Pinot Noir von Holger Koch: zwei Vertikalen.

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Es war ein lustiger Abend, zu Hause bei einem bisher nicht näher benannten vvWine-Leser. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Verkostung waren bunt gemischt, der Gastgeber legte sich mit einem mehrgängigen, auf sehr hohem Niveau zubereiteten Menu ins Zeug und ich versuchte in Mitten dieser heiteren Tischrunde, einigermassen die Übersicht über die Weine zu behalten.

Am Start standen Weine von Holger Koch. Das vvWine-Team hat schon einige seiner Weine probieren dürfen, jedoch noch nie eine Vertikale seiner Pinot’s erlebt. Zum Apéro gab’s einen Weissburgunder *** Grosses Gewächs sowie einen, leider korkenden Grauburgunder.

2016, Weissburgunder***, Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Helles Gelb. In der Nase reifer Apfel, gelber Pfirsich, weisse Blüten, Gräser. Weich im Auftakt, reife Frucht, schön integrierte Säure, zeigt Schmelz und Fülle, ist dabei aber nicht schwer, zieht am mittleren Gaumen durch und endet kraftvoll, leicht salzig und fast etwas pikant. 17.5 vvPunkte (88/100).

2015, Grauburgunder***, Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Kork – Keine Bewertung

Ein sehr schönes Line-up: 13 Pinot-Noir-Weine von Holger Koch (c) vvWine.ch

Dann machten wir uns an die Rotweine. Diese probierten wir den Jahrgängen nach aufsteigend, von alt nach jung und begannen mit den mit den Weinen aus der *** Serie, danach die Reserve-Weine. Ich verkostete alle Weine vor- respektive zwischen den einzelnen Gängen und hatte die Möglichkeit, alle Tropfen mehrfach zu probieren, so dass ich ihre Entwicklung verfolgen konnte.

Die Pinot Noir *** von Holger Koch

2011, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Helles, reifes Rubin. Expressive, Nase, zeigt eine recht deutlich vom Holz geprägte Aromatik, Lakritze, Räucherspeck, Holzkohle, dahinter rote Kirschen und Johannisbeere, sehr komplex und verspielt. Weicher Auftakt, mittlerer Körper, weiche, bereits gut integrierte Gerbstoffe, schöne, eher milde Säure, rotfruchtig, mit Fruchtsüsse und einem dezent würzigen Abgang. Jetzt bis 2024, 18 vvPunkte (90/100)

2012, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Reifes Rubin. Verhaltene Nase, braucht etwas Zeit sich zu öffnen, wirkt nach dem expressiven 2011er etwas still, öffnet sich mit Luft, dezent rauchig, dahinter viele rote Beeren. Im Gaumen straff, saftig, mit schöner Würze, guter Struktur, wunderbar integriertem Holz, der Wein hat Charakter, wirkt frisch und gradlinig, zeigt etwas weniger Komplexität und Länge als der 2011er, besticht jedoch mit seiner Harmonie. Jetzt bis 2025, 17.5 vvPunkte (88/100)

2013, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Reifes Rubin. Sehr burgundisch anmutende Nase, einerseits intensiv, dabe aber auch diskret und nobel, deutlich Sauerkirsche, würzige Noten, Kräuter. Im Gaumen saftig, klar, sehr gut strukturiert, feinste Gerbstoffe und eine sehr knackige Säure stützen die rote Frucht, das Barrique ist hier top integriert, wirkt weniger dominant als beim 2011er. Endet sehr langanhaltend auf Blutorangen und eine fast exotische Würze. Ein sehr gelungener, ausgewogener Pinot. Jetzt bis 2026. 18 vvPunkte (91/100)

Bei den *** Pinots gehörten der 2015er und der 2013er zu meinen Lieblingen (c) vvWine.ch

2014, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Kork, keine Bewertung.

2015, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland. Leuchtendes Rubin, jugendlicher Glanz. Was für eine Nase, expressiv und dennoch sehr tief, ein Fruchtbündel aus roten Kirschen, Johannisbeeren und Brombeeren, darüber florale Noten, auch rohes Fleisch (Umami), skizziert eine sehr gute Komplexität an. Im Auftakt straff, gradlinig und klar, ungemein knackige Frucht, getragen von einer sehr guten Struktur, feinste Gerbstoffe, perfekt integrierte Säure, der Wein zeigt Dichte, bleibt dabei aber hochelegant und zieht sich im Abgang lange hin. Noch jugendlich, ein Kraftpaket mit viel Finesse. 2020-2030, 18.5 vvPunkte (93/100).

2016, Pinot Noir*** Grosses Gewächs TS, Holger Koch, Baden, Deutschland. Kork, keine Bewertung.

Nach diesem schon sehr guten Einstieg war ich auf die Reserve-Weine gespannt. Ich fragte mich, ob diese sogar noch eine Steigerung bieten würden…

Die Pinot Noir Reserve von Holger Koch

2008, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Reifes Rubin, deutlich Trubstoff. In der Nase mit deutlichen Reifenoten, die Frucht wirkt sehr reif, eingemachte Kirschen, Pflaumen, Heu und ätherische Noten. Im Gaumen mit weichem Auftakt, mittlerer Körper, zeigt dann eine sehr markante Säure, diese überlagert die etwas überreif wirkende Frucht, die Gerbstoffe sind weitgehend abgeschmolzen, im Abgang von mittlerer Länge, wieder mit Säureüberhang. Wirkt nicht sehr harmonisch. Liegt’s an der Flasche? In diesem Zustand, austrinken. 16.5 (84/100)

2010, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Reifes Rubin, leicht trüb. Die Nase ist duftig, zeigt Tiefe, einiges an Würze, rote Kirschen, Johannisbeeren, auch steinig-kühle Aromen. Der Gaumen ist saftig, straff, schlank, der Wein zeigt anfangs noch etwas Co2, was in der Verkosterrunde vor allem bei den weiblichen Teilnehmern auf Unverständnis stösst, die Säure ist markant jedoch sehr gut integriert, hält den Wein frisch, die Frucht wirkt hell, wird von feinen Gerbstoffen gestützt. In Sachen Komplexität nicht der spannendste Wein der Runde, zeigt aber sehr viel Trinkfluss. Jetzt bis 2025, 17.5 vvPunkte (89/100)

Mein Wein des Abends: Der fantastische 2015er Pinot Noir Reserve von Holger Koch (c) vvWine.ch

2011, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Helles Rubin, zeigt Reifetöne. Sehr duftige Nase, intensiv, expressiv, wie schon beim *** viel Räucherspeck, rote Früchte, dazu Gewürze. Im Gaumen weich und zugänglich, wirkt fast etwas harmlos, kuschelig, geschmeidig, hat Volumen und Körper, zeigt im Abgang viel Würzigkeit und eine wunderbare Länge, endet allerdings etwas hitzig. Ein hedonistisch anmutender Pinot. Jetzt bis 2025, 18.5 vvPunkte (92/100)

2012, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Klares Rubin. Verhaltene Nase, wirkt dunkelfruchtiger als die anderen Jahrgänge, zeigt eine Reife aber nicht überreife Frucht, dezente Räuchernoten, auch etwas Krautiges. Im Gaumen klar, gradlinig, straff, ungemein frisch, mit vielen roten Beeren, einer markanten Tanninstruktur und einer knackigen Säure, der Wein zeigt einen mittelkräftigen Körper und im Abgang eine sehr gute Länge. Da macht jeder Schluck Lust auf den nächsten. Jetzt bis 2026, 18 vvPunkte (90/100)

2014, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Leuchtendes Rubin. In der Nase viel Cassis, Kirschen, kräuterige Würze, wirkt verspielt. Im Auftakt frisch, saftig, bei eher leichtem Körper jedoch mit guter Struktur, die Gerbstoffe sind reif, fein gewoben, die Säure steht in guter Balance zur roten Beerenfrucht, das hat Energie, zeigt viel Lebendigkeit und Spannung, im Abgang mit schöner Länge, viel Frische und Trinkfluss. Ein schönes, stimmiges Pinot-Paket. Jetzt bis 2025+, 18 vvPunkte (91/100)

2015, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Kräftiges Rubin, jugendlicher Glanz. Wow, was für eine Nase, tief, komplex, noch jugendlich verhalten jedoch bahnt sich hier ein grosser Pinot an. Im Gaumen dicht, knackig, gradlinig, konzentriert, ungemein gut strukturiert, sehr saftig, würzig, mit mittlerem bis vollem Körper und vielen, sehr fein gewobenen Gerbstoffen, die Säure ist perfekt dosiert, hält das Kraftbündel frisch. Endet im Abgang sehr langanhaltend, würzig, und hochelegant. Das hat Klasse! 2020-2030+, 19 vvPunkte (94/100)

2016, Pinot Noir Reserve, Holger Koch, Baden, Deutschland. Helles Rubin. Die Nase noch sehr jugendlich, zeigt eine expressive Frucht, viele Himbeerbonbon-Aromen, wirkt so fast etwas zu schön, überzeichnet, doch das wird sich mit mehr Reife richten. Im Gaumen wider mit deutlich Himbeerfrucht, auch hier sehr jugendlich, ungemein saftig, elegant, mit feinen Gerbstoffen, einer perfekt integrierten Säure und wohl dosiertem Holz, etwas weniger dicht und kräftig als der 2015er jedoch mit ebenso viel Eleganz und Finesse. 2021-2028+, 18.5+ vvPunkte (92+/100)

Mein Fazit: die Weine von Holger Koch präsentierten sich auf sehr gutem Niveau. Abgesehen vom 2011er, der für mich etwas gar stark vom Holz geprägt war, zeigten viele seiner Weine Finesse und Eleganz. Sie waren wunderbare Begleiter zur hochstehenden Küche des Gastgebers.

Was leider ein etwas komisches Gefühl hinterliess, war allerdings die hohe Kork-Quote (immerhin 3 von 15 Weinen waren unsauber). Vielleicht war das ja einfach ein böser Zufall. Falls nicht, müsste Holger Koch seinen Korklieferanten damit konfrontieren. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Gastgeber.

Die Weine von Holger Koch sind in der Schweiz bei Peter Kuhn Weine und in Deutschland bei Pinard de Picard erhältlich.

5 Kommentare
  1. Katarina
    Katarina says:

    Der Beitrag über die Verkostung der Weine von Holger Koch, rief in Erinnerung, dass wir auch noch ein paar ganz wenige Flaschen von diesem Gut im Keller haben. Also warum nicht eine aufmachen und die Verkostungsnotizen vergleichen?

    Aber oh je, wir haben den 2014, Pinot Noir*** Grosses Gewächs, Holger Koch, Baden, Deutschland, im Keller. Ein Wein, der bei der Verkostung Kork hatte. Mit etwas mulmigem Gefühl, öffnete ich die Flasche und Gott sei Dank, kein Kork, die Flasche war tip top in Ordnung.

    Am Ende des Abends muss ich sagen, bin ich froh, haben wir nicht sehr viele Flaschen davon im Keller. Ich muss zugeben, ich bin eine Weingeniesserin und mag Eleganz im Wein sehr. Aber dieser Pinot Noir von Koch, ist mir zu übertrieben auf Eleganz getrimmt. Er ist absolut sauber und fehlerfrei, was man in dieser Preiskategorie auch erwarten darf. Aber er ist leider auch total geschliffen, hat überhaupt keine Ecken und Kanten. Einfach übertrieben elegant. Und er zeigt seine Herkunft nicht. Für uns war das kein Terroirwein. Weine vom Kaiserstuhl bringen dieses unvergleichliche Feuer und Glühen mit, was diesem Wein hier fehlt. Der kann von überall stammen.

    Es ist ein guter Wein, keine Frage, aber wie wir schon bei anderer Gelegenheit festgestellt haben, das Weingut Holger Koch übertreibt es mit dieser Eleganz, wie wir finden. Es heisst zwar, man arbeitet ökologisch und mit so wenig eingriffen im Keller wie möglich. Dieser Wein schmeckte für uns aber genau nach dem Gegenteil. Total gemacht und auf diese spezifische Art getrimmt.

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Hallo Katarina. Danke für deinen Kommentar zu den Weinen von Holger Koch. Schön zu hören, dass ihr zumindest einen fehlerfreien Wein im Glas hattet, auch wenn er euch von der Stilistik her anscheinend nicht gefallen hat (das gibt es). Gruss, Adrian

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  2. Katarina
    Katarina says:

    Wie oben beschrieben, waren wir nicht so angetan vom Holger Koch Pinot Noir. Nun hatten wir einen Weißburgunder***, Grosses Gewächs, im Glas und was soll ich sagen? Hmmm, lecker. Ein toller Wein. Ich bin Fan von weißen Burgundern, also den Chardonnays aus dem Burgund. Die sind leider oftmals ga-ga teuer. Dieser Weißburgunder hier von H. Koch, erinnerte stark an einen guten Tropfen aus Meursalut oder Puligny. Jaaaaa, ich weiß, er will, soll ja keine Kopie sein. Ist er wahrscheinlich auch nicht. Aber dennoch, mich hat der Wein stark an die großen Brüder aus Burgund erinnert und so hat er für mich geschmeckt und deshalb fand ich, fanden wir ihn prima.

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