Burgund vs. Baden: eine spannende Blindverkostung in Dielsdorf

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Unter dem Motto „Burgund vs. Baden“ fand Ende Juni bei Peter Kuhn Weine in Dielsdorf eine äusserst spannende Degustation statt. Dabei wurden gereifte Weine dieser beiden Regionen, sowie verschiedene Rieslinge, blind verkostet. Die Weine wurden in kleinen 4er Flights serviert und in einem gemütlichen Rahmen unter optimalen Bedingungen verkostet.
Natürlich ist unbestritten, dass in diesen Regionen hervorragende Weine entstehen. Doch reifen die Weine aus Deutschland auch so gut wie jene aus dem Burgund? Kann ein Gewächs aus Deutschland mit einigen Vertretern der Côte d’Or mithalten? Um dieses Rätsel zu lösen, gibt es eigentlich keinen besseren Gradmesser als eine Blindverkostung mit ein paar namhaften Gewächsen aus dem Burgund.
Hochwertiges und spannendes Line-Up (c) vvWine
Die Weine der einzelnen Flights waren allen Teilnehmern jeweils bekannt, nicht aber die Reihenfolge, in welcher diese präsentiert wurden. Jeder Flight wurde konzentriert verkostet, in der Gruppe diskutiert und anschliessend aufgelöst. Da es sich um einen lockeren Abend handelte, habe ich mir zu jedem Wein auf die Schnelle ein paar Handnotizen gemacht – ohne viele Details versteht sich. Eine abschliessende Zusammenfassung dieser Verkostung befindet sich ganz am Schluss des Beitrages. Nachstehend folgen meine stichwortartigen Notizen.
Zum Auftakt kamen zwei weisse Burgunder und zwei Weissweine aus Baden ins Glas. Dabei gab es eine kleine Überraschung und zugleich auch eine kleine Enttäuschung. Oder wer hätte gedacht, dass ein Grauburgunder aus Baden einem Grand Cru Chablis in Punkto Frische und Eleganz den Meister zeigt?
1. Flight: Chardonnay Burgund vs. Baden (c) vvWine
Wein Nr. 1 (Meursault Perrières 1er Cru 2006, Ph. Bouzereau) 
Klassiches und gereiftes Chardonnay-Bouquet nach Vanille, Brioche, Blütenhonig, Banane, Ananas und floralen Noten. Am Gaumen elegant, mit lebendiger Säure, zartem Schmelz und Noten von Karamell, Vanille und Aprikosen, im Abgang etwas kurz.
Alles in allem ein stimmiger Wein, zeigt aber von allem etwas zu wenig – fällt im Kontext des sehr guten Rufes der Lage in dieser Verkostung etwas ab. 18vvPunkte (90/100)
Wein Nr. 2 (Chardonnay Schlossberg GG 2006, Bernhard Huber)
Deutliche Röstaromen, trotz der Reife noch viel Neuholz, Butterscotch, Honig, Vanille, Rauch, Honigmelone und Aprikosen in der Nase. Relativ füllig auch am Gaumen, die Säure wirkt aber recht frisch und gibt dem Wein durchaus Finesse und Lebendigkeit, wieder viel reifes Steinobst, feiner Schmelz, sehr langer Abgang.
Hat für mich in der Nase sowie am Gaumen zu viel Holzeinfluss, wirkt aber trotzdem ziemlich harmonisch und ist gut gereift. Aktuelle Jahrgänge dieses Weines haben allerdings deutlich mehr Finesse. 18vvPunkte (90/100)
Wein Nr. 3 (Grauburgunder*** 2008, Holger Koch)
Sehr lebendiges und eigenständiges Bouquet, etwas Honig, weisse Blüten, Zitronenschale, Quitte und Bratapfel. Am Gaumen dann erstaunlich elegant und frisch, mit guter Balance und Aromen von reifem Obst, Kandis und Blütenhonig, sehr gute Länge.
Die Überraschung: ein noch sehr intakter, spannender und eleganter Grauburgunder aus Baden – hoher Trinkspass! 18,5vvPunkte (92/100)
Wein Nr. 4 (Chablis Les Clos GrandCru 2006, Domaine Servin)
Wirkt in der Nase sehr gereift, Bratapfel, Orangenschale, Karamell sowie eine leichte Firnnote. Mittlere Säure und mittlerer Körper im Gaumen, deutliche Tertiäraromen, wieder Bratapfel, kandierte Früchte und Malz, gute Länge.
Für mich eine kleine Enttäuschung: hier ist für einen Chablis etwas zu wenig Leben, Mineralität und Frische drin. Als Essensbegleiter allerdings nach wie vor ein schöner Wein. 17,5vvPunkte (89/100).
2. Flight: Riesling Deutschland vs. Riesling Australien (c) vvWine
Es folgte ein sehr unterhaltsamer Riesling-Flight. Dabei entpuppte sich der Riesling von Jim Barry relativ schnell als „nicht-Deutsch“, überzeugte aber trotzdem mit hoher Qualität und klarer Sortentypizität. Doch lassen wir die Kirche im Dorf: Die Riesling-Krone blieb auch an diesem Abend in Deutschland und das wird sich auch zukünftig nicht ändern!

Wein Nr. 5 (Riesling Aus dem Rothenberg 2006, Gunderloch)
Nicht nur in der Farbe, sondern auch in der Nase der jugendlichste Wein der Runde: Zitronenschale, grüner Apfel, weisser Pfirsich, florale Noten, dazu ein zarter Hauch Petrol. Enorm straff und frisch auch am Gaumen, sehr lebendige Säure, elegant, mineralisch, jugendlich und mit sehr guter Länge.
Über 10 Jahre auf dem Buckel und noch derart frisch und lebendig. Stilistisch mein absolut Favorit – einer genialer Riesling! 18,5vvPunkte (92/100)
Wein Nr. 6 (Riesling Breumel GG 2007, Müller-Catoir)
Klassische Riesling-Nase nach Blütenhonig, Aprikosen, Ananas, reifer Pfirsich und etwas Petrol. Hat im Gaumen einen schönen Schmelz, eine knackige Säure und eine gute Komplexität. Wirkt gereift, aber auch sehr harmonisch und ist mit viel Trinkfluss ausgestattet.

Nicht ganz so geradlinig und knackig wie der Gunderloch, aber ebenfalls in tadelloser Form. 18vvPunkte (91/100).

Wein Nr. 7 (Riesling Felsterrasse 2001, Clemens Busch)

Bernsteinfarbe, zeigt zugleich sehr reife Aromen nach Birnel, getrockneten Aprikosen, Karamell, Petrol und Malz. Am Gaumen aber erstaunlich stimmig, dut dosierter Säure, ein Hauch Restzucker, wieder viel Rosinen, Aprikosen, Birnel, Karamell und Honig, gut Länge.

Ein typischer und in sich stimmiger Wein, allerdings etwas über seinen Zenit hinaus gereift und dadurch mit eingeschränktem Trinkspass. 17,5vvPunkte (88/100)

Wein Nr. 8 (Riesling Florita Clare Valley 2007, Jim Barry)

Offene Nase nach tropischen Früchten, Ananas, etwas Vanille, Petrol und Gewürzen. Hat ordentlich Schmelz am Gaumen, die Säure wirkt etwas aufgesetzt, gibt dem Wein aber auch Frische und Trinkfluss. Noten von Honigmelone, Pfirsich und Ananas, langer Abgang mit guter Harmonie.

Dieser Wein ist stilistisch klar anders als die ersten drei Weine, präsentiert sich qualitativ aber auch gleichem Niveau und befindet sich noch in sehr guter Verfassung! 18vvPunkte (91/100).

3. Flight: Pinot Noir Burgund vs. Baden (c) vvWine

Der Abschluss machte eine grossartige Pinot-Runde. Obwohl praktisch alle Weine aus diesem Flight hohe Bewertungen erhielten, wurden sie relativ kontrovers diskutiert. Das lag aber nicht an der Weinqualität im Glas, sondern den sehr unterschiedlichen Stilistiken.

Wein Nr. 9 (Pommard Clos des Epeneaux 2005, Comte Armand)

Relativ konzentriertes und gereiftes Bouquet nach Hagebutten, schwarzen Kirschen, Pflaumen, Leder, Tabak und Efeu. Maskuline Struktur am Gaumen mit gut eingebundener Säure, schöner Fülle und Balance, komplex, wieder viel dunkle Beeren, Leder, Pfeffer und erdige Noten, langer Abgang.

Keine Ausbund an Frische, dafür sehr komplex, kräftig und mit guter Harmonie. Stilistisch nicht ganz auf meiner Linie, trotzdem ein sehr schöner und typischer Pommard. 18,5vvPunkte (92/100)

Wein Nr. 10 (Pinot Noir «R» 2001, Bernhard Huber)

Sehr frische und lebendige Nase, Erdbeeren, Preiselbeeren, Heu, floral, weisser Pfeffer und feine Röstaromen. Im Gaumen sehr straff und etwas kernig, zugleich aber sehr frisch und elegant, feinste Holznoten kombiniert mit roten Beeren, Gewürzen und floralen Noten, sehr langes Finale.

Dieser Spätburgunder ist hervorragend gereift und überzeugt durch seine Frische und Leichtigkeit. Ein grosser Kontrast zum Chardonnay von Huber und zugleich einer der besten Weine des Abends! 18,5vvPunkte (93/100).

Wein Nr. 11 (Mazoyères-Chambertin VV Grand Cru 2001, Domaine Perrot-Minot)

Tiefe und komplexe Nase, Hagebutte, Erdbeermarmelade, rote Kirschen, Rauch, Leder und Pfeffer. Ziemlich dicht und strukturiert am Gaumen, mit feinkörnigen Gerbstoffen, sehr guter Balance, viel Finesse und Tiefe, Noten von roten Beeren, Gewürzen und etwas Rauch, sehr langer Abgang.

Ein herrlicher Wein mit viel Eleganz, aber auch der sehr viel Dichte und Komplexität. Ist aktuell sehr schön zu trinken und wird auch in einigen Jahren noch Spass machen. 19vvPunkte (94/100)

Wein Nr. 12 (Pinot Noir2005, Shelter Winery)

Expressives Bouquet nach Preiselbeeren, Himbeeren, Heu, Leder und Speck. Hat im Gaumen eine ordentliche Frische und eine sehr straffe und fordernde Säure, zeigt trotz der Kraft eine gewisse Eleganz, ist zugleich aber relativ karg. Im Abgang mit guter Länge und Noten von roten Beeren und Kräutern.

Ein Wein für Liebhaber strammer und karger Stilistik. Trotzdem ein toll gereifter und sehr charaktervoller Pinot Noir. 18vvPunkte (90/100)

Die Punkteauswertung aller Teilnehmer und Weine (c) vvWine

Für diese sehr gelungene und spannende Verkostung möchte ich mich nochmals bei Peter Kuhn bedanken. Die Flights waren sehr aufschlussreich und haben aufgezeigt, dass sich die deutschen Produzenten nicht hinter den Franzosen verstecken müssen. Besonders der Pinot Noir-Flight hat verdeutlicht, dass sich diese beiden Regionen eher in der Stilistik als bezüglich der Qualität unterscheiden. Doch drängt sich die Frage auf: muss Baden genau gleich schmecken wie Burgund? Ich finde nicht und hoffe sehr, dass die verschiedenen Regionen ihre eigene Stilistik entwickeln resp. beibehalten und Weine im Einklang ihrer Terroirs erzeugen.

Besonders der Umgang mit dem Pinot Noir ist ein Seiltanz und dieser wird nur mit viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung gemeistert. Wer diese Attribute hat, wird uns auch zukünftig emotionale Pinot-Erlebnisse bescheren – egal ob aus Frankreich oder Deutschland.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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