Egly-Ouriet in Zürich.

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Das Champagner-Haus Egly-Ouriet gehört zu den renommiertesten Winzerbetrieben der Gemeinde Ambonnay, einem 1000-Seelen-Dorf, das rund 30 Autominuten südwestlich der Champagner-Hauptstadt Reims liegt. Ambonnay, das mit seinem rund 2000 Franken pro Flasche kostenden, dem Champagner-Haus Krug gehörenden «Clos d’Ambonnay» zu einer der 17 als Grand Cru klassifizierten Gemeinden gehört, verfügt über die vielleicht besten Böden für Pinot-Noir. Neben Egly-Ouriet findet man in dieser renommierten Grand Cru Gemeinde noch weitere, klingende Namen wie beispielsweise Jacques Selosse (heute Anselme Selosse), Eric Rodez oder Marie-Noëlle Ledru, eine der wenigen Frauen ihres Fachs, die sich selbst «Viticulturice» nennt.

Bevor Francis Egly den Betrieb im Jahr 1982 übernahm, wurde ein Grossteil des Traubengutes an Händler verkauft. Heute werden sämtliche Weine unter dem eigenen Label verkauft und in den besten Restaurants dieser Welt serviert. Francis Egly setzt im Kern auf biodynamischen Anbau, wenn auch sein Betrieb nicht offiziell zertifiziert ist, da er sich «für den Worst-Case ein Quäntchen Freiheit lassen will», wie er mir beim kürzlich stattgefundenen Mittagessen im Restaurant Ornellaia in Zürich erzählt. Geringe Erträge, eine moderate Dosage (meist 1 bis 3 Gramm pro Liter), nur minimale Schwefelzufuhr und ein selbst bei der Basis-Cuvée bereits drei bis vierjähriges Hefelager (beim Millésime liegen die Weine 8 bis 11 Jahre auf der Hefe) prägen den noblen Stil des Hauses. Dieser Stil zeichnet sich durch dichte, kraftvolle, reiffruchtige und doch ungemein gradlinige Weine aus, die mit Opulenz zwar nicht knausern aber dennoch nie schwerfällig sind, sondern mit Eleganz und Klarheit überzeugen. Egly-Ouriet Champagner gehören für mich darum zu den schönsten Vertretern der Champagne und es ist jedes Mal ein kleines Fest, wenn ich einen dieser Weine als Begleiter einer ganzen Mahlzeit einsetzen darf.

Francis Egly (rechts) von Champagne Egly-Ouriet mit dem Schweizer Champagner-Händler Jens Behrendt (the-champagne.ch)

Zum Stichwort Dosage – und ja, ich gebe zu, ich stehe selbst sehr auf tief dosierte Champagner –machte Francis Egly in unserem Gespräch eine interessante Aussage. Eine tiefe Dosage werde viel zu oft als Mass aller Dinge genommen, doch im Kern komme es auf die Harmonie und nicht auf die absoluten Gramm Zucker im Wein an. «Oder haben Sie», fragte mich Francis, «in einem Spitzenrestaurant den Koch schon einmal gefragt, ob er dem soeben servierten, wohlverstanden ausgezeichnet abgeschmeckten Gericht, ein, zwei oder vier Gramm Salz zugefügt habe?» Ich denke, diese Frage macht eine Antwort obsolet.

Mit rund 150’000 Flaschen Gesamtproduktion pro Jahr und einem im Durchschnitt fünf bis sechsjährigen Hefelager schlummern in den Kellern von Egly-Ouriet heute rund 800’000 Flaschen Champagner, die dereinst die Gaumen einer qualitätsorientierten Klientel erfrischen werden. Wer den einen oder anderen Tropfen dieses Gutes zu fairem Kurs auf einer Weinkarte erspäht, sollte unbedingt zugreifen, denn günstiger werden diese Champagner so rasch wohl nicht mehr.

Als kleine Anmerkung für alle, die dereinst Egly-Ouriet Champagner auf der Basis des Jahrgangs 2017 im Glas haben und sich über deren äusserst dunkle Farbe wundern; das reife Goldgelb ist gemäss Francis Egly typisch für den Jahrgang 2017, in welchem die Trauben sehr dünne Häute hatten und bei der Vinifikation entsprechend rasch platzten, so dass mehr Farbstoff in den Most kam als üblich. Der Qualität tut dies, das zeigen meine nachfolgenden Notizen, keinen Abbruch.

N/V, Les Prémices, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (1/3 Pinot Noir, 1/3 Chardonnay und 1/3 Pinot Meunier, 50% aus dem Jahrgang 2017, der Rest von Reserveweinen. 36 Monate auf der Hefe, Dosage 2g. Produktion rund 30 Tsd. Flaschen.) Reifes Goldgelb, feine Perlage. In der Nase mit Kamillenblüten, reifem Apfel, etwas Joghurt sowie kalkiger Note. Der Gaumen ist leicht cremig, die reife Frucht wird von einer straffen Säure gekontert, der Wein ist äusserst elegant und lebhaft, hallt im fruchtig-frischen Finale angenehm lange nach. Perfekt zum Apéro oder leichten Speisen. 89 vvPunkte

N/V, Les Vignes de Vrigny, 1er Cru, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (100% Pinot Meunier, 50% aus dem Jahrgang 2017, der Rest von Reserveweinen. 36 Monate auf der Hefe, Dosage 1g. Produktion rund 20 Tsd. Flaschen.) Sehr dunkles Gold. Fruchtige Nase, mürber Apfel, Mirabelle, Haselnuss dominieren. Der Gaumen ist straff, saftig, knackige Frucht, kalkige Mineralik, kühl im Charakter, gut strukturiert und mit langem Abgang. Sehr elegant. Ein vorzüglicher Wein dessen Komplexität von Reben aus den 60er-Jahren herrührt. 91 vvPunkte

Die verkosteten Weine von Egly-Ouriet (c) vvWine.ch

N/V, Les Vignes de Bisseuil, 1er Cru, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (70% Chardonnay, 15% Pinot Noir, 15% Pinot Meunier aus einer neu erworbenen Lage. Basisjahr 2016. Dosage 3g. Produktion aktuell rund 7000 Flaschen, zukünftig rund 20 Tsd. Flaschen.) Blasses Gelb. Parfümierte Nase, frisch und kräuterig, Mandelblüten, grüner Apfel, zitrische Noten, steinig kühl, deutlich Kreide. Eleganter Gaumen, straff und präzis, sehr gradlinig, mit perfekt dosiertem Holz, feingliedrig und doch mit Druck, langanhaltend und sehr balanciert im Abgang. Ein ausgezeichneter Wein, der reifen kann. 93 vvPunkte

N/V, Grand Cru, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (70% Pinot Noir, 30% Chardonnay, Basisjahr 2016. 53 Monate auf der Hefe, Dosage 1g. Produktion rund 50 Tsd. Flaschen.) Mittleres Gelb, feine Perlen. Feine, dezent hefige Nase, nussige Aromen, Rosinen, Kaffee, reifer Apfel, Salzzitrone, sehr komplex. Im Gaumen cremig, rund, dennoch frisch und lebhaft, ein Wein mit Druck und Kraft, einer expressiven Frucht und sehr feiner Perlage, in Sachen Balance ausgezeichnet. Langanhaltend und hoch-qualitativ. Schon jetzt ein Traum doch mit Reserven. 93 vvPunkte

N/V, Grand Cru Brut Rosé, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (70% Pinot Noir, 30% Chardonnay, Basisjahr 2016. 48 Monate auf der Hefe, Dosage 2g. Produktion rund 7’000 Flaschen.) Blasses Rosa. Der Duft zeigt Himbeeren, Walderdbeeren und deutlich Kreide, mit mehr Luft weisse Blüten, sehr delikat. Im Gaumen schlank, jedoch kräftig, ungemein frisch, balanciert und mit guter Struktur ausgestattet, die Säure ist messerscharf, die Perlage fein. Herb und kräuterwürzig im Abgang, wenn auch mit etwas weniger Länge als der «normale» Grand Cru 92 vvPunkte

N/V, Grand Cru, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (100% Pinot Noir, Basisjahr 2013, 72 Monate auf der Hefe, Dosage 2g.) Mittleres Goldgelb. Die Nase ist ein Traum, Zitrusfrüchte, Apfel, Dörrfrucht, kandierte Orangen, Aprikosen, Kreide, sehr vielschichtig und verspielt. Im Auftakt druckvoll, opulent, ein Wein mit Üppigkeit und dennoch viel Eleganz, strukturiert, frisch, lebendig und mit viel Charme. Ausgezeichnete Länge, kalkiger Nachhall. Da kommt in fünf bis zehn Jahren noch mehr. Aktuell 95+ vvPunkte

2012, Grand Cru Millésime, Champagne Egly-Ouriet, Frankreich, Champagne, Ambonnay (70% Pinot Noir, 30% Chardonnay. 96 Monate auf der Hefe, Dosage 2g.) Mittelkräftiges Gelb. Tiefgründige Nase, rauchig, subtil, vegetabile Noten, die an Fenchel erinnern mischen sich mit Traubenzucker, Apfel, floralen Tönen, dahinter markante Mineralik. Der Gaumen ist «just wow», klar und rein wie ein Bergbach, saftig, frisch, würzig, die Mousse ist intensiv, super fein und persistent, die Säure messerscharf und in top Harmonie mit der reifen Frucht. Ausgezeichnete Länge. Einer der besten Millésime-Champagner von Egly-Ouriet, die ich bisher probieren konnte. 97 vvPunkte

Die Weine sind in der Schweiz bei the-champagne.ch erhältlich. Für andere Länder lohnt sich die Suche auf Wine-Searcher

3 Kommentare
  1. Daniel Hodel
    Daniel Hodel says:

    Hervorragende Zusammenfassung einer wunderbaren Degustation, die wir an einem schlichten Montag erleben durften.
    Herzlichen Dank für die präzisen und wertvollen Weinnotizen.

    Antworten
  2. Jens Behrendt
    Jens Behrendt says:

    Ich kann mich dem Kommentar von Daniel nur anschliessen, hervorragende Degustationsnotizen und grossartige journalistische Leistung von Adrian, der neben seiner professionellen Tätigkeit als Werbeexperte die Weinwelt mit seinen Beschreibungen bereichert.

    Antworten

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