2001 Bordeaux – ein unterschätztes Jahr.

Heute im Glas, zusammen mit David, Sibylle, Melanie und den Kids (naja, die hatten Wasser), einige tolle 01er:

Ch. Haut-Bailly 2001. Dichtes Bordeauxrot, jugendlich. Tiefe, komplexe Nase, etwas Rauch, dunkle Beeren. Am Gaumen sehr jung, mit Ecken und Kanten, tolle Gerbstoffe, feine Säure, ungemein präzis und elegant. 10 Stunden später steht er noch wie eine 1 im Glas. Sicherlich 10 Jahre zu früh geöffnet aber ein weiterer Beweis, dass HB seit 1998 ein Nicht-mehr-ganz-Geheimtipp ist. 17.5+ vvpunkte. 2016-2026. Toller Wert.

Ch. Cos d’Estournel 2001: Mittleres Bordeaux, leicht aufgehellter Rand. Würzige, rotbeerige Nase, dann auch dunkle Beeren, Pfeffer und etwas Pflaume. Am Gaumen sehr weich, vollmundig, rund, deutlich zugänglicher als Haut-Bailly, modern aber nicht plump. Langer Abgang. 10 Stunden später dreht er sichtlich auf, entwickelt feine Aromen von Leder und Gewürzen, toll! Ein klassicher Modernist (gibt es denn das?). 17.5 vvpunkte. 2013-2024.

Ch. Montrose 2001: Tiefes, dunkles Bordeaux. Sehr verhaltene Nase, Rauch, mineralisch, im Gegensatz zum recht offenen Cos ist dieser Montrose sehr verschlossen. Nach 2h grossem Dekanter zeigt er ein klein wenig seines Aromatischen Potentials. Am Gaumen stramm, ein Kraftprotz aber mit viel Eleganz. Sehr gute Balance von Gerbstoff und Säure, tolle Struktur, dunkelbeerige Frucht. Weit, weit weg vom idealen Genussfenster aber ein absolutes Highlight. 18+ vvpunkte. 2020-2030.

Als Pirat gab es einen Castello Luigi 2001 – Merlot del Ticino. Kein grosses Jahr im Tessin, aber aktuell perfekt auf dem Punkt. Mittleres Rubin, deutlich aufgehellter Rand. Sehr feine Nase, rotbeerig, duftig, sehr offen. Am Gaumen weicher Auftakt, samtiger Schmelz, gute Säure, wieder rote Beeren, etwas kalter Kamin, zarte, süsslich-nussige Note. Solider Abgang. Wirkt 10 Jahre älter als seine Bordeaux-Kollegen, ist ein hervorragend gereifter Rotwein von grosser Klasse. Aktuell auf dem Höhepunkt, hielt sich aber problemlos 4 Stunden ohne abzubauen. 17vvpunkte. 2011-2013. Wird nicht mehr besser, ist aber defintiv eine Sünde wert.

Schliesslich heute Abend noch etwas Pichon Baron 2001. Mittleres Bordeaux, wirkt recht reif. In der Nase laktische Noten, deutlich Holz, dann rotbeerige Frucht, etwas Rauch, Hagenbutte und Sanddorn, sehr spannend. Am Gaumen schlanker Auftakt, frisch, fruchtbetont, rote Beeren, schöne Würze, deutlich Säure, dann mundfüllendes, präsentes Tannin, sehr mineralisch, wieder Rauch, dann auch dezente Cassisfrucht. Mittlerer Abgang, endet auf Sauerkirsche. 17.5+. 2015-2025.

Unterm Strich war für mich kein wirklicher „Sieger“ auszumachen, sondern einfach nur 5 herrliche 2001er die allesamt zum Besseren gehören, was ich aus diesem Jahr schon im Glas hatte. Montrose und Haut-Bailly sind aktuell sicherlich am schwierigsten zu verkosten, dafür beide Langstreckenläufer. Der Pichon Baron präsentiert sich dagegen schon ganz zugänglich, wenn auch weit weg vom Höheunkt. Ist vielleicht der beste Kompromiss zwischen Zugänglichkeit und Potential. Der fast schon hedonistische Cos dagegen wird all denen gefallen, die gerne weiche, runde Gerbstoffe mögen und doch kein plumes Cabernet-Monster im Glas möchten sondern Würze und Frische mögen. Und für diejenigen ohne Geduld gibt es dann den Castello Luigi, der in mancher Bordeaux-Probe nicht abfallen sondern obenaus schwingen würde – wenn auch man ihn aktuell mit Bordeaux-Jahrgängen aus den 90ern vergleichen sollte – z.B. 93 oder 95.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
0 Kommentare

Dein Kommentar

Want to join the discussion?
Feel free to contribute!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.