Fiano und Verdeca

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„Fiano, Verdeca! Bitte räumt mal euer Zimmer auf.“ Es dürfte nur eingeweihten Weinfreaks auffallen, dass am vorhergehenden Satz etwas nicht stimmen kann. Fiano und Verdeca sind nämlich keine Kindernamen sondern süditalienische Traubensorten, die nicht jedem Weingeniesser geläufig sein dürften. Umso spannender ist es, solche Weine verkosten zu dürfen.

Die Tenuta Macchiarola (aktuell ist der Link allerdings gerade tot…) wurde Mitte der 80er Jahre von einem Apotheker gegründet und wird heute von Nico Mangione geleitet. In den 90er-Jahren wurden die bestehenden Rebstöcke gerodet und für einige Jahre lang lebte die Familie Mangone von der Apotheke, vom Weizenanbau sowie von Melonen- und Oliven-Plantagen. 2005 hatte sich die Erde regeneriert und es wurden wieder Reben gepflanzt. Mitten in der Primitivo-Zone gelegen war die primäre Sortenwahl klar. Bereits 2006 wurde die erste kleine Ernte eingefahren, 2007 übernahm Nico die Geschäftsführung und stellt mit jedem Primitivo-Jahrgang fest, dass die Weinwelt grösser ist als er gedacht hat. Im Jahr 2010 pachtete er einen Negroamaro-Weinberg in Lizzano und nennt den daraus gekelterten Wein zu Ehren seines Schwiegervaters „Don Franco“. Ebenso pachtete er einige Parzellen mit den autochthonen Sorten Verdeca und Fiano, welche durch die Rotwein-Neupflanzungen nach der verheerenden Reblaus-Seuche fast ausgerottet worden sind.

Die Böden seiner Parzellen sind ein Spiegel von ganz Apulien; rote Erde, Schwemmböden, sandige kalkhaltige Lehmböden, die Weinberge eingekesselt von Felsen, Olivenbäumen und Ackerland. Nico bemerkt den Reichtum dieses Boden-Lebens und verfolgt seit 2014 einen Bio-Ansatz. Kamillen und anderen wilden Kräuter bringen einen unglaubliche Bio-Diversität in die Rebzeilen. Nico beobacht und lernt seine Natur immer besser kennen. Er versteht, dass der Weg zu ausgewogenen Weinen nicht durch einen möglichst geringen Ertrag erreicht wird, sondern dass dafür ein flexibles Ertrags-Konzept nötig ist, das dem jeweiligen Jahrgangsverlauf gerecht wird. Er entlaubt daher nur gezielt, um so die Säurewerte aufrecht zu erhalten.

Er erinnert sich gerne ans Sprichwort seines Vaters: „Verkaufe die Apotheke nicht und denke daran, dass die Erde niemals falsch ist“. Zwar hat er Ende 2015 die Apotheke verkauft, doch die Bedeutung der Erde hat er noch immer klar vor seinen Augen. Seit 2016 sind alle seine Weine aus kontrolliert biologischem Anbau. Die Tenuta Macchiarola ist Mitglied von Vinnatur.

Aufgrund Neupflanzungen nach der Reblaus-Seuche in Apulien fast ausgestorben: ein Wein aus Verdeca-Traube (c) vvWine.ch2016, Verdeca Salento IGT «Verdeca», Tenuta Macchiarola di Domenico Mangione: sehr dunkles Strohgelb. Anfangs verhaltene Nase, Malzaromen, dann weisse Blüten, Rostentee, Stroh, Gräser, Quittengelee, Mandeln und Baumnüsse, sehr gute Komplexität. Sehr weicher Gaumenauftakt, einiges an Schmelz, reife Quitten-Frucht, Rosmarinhonig, gut integrierte, moderat ausgeprägte Säure und im Abgang von mittlerer Länge, endet auf eine nussige Note. 17.5 vvPunkte (88/100)

Mit viel Druck und spannender Aromatik: Fiano „Belle Vignole“ (c) vvWine.ch

2016, Fiano Salento IGT «Belle Vignole», Tenuta Macchiarola di Domenico Mangione: Sehr dunkles Gelb. In der Nase Honig, Akazienblüten, Flieder, Kamille, Melissen, getrocknete Gräser, reife Zitrone, Apfel, dezent auch oxidative Noten, verändert sich mit Luft, wird tiefgründiger, verspielter, sehr spannend! Kraftvoller Gaumen, markante Struktur mit kräftiger Säure, welche die sehr intensive Frucht stützt, wieder deutlich Apfel, auch Quitte, Sauerkirsche und Aprikose, dazu sehr würzige Komponenten, der Appenzeller lässt grüssen, das wirkt energetisch geladen und zeigt unglaublich viel Spannung. Im Abgang langanhaltend, mit Druck, Salzigkeit und viel Frische. Das hat richtig Klasse. 18 vvPunkte (90/100).

Ich genoss die Weine zu herzhaften Spaghetti Carbonara (allerdings mit Schinken statt Speck). Beide Weine begleiteten das Gericht dank ihrer ausgesprochen kräftigen Art vorzüglich. Die Weine sind meines Wissens ausserhalb Italiens noch nicht erhältlich. In Italien sind sie für ca. CHF 17.– bei Decanto zu erwerben.

Beide Weine passten perfekt zur Carbonara (c) vvWine.ch

2 Kommentare
  1. Anthony
    Anthony says:

    Hmm! Da kriegt man richtig Lust, diese beiden eigenständigen weissen zu probieren, am besten auch gleich mit den Spagetti Carbonara!

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Ja, wirklich sehr lecker – keine Weine für Jedermann doch ich könnte mir vorstellen, die gefallen dir. LG Adrian

      Antworten

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