Super-Sizilianer: Castello Solicchiata.

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Gäbe es einen Preis für das hässlichste Etikett, dann wäre das Castello Solicchiata zusammen mit Coche-Dury und ein paar anderen Verdächtigen ganz weit vorne mit dabei. Aber darum geht’s beim Wein glücklicherweise nicht und ich gebe zu, ich stehe mehr und mehr auf diese etwas altertümlichen Labels, denn sie brechen so schön mit dem Zeitgeist, scheinen jegliche Moden verdrängen zu wollen, sind einfach was sie sind – Weinetiketten, wie sie seinerzeit gestaltet worden sind.

Wichtiger ist, was in die Flasche respektive ins Glas kommt, und das kann sich bei diesen beiden Weinen wirklich sehen lassen. Zwar war ich erst erschrocken darüber, dass ich einen frisch ins Sortiment aufgenommenen Wein mit Jahrgang 2014 von Daniel Vins als Muster erhalte und dachte mir erst, dass es sich möglicherweise um einen Druckfehler handelt, doch als ich dann den Zweitwein des selben Gutes daneben sah, mit noch reiferem Jahrgang 2010, kam bei mir der leise Verdacht auf, dass möglicherweise System dahinter ist.

Präsentieren sich im Josephinenglas perfekt: Weine des Castello Solicchiata (c) vvWine.ch

Das Castello Solicchiata gehört zu den geschichtsträchtigsten Weingütern Italiens. Schon mehr als 100 Jahre bevor es den ersten «Super-Toskaner» Sassicaia gab, pflanzten die Vorfahren von Arnaldo und Felice Spitaleri, die heutigen Besitzer des Castello Solicchiata, an den westlich ausgerichteten Hängen des Ätna Bordeaux-Rebsorten an, um daraus quasi einen «Super Sizilianer» zu keltern. Auf rund 1000 Meter über Meer profitieren die zu 80% mit Cabernet Franc, 10% mit Cabernet Sauvignon und 10% mit Merlot bepflanzten Parzellen von einem etwas kühleren Klima, als die Reben im Tal. Dies merkt man den Weinen wahrlich an, denn sie strahlen trotz warmer Aromatik, viel Frische aus.

2010, Secondo di Castello Solicchiata, Italien, Sizilien, IGT Etna (80% Cabernet Franc, 10% Merlot, 10% Cabernet Sauvignon, 13.5% Alkohol). Gereiftes Granatrot, orangenfarbene Ränder. Die Nase ist direkt nach dem Öffnen voll da, deutlich basamische Noten, Minze, grüner Spargel, Kaffee, Süssholz, reife, rote Kirschen, auch ein Hauch von Animalik schwingt mit, sehr komplex. Im Gaumen auf den Punkt gereift, weit weg von müde, mit abgeschmolzenen, top integrierten Tanninen, sehr elegant, präzise Säure, warme, reife Frucht, das hat ungemein viel Trinkfluss und zeigt eine grosse Ausgewogenheit. Langer Abgang. Was für ein grandioser Zweitwein. Jetzt bis 2030 geniessen, 92 vvPunkte

2014, Castello Solicchiata, Italien, Sizilien, IGT Etna (80% Cabernet Franc, 10% Merlot, 10% Cabernet Sauvignon, 14.5% Alkohol). Bordeauxrot, gereifte Ränder. Die Nase ist anfangs stiller als beim Zweitwein «Secondo», braucht etwas Zeit, zeigt dann eine wunderbare Komplexität, Aromen von Backpflaumen, dunklen Kirschen, Leder, Ingwer, dezent Vanille. Der Gaumen ist kräftig, zeigt merklich Struktur, die Tannine sind noch immer präsent, von sehr guter Qualität, eine gut verpackte Säure verleiht dem Wein Frische, die Frucht erinnert wiederum an Backpflaumen und Schwarzkirsche, im Abgang hallt der Wein lange nach, hinterlässt Noten von Tabak und Lakritze. Ein komplexer Bordeauxblend, der aktuell antrinkbar ist, jedoch noch gute Reserven hat. Jetzt (dekantieren) bis 2035. 93 vvPunkte

Die Weine sind in der Schweiz zu einem äusserst überschaubaren Preis bei Daniel Vins erhältlich.

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