt noch mehr. 2022-2035+, 18.5+ vvPunkte, (92+/100)

2010, Albert Bichot, Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaux Saint-Jacques: Mittleres Rubin, schöner Glanz. Offene Nase, rotfruchtig, Noten von Trester und Kirschen, dahinter auch Tee, Zigarre, Laub. Am Gaumen weich, fast harmlos beginnend, dann packen die Gerbstoffe zu, stützen die fast etwas mollige Frucht, dann immer klarer werdend, rotfruchtig, saftig, strukturiert, noch wild und jugendlich, Blutorangen und Johannisbeeren geben sich die Hand, sehr gute Länge im Abgang. Aktuell noch etwas ruppig, hat viel Charakter. Liegen lassen. 2023-2038+, 18.5 vvPunkte, (92/100)

2010, Frederic Esmonin, Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaux Saint-Jacques: Leuchtendes Rubin, schöner Glanz. Sehr noble Nase, feinwürzig, klar definiert, Holz, Frucht, viele Weihnachtsgewürze, Tee, sehr komplex, sehr spannungsvoll. Saftiger, fülliger Auftakt, deutlich Holz, konzentrierte Frucht, warm und reif, dabei aber nicht hitzig, viele dunkle Beeren, Kirschen, sogar Feigen, ziemlich dicht und voluminös, strukturiert, energiegeladen und mit hervorragender Balance. Im Abgang sehr lang und mit schöner Eleganz. 2018-2035, 18.5 vvPunkte, (93/100)

Ich möchte mich an dieser bei Jean-François Guyard von Vinifera-Mundi bedanken, der diese eindrückliche Probe initiiert und organisiert hat. Es war ein sehr gelungener Anlass mit vielen, eindrücklichen Weinerlebnissen.

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