Castello di Vicarello.
Castello di Vicarello ist ein kleines, pittoreskes Weingut im Herzen der toskanischen Maremma. Das Anwesen gehört der Familie Baccheschi Berti, welche die verschiedenen Gebäude mit viel Feingefühl und Passion restauriert hat. Neben luxuriösen, wunderschönen Gästesuiten, die – das nötige Kleingeld vorausgesetzt – zum Verweilen einladen, produziert man auf dem Castello di Vicarello auch Wein. Die Kollektion umfasst vier Weine, wobei der Castello di Vicarello, ein Cabernet-lastiger Bordeaux-Blend, das Aushängeschild des Gutes ist. Der kleinere Bruder heisst Terre di Vico und ist eine Assemblage aus rund 70% Sangiovese und 30% Merlot. Daneben produziert man auch einen reinsortigen Sangiovese namens Merah sowie den Santaurora, ein als Rosé vinifizierter Malbec.
Die Reblagen verteilen sich auf drei spektakuläre Weinberge und erstrecken sich auf lediglich 6.5 Hektar in Mitten der unberührten Natur rund um den Ort Poggi del Sasso. Das Tyrrhenische Meer im Westen sorgt im Spätfrühling und Sommer für eine kühle Brise und der Monte Amiata im Südosten schützt die Weinberge vor starken Winden. Die dichten Wälder und der Fluss Ombrone, der unterhalb des Weingutes fliesst, sorgen für die so wichtigen Temperaturschwankungen, welche den Trauben während der herbstlichen Reifezeit ihre komplexe Aromatik verleihen.
Direkt beim Weingut liegt der Rebberg Vigna del Castello (1.1 Hektar) auf rund 300 Metern über Meer mit leichter Westlage. Es ist der Weinberg, mit dem «alles begann». Um seinen eigenen Wein im Bordeaux-Stil zu kreieren, pflanzte Carlo Bacceschi Berti nach einer Frankreichreise mit seinem Sohn Brando im Jahr 1998 hier Cabernet Franc (45%), Cabernet Sauvignon (45%) und Petit Verdot (10%) die mit ihrem klassischen Mischverhältnis noch heute die Assemblage des Top-Weins des Gutes bilden.
Weiter in Richtung des Flusses Ombrone fahrend liegt der zweite Weinberg namens Poggio Vico. Die rund 3.5 Hektar sind mit Cabernet Franc, Malbec und Merlot bepflanzt. Noch etwas weiter unten findet man die dritte Lage, die Vigna Anfiteatro, die neben ihrer charakteristischen Halbkreisform auch eine beachtliche Hangneigung aufweist. Auf der terrassenartigen, rund 1.5 Hektar kleinen Rebfläche gedeihen Sangiovese und Merlot. Beide Weinberge liegen zwischen 300 und 350 Meter über dem Meeresspiegel und sind nach Südwesten ausgerichtet.
Die Rebstöcke sind mit hoher Stockdichte gepflanzt und werden nach biologischen Prinzipien in Buscherziehung kultiviert. Die von Tonmineralien und Meeresablagerungen dominierten Böden sind reich an Kalzium und anderen Mikronährstoffen und bringen eine entsprechend üppige Vegetation hervor. Ganz und gar nicht üppig sind dagegen die Weine, die hier gekeltert werden. Im Gegenteil, die vier von mir verkosteten Tropfen präsentierten sich filigran und erfreulich elegant.
2017, Merah Toscana IGT Rosso, Castello di Vicarello, Toskana, Italien (70% Sangiovese). Rubinrote Farbe. Die Nase ist direkt nach dem Öffnen voll da, duftet reiffruchtig nach Erdbeeren, roten Kirschen, Rosenblüten und etwas Tabak. Im Gaumen mit weicher, leicht cremiger Textur, einem mittleren Körper, saftiger Säure und schöner Balance, endet im Abgang mittellang auf merklich Lakritze und macht sofort Lust auf den nächsten Schluck. Dies ist ein Wein aus der Liga „Schwupp-und-weg“… Unkompliziert, trinkig, balanciert. Jetzt bis 2028 geniessen 88/100 vvPunkte.
2013, Terre di Vico IGT, Castello di Vicarello, Toskana, Italien (70% Sangiovese, 30% Merlot. Der Sangiovese wird in 500 Liter Tonneaux ausgebaut, der Merlot in 225 Liter Barriques aus französischer Eiche). Intensive und komplexe Nase, reife Pflaumen, Kirschen, Brombeeren, Leder, dazu Schokolade, Champignon und etwas Kardamomgewürz. Im Gaumen vollmundig und rund, die reife Frucht wirkt nicht überladen, wird von feinkörnigen Tanninen gepuffert und von einer guten Säurestruktur gestützt, sehr gut integriertes Holz, trotz einer gewissen Opulenz wirkt dieser Wein frisch und lebendig, da ist keine Spur von Schwerfälligkeit oder Süsse wahrnembar, wird am mittleren Gaumen immer straffer und endet im Abgang auf rote Kirschen und einen Touch Orangen, hält im Abgang nicht ganz die Länge, die man von der komplexen Nase erwarten könnte. Dennoch, ein wunderbar balancierter und sehr bekömmlicher, auf den Punkt gereifter Wein mit Niveau. Ab sofort bis 2030 Spass im Glas! 90/100 vvPunkte.
2013, Castello di Vicarello IGT, Castello di Vicarello, Toskana, Italien (45% Cabernet Franc, 45% Cabernet Sauvignon, 10% Petit Verdot, ausgebaut in 160, 225 und 300 Liter Fässern aus französischer Eiche). Kräuterwürzige, kühl anmutende Nase, Eisenkraut, Zitronenmelisse, dazu ein Mix aus Kirschen und Brombeeren, etwas Süssholz, spannend. Im Gaumen ungemein elegant und feingliedrig, kein Gramm Fett, sehr präzis, mit knackiger, Beerenfrucht, feinkörnigen Tanninen, einer lebhaften Säure und ohne jegliche Holzdominanz, der Wein tänzelt über die Zunge, wirkt feminin und charmant. Der Abgang ist angenehm langanhaltend, wieder mit feiner Würze und mit einem vom Cabernet Franc herrührenden, dezent krautigen Nachhall. Wer einen hitzigen, kräftigen Blockbuster erwartet, wird mit diesem Wein nicht glücklich. Das ist näher bei Lafite als bei Masseto. Jetzt bis 2030+ 93/100 vvPunkte
2009, Castello di Vicarello IGT, Castello di Vicarello, Toskana, Italien (45% Cabernet Franc, 45% Cabernet Sauvignon, 10% Petit Verdot). Mittleres Rubinrot. Offene Nase mit ersten Reifetönen, der Duft erinnert an Tabak, Eukalyptus, Pflaumen und Leder, mit mehr Luft gesellen sich auch Noten von Minze und Kirschen dazu. Im Gaumen zugänglich und weich, wirkt etwas üppiger als der 2013er, zeigt gewissen Rundungen und strahlt mehr Wärme aus, bleibt dabei aber elegant und äusserst trinkanimierend, das Holz ist wahrnehmbar, gut verpackt, die Tannine sind von sehr guter Qualität und tragen die delikate Frucht in einen langanhaltenden, von ersten Tertiäraromen geprägten Abgang. Im Rückaroma mit Zedernholz und Eukalyptus. Nobel gereift, aktuell perfekt zu trinken und mit Reserven für weitere 5-10 Jahre Lagerung. Bis 2030 geniessen. 92/100 vvPunkte.
Ein günstiger Spass sind diese vier Weine zwar nicht, denn die Preise gehen pro Flasche von ca. CHF 25 (für den Merah) bis über CHF 100 (für den Castello di Vicarello). Doch wer möchte nicht ab und zu mal davon Träumen, Weingutsbesitzer in der Toskana zu sein. Diese Weine laden definitiv dazu ein. In der Schweiz sind der Merah und der Terre di Vico bei Bottega del Vino erhältlich, der Spitzenwein ist direkt auf dem Weingut erhältlich und scheint noch einen Händler zu suchen.
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[…] ich 2021 an dieser Stelle über die Weine von Castello di Vicarello berichtet habe, da mich die Weine mit ihrer hohen Qualität überzeugten, nahm ich die Chance wahr, Brando […]
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