Schweizer Weintage 2018: über Vielfalt, Überraschungen und alpine Weingrössen!

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Die Idee, eine kleine Weinmesse ins Leben zu rufen, bei der Winzer und Produzenten aus der Schweiz im Rampenlicht stehen, entstand 2013. Bereits ein Jahr später wurde aus der Idee Wirklichkeit und die Schweizer Weintage feierten 2014 Premiere. So ging die kleine Weinmesse dieses Jahr bereits zum fünften Mal über die Bühne und vvWine war mit dabei. Das Konzept der Weintage ist simpel: die anwesenden Produzenten präsentieren in einer gemütlichen Ecke der Basler Markthalle ihre Weine, plaudern mit den Besuchern und tauschen sich in lockerer Atmosphäre mit anderen Produzenten aus. Dabei habe ich hin und wieder Winzer beobachtet, die selbst mit einem leeren Weinglas durch die Mengen pilgerten, um die Gewächse ihrer Kollegen zu verkosten. Das ambitionierte Veranstalter-Trio, welches aus Valentin Lottner, Kat Fischer und Joel Gernet (Weinblogger auf Bonvinvant) besteht, hat mittlerweile Routine und meistert den Anlass mit Umsicht und Gelassenheit. Ich zog, für einmal lediglich mit einem leeren Weinglas bewaffnet und ganz ohne Notizblock, von Tisch zu Tisch und probierte querbeet spannende Gewächse aus dem Alpenland.

Winzer und Veranstalter der Schweizer Weintage 2018 (c) bonvinvant.com

Natürlich habe ich es im Kontext der grossen Anzahl von Weinen nicht geschafft, alle Winzertische zu besuchen, geschweige denn alle Weine zu probieren. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich mich mit den einzelnen Produzenten ausführlich auseinander gesetzt und spannende Gespräche geführt habe. Dabei haben sich durchaus einige Highlights herauskristallisiert. Dazu zählen einige bereits gut etablierte Schweizer Klassiker aber auch ein paar frische Etiketten auf der Schweizer Weinlandkarte.

Ist die Schweiz ein Weisswein-Land?

Eine Frage welche ich mir hin und wieder stelle – ich aber generell nicht zu beantworten vermag. Fakt ist, dass wir uns geografisch zwischen einem vom Rotwein geprägten Nachbarn im Süden und einer Weisswein-Hochburg im Norden befinden. Und sowohl westlich als auch östlich von uns liegen Länder, die sowohl für ihre Weiss- als auch für ihre Rotweine bekannt sind. Innerhalb der Schweiz sind die klimatischen Unterschiede trotz einer sehr überschaubaren Anbaufläche von gerade mal 15’000 Hektar enorm und auch die verschiedenen Höhenlagen sorgen für eine grosse Dynamik und Vielfalt. Berücksichtigt man jedoch die Aspekte der Klimaerwärmung, liegt es auf der Hand, warum die Rotweine in den letzten Jahren immer mehr ins Rampenlicht gerückt sind. Allen voran der Pinot Noir (alias Blauburgunder alias Spätburgunder alias Klevner), der an Beliebtheit, Qualität und entsprechend auch an Rebfläche gewonnen hat.

Trotz diesem Rotwein-Trend habe ich mich an diesem Abend lange mit den weissen Gewächsen befasst und bin von der zunehmenden Eigenständigkeit positiv überrascht. So etwa die Chasselas von Henri Cruchon, die über eine gute Balance aus Kraft und Trinkfluss verfügen und die Ausprägungen der verschiedenen Böden, in diesem Falle der Lehm und Kalk, transparent vermitteln. Der biodynamisch arbeitende Familienbetrieb aus Echichens bei Morges kann aber nicht nur Chasselas. So überraschte mich besonders der frische, komplexe und zugleich cremige Schaumwein aus mehrheitlich Chardonnay und etwas Pinot Noir positiv.

Etwas leichtfüssiger, jedoch keineswegs weniger spannend, sind die Chasselas-Weine der Domaine La Colombe. Das Weingut liegt in Fechy – nur etwa 40 Minuten südwestlich von Morges – wo die Böden etwas leichter sind, was dem Chasselas einen dezent kernigen Charakter verleiht. Raymond Paccot arbeitet nach biodynamischen Richtlinien und versucht das Terroir in seinen Weinen in Form von Mineralität und Klarheit zu vermitteln.

Glasklar und voller Frische: der Gutedel Sélection von Anne-Claire Schott (c) bonvinvant.com

Ganz einen anderen Charakter haben die Weine von Anne-Claire Schott aus Twann. Die junge Winzerin setzt ebenfalls auf Chasselas, daneben aber auch auch internationale Sorten wie Sauvignon Blanc und Chardonnay. Dabei sind alle Weine von einer tollen Frische und ihrer Herkunft geprägt, keinesfalls aber vom Ausbau. Der Holzeinsatz ist moderat, wie besonders der elegante und filigrane Chardonnay aus dem Barrique beweist. Auch der Gutedel Sélection hat es in sich und verbindet seinen naturgemäss dezenten Charakter mit Leichtigkeit und Klarheit. Noch spannender ist der «Blanc», eine Cuvée aus verschiedenen Rebsorten, wobei die Rebstöcke jeweils unmittelbar an den Trockenmauern wurzeln, wo ein besonders Mikroklima herrscht. Es ist also kein Rebsorten- sondern ein richtiger Terroirwein mit viel Charakter, Kraft und Mineralität.

Ganz besonders viel Eindruck haben bei mir die Alpenweine von Christian Zündel hinterlassen. Die beiden Chardonnay «Pianelle» und «Velabona» sind offensichtlich nach burgundischem Vorbild vinifiziert. Doch haben diese Weine einen ganzen anderen, sehr kühlen und alpinen Charakter. Das Barrique ist präsent, aber bestens verwoben und der straffe Säurenerv sorgt für Präzision und Frische. In die gleiche Kerbe schlagen die Merlot-Weine. Der 2015er «Terraferma» aus der gleichnamigen Einzellage ist leichtfüssig, herb und herrlich rotbeerig. Der «Orizzonte» aus dem gleichen Jahrgang verfügt über einen kleinen Anteil Cabernet Sauvignon, was ihn etwas strukturierter und dunkelfruchtiger macht. Aber auch hier ist enorm viel Eleganz und Frische mit im Spiel und meine Erfahrungen haben gezeigt: der «Orizzonte» hat ein grosses Reifepotential! Zündel präsentierte für mich eine absolut grossartige Kollektion, bestehend aus eigenständigen, wundervollen Weinen.

Burgund aus den Alpen: Chardonnay Pianelle von Christian Zündel (c) bonvinvant.com

Zwischen Burgund und Nordrhone

Ebenfalls alpin geprägt sind die Weine von J.R. Gérmanier. Der Top-Produzent aus Vétroz ist selbstverständlich kein Geheimtipp mehr und trotzdem, oder gerade deswegen, habe ich die aktuelle Kollektion verkostet. Dabei sticht der Syrah Cayas 2015 besonders hervor und das aus gutem Grund: in diesem Jahrgang lag der Wein zum ersten Mal für 24 anstatt wie bisher 12 Monate im Barrique. Das hat ihm nicht nur mehr Komplexität und Tiefe verliehen, sondern sorgt auch für einen maskulineren Charakter. So kommt er dicht, kraftvoll, herrlich strukturiert und zugleich mit viel Finesse daher. Der Cayas gehört definitiv zu den besten Syrah-Weinen der Schweiz und befindet sich auf Augenhöhe mit einigen Gewächse der Nordrhone.

Wobei «Norden» ein gutes Sichtwort ist. Denn unmittelbar nach der Cayas-Probe habe ich einen Abstecher zum Tisch des Weinguts Krebs am Bielersee gemacht. Dort präsentierte Weinmacher und Besitzer Andreas Krebs stolz seine Spätburgunder, die mit viel Umsicht und vor allem auch mit zurückhaltendem Holzeinsatz vinifiziert werden. Besonders der Spitzenwein «Alte Reben» aus dem Jahr 2016 überzeugte mit einer wunderbare Balance aus schmelziger Pinot-Frucht, knackiger Säure und würziger Struktur.

Hochkaräter aus dem Wallis: Gilles Besse mit der aktuellen Gérmanier-Kollektion (c) bonvinvant.com

Ebenfalls von grosser Eleganz geprägt sind – Rot wie Weiss – die Weine von Cédric Besson. Zusammen mit seiner Frau Nadine führt er das Weingut Winzerkeller Strasser im zürcherischen Uhwiesen und feilt seit 2009 am vielleicht «burgundischsten Pinot Noir der Ostschweiz». Seit 2013 werden sämtliche Weinberge biodynamisch bewirtschaftet, was nicht nur für ein Gleichgewicht mit der Natur sorgt, sondern auch für lebendige Weine mit moderatem Alkoholgehalt. Cédric versteht sein Handwerk aber nicht nur im Umgang mit der roten Diva. Er keltert auch einen saftigen Räuschling, einen fantastischen Räuschling Nature (ohne Schwefelzugabe) und füllt jedes Jahr auch einen reinsortigen Zweigelt sowie einen Malbec in die Flasche, welche ebenfalls über viel Finesse verfügen.

Schweizer Weintage 2019 – coming soon! 

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Veranstaltern für diesen gelungen Anlass bedanken. Aufgrund der einwandfreien Organisation und lockeren Atmosphäre hatten die anwesenden Produzenten sichtlich Spass. Zum Glück sind die nächsten Schweizer Weintage bereits wieder angekündigt. Diese finden am 16.05. und 17.05.2019 statt – natürlich wieder in der Markthalle in Basel.

Grosse Auswahl, grosse Vielfalt (c) bonvinvant.com

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