Nobel gereift: 1989 Santenay 1er Cru Clos Tavannes, La Pousse d’Or
Reife Burgunder sind so eine Sache: manchmal sind sie absolute Überflieger, manchmal einfach nur ein müdes, dürres, säuerliches Etwas. Der Korken dieses Weines ist völlig durchnässt, als pessimistisch veranlagter Mensch würde man hier spätestens beim Entkorken ein ganz klein wenig nervös werden. Heute bevorzuge ich den optimistischen Ansatz und werde belohnt: dieser Wein ist zweifellos ein Vertreter der ersten Sorte, ein Musterschüler eines nobel gereiften Burgunders, ein Seelenstreichler, ein Gaumenschmeichler und eine betörende Nasendroge…
1989 Santenay 1er Cru Clos Tavannes, La Pousse d’Or. Reifes Granatrot, wässeriger Rand. In der Nase gleich nach dem Öffnen voll da, die Tertiäraromen dominieren, Waldboden, Pilze, Rauch, Leder, Zedernholz, Moos, feuchter Stein, dann auch Trockenblumen, Oregano, ein wunderbar komplexes Nasenbild. Im Auftakt straff und gradlinig, die Gerbstoffe abgeschmolzen, eher schlanker Körper, reife, rote Frucht, eingemachte Sauerkirschen, Süssholz, auch Sanddorn, eine angenehme Säure stützt den Wein, er wirkt ruhig und balanciert, ist trotz fast 30 Jahren auf dem Buckel frisch und einfach nur wunderschön zu trinken. Im Abgang von sehr guter Länge, endet auf Sauerkirschen. Jetzt geniessen, 18.5 vvPunkte (92/100).
Wenn immer auch eine glückliche Leserin oder eine noch glücklicherer Leser davon noch etwas im Keller hat: sie oder er sollte nicht weiter zögern! Besser wird der Wein nicht mehr, aber hier ist aktuell so richtig viel Alt-Burgunder-Spass inklusive. Korkenzieher rein und geniessen. Danke an Markus und Elisabeth für diesen feinen Tropfen.
PS: begleitet hat dieser 1989er Santenay ein mit viel Liebe zubereitetes, über sechs Stunden gegartes Bœuf Bourguignon; eine perfekte Mariage wie sich zeigte. Das Rindfleisch kommt von der Schulter. Es wird mit Mehl bestäubt und scharf angebraten, dann mit zwei Flaschen Rotwein, etwas Bouillon, Zwiebeln, Lauch, Sellerie, Anissamen, etwas Tomatenpüre und einer Prise Chilli über 3-4 Stunden gegart. Über Nacht kühlgestellt und heute nochmals rund 2h auf Mini-Flamme aufgewärmt. Vor dem Anrichten die Speckwürfel braten und kurz bevor diese kross sind die Champignons dazugeben. Mit Brot-Croutons und Silberzwiebeln garnieren. Es lebe die Winterzeit.
Wirklich spannend, so eine 30-jährige La Pousse d’Or Rarietät! Erinnert mich an die genialen paar Flaschen Volnay Bousse d’Or 1990, die ich vor ca. 15 Jahren geniessen durfte. Schade, dass ich nie einen 1989er im Glas hatte…