Ch. Carmes Haut-Brion: eine Vision wird Realität.

, , , ,
Ch. Les Carmes Haut-Brion (c) www.vvWine.ch

Meine letzte Station vor der Rückreise in die Schweiz war Carmes Haut-Brion. Der junge Direktor Guillaume Pouthier empfing uns gegen 17h und begann sogleich, uns seine Vision für Carmes zu erläutern. Ja, er kann reden, Guillaume, sehr viel und sehr schnell reden sogar. Allerdings haben seine Aussagen Hand und Fuss, greifen intelligent ineinander, verzahnen sich zu einer stringenten Geschichte die Lust auf Mehr macht. Selten traf ich einen so quirligen, visionären und zielstrebigen Winzer, der die heikle Gratwanderung  zwischen Natur und Tradition sowie Technik und Moderne so tänzerisch leicht meistert.

Carmes Haut-Brion ist das einzige Château mit einer „Bordeaux-Adresse“. Das Gut liegt auf dem Gebiet der Stadt Bordeaux, direkt an der Grenze zu Pessac und Mérignac. Carmes verfügt über ein sehr gutes Terroir auf welchem – wie auch auf Château Ausone – ein grosser Anteil Cabernet Franc Rebstöcke kultiviert werden, welche vor über 50 Jahren gepflanzt worden sind. Gearbeitet wird auf Carmes Haut-Brion nach bio-dynamischen Prinzipien. Maximaler Respekt für die Natur, maximale technische Kontrolle, minimale Intervention.

Das neue Kellergebäude – ein sehr eindrücklicher Bau, der vom Stararchitekten Philippe Starck entworfen worden ist – verbindet Schönheit mit Funktionalität und High-Tech. Nichts wird dem Zufall überlassen aber auch nichts wird erzwungen. Speziell konzipierte, von allen Seiten her kühlbare Tanks ermöglichen eine kontrollierte Gärung. Nichts wird gepumpt, alles erfolgt mittels Schwerkraft. Die computergesteuerte Überwachung sämtlicher Anlagen ermöglicht rechtzeitiges Eingreifen im Vinifikations-Prozess. Die Barrique-Keller, welche unter dem das Gebäude umfliessenden Wasser liegen, halten auf natürliche Art die ideale Luftfeuchtigkeit. Guillaume weiss genau was er will und er zieht sein Ding durch.

Clos des Carmes Haut-Brion 2013 & Ch. Les Carmes Haut-Brion 2013 (c) www.vvWine.ch

Bei der Verkostung der 2013er-Weine bin ich für einen Moment baff. Mir ist Carmes schon an der Primeurverkostung der 2014er positiv aufgefallen (meine Notizen findet man hier). Doch was Guillaume in diesem schwierigen 2013 geleistet hat, grenzt an ein kleines Wunder. Seine Weine wirken haben viel Charakter, sind sehr vertikalisiert, direkt, gradlinig und doch extrem ausgewogen. Sie gehören im Jahr 2013 zweifellos zum Besten, was ich verkosten konnte. Meine Notizen:

2013, Le Clos de Carmes Haut-Brion, Pessac-Léognan: Mittleres Bordeauxrot, schöner Glanz, Rubinreflexe. Sehr saubere, feinduftige Nase, florale Noten, rote Früchte, auch schwarze Kirschen, Brombeeren, rauchig, ein Hauch Torf, schöne Komplexität. Am Gaumen sehr straff im Auftakt, gradlinig, da sind rote Johannisbeeren und Heidelbeeren, dazu einiges an Würze. Sehr feine Tanninstruktur, mittelkräftiger Körper, unglaublich saftig und frisch, mit guter Komplexität. Im Abgang  von guter Länge, endet leicht würzig. Sehr ausgewogen, sehr stimmig. Ein (Zweit-)Wein der bald Spass machen wird und doch einige Jahre reifen darf. Muss sich hinter manchem „Grand Vin“ nicht verstecken 2017-2026+, 18 vvPunkte, (90/100)

2013, Carmes Haut-Brion, Pessac-Léognan: Kräftiges Bordeauxrot, sehr schöner Glanz. Dies ist einer der dunkelsten 2013er die mir die letzten Tage ins Glas kamen. Noble, tiefe, rauchige Nase, was für ein fein feiner Wein bahnt sich hier an.., da sind zarte, florale Noten, Veilchen, Brombeere,Sauerkirsche, dann auch Anflüge von Leder, tief, nobel und mit sehr guter Komplexität. Am Gaumen straff, gradlinig, sehr direkt, eine Explosion von dunklen und roten Früchten, auch viel Würzigkeit, hervorragende Tannine, der Wein hat Körper, Struktur, ist sehr vertikalisiert, unglaublich präzis, frisch, saftig, ein kleines Meisterwerk was die Harmonie angeht. Im Abgang ausgewogen und von sehr guter Länge. Darf und kann reifen. Ein Beweis, dass 2013 sehr gute Weine produziert werden konnten, eine eigentliche Antithese zur allgemeinen Jahrgangseinschätzung. Ein grosses Kompliment an Guillaume! Uneingeschränkter Kauftipp: 2020-2040+, 19 vvPunkte, (94/100)

Ich bin überzeugt, von Guillaume Pouthier und damit auch von Ch. Carmes Haut-Brion wird man in naher Zukunft noch mehr hören, im positiven Sinne. Denn hier macht ein sehr zielstrebiger Winzer seine Vision zur Realität. Wenn man im 2013 einen Wein nicht verpassen sollte, dann ist es Ch. Carmes Haut-Brion.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
2 Kommentare

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] das Château Les Carmes Haut-Brion, über dessen märchenhafte Verwandlung ich vor gut sechs Jahren zum ersten Mal berichtet habe. Seither hat sich das Weingut zu einem fixen Stern am Bordelaiser Weinhimmel […]

  2. […] habe hier schon einmal über die positiven Entwicklungen auf Château Les Carmes Haut-Brion berichtet. Auch […]

Dein Kommentar

Want to join the discussion?
Feel free to contribute!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.