CMX. Gute, brave Schüler die doch anders sind.
Ich staune nicht schlecht während dem ich ein Paket mit Musterflaschen vom Weingut Gratz auspacke. Die drei Rotweine sind in weisse Flaschen gefüllt, was meine bessere Hälfte mehr an einen medizinalen Kräutermix aus einer Apotheke als an Wein erinnert. Die Flaschen sind, modern und durchaus qualitätsbedacht, mit farbcodiertem Schrauber verschlossen, welcher wiederum perfekt zur äusserst grafisch gestalteten Etikette passt. Diese wiederum weist ein enormes Potential für Polarisierung auf: Mir persönlich gefallen die Labels überhaupt nicht – mein lieber Nachbar aber, der durchaus ein Auge fürs Schöne besitzt und zufällig bei mir vor Ort ist, flippt fast aus, weil er die Etiketten so gelungen findet. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten und so mach ich mich an die Verkostung dessen, was sich in den Flaschen befindet.
2017, Cuvée «X», Weingut Wolfram Gratz, Udvari, Plattensee, Ungarn. (Eine Assemblage aus Cabernet Sauvignon und Merlot. 4.500 individuell nummerierte Flaschen werden produziert, im Barrique ausgebaut, 13.5% Alkohol). KräftigesRubin. Intensiv duftende Nase, viele reife Himbeeren, schwarze Johannisbeere, dazu Paprika-Gewürz, keinerlei Holzdominanz. Im Gaumen weich und geschmeidig, zeigt keine Ecken und Kanten, mittlerer bis kräftiger Körper, abgerundetes, fein gewobenes Tannin, die Säure hält den Wein angenehm frisch und eine dezente Krautigkeit schwingt im Abgang mit. Ein gelungener und bekömmlicher Tischwein. Jetzt, leicht gekühlt und in der Fruchtphase bis 2022 geniessen. 17 vvPunkte (86/100).
2017, Merlot «M», Weingut Wolfram Gratz, Udvari, Plattensee, Ungarn. (100% Merlot. 4.500 individuell nummerierte Flaschen werden produziert, im Barrique ausgebaut, 14% Alkohol).Rubin. In der Nase noch etwas vom Holz geprägt, zeigt eine feine Röstnote, ein Hauch Schokolade und Vanille, dazu Aromen von Blaubeeren, Herzkirschen und Pflaumen. Im Gaumen weich und charmant, bereits wunderbar zugänglich, vordergründig ohne Ecken und Kanten, dabei aber gut strukturiert, mit feinen Gerbstoffen und einer guten Säure ausgestattet, am mittleren Gaumen mit solidem Druck und im Abgang mit guter Länge, endet auf dunkle Beeren und eine feine Würze. Ein äusserst typisches Beispiel seiner Sorte. Macht jung Spass, kann gut etwas reifen. Jetzt bis 2024 geniessen. 17.5 vvPunkte (88/100).
2017, Cabernet «C», Weingut Wolfram Gratz, Udvari, Plattensee, Ungarn. (100% Cabernet Sauvignon. 4.500 individuell nummerierte Flaschen werden produziert, im Barrique ausgebaut, 13.5% Alkohol). Mittleres Rubin, violette Reflexe. Die Nase zeigt sich äusserst sortentypisch mit viel schwarzer Johannisbeere, dunkler Kirsche, Rauch, Trockenkräutern sowie einer kühlen, steinigen Note, sehr gute Komplexität. Im Gaumen schlank und gradlinig im Auftakt, ungemein fruchtbetont, breitet sich dann aus, zeigt einiges an Gerbstoff, einen mittelkräftigen Körper und eine wohl dosierte Säure, das Barrique ist sehr gut verwoben, da ist keinerlei Holzdominanz mit im Spiel, die Frucht ist reif jedoch sehr knackig. Im Abgang ausgewogen, lebhaft und in sich stimmig, endet wie er in der Nase begonnen hat auf schwarze Johannisbeere. Ein auf Frucht getrimmter, sehr sauber gekelterter Wein für alle Tage. Jetzt bis 2025 geniessen, 17.5 vvPunkte (89/100).
Ich bin nach dieser Verkostung hin und hergerissen. Soll ich dazu was schreiben? Oder doch lieber nicht? Ganz ehrlich: Aufgrund der äusseren Erscheinung hätte ich etwas mehr Rock’n’Roll erwartet. Etwas mehr Ecken und Kanten, etwas mehr Charakter. Mir persönlich sind diese drei Weine fast zu sauber, zu schön, zu aufgeräumt, zu brav. Und dennoch sind sie anders als andere Weine. Es sind Musterschüler in ihrer Klasse, rein und klar in der Frucht, sehr sortentypisch in der Aromatik, qualitativ definitiv sehr gut gelungen und – was das Äussere angeht – sehr speziell im Auftritt.
Musterschüler sind bei heutigen Schulklassen nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Und viele Kinder mögen sie nicht, die Musterschüler, wohl gerade deshalb, weil diese so gut in allem sind, sich inhaltlich und oft auch im Auftreten von den normalen Kindern absetzen. Ich bin mir jedoch sicher, die meisten dieser Musterschüler haben ihre cachierten Ecken und Kanten, ihren eigenen Willen, ihr Faible für etwas ganz Spezielles. Man muss es nur entdecken.
Darum schreibe ich über die drei Weine. Denn ich finde, sie sind es Wert, entdeckt zu werden. Ob man sie dann mag oder nicht überlasse ich jedem selbst.
Angebaut werden die Weine vom Deutschen Paar Wolfram und Dorothee Gratz aus dem pfälzischen Waldsee bei Speyer. Doch wer die nur zwei Hektar grossen Weinberge in der Pfalz sucht, sucht vergebens. Diese befinden sich nämlich am ungarischen Plattensee. Im Einklang mit der Natur pflegt das Paar zusammen mit fleissigen Helfern ihre Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon und Merlot Stöcke. Die kalkhaltigen Böden der Region Balatonfüred-Csopak sind für diese Sorten ein idealer Untergrund. Handarbeit bei der Lese versteht sich von selbst.
Sohn Raphael unterstützt seine Eltern in Sachen Vertrieb. Womöglich hatte er einen nicht zu kleinen Einfluss auf das spezielle Äussere der Weine? Ich weiss es nicht. So oder so, es ist eine gelungene Koproduktion zwischen Ländern und Generationen.
Erhältlich sind die Weine direkt ab Hof in der Pfalz respektive im Web-Shop. Und: der Familienbetrieb ist noch offen für interessierte Händler oder Gastronomen. Diese melden sich direkt bei Raphael.
Sehr geehrter Herr Van Velsen
Auf der Suche nach potentiellen Partnern wurden wir auf Ihre Seite aufmerksam, es freut uns sehr dass Sie sich bemühen um die verschiedenen Weine der Welt zu degustieren und zu präsentieren.
Wir sind eine kleine Online Weinhandlung mit Sitz in Biel/Bienne, wir importieren und verkaufen international preisgekrönte Weine aus Ungarn, wo man die älteste Weinbaugebiete Europas findet, und seit den 9. Jahrhundert eine einzigartige Weinkultur kultiviert. Unser besonderes Interesse richtet sich zurzeit an Weinclubs und Weinblogs, weil unsere oberste Priorität liegt zurzeit an Gruppen von Weinkennern.
Unser Meinung nach etwas neues zu präsentieren kann das Geschäft auf neue Wege führen, und interessante Erfahrungen bringen.
Wir sind davon fest überzeugt, dass man in ein Paar Jahren die ungarischen Tropfen in vielen Schweizer Lokalen geniessen kann. Wir würden uns sehr freuen mit Ihrem Weinblog kooperieren zu können, und damit unsere Weine bekannt zu machen. Wir würden sehr gerne Ihnen Paar Musterflaschen zur Verfügung stellen, damit Sie sie degustieren können. Sie können unser Angebot auf http://www.le-bouchon.ch studieren.
Für allfälligen Fragen oder weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit sehr gerne zur Verfügung. Wir würden uns auf eine zukünftige zusammenarbeit freuen.
Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag.
Mit freundlichen Grüssen,
Tamas
Le Bouchon Vinothek