Ein Schwarzriesling auf den Spuren des Pinot Noir.

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Kürzlich erhielt ich von meinem Weinfreund Tobias Hess, seineszeichens Sommelier und Weinberater, eine WhatsApp-Nachricht. «Hallo meine vinophile Freunde, ich würde gerne die Zeit nutzen und mit euch ein kleines Experiment machen. Ich durfte in Jahr 2015 mit der Weingärtnergenossenschaft Lauffen (meine Heimatstadt) ein Weinprojekt realisieren. Die Idee war einen Schwarzriesling (Pinot Meunier) unsere Hausrebsorte wie einen grossen Pinot Noir auszubauen. Ich durfte den Weinberg ein Jahr lang begleiten und mit einem guten Freund wie einen GG Weinberg bewirtschaften. Das Trauebgut wurde bei 98 Oechsle gelesen und danach für 19 Monate in einem neuen Taransaud 300 Liter “Barrique” ausgebaut. In den ersten Jahren war der Wein doch sehr vom Holz geprägt, nun aber mit der Zeit hat er sich in meinen Augen ganz gut entwickelt. Ich würde nun gerne mal eine dieser Flaschen mit Euch per Zoom verkosten um ein ehrliches Feedback zu Rebsorte/Ausbau/Sinn zu erhalten. Es geht nicht darum einen Verkauf anzukurbeln…»

Tobias Hess (oben links) erzählt während des Zoom-Calls vom Schwarzriesling-Projekt.

Wie könnte ich bei einsem solch spannenden Projekt nein sagen, dachte ich mir und kurze Zeit später lag die Musterflasche in meinem Milchkasten. Entstanden ist die Initiative der Weingärtnergenossenschaft Lauffen übrigens im Jahr 2008. Die Idee war es, Jungwinzern die Möglichkeit zu geben, einen grossen respektive speziellen Wein zu keltern. Die einzige Bedingung: Der Wein muss aus den Weingärten der Genossenschaft stammen. Jährlich wird im Rahmen dieses Projektes eine kleine Menge von rund 3’000 Flaschen Wein realisiert und ab und an – so wie mit dem heute verkosteten Wein – entsteht dabei auch nur eine «Fassauslese» von wenigen hundert Flaschen.

Der Schwarzriesling, dessen alte Reben übrigens auf Muschelkalkböden wachsen, ist den meisten Menschen eher als Verschnittpartner von Chardonnay und Pinot Noir in den Schaumweinen der Champagne bekannt. Spontan vergoren, reinsortig als Rotwein gekeltert und im neuen französischen Barrique ausgebaut ist dieser Wein eine Kuriosität, die keiner der virtuell anwesenden Degustatoren bisher so im Glas hatte.

Stop-Motion-Movie (c) by Simon Vineo Tauscher

Der optische Auftritt gab übrigens zu redeen. Ich finde ihn durchaus ansprechend und mein Sohn kam spontan auf die Idee, ein 360° Stop-Motion-Movie zu machen, welches ich meiner Leserschaft nicht vorenthalten möchte. Ebenfalls niemandem vorenthalten möchte ich meine Verkostungs-Eindrücke.

2015, VINITIATIVE Schwarzriesling «Sélection Tobias Hess», Lauffen, Württemberg, Deutschland (100% Schwarzriesling). Helles Rubin, wässeriger Rand. In der Nase deutlich vom Holz geprägt, rauchig, speckig, angebranntes Holz, Lakritze, dahinter rote Kirschen, Blutorangen, darüber weisser Pfeffer der entfernt an Syrah erinnert. Im Auftakt frisch, mit leichtem Körper, gut integriertem Gerbstoff und einer wohl dosierten Säure, das Holz ist auch hier wahrnehmbar, wirkt aber besser integriert als die Nase vermuten lässt, der Wein hat keine überragende Struktur, ist aber lebendig und zeigt Spannung, Eleganz und eine gute Balance. Endet wie die Nase verspricht würzig, deutlich rotfruchtig mit einer dezenten, vom Holz stammenden Bitternote. Eine Kuriosität, die in mancher Pinot-Noir-Probe nicht negativ auffallen würde, im Gegenteil! Jetzt bis 2023 geniessen, 88/100 vvPunkte.

Ansprechende, helle Farbe (c) vvWine.ch

Ein gut formuliertes Fazit kam von Philipp, der sagte: «Das ist wie ein Dolcetto des Pinot Noir». Denn der Dolcetto ist ein Wein, der kein Barolo sein will aber dennoch seine Berechtigung hat. Dieser Schwarzriesling ist sicherlich kein grosser Wein, aber einer, der viel Trinkspass bietet. Unsere Musterflasche wurde auf jeden Fall problemlos leer und hat unser würziges, vegatarisches Abendessen mit Avocado, Randen, Kartoffeln und Büffelmozzarella hervorragend begleitet. Wer sich eine oder einige Flaschen davon sichern will, melde sich direkt bei Tobias Hess per eMail.

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