Charaktervolle Lagensekte aus dem Rheingau

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Die Herstellung von Schaumwein hat in Deutschland durchaus Tradition. Aber genauso interessant wie die Geschichte der Deutschen Sekt-Produktion, sind die aktuellen Geschehnisse auf dem Schaumwein-Markt. Denn mittlerweile werden in nahezu allen Weinbaugebieten Schaumweine mit zunehmender Qualität und Eigenständigkeit hergestellt. Zu den bekanntesten Sekt-Produzenten zählt u.a. Raumland aus Flörsheim-Dalsheim, worüber wir bereits schon einmal berichtet haben. Doch auch renommierte Riesling Produzenten wie Georg Breuer, Reichsrat von Buhl und Peter Lauer machen seit einigen Jahren mit hochwertigen Schäumern auf sich aufmerksam. Seit vielen Jahren dem Sekt verschrieben hat sich auch das Wein- und Sektgut Barth im rheingauischen Hattenheim.

Eigenständig und knochentrocken: die Sekte von Barth (c) vvWine.ch

Der VDP hat vor wenigen Wochen eine neue Sektklassifikation ins Leben gerufen. Die ist analog zur Weinklassifikation aufgebaut und soll den Herkunftsbezug, die Qualität und den Stellenwert der Sekte verbessern. Ein durchaus nachvollziehbarer Schritt, denn dabei wurde nicht nur die Herkunft, sondern auch die Mindestdauer vom Hefelager (mind. 36 Monaten bei Lagensekten), die maximale Auspressrate der Trauben sowie Alkoholrichtwerte der Grundweine festgelegt.

Das Weingut Barth bringt als erstes Weingut ihre Schaumweine gemäss der neuen Klassifikation auf den Markt. Die Sektproduktion ist beim rheingauer Betrieb eine Herzensangelegenheit. Entsprechend wird viel Wert wird auf Qualität und Herkunftscharakter der Schaumweine aus Riesling, Pinot Noir und Weissburgunder gelegt. Die biologisch bewirtschafteten Trauben werden von Hand gelesen, schonen gepresst und nach traditioneller Flaschengärung hergestellt. Hierbei werden die Flaschen während der jahrelangen Hefelagerung von Hand gerüttelt. Nachstehend meine Notizen zu den beiden Riesling Sekten aus den Einzellagen «Schützenhaus» und «Hassel» sowie dem knochentrockenen Pinot Noir Cuvée aus dem Jahrgang 2011.

2013, Pinot Brut Nature Ultra, Rheingau, Deutschland, (100% Pinot Noir, schonende Ganztraubenpressung und 3 Jahre Hefelager, 1.3 g/L Restzucker): Intensives Zitronengelb mit feiner Perlage. Duftiges Bouquet mit toller Balance aus Frucht und Brioche-Aromen, gelbe Pflaume, reife Zitrone und roter Apfel, dazu Gebäck, Mandeln und leicht buttrige Noten. Ist mundfüllend und leicht cremig, dabei dennoch straffer als die Nase vermuten lässt, die Perlage ist fein dosiert und die reife Säure sorgt für tollen Trinkfluss, wirkt wie aus einem Guss, eine feine Zitrusfrucht umhüllt die Brioche- und Teignoten vom Hefelager, endet mit guter Länge und einer trockenen, leicht herben Note. Ein vielseitiger Schaumwein mit gelungener Balance und Frucht und Klarheit. Jetzt bis 2022, 18 vvPunkte (90/100)

2013, Riesling Brut Nature Schützenhaus, Rheingau, Deutschland, (100% Riesling aus der Einzellage «Schützenhaus» in Hattenheim mit Lösslehmböden. Traditionelle Flaschengärung mit 3 Jahre Hefelager, 0.8 g/L Restzucker): Intensives Zitronengelb mit lebendiger Perlage. Im Duft zurückhaltend und leise, zu Beginn mit wenig Frucht dafür mit Noten von Hefezopf, Blüten und feuchter Erde, doch mit zunehmender Belüftung kommt der Riesling durch: Quitte, gelber Apfel, reife Zitrone und etwas Passionsfrucht. Ist klar und frisch, hat eine feine Perlage und eine präzise, gut eingebundene Säure, wirkt auch im Mund wieder etwas herb, erdig und unaufgeregt, die Fruchtaromatik nach gelbem Apfel und Zitronenzeste wirkt kühl und saftig, dazu etwas dunkle Brotrinde und gerösteter Sesam im Abgang. Hat etwas Puristisches und Nobles, ist dabei knochentrocken und hat Charakter. Braucht aktuell sehr viel Luft und verträgt problemlos ein grosses Glas, ein spannender Sekt! Jetzt bis 2023, 18 vvPunkte (91/100)

Eigenständige Symbiose aus Riesling-Frucht und puristischer Klarheit (c) vvWine.ch

2012, Riesling Brut Nature Hassel, Rheingau, Deutschland, (100% Riesling aus der GG-Lage «Hassel» oberhalb von Hattenheim. Die Böden verfügen über einen hohen Anteil Löss vermischt mit Lehm. Schonende Pressung und traditionelle Flaschengärung mit 3 Jahre Hefelager, 0.5 g/L Restzucker): Helles Goldgelb mit schöner Perlage. Hier haben wir das Riesling-Bouquet: Pfirsich, Aprikose und Melone, dahinter Butterkekse, Brotteig, mandelige Nuancen und Kamille. Wirkt im Gaumen etwas cremiger als das Schützenhaus, bleibt aber stets filigran und klar, die reife Säure ist frisch, zudem gibt die feine Perlage Struktur und ein angenehmes Mundgefühl, wieder erdige Töne mit reifer Zitrusfrucht, Pfirsich und zarter Nussigkeit. Im Abgang bone dry, lang und mit feiner Mineralität – hat alles was ein klasse Schaumwein haben sollte! Jetzt bis 2023, 18.5 vvPunkte (93/100)

Die charaktervollen Schaumweine von Barth sind in der Schweiz bei Terravigna erhältlich.

2 Kommentare
  1. Michael Holzinger
    Michael Holzinger says:

    Was für ein Wunder, der Klassifikationsentwurf ist noch nicht trocken, da kommen die ersten Produkte adäquat fertig auf den Markt, aus 2012 oder 2013. Und ganz schnell werden etliche folgen. Besser kann Lobby-Arbeit nicht entschlüsselt werden.

    Die Prognose steht: auch: das wird mittelfristig eine unerfreuliche Preisspirale für den deutschen Endverbraucher nach sich ziehen. So wie sich viele Große Gewächse zunehmend für die Export-Märkte definieren, vor allem preislich. Einige inzwischen vielleicht sogar stilistisch.

    Die ehrbaren deutschen Erzeuger, die aus Freude und mit Bewusstsein sehr guten, ausgezeichneten Sekt im Portfolio haben, brauchen im Grunde keine konzeptionelle, marktphilosophische Doktrin.

    Hier geht es vermutlich nicht allein um die Schaffung eines neuen Qualität-Theorems, eher dürfte es vornehmlich eine Agentur-Arbeit im Feld Verkauf und Marketing sein. Profitieren werden unmittelbar genau die Betriebe, die diese Produkt-Parameter sowieso schon längst erfüllen.

    Ein Schelm, wer dabei böses denkt. Offen bleibt die Frage, ob das auch alle VDP-Mitglieder strategisch wirklich verstanden haben, bzw. wäre interessant, wie der Entwurf in der Debatte und späteren Entscheidung tatsächlich zustande kam.

    Kann sein, dass so macher Winzer nun endlich lernen oder üben kann, guten und sogar besseren Sekt zu machen. Wirklich? Oder doch nur, ihn besser zu verkaufen?

    Eins ist aber sicher. Es wird teurer. Und zwar bald.

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    • Marcio Hamann
      Marcio Hamann says:

      Guten Tag,

      Vielen Dank für Ihren wertvollen Kommentar. Wie ich diesem entnehme, stehen sie der Klassifizierung oder allgemein dem VDP etwas skeptisch gegenüber, insbesondere was die Entwicklung der Preise angeht. Dies kann ich durchaus nachvollziehen, denn so eine Klassifizierung mit unterschiedlichen Qualitätsstufen wird natürlich auch preisliche Konsequenzen haben. Wie oft hat die Medaille zwei Seiten. Ihre Argumentation kann ich auf der Preis-Seite einerseits nachvollziehen, bin aber der Meinung, dass der VDP sowie die Klassifizierung durchaus Sinn ergeben.

      Ich bin davon überzeugt, dass die Klassifikation (wo u.a. auch viele Mindestanforderungen definiert sind) den Stellenwert der Schaumweine verbessert.
      Die Lagenunterschiede sind bei den Stillweinen eines guten Produzenten mit grosser Deutlichkeit zu spüren. Warum sollte das nicht auch beim Sekt funktionieren?
      Diesem Konzept lediglich nur kommerzielle Aspekte zu unterstellen, ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der Anderen Seite geht im Endeffekt auch um den internationalen Stellenwert der Deutschen (Schaum-)Weinen und Lagen.

      Viele Produzenten, darunter auch Barth (aber auch z.B. auch Breuer, Gut Hermannsberg und Reichsrat von Buhl etc.) bieten nach wie vor hochwertige Schaumweine für deutlich unter 20 Euro an. Diese entsprechen gemäss der neuen Klassifikation dann wohl dem Guts- oder Ortswein. Somit wird sich in diesem Segment und deren Qualität nichts ändern und es wird nach wie vor «bezahlbare» und gute Schaumweine geben. Und meiner Meinung nach ist es unbestritten, dass man in Deutschland gerade in diesem Segment (gilt auch für Stillweine) hervorragende Produkte zum fairen Kurs erhält.

      Auch finde ich, dass es der Verbraucher teilweise selbst in der Hand hat. Betrachtet man den niedrigen Durchschnittspreis, welcher in Deutschland für eine Flasche Wein ausgegeben wird, erscheint es mir logisch, dass sich einige Produzenten zunehmend auf den Exportmarkt konzentrieren. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen, finde ich die Preise der Top-Weine (GGs, Auslesen etc.) absolut im Rahmen oder sogar günstig. Und wie viele Produzenten nun stilistisch „Export-Weine“ erzeugen, ist womöglich ebenfalls reine Geschmackssache. Was mir höchstens auffällt: die (Schaum-)Weine werden trockener resp. ganz trocken und das finde ich wunderbar!

      Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass Barth die Lagensekte bereits vor der Verabschiedung der Sektklassifikation im Portfolio hat.

      Viele Grüsse
      Marcio Hamann

      Antworten

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