Adrians Weingut: «Rising Star» im Aargau?
Vor einigen Wochen noch sass neben dem schreibenden Adrian gleich noch ein Adrian auf der Terrasse der Alten Spinnerei in Windisch. Adrian Hartmann vom gleichnamigen Adrians Weingut brachte mir seine neuste Kollektion vorbei und erzählte, wie er nach zehn spannenden Jahren als Kellermeister bei Fehr und Engeli im Fricktal, Lust auf «sein eigenes Ding» hatte. Wir plauderten über Wein und die Welt, philosophierten über Biodynamik, über restsüsse Rotweine und über die Herausforderungen eines Winzers, es allen Kunden recht machen zu wollen, ohne dabei den eigenen Kurs aus den Augen verlieren zu müssen. Ein schwieriger Balanceakt, der Adrian Hartmann mit seinen jüngsten Weinen aber ganz gut schafft: Vor allem bei den Rotweinen, teils aber auch bei den Weissen. Nachfolgend meine Notizen, welche bei der Verkostung, zusammen mit einigen weinbegeisterten Freunden entstanden sind.
Die Weissweine.
2016, Crémant Brut, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Basis für den Schaumwein sind Pinot Noir Trauben aus der Lage Roplig, aus welchen auch der Blanc de Noir hergestellt wird. Der Wein wird in traditioneller Flaschengärung hergestellt und von Hand gerüttelt.) Helles Rosa, anfangs intensive Perlage, die allerdings rasch verschwindet. Verhaltene Nase, etwas Himbeere, dezent Blüten, wenig expressiv. Der Gaumen ist schlank, wird dann rasch breiter, zeigt eine schöne Balance, wirkt fruchtig, zeigt etwas Süsse doch die lebhafte Säure hält dagegen. Kurzer, rotfruchtiger Abgang. Trotz deutlichem Zuckerschwänzchen ein harmonischer Wein. 16.5 vvPunkte (84/100)
2018, Riesling-Sylvaner, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Mittleres Goldgelb, dezente Co2 Blasen. In der Nase zurückhaltend, still, mit Noten von Muskat, dazu reifer, mehliger Apfel und weisser Pfirsich. Im Gaumen rund und leicht cremig, süssliche Frucht, dezent Restzucker, eine mittlere Säure stützt. Im Abgang kurz, fruchtbetont, endet wieder auf eine leichte Muskatnote. Ein unkomplizierter aber nicht banaler Riesling-Sylvaner, der auch in der Gastronomie gut ankommen dürfte. 17 vvPunkte (85/100)
2018, Charmont, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Mittleres Goldgelb, etwas Co2. Feine, subtile Nase, etwas weisse Blüten, dezent laktische Noten, erinnerte mich spontan an einen Chasselas. Im Gaumen mit süssem Auftakt, zeigt deutlich Restzucker, wenig Säure, wenig Struktur, kurz im Abgang. Ein «süffiger» Wein würden hier manche Menschen wohl sagen, mir persönlich fehlt es hier aber an Pep und Frische, die Süsse wirkt zu dominant. 16 vvPunkte (81/100)
2018, Sauvignon Blanc, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Helles Gelb, grünliche Reflexe. Verhaltene Nase, nicht sehr expressiv, sondern ruhig und in sich gekehrt, grüner Apfel, Zitrusfrüchte, dezent Gräser. Der Gaumen ist knackig, eher schlank, mit einer zarten Frucht, dabei aber gut strukturiert, zeigt Zug und eine gute Frische, endet angenehm lang und auch hier wieder eher dezent in der Aromatik. Dieser Sauvignon ist weder laut und aufdringlich, man findet keine «kitschigen» exotischen Aromen, dafür viel Frische und Balance. Gefällt mir in seiner schlichten Art sehr gut. 17.5 vvPunkte (88/100)
2018, Blanc de Noirs, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Zartes Lachsrosa, Kupferreflexe. Zarter Duft, weisse Blüten und Walderdbeeren, etwas Johannisbeeren, auch wenig Gletscherzältli. Im Gaumen cremig, rund, zeigt eine gewisse Fülle und einen schönen Schmelz, gut strukturiert, mit schöner Säure und im Abgang mit einer feinen Apfelnote sowie etwas Würze, harmonisch. Ein ausgewogener Blanc de Noir, zeigt Trinkfluss. Zum Apéro oder leichten Vorspeisen. Jung geniessen. 17.5 vvPunkte (87/100)
2017, Blanc Naturel, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Riesling-Sylvaner, orange vinifiziert: 3 Wochen spontane Maischen-Gärung, 15 Monate Barrique-Ausbau, minimaler Schwefel-Einsatz, ohne Filtration.) Messingfarben, schöner Glanz. Intensive Nase, würzig, gekochter Apfel, ein Hauch Zimt und Vanille, mit mehr Luft auch Nüsse, Honigblüten. Der Gaumen ist zugänglich, fruchtbetont, rein, sehr klar, der Wein zeigt einen mittleren Körper, die Säure wirkt stimmig, ein dezentes Gerbstoffgerüst verleiht zusätzlich Struktur, aromatisch interessant mit gelben und roten Früchten, endet angenehm lang und sehr sauber. Ein ruhiger, balancierter Wein, eigensinnig aber charaktervoll. Definitiv einen Versuch wert, bravo! Jetzt bis 2022+? 18 vvPunkte (90/100)
Die Rotweine.
2017, Zweigelt, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Im Barrique ausgebaut, lediglich 12.9% Alkohol. Kräftiges Rubin, pinkfarbene Reflexe. Sortentypischer Duft, viele Kirschen, Brombeeren, etwas Zwetschgen. Der Gaumen ist anfangs weich und zugänglich, dann wird der Wein straffer, zeigt einen mittleren Körper und eine saftige, knackige Beerenfrucht, die Gerbstoffe sind reif, verleihen Struktur, eine sehr schöne Würze, die an Nelken erinnert, bleibt im mittellangen Abgang hängen. Ein gelungener Zweigelt, braucht etwas Luft und ein saftiges Stück Fleisch als Begleiter. Jetzt bis 2024. 17.5 vvPunkte (88/100)
2017, Création Noir, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Assemblage aus Garanoir, Maréchal Foch und Pinot Noir, die drei Sorten werden separat geerntet und vinifiziert, individuell während 6 Monaten in älteren Barriques ausgebaut. Kräftiges Rubin. Dunkelfruchtige Nase, dezent animalisch, etwas Leder, schwarze Kirschen, Kräuter. Im Gaumen fruchtbetont, saftig, zeigt Konzentration aber keine Schwere, die Säure ist markant, verleiht Frische, die Gerbstoffe sind leicht krautig, halten sich im Hintergrund. Endet eher kurz, dunkelfruchtig und auf eine leichte Bitternote. Ein frischer Essbegleiter mit durchaus sympathischen Ecken und Kanten. Jetzt bis 2022. 17 vvPunkte (86/100)
2017, Pinot Noir, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. Helles Rubin, aufgehellter Rand. Intensive Pinot-Nase, ein Fruchtbündel kündigt sich an, viele Himbeeren, auch Johannisbeeren, dazu eine leichte Kräuternote. Im Gaumen gradlinig, fruchtbetont, mit leichtem Körper aber einer guten Struktur, die Säure wirkt lebendig, die Gerbstoffe sind dezent, halten sich im Hintergrund, das hat Frische und im Abgang eine herrlich krautig-fruchtige Note. Unkompliziert aber nicht banal, so macht ein Basis-Pinot richtig Spass. Jetzt bis 2023 bei ca. 15 Grad geniessen. 17.5 vvPunkte (89/100)
2017, Pinot Noir Réserve, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Dieser Wein wird aus über 35-jährigen Reben mit kleinen Trauben und einem geringen Ertrag vinifiziert. Er reift 12 Monate in Barriques.) Helles Rubin, etwas weniger strahlend als der Basis-Pinot. Die Nase direkt nach dem Öffnen noch etwas verschlossen, braucht Zeit, Luft, zeigt dann eine dezente, noble Röstnote, dahinter Himbeeren aber auch dunkle Beeren, die mich an Heidelbeeren erinnern, sehr schöner Duft. Im Gaumen gradlinig, mittelgewichtig, sehr gute Balance zwischen Frucht, Holz und würzigen Komponenten, die 13.9% Alkohol perfekt verpackt, kaum spürbar, feine Gerbstoffe und eine top Säure stützen die reife Frucht. Im Abgang würzig und mit schöner Länge, endet wieder sehr würzig und auf Aromen von Blutorangen. Ein Top-Pinot der sich vor manch teureren Schweizer Pinots nicht verstecken muss, im Gegenteil: besticht durch Würze und eine hervorragende Frische, Kompliment! Jetzt bis 2026. 18.5 vvPunkte (92/100)
2018, Dolce Vita, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Vollreife Riesling-Sylvaner Trauben werden im Herbst während 3 bis 4 Wochen getrocknet und anschliessend gepresst. Daraus entsteht ein konzentrierter Traubenmost mit 150°Oechsle.) Goldgelb. Intensive Nase, deutlich Riesling-Sylvaner, Dörrobst, Nüsse, Datteln. Der Gaumen ist intensiv und sehr süss, eher tiefe Säure, der Wein zeigt auch hier Aromen von Nüssen, gebrannten Mandeln, Aprikosen und Datteln, durchaus mit einer gewissen Komplexität jedoch auch mit deutlichem Süsseüberhang, endet mittellang. Für meinen persönlichen Geschmack etwas gar süss geraten… 16.5 vvPunkte (84/100)
Mein Fazit: Keep an Eye on it! Adrian Hartmanns Rotweine, allen voran die beiden Pinots aber auch der Zweigelt und der Création Noir, zeigten mir bei der Verkostung einmal mehr auf, dass im Aargau sehr gute Weine entstehen können. Vor allem die Pinots bestechen mit viel Eleganz, Würze und einer herrlichen Frische. Seine jüngste Kollektion enthält zudem mit dem gelungenen Sauvignon Blanc und einem extravaganten Blanc Naturel zwei äusserst spannende Vertreter in Weiss. So oder so: Mit Adrians Weingut ist ein neuer Stern am Aargauer Weinhimmel gesichtet worden.
Die Weine sind direkt bei Adrians Weingut erhältlich.
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[…] ist es gut und lehrreich, seine eigenen Einschätzungen kritisch zu prüfen. Vor gut zwei Jahren besuchte mich Adrian Hartmann und zeigt mir die Weine von Adrians Weingut. Dabei hatte er unter […]
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