Saint-Julien vs. Beride

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Zum Lunch öffnete ich kürzlich einen 2001er Château Gruaud Larose aus der Appellation Saint-Julien. Der Wein machte gleich nach dem Öffnen sehr viel Spass und der Füllstand der Flasche näherte sich in kürzester Zeit der Mitte. Spontan eintreffender Besuch motivierte mich dazu, eine zweite Flasche aus dem Keller zu holen und dem «Wein der Könige und König der Weine» (Le vin des rois / le roi des vins) gegenüberzustellen. Es war aber nicht irgend eine Flasche, sondern meine letzte Flasche 2001er Orizzonte von Christian Zündel in Beride. Zündel gehört zu den Schweizer Kultwinzern und sein Aushängeschild, der Orizzonte, ist bekannt dafür, hervorragend zu reifen. Die parallel zum Gruaud Larose 2001 verkostete Flasche, untermalte dies vorzüglich.

Gruaud Larose 2001 vs. Orizzonte 2001: der Schweizer hat die Nase vorn (c) vvWine.ch

2001, Château Gruaud Larose, Saint-Julien, Bordeaux, Frankreich (60% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot, 7% Cabernet Franc, 3% Petit Verdot). Mittleres Rubin, etwas trüb, gegen den Rand hin Rostrot. Sehr typische, intensiv duftende Bordeaux-Nase mit reifen, roten Früchten, Leder, Bleistift, Waldboden, Pilze und einem Hauch Stall. Im Auftakt straff, mittlerer Körper, hohe aromatische Intensität, die Gerbstoffe sind ausgeprägt aber gut eingebunden, eine markante Säure stützt die Frucht, saftig, ausgewogen, mit roten Beeren die an Kirschen und Erdbeeren erinnern. Im Abgang von sehr guter Länge, endet dezent krautig. Ein klassischer Gruaud, wirkt etwas burschikos, ist nicht sonderlich elegant, zeigt aber viel Eigenständigkeit und Charakter. Jetzt bis 2025 geniessen, 18 vvPunkte (91/100).

Links Gruaud Larose 2001, rechts Orizzonte 2001. Der Merlot aus dem Tessin wirkt farblich noch etwas frischer (c) vvWine.ch

2001, Orizzonte, Christian Zündel, Beride, Tessin, Schweiz (Grossmehrheitlich Merlot, etwas Cabernet Sauvignon). Mittleres Rubin, aufgehellter Rand, zeigt bezüglich Farbe etwas mehr Jugendlichkeit als Gruaud Larose. In der Nase nobel, tief und komplex, anfangs noch etwas vom Holz geprägt duftet der Wein mehr und mehr nach dunklen und roten Kirschen, Waldbeeren, darüber Rauch, Speck, getrocknete Kräuter, Graphit, florale Noten und Süssholz. Der Gaumen beginnt weich und harmonisch, mittelkräftiger Körper, intensive Aromatik, wieder viele Waldbeeren, dunkle Kirschen, Dörrpflaumen auch Blutorangen, schwarze Johannisbeeren und Hagebutte, sehr komplex und im Gegensatz zu Gruaud eher feminin und sehr elegant, die Frucht wird von feinem Tannin und einer wunderbaren Säure getragen. Im Abgang langanhaltend und frisch. Ein Top-Merlot, ein strukturierter Schmeichler,  auf dem Peak aber noch mit soliden Reserven. Jetzt bis 2028 geniessen, 18.5 vvPunkte (92/100).

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