15 Jahrgänge Château Figeac.

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Château Figeac, ein von Mr. Parker nicht wirklich geliebtes Weingut, das mit seinem hohen Anteil an Cabernet Sauvignon (ca. 35%) und Cabernet Franc (ca. 35%) in Saint-Emilion bezüglich Assemblage etwas aus der Reihe tanzt. Mir persönlich hat Figeac schon immer sehr gut gefallen. Es ist ein Wein mit Charakter, mit Ecken und Kanten, teils einer gewissen Rustikalität, aber oft auch mit Tiefgang und einem ausgesprochen guten Reifepotential.

15x Château Figeac (c) vvWine.ch

So wollte ich es mir natürlich nicht entgehen lassen, im Kreise von zwölf anderen Weinfreaks (darunter unser Redaktor Simon Maissen und Sebastian Schwander der hier ebenfalls über die Verkostung berichtet hat – sehr lesenswert!) einer Figeac-Vertikalen beizuwohnen, die unser Weinfreund Jean-Pierre initiiert und top organisiert hatte. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön an den Organisator Jean-Pierre und das Team von Smith & the Luma, welches sowohl in Bezug auf die Speisen als auch den Wein-Service einen Top-Job gemacht haben.

Flight 1: 1975, 1979 und 1959.

1975, Château Figeac, Saint-Emilion. Helles Rubin, zeigt deutliche Reifetöne und Trubstoff. In der Nase reif mit Noten von Zedernholz, dahinter Süssholz und eine reife, rote Beerenfrucht, darüber etwas Rauch. Im Gaumen sehr weit entwickelt, mittlerer Körper, abgeschmolzene Gerbstoffe, die Säure verleiht noch etwas Struktur, aromatisch mit Süssholz und eingekochter Waldbeere, endet mittellang auf eine noble Todessüsse. Baute im Glas dann rasch ab. Trinken. 17.5 vvPunkte (89/100)

Ein Wein mit Tiefgang: Château Figeac (c) vvWine.ch

1970, Château Figeac, Saint-Emilion. Reifes Rubin, orangefarbener Rand. In der Nase angenehm tief mit Tabak, Zedern, Malz, getrockneten Blumen, feuchter Waldboden, komplex und verspielt. Im Gaumen straff, konzentriert, zeigt einen gewissen Körper und einen schönen Schmelz, die Tannine sind abgeschmolzen, eine feine Säure stützt die reife Frucht, hält den Druck bis in den langen Abgang. Ein wunderbar gereifter Figeac. Trinken bis 2025. 18.5 vvPunkte (92/100)

1959, Château Figeac, Saint-Emilion. Kräftiges Rubin, deutliche Reifetöne. Feinduftige Nase, wirkt reif, warm mit Aromen von Rosinen, erinnert im Duft fast schon an einen Wein aus der Süd-Rhone, zeigt auch würzige und krautige Noten, dazu etwas dunkle Frucht, Tabak, Zedern, sehr gute Komplexität. Im Gaumen dicht, auch hier mit einer satten, sehr reif anmutenden Frucht, zeigt noch immer leicht Gerbstoff, die eher tiefe Säure ist gut eingebunden, der Wein wirkt im Kontext seines Jahrgangs erstaunlich kompakt und dicht, aromatisch aber auch etwas gar warm und exotisch. Endet ausgesprochen lang, einen Tick hitzig. Ein Erlebnis. Trinken. 18 vvPunkte (91/100)

Smith & the Luma servierte als Vorspeise einen Spargelsalat (c) vvWine.ch

Flight 2: 1990, 1989 und 1982.

1990, Château Figeac, Saint-Emilion. Mittleres Rubin, leichte Orangetöne. Die Nase ist intensiv, zeigt Kräuter Weihnachtsgewürze, rote und dunkle Beeren, wirkt spannungsvoll, lebhaft, zeigt auch florale Aromen, komplex, verändert sich, baut aus im Glas. Im Gaumen straff, dicht, gradlinig und noch mit deutlich Gerbstoff, der Wein hat Energie, zeigt Saftigkeit, Würze und Struktur, mittlere Säure, hält die reife Frucht angenehm frisch. Endet ausgesprochen lang und ausgewogen. Das ist ein kompaktes, reifes aber dennoch sehr lebhaftes Energiebündel. Jetzt bis 2025, 19 vvPunkte (94/100)

1989, Château Figeac, Saint-Emilion. Kräftiges Rubin, zeigt erste Reifenoten. Wunderbare Nase, zeigt Tiefe, Komplexität, eine anfangs leicht laktische Note geht über in Düfte von Tabak, frisch geraspeltes Süssholz, Zedern, baut aus im Glas. Im Gaumen reif, rund und mit einer satten Frucht, mittlerer bis kräftiger Körper, die Gerbstoffe sind noch sehr präsent, zieht am mittleren Gaumen durch, wird immer knackiger, jugendlicher, schwankt zwischen Wärme und Frische, Reife und Jugendlichkeit hin und her. Spannungsvoll und aromatisch fast etwas exotisch anmutend hält der Wein im Abgang lange an. Hat definitiv noch sehr schöne Reserven. Jetzt bis 2030+, 18.5 vvPunket (93/100)

Neben dem schlechten 1982er nur einen deutlichen Kork-Ausfall: 1983 – (c) vvWine.ch

1982, Château Figeac, Saint-Emilion. Reifes Rubin, aufgehellter Rand. In der Nase dumpf, müde, verhalten, staubig, wirkt unsauber (aber nicht korkig). Im Gaumen dicht, konzentriert, auch hier staubig mit wenig Frucht und sehr viel Kargheit. Zu viel Gerüst für die wenig bis nicht vorhandene Frucht. Trocknet im Abgang aus. Keine Freude, vermutlich sub-optimale Flasche. Trinken. 15.5 vvPunkte (80/100).

Flight 3: 1999 Piratflasche und 1995.

1999 Château La Clusière, Saint-Emilion. Mittleres Rubin, zeigt noch Glanz. In der Nase tief, mit Noten von Rauch, Torf, Leder dunklen Kirschen, Johannisbeeren, dazu Gewürze, Eukalyptus, ein herrlicher Duft. Im Gaumen straff, dicht, konzentriert jedoch frisch, zeigt eine herrliche Frucht, noch markantes, leicht flockiges Tannin, eine sehr gute Struktur die die reife aber nicht verkochte Frucht stützt. Im Abgang langanhaltend, wieder würzig und schön ausgewogen. Ein äusserst gelungener wein mit Reserven für viele Jahre. Jetzt bis 2028 18.5 vvPunkte (92/100)

Tanzte stilistisch aber nicht qualitativ aus der Reihe: Pirat Château La Clusière (c) vvWine.ch

1995, Château Figeac, Saint-Emilion. Mittlers Rubin. Anfangs sehr unsauber wirkende Nase, öffnet sich dann mehr und mehr, zeigt Noten von Tabak und Schwarztee, dunkle Kirschen, baut aus, wird spannender, komplexer. Im Gaumen straff, mittlerer Körper, wirkt karg, kühl, zurückhaltend, durchaus elegant, wenn auch etwas gar viel dürres Gerbstoff-Gerüst für die dezente Frucht. Endet aromatisch sehr lang. Ein eigentlich schöner und aromatisch komplexer Wein, der leider etwas zu viel trocknendes Tannin abbekommen hat. Jetzt bis 2030 – mit Gefahr auszutrocknen. 18 vvPunkte (91/100)

Flight 4: 2003 und 2006.

2003, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchtendes Rubin, jugendlicher Glanz. In der Nase tief, komplex, feinduftig, floral, zeigt Anflüge von Tee, kühlem Rauch, getrocknete Blüten, ein schönes Parfüm. Im Gaumen straff, mittlere Konzentration, strukturbetont, mit Druck, dabei aber ohne Schwere, die Frucht wirkt warm und reif, wird von feinen Gerbstoffen und einer gut eingebundenen, eher moderaten Säure getragen, endet mittellang auf eine feine Würze. Ein ausgewogener wenn auch nicht grosser Wein. Trinken bis 2026. 17.5 vvPunkte (89/100)

Gehörten neben dem 2015er zu den Besten: 2000, 1998, 1990 (c) vvWine.ch

2006, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchendes Rubin, schöner Glanz. In der Nase mit krautigen Noten, viele dunkle Beeren, Rauch, Süssholz, noch deutlich vom Barrique geprägt mit vielen Röstnoten, zeigt Tiefe und Komplexität. Der Gaumen ist straff, saftig, kraftvoll und konzentriert, die Gerbstoffe wirken noch wild, verleihen dem Wein eine sehr gute Struktur, Frucht, Säure, Alkohol und Tannine sind eigentlich ausgewogen, dennoch wirkt der Wein irgendwie wie eine Autofahrt mit angezogener Handbremse. Sicherlich, noch sehr jugendlich, doch ob hier die Handbremse jemals gelöst wird? In 8 bis 10 Jahren nochmals probieren. 2025-2040 (91+?/100)

Flight 5: 2008, 2001 und 2000.

2008, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchtendes Rubin, jugendlicher Glanz. Die Nase anfangs verhalten, sehr verschlossen, öffnet sich, baut aus im Glas, mit der Luft kommen florale Töne, rotfruchtig anmutend, komplex. Der Gaumen ist straff, noch wild und jugendlich, viele rote Beeren, dann auch etwas warm anmutende, leicht eingekochte Erdbeere, die Frucht wird getragen von einem markanten Tanningerüst sowie einer schön eingebundenen Säure. Endet würzig und angenehm lang. Irgendwo zwischen Baby und reifem Teenie – leider mit etwas wenig Tiefgang. Trinken (dekantieren) bis 2030+. 18 vvPunkte (91/100).

Eine eindrückliche Probe: 15x Château Figeac (c) vvWine.ch

2001, Château Figeac, Saint-Emilion. Mittleres Rubin. Offene Nase, viel Tabak, Zedern, Trockenkräuter, nussige Noten, zeigt auch deutlich Röstaromen, wirkt etwas brandig. Im Gaumen mit mittlerem Körper, da ist markanter Gerbstoff vorhanden, dieser leicht trocknend, wirkt was die Frucht angeht auch im Mund etwas hitzig, ist nicht 100% ausgewogen, etwas rustikal vielleicht, aber nicht ohne Charme. Endet mittellang und wieder etwas hitzig. Trinken bis 2028 18 vvPunkte (90+?/100)

2000, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchtendes Rubin. Sehr schöne, expressive und gleichzeitig sehr tiefe Nase, Eukalyptus, viel Cabernet-Franc Würze, das ist komplex, tiefgründig ungemein klar und sauber, ein Gedicht. Im Gaumen enorm druckvoll, sehr gut strukturiert, auch hier äusserst dicht aber nicht plump oder schwerfällig, nein, das ist ausserordentlich präzis, verbindet Kraft und Eleganz mit einer beeindruckenden Ausgewogenheit. Energetisch, spannungsvoll und mit hervorragender, aromatischer Länge im Abgang. Ein Hit und definitiv ein grosser Wein, da kommt in ein paar Jahren vermutlich noch mehr… Jetzt bis 2040, 19 vvPunkte (95/100)

Ein sehr gelungener «Second Cut» als Hauptspeise (c) vvWine.ch

Flight 6: 2015, 2005 und 1998.

2015, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchtendes Rubin, noch violette Reflexe. In der Nase deutlich vom Holz geprägt, ein Baby, das ist fast noch wie ein Fassmuster, super jugendlich aber auch ungemein tiefgründig und nobel mit noten von schwarzen Kirschen, Johannisbeeren, Brombeeren und Blaubeeren, darüber als Deko ein feines Sahnehäubchen, zum Eintauchen. Im Gaumen ein Konzentrat aus reifer, saftiger Frucht, top strukturiert, herrlich ausgewogen, dicht, opulent, aber nicht schwerfällig, vibrierend und wild, sehr energetisch, bleibt trotz seiner grossen Konzentration federleicht, scheint über der Zunge zu schweben. Sehr langer, harmonischer Abgang. Ein grosser Figeac – für eine Ewigkeit gebaut. 2027-2050+, 19+ vvPunkte (96+/100).

Eindrücklich, wenn auch sehr warm anmutend: 1959er Figeac (c) vvWine.ch

2005, Château Figeac, Saint-Emilion. Mittleres Rubin. In der Nase warm, etwas brandig, aromatisch mit vielen Weihnachtsgewürzen, etwas Kompott, der Alkohol wirkt etwas stechend. Im Gaumen mit mittlerem Körper, auch hier trotz der kühlen Einschenktemperatur warm anmutend, es fehlt aber an Dichte und Konzentration, das wirkt für ein eigentlich grosses Jahr fast etwas dürr. Im Abgang von guter Länge jedoch mit leicht trocknendem Tannin und deutlich Alkohol. Eine etwas gar karge Ernüchterung. Nicht schlecht aber auch nicht wirklich viel Trinkspass. Jetzt bis 2030, 17.5 vvPunkte (89/100).

1998, Château Figeac, Saint-Emilion. Leuchtendes Rubin, noch jugendlich wirkend. In der Nase intensiv, tief, komplex und sehr duftig, da sind trockene Blumen, Kräuter, Gräser, darunter Cassis und Pflaume, auch Tabak, Schwarztee, Zedernholz, ein herrlicher Duft. Im Gaumen straff und hochelegant, auf den Punkt gereift, mit mittlerem Körper, sehr feinen Gerbstoffen, die noch immer markieren, der Wein wirkt frisch, harmonisch mit top Frucht und einer wunderbaren Säure. Elegant und ausgewogen von A-Z. Jetzt bis 2030, 18.5 vvPunkte (93/100).

Da staunt der Kenner: Baschi Schwander war währen dem Figeac Tasting ein interessanter Gesprächspartner (c) vvWine.ch

Fazit: Vom sensationellen 2015er, über den hervorragenden 2000er bis hin zu den schön gereiften Weinen aus 1989, 1990, 1970 und sogar 1959 bewies diese Probe einmal mehr, dass Figeac zu Recht einen Platz in manchem Bordeaux-Keller hat. Wer jüngere Weine kaufen möchte, dem kann ich den 2018er Figeac empfehlen, welchen ich kürzlich in Bordeaux und bei der Gazzar-Probe verkosten durfte. Château Figeac 2018 ist ein sehr gelungener Wein, der in meinen Augen ähnlich wie der 2015er zu den ganz grossen Figeac gehört…

Danke Jean-Pierre für die Organisation (c) vvWine.ch
5 Kommentare
  1. Marco Buchs
    Marco Buchs says:

    Cooler Bericht! Danke für den guten Einblick in Figeac. Nur eine kleine Anmerkung: die Umrechnung vom 20er auf das 100 Punkte System scheint recht komisch (ich nehme an x4 + 20?). Die genauste Variante ist so wie es der grosse Bordeaux Kritiker JM Quarin macht: 20=100, 19.5=99, 19=98, usw. Ich hab das erst letztens bei eine Super Tuscan 2015 Blind Degu gesehen. Mit der der x4 +20 Umrechnung ergab das sehr abweichende Ergebnisse:

    Mit der x4 + 20 Punkte Umrechnungsformel:
    Durchschnittspunktzahl 20-Punkte-Personen: 90.89
    Durchschnittspunktzahl 100-Punkte-Personen: 94.61
    Also fast 4 Punkte Unterschied!

    Mit der oben beschriebenen Formel von Quarin:
    Durchschnittspunktzahl 20-Punkte-Personen: 95.44
    Durchschnittspunktzahl 100-Punkte-Personen: 94.61

    Das zeigt, dass die x4 +20 Umrechnung wohl nicht wirklich die beste Formel ist.

    Antworten
    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Hallo Marco, Danke für die Rückmeldung und den Kommentar zum Umrechnungs-System. Das ganze Umrechnungs-Thema führt leider zu endlosen Diskussionen. Ich stelle fest, dass gerade im 20er System die Abweichungen „riesig“ sind. Gewisse Verkoster starten da bei 13 oder 14 Punkten und andere erst bei 16. Dann gibt’s solche die nur ganze Noten verteilen (16, 17, 18…), andere auch halbe Noten (17.5, 18.5…) und wieder andere sogar Viertel (17.25, 16.75…).

      Ich bewerte seit einigen Jahren mit meiner, auf das Internationale Weinorganisation OIV orieniterten Bewertungs-Software, im 100er System. Aus der 100er-Bewertung wird dann eine (verhältnismässig hohe) 20er-System-Note errechnet. Bei vvWine entsprechen 90 Punkte deren 18 im 100er. Bei Vinum wiederum entsprechen 17 PUnkte ca. 100 auf der 100er-Skala. Die Quarin-Version macht in meinen Augen gar keinen Sinn, da so 15 Punkt 90 entsprechen und 11 Punkte immer noch einen guten Wein ergeben… Aaber eben: hier kann man wohl ewig diskutieren.

      Mehr zu meinem System (eben 100er) und der Umrechnung ins 20ererfährst du hier: https://vvwine.ch/vvwine-ch/bewertungsschema/

      Grüsse,

      Adrian

      Antworten
      • Marco Buchs
        Marco Buchs says:

        Gut zu wissen, dass du im 100 Punkte System bewertest. Ich mache das auch so, dann schaue ich zukünftig darauf. Ich würde, wegen der ganzen Diskussionen und Möglichkeiten, auf eine Umrechnung gar verzichten.

        Antworten
        • adrian.vanvelsen
          adrian.vanvelsen says:

          Das ist ein Punkt, den wir uns auch schon überlegt haben – gut möglich, dass wir die 20er Note bald mal skippen. Happy Sunday und danke für die Rückmeldungen. Adrian

          Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Ebenfalls am Tasting dabei war Adrian van Velsen. Auf seinem lesenswerten Wineblog vvwine.ch findest Du seine Einschätzungen zu der Figac Probe und einen spannenden Tipp ausserhalb dieser Jahrgangsrange. Unbedingt lesen! […]

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