Weingut Wageck, Teil 2: Besuch in Bissersheim.

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Ein beschaulicher Ort dieses Bissersheim. Dank der beiden stattlichen Fahnen konnte ich das Anwesen unmöglich übersehen. Ich zirkelte also in die Einfahrt und klingelte an der Tür. Etwas verwirrend, denn es gibt eine Klingel für Thomas Pfaffmann und eine Klingel für die Familie Frank Pfaffmann. Intuitiv drückte ich die die Klingel ohne Familie ohne zu wissen, dass dies eigentlich gar nicht mehr aktuell ist, denn Thomas wurde vor Kurzem zum zweiten Mal Vater.

Die gegenüberliegende Tür öffnete sich, ich wurde mit den Worten „Hallo. Der Schweizer?“ begrüsst. Mir war dieser Einstieg sehr sympathisch und ich war auf das kommende Gespräch gespannt.
Wahrlich nicht zu übersehen © vvWine.ch
Die Geschichte
Ich kannte, wie hier erwähnt, das Weingut nicht und konnte aus Zeitgründen im Vorfeld auch keine vertiefte Recherchen anstellen. Nun aber war ich hier und ich wollte mehr wissen.

Das WeingutWageck-Pfaffmann ist ein alteingesessener Familienbetrieb. In fünfter Generation haben Frank und Thomas Pfaffmann das Gut übernommen. Thomas erzählte mir, wie es auf dem Hof früher zu- und herging: „Reisebusse hielten an, eine Schar Touristen stieg aus, nahm Platz in der Weinstube und verkostete im Schnelldurchlauf das umfangreiche Sortiment. Anschliessend wurden die Bestellungen aufgenommen und die Touristen verliessen mit einigen Literflaschen die Stube und fuhren zum nächsten Weingut.“.
 
Ich muss dem aber unbedingt hinzufügen, dass auf Wageck-Pfaffmann schon früher nicht nur Literflaschen von durchschnittlicher Qualität abgefüllt wurden. Ich kam in den Genuss eines gereiften Rieslings aus 2008, welcher aktuell auf dem Höhepunkt ist. Die Pfaffmanns haben davon eine Charge behalten und erst 2016 in den Verkauf gebracht. Diese Charge ist nach kurzer Zeit bereits so gut wie ausverkauft und steht nun auf den Weinkarten einiger Sternerestaurants.
Riesling Schützenhaus 2008 @ vvWine.ch
Die Ausrichtung heute
Die Brüder Frank und Thomas Pfaffmann  wollten die bisherige Strategie überdenken. Zuwenig nachhaltig und differenzierend war das Geschäftsmodell mit den Touristen. Den Weinen fehlte die individuelle Note, das besondere Etwas. Darum haben die Brüder einschneidende Veränderungen geplant und diese teilweise bereits umgesetzt.


Schon während des Studiums fingen die Gebrüder Pfaffmann an, mit diversen Methoden zu experimentieren. Sowohl im Weinberg als auch im Keller liessen die beiden nichts unversucht, optimierten die Prozesse, setzten mehr und mehr auf Qualität, strebten nach mehr Präzision. Im Jahr 2012 wurde die Linie „Wageck“ geschaffen deren Weine die vielen Anstrengungen im Rebberg und Keller reflektieren.

Pinot Noir Geisberg im Vordergrund @ vvWine.ch
Bis zum jetzigen Zeitpunkt verzeichnet die Wageck Linie ein stetiges Wachstum und erreicht mehr und mehr eine anspruchsvolle Käuferschicht. Man kann also bereits nach kurzer Zeit sagen, dass die Bemühungen gefruchtet haben. Die grössten Veränderungen stehen jedoch noch an. Das Label Wageck-Pfaffmann wird mittelfristig verschwinden, es sollen zukünftig nur noch Wageck Weine produziert werden. Weiter soll das Sortiment drastisch verkleinert werden damit das Hauptaugenmerk auf Spätburgunder und Chardonnay zu liegen kommt.
Das Spitzentrio: Spätburgunder Burgweg, Spätburgunder Goldberg und der Pinot Noir Geisberg © vvWine.ch

 

Burgundische Frische

Die Faszination fürs Burgund ist bei den Brüdern Pfaffmann offensichtlich. Woher diese komme, frage ich Thomas Paffmann: “Mir schmeckt das gut, das ist es. Ich trinke selber gerne Burgunder und dann will man das selbst eben auch hinkriegen. Wir haben Kalkböden, gute Lagen und wir haben gute Reben gepflanzt. Dann ist es eigentlich einfach. Das sollte man ja gar nicht sagen, aber so eine Sache ist das nicht…“. Die terriorbetonten Weine von Denis Mortet haben es Thomas Pfaffmann angetan, und Dageneau sowie Leflaive, von welchen er auch seine Fässer bezieht, zählt er zu seinen Lieblingsweinen.

Im Rebberg

Spätburgunder Burgweg © vvWine.ch

Bei der Rundfahrt durch die Reben ist mir eines sofort aufgefallen. Die Reben der Pfaffmanns sind sehr sorgfältig gepflegt. Es wird sauber entlaubt und rigoros ausgelesen. Je nach Lage wird die Traubenzone nur auf der Schattenseite oder ganz entblättert. Eine radikale Ertragsbeschränkung und eine frühe Lese des Chardonnay sind wichtige Puzzleteile, welche die neue und eigenwillige Wageck-Stilistik definieren.

Seit zwei Jahrzehnten wird lediglich mit Pferdemist gedüngt und seit fünf Jahren werden keine Herbizide mehr eingesetzt. Die Bodenbearbeitung erfolgt rein mechanisch, was den Reben sichtlich gut tut; sie danken auf ihre Weise und strotzen nur so vor Gesundheit.

Chardonnay Sülzner Weg @ vvWine
Man könnte meinen, Thomas Pfaffmann kennt jede einzelne Rebe. Immer wieder entnimmt er einem Stock ein störendes Blatt, biegt einen einzelnen Ast zurecht und prüft die Trauben mit seiner Hand. Sein Vater, Gunter Pfaffmann, bearbeitet derweil mit seinem neuen Traktor die Böden. Generell ist bei den Pfaffmanns Teamplay angesagt. Ein Grossteil der Arbeit im Weinberg wird durch Gunter, Frank und Thomas Pfaffmann selbst erledigt. Angesichts der fast 50 Hektar Gesamtfläche ist dies eine äusserst beachtliche Leistung.
Pfaffmann Senior mit dem neuen Spielzeug @ vvWine
Die Rebsorten.
Die Wageck-Reben wachsen auf kieshaltigen Böden über Kalkgestein. Ein idealer Untergrund für Burgunder-Sorten und ein entscheidendes Kriterium, um vielschichtige, mineralische und elegante Weine herstellen zu können. Entsprechend sind Spätburgunder und Chardonnay die Hauptrebsorten. 60% der Lagen sind mit Pinot Noir bestockt. Weitere rote Rebsorten sind Frühburgunder, St.Laurent, Portugieser, Schwarzriesling sowie einige internationale Sorten, wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Ergänzend zum Chardonnay werden die weissen Sorten grauer Burgunder, weisser Burgunder, Riesling und Sauvignon Blanc angebaut.
Ein bemerkenswerter Fasskeller © vvWine.ch
Die Arbeit im Keller.
Im Keller werden die Lagenweine komplett, die Ortsweine teilweise spontanvergoren. Man hat die Weine auf Basis der Spontanvergärung mit Weinen verglichen, welche mit Reinzuchthefen vergoren worden sind. Laut Thomas Pfaffmann hat man dabei gewaltige Unterschiede festgestellt: „Die Spontis liegen lange auf der Maische und der Spätburgunder kriegt dadurch eine sehr rotbeerige Frucht und eine kühle Frische. Die Weine, welche mit Reinzuchthefen vergoren wurden, wirken dagegen eindimensionaler und haben zudem weniger Struktur.
Alles sauber und bereit für die Ernte 2016 @ vvWine.ch

Dazu kommt, dass die Pfaffmanns heute den Mut haben, den richtigen Erntezeitpunkt selber festzulegen. Früher sei es so gewesen, sagt Thomas Pfaffmann: „Erst kamen alle anderen Traubensorten und am Schluss kam dann noch der Spätburgunder, weil er halt da war.“ Heute orientieren sich die Paffmanns am Spätburgunder und dann kommt alles Andere. 

Thomas Pfaffmann wird angetrieben durch eine stetige Suche nach noch mehr Perfektion.  Seit 2013 werden die Spätburgunder ausschliesslich aus Burgunderklonen gekeltert. Es wird nichts dem Zufall überlassen, alles Mögliche wird ausprobiert und die Resultate dieser Tests werden akribisch kontrolliert und miteinander verglichen. So werden die Trauben teilweise mit Rappen vergoren, wobei bei einer Charge die Kerne nicht, bei einer anderen sehr behutsam zerstossen werden. 

Die Nachverkostung.

Nach der Rundfahrt und einer Kellerführung war denn auch bald mal Zeit, um einige Weine einzupacken und heimwärts zu fahren. Thomas hat sich sehr viel Zeit für mich genommen und die gemeinsamen Stunden sind im Nu verflogen.

Vor meiner Abreise durfte ich insgesamt 14 Weine verkosten. Wie bereits an der vorangehenden vvWine-Degustation war ich hellauf begeistert von der Stilistik der Wageck Linie. Die klare, rotbeerige Frucht der Pinots, begleitet von Eleganz, Frische und Mineralität, wie man es ausserhalb des Burgunds nur selten findet, hat mich begeistert. Sehr gut gefallen haben mir sämtliche Lagenweine. Chardonnay Sülzner Weg, Spätburgunder Goldberg, Spätburgunder Burgweg und der herausragende Pinot Noir Geisberg, der seinen Preis wirklich wert ist.

Ein sehr attraktives Preis-Leistungsverhältnis bieten zudem die Ortsweine, der Spätburgunder Kalkmergel hat es mir davon besonders angetan. Die Cuvée Wilhelm ist ein spannendes Projekt, welches ich in den nächsten Jahren weiterverfolgen werde.

Cuvée Wilhelm 2007 und 2013 @ vvWine.ch
Ich bin überzeugt, dass sämtliche Weine in den kommenden Jahren noch zulegen werden. Zum einen ist das ein Segen für die Weinwelt, zum anderen aber auch ein Fluch für die potentiellen Käufer, denn die Verfügbarkeiten sind teilweise stark limitiert.

An dieser Stelle möchte ich mich nochmals ganz herzlich bei Thomas Pfaffmann bedanken. Dies war bestimmt nicht mein letzter Besuch im beschaulichen Bissersheim.

Thomas Pfaffmann am Goldberg © vvWine.ch

 

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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