Belmont Villa: Jamaican Rum & Schweizer Wein.

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Morgenstimmung in Jamaika: Belmont Villa, Port Antonio (c) vvWine.ch

Dinge dauern etwas länger in  Jamaika. Das warme Klima, Ferienstimmung und allgemein sehr entspannte Menschen geben dem Jetzt eine ganz neue Bedeutung. So traf sie dann auch jamaikanisch pünktlich ein, Joy Spence, Master Blender des berühmten Rum Produzenten Appleton Estate. Doch wie kam es dazu? Was bringt einen Schweizer Wein-Blogger dazu, kistenweise Schweizer Weine nach Jamaika zu fliegen um diese dort zusammen mit Freunden und einer Rum-Blenderin zu verkosten?

Die Geschichte ist einfach. Mein Jugendfreund, ein Schweizer, heiratete eine Jamaikanerin. Und weil es in Jamaika nicht nur schöne Frauen sondern auch schöne Häuser gibt, erwarb mein Freund kurzerhand ein geschichtsträchtiges Anwesen namens „Belmont Villa“ in der Nähe von Port Antonio.

Die Sicht von der Belmont Villa in Richtung Osten (Monkey Island) – (c) vvWine.ch

Belmont Villa: ein Bijou in der Karibik.

Erbaut wurde die Villa 1968. Portland war seinerzeit ein bevorzugter Urlaubsort für die Reichen und Berühmten und so baute sich Hartland de Montarville Molson, ein kanadischer Senator und Mitglied der Brauerei-Familie Molson diese Villa als Winter-Residenz. Nach Hartlands Tod im Jahr 2002 wurde das Ferienhaus an eine prominente jamaikanische Familie verkauft, welche die Villa für ein Jahrzehnt hielt. Die heutigen Besitzer erwarben Belmont im Jahr 2013 und renovierten dieses etwas in die Jahre gekommene Schmuckstück mit Hilfe der Architekturbüros Atelier Vidal aus Kingston.

Die Sicht von der Belmont Villa in Richtung Westen (c) vvWine.ch

In neuem Glanz erstrahlt die wunderschöne Belmont Villa seit Ende 2016. Sie liegt, leicht erhöht, auf einer Halbinsel namens Alligator Head. Auf beiden Seiten des Geländes schaut man aufs Meer, im Osten auf die idyllische San San Bay sowie die Pellew Island (alias Monkey Island), im Westen auf die rauen Klippen von Jamaikas Nordufer. Es weht stehts ein lauer Wind und der Gedanke nach einem feinen Glas Wein – oder eben einem edlen Rum – liegt nicht sehr fern.

So lud mein Freund via seinen lokalen Kontakten Joy Spence nach Belmont ein. Wir kennen und schätzen die Appleton Rum (v.a. den Appleton 21-year-old rum) schon lange und es schien uns durchaus angebracht, auf diesem direktem Weg etwas mehr über die Rum-Produktion zu erfahren. Damit auch Joy Spence ein klein wenig von diesem Nachmittag profitieren konnte, entschlossen wir uns, im Vorfeld der Rum-Verkostung ein paar schöne Schweizer Weine zu öffnen.

Fünf sehr gelungene Schweizer Rotweine (c) vvWine.ch

 

Die Wein-Verkostung.
 
Wir öffneten also an diesem wunderschönen, sonnendurchfluteten Dienstagnachmittag, musikalisch begleitet von „Albert and the Upstanding Mento Band“ eine kleine aber feine Auswahl an Schweizer Rotweinen.
Den Anfang machten zwei Pinot Noir Weine. Der Malanser Studach Pinot Noir 2012 präsentierte sich klassisch, ausgewogen und mit schöner Reife. Das Holz perfekt integriert, rotfruchtig, weich und doch sehr gut strukturiert. Ein eleganter, sehr burgundisch anmutender Pinot Noir der doch seine Schweizer Herkunft zeigt, 18.5 vvPunkte (92/100). Der 2009er Pinot Noir „P“ von Jean-Pierre Pellegrin aus Genf dagegen ist kraftvoll, dicht und sehr tief: anfangs mit deutlich Barrique-Aromen welche sich dann mit Luft zu einem hochkomplexen Nasenbild verweben: dunkle und rote Beeren, Tabak, Zedernholz, würzige Noten, ein Schnüffelwein. Am Gaumen kraftvoll und doch elegant, sehr strukturiert, perfekt eingebundenes Holz, viel Fruchtsüsse ohne jegliche Klebrigkeit, im Abgang langanhaltend und würzig, 19 vvPunkte (95/100).
Mein persönlicher Lieblingsort und ideal für ein Glas Wein: das „Känzeli“ der Belmont Villa (c) vvWine.ch
Weiter ging es mit einem Syrah aus dem Kanton Wallis. Jean-René Germanier’s 2013er Cayas, Syrah du Valais Reserve ist ein Archetyp eines Syrah. In der Nase pfeffrig, würzig, rotfruchtig und mit Tabak-Noten, am Gaumen straff, knackig und saftig, perfekt verwobenes Barrique, hervorragend feine Gerbstoffe und eine animierende Säure. Dieser Jahrgang von Germanier’s Cayas ist ein absoluter Hit, macht jung Spass, kann reifen. 19 vvPunkte (94/100).
Den Abschluss machten zwei Merlots aus dem Tessin. Der Agriloro, Tenimento dell’Ör, Merlot Riserva 2011 präsentierte sich wie immer sehr modern. Auch dieser Wein ist deutlich vom Holz dominiert, zeigt markante Röstaromen, dahinter aber auch eine wunderbare Merlot-Frucht, die Gerbstoffe sind sehr weich und fein gewoben, die Säure hält den Wein frisch, insgesamt elegant und ausgewogen mit sehr langem Abgang. 18 vvPunkte (91/100). Der Castello Luigi, Rosso del Ticino, 2009 von Zanini dagegen erinnert mit seiner reifen, ja fast überreifen Frucht fast schon an einen Super-Toskaner. Unglaublich konzentriert, mächtig und mit sehr viel Fleisch am Knochen, Brombeeren, Preiselbeeren, reife, rote Johannisbeeren, dann auch eingekochte Pflaumen und Weihnachtsgewürze, der Wein ist trotz acht Jahren Reife noch recht jugendlich, zeigt gute Reserven. Trotz vielen Muskeln mit einer schönen Eleganz, eindrücklich, 19 vvPunkte (94/100).
Appleton Estate.
Nach diesem kurzen Einblick in die Schweizer Weinlandschaft übergab ich das Wort an Joy Spence, Joy startete vor über 20 Jahren als Chemikerin bei Appleton und arbeitete sich über die Jahre zur Chef-Blenderin hoch (ein interessanter Artikel über Joy findet man hier). Die über 300-jährige Geschichte von Appleton Estate ist faszinierend und die Herstellung von Rum angeblich anspruchsvoller als die von Whisky. Wie beim Whisky spielt auch beim Rum das Wasser eine entscheidende Rolle.
Sorgte vor, während und nach der Verkostung für Stimmung: Albert and the Upstanding Mento Band (c) vvWine.ch
Appleton Estate nutzt für die Rum- und Zuckerrohr-Produktion reines Quellwasser welches aus einem Tal in der Region St. Elisabeth (auch Cockpit Country genannt) stammt. Vor über zwölf Millionen Jahren hat hier Mutter Natur ein faszinierendes Terroir aus Kalkstein-Hügel geschaffen, welches dem Endprodukt, den Rum-Varianten von Appleton Estate ihren einzigartigen Geschmack gibt.
Zehn verschiedenen Zuckerrohrarten werden angebaut, teils maschinell, teils manuell geerntet und zu Zuckerrohrsaft verarbeitet. Dieser Saft wird dann mit dem oben genannten Quellwasser vermischt und fermentiert. Danach wird der Rum mehrheitlich im Pot Still Verfahren (mehr dazu hier) destilliert und anschliessend in mehrjährig gebrauchten Burbon-Whisky-Fässern aus amerikanischer Eiche ausgebaut.
Die Fässer lagern im Durchschnitt 25 Jahre. Jahr für Jahr dann wird entschieden, getrieben durch die aktuelle Marktnachfrage, welche Art von Rum abgefüllt wird. Im Gegensatz zu Whisky, bei welchem das Durchschnittsalter für die Namensgebung relevant ist (ein als 10 years old vermarkteter Whisky kann also z.B. hälftig 15jährigen und 5jährigen Whisky enthalten) ist beim Rum das Mindestalter massgebend. Ein 21 years old Rum enthält also immer Rum der mindestens 21 Jahre alt ist.
Vier Qualitäts-Rum von Appleton Estate (c) vvWine.ch
An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass Rum im tropischen Klima (mehr zum Thema tropical aging findet man hier) rund drei mal schneller reift als ein Whisky im kühlen Schottland. Ein drei Jahre gereifter Jamaican Rum entspricht also einem rund neun Jahre gereiften Whisky. Die warmen Tage und kühlen Nächte verleihen dem Appleton-Rum ein sehr eigenständiges Aroma-Profil.
Eine weitere, bei der Verkostung sehr gut wahrnehmbare Eigenheit von Appleton Estate, ist der Verzicht auf Zuckerzugabe während dem Herstellungsprozess. Viele bekannte Rum-Brands in der Karibik fügen ihren Produkten 2-3% Zucker bei, um sie zugänglicher, weicher oder eben süsser zu machen. Joy Spence verzichtet bewusst darauf. Appleton Rum ist darum immer sehr charaktervoll, würzig und straff, nie aber wirken die Appleton-Produkte süsslich-klebrig oder breit.
Die Rum-Verkostung.
 
Wir verkosteten an diesem Nachmittag vier Rum-Spezialitäten von Appleton Estate. Der 21 years ist eigentlich mein „Haus-Rum“ und bildet gleichzeitig die qualitative Spitze.
In der Nase zeigt er feine Aromen von Orangenschalen, dann, mit mehr Luft, kommen Noten von Kaffee, Kokosnuss, Vanille, Haselnuss sowie grünes Holz dazu, ergänzt durch Moos und eine feine Würzigkeit. Am Gaumen intensiv, reif und mit viel Schmelz, dennoch elegant und ausgewogen und im Abgang von ausgezeichneter Länge. Ein Rum der perfekt zu dunkler Lindt 99% Schokolade passt.
Appleton Estate 21 years old Jamaica Rum und Rare Blend 12 years old (c) vvWine.ch
Weiter präsentierte Joy Spence drei Rum-Spezialitäten, welche ich bisher nicht kannte. Zum einen den 12 years old Rare Blend. Komplexe Nase, Erdnüsse, Rauch, Zitrusfrüchte, am Gaumen weich, auch hier mit etwas grünem Holz, dazu Vanillearomen. Im Abgang rund, süss aber nicht klebrig.
Der Reserve Blend dann deutlich fruchtbetonter, duftig, mit Aromen von Kokosnuss-Wasser, auch laktische Anflüge, Ingwer, Aprikose, Orangenzesten, herrlich verspielt, feinwürzig, elegant und mit einem schönen, fruchtbetonten Nachhall.
Der Signature Blend schliesslich ist der einfachste Rum, der in den Bars gerne auch als Mix-Grundlage genutzt wird. Er duftet nach Orangen, Vanille, Mandarinen, hat eine feine Würzigkeit unterlegt von feuchtem Holz, erinnert an einen sehr lange gelagerten Cognac, hat grünliche Noten. Im Abgang ist er weich und saftig.
Tasting Set von Appleton Estate: From Jamaica with Love (c) vvWine.ch
Egal ob der noble 21 years old oder der einfache Signature Blend: Appleton Estate Jamaica Rum besticht durch seine hohe Qualität und Authentizität. Mein ultimativer Genusstip: Schweizer Wein oder jamaikanischer Rum am besten im kühlen Schatten bei einer leichten Brise auf der Kanzel der Belmont Villa geniessen.
Mehr zur Belmont Villa kann man hier erfahren. Buchungen sind direkt über AirBnB möglich.
Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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