Poderi Aldo Conterno: der Jahrgang 2014

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Die Landschaft um Monforte d’Alba in Puderzucker getaucht © vvWine.ch

Es schneite, es schneite stark, so stark wie man es sich selbst in der Schweiz kaum gewohnt ist. Die Hügel der Langhe lagen versteckt unter einem Zuckerhut, die Strassen waren nur noch schwierig zu meistern. Der 4Matic brachte uns dennoch schweizerisch pünktlich um 9.59 Uhr zur Poderi Aldo Conterno in Monforte d’Alba. Giacomo Conterno empfing uns lächelnd. „Meine Kinder werden heute sicher viel Freude haben“ meinte er gut gelaunt und führte uns sofort in die warme Verkostungs-Stube.

Es ist derweil keine Selbstverständlichkeit, in dieser Stube Platz nehmen zu dürfen. Die Familie Conterno gehört nämlich zu den renommiertesten Barolo-Produzenten und vertreibt ihre Weine weltweit. Entsprechend vielbeschäftigt sind die drei Brüder Franco, Stefano und Giacomo. Hier endlich Platz nehmen zu dürfen war für uns alle ein echtes Privileg. Wie kam es dazu? Ich durfte im September 2016 in Zürich eine interessante „Horizontale“ der Lagen-Barolo des Jahrgangs 2006 sowie am Beispiel des „Colonnello“ die Charakteristiken einzelner Jahrgänge in Form einer „Vertikalen“ von 2006 bis 2012 erfahren. Den Bericht dazu findet man hier. Franco Conterno bot mir seinerzeit an, das Gut in Monforte jederzeit zu besuchen. Nach etwas eMail Hin- und Her zwecks Terminkoordination war es an diesem sehr verschneiten, 2. Dezember endlich soweit.

Giacomo Conterno schreitet zur Tat © vvWine.ch

Die Brüder Franco, Stefano und Giacomo kümmern sich mit einem Team von insgesamt acht Personen um die 25 Hektar Rebfläche welche theoretisch rund 200 Tausend Flaschen Wein hervorbringen würden. Eine seit dem Jahrgang 2001 geltende, sehr rigide Qualitätskontrolle limitiert die jährliche Anzahl Flaschen welche auf den Markt kommen allerdings auf rund 80 Tausend. Gearbeitet wird nachhaltig, auf das Spritzen von Pestiziden wird verzichtet.

Giacomo Conterno lässt sich nicht gerne in eine Schublade stecken. So auch beim Ausbau der Weine. Dieser findet sowohl in grossen Holzfässern als auch Barriques statt. Auf unsere Frage ob er sich eher zu den Traditionalisten oder zu den Modernisten zählt, und was er zum Einsatz von Barrique-Fässern meint, antwortete er selbstbewusst: „Wenn Sie die Qualität eines 3-Sterne-Restaurants bewerten wollen, gehen Sie dann zuerst in die Küche um zu sehen, mit welchen Pfannen gekocht wird?“. Nein, natürlich nicht. Fässer sind für das Team der Poderi Aldo Conterno Hilfsmittel, Neudeutsch Tools, die sie dabei unterstützen, einen guten Wein zu produzieren. Nicht mehr, nicht weniger.

Fässer sind für Poderi Aldo Conterno lediglich Arbeitsgeräte © vvWine.ch

Giacomo Conterno erwähnt aber mehrmals wie wichtig es der Poderi Aldo Conterno ist, über strenge Mengen-Selektion eine top Qualität in die Flasche zu bekommen. „Reduce to the Max“ quasi. Das wiederum soll nicht heissen, dass jeder die Conterno’s und ihre Weine mögen muss. Im Gegenteil: „Some like me, some hate me, but at least they recognize me“, sagt der Charakterkopf und betont weiter, dass er verhindern möchte, sich selber bei einem Jahrgang vorwerfen zu müssen, nicht alles gegeben zu haben, um das Bestmögliche in die Flasche zu bringen.

Und diesen Beweis sollte er heute antreten. Giacomo Conterno gab uns an diesem Morgen die Möglichkeit, neben dem Chardonnay und Barbera 2015, die ganze Barolo-Palette der Aldo Conterno-Weine aus dem herausfordernden Jahrgang 2014 zu verkosten (Ausnahme Granbussia, da wurde uns der demnächst verfügbare Jahrgang 2009 präsentiert). Im Gegensatz zum grossartigen Jahrgang 2015 war das Jahr 2014 im Piemont gelinde gesagt schwierig. Es regnete viel, der Pilzdruck war enorm und die Reife der Trauben zögerte sich lange hinaus. Es brauchte darum viel Geduld und Fingerspitzengefühl sowie eine noch strengere Selektion als in normalen Jahren, um eine gute Qualität in die Flasche zu bekommen.

„In jungen Weinen die Qualität eines Weins wahrzunehmen ist wie aufgrund eines gelegten Fundamentes die Schönheit eines fertigen Hauses zu erkennen“ so Giacomo Conterno. Wir haben es versucht. Nachfolgend unsere Eindrücke zu den in unseren Augen äusserst gelungenen 2015er und 2014er Weinen von der Poderi Aldo Conterno. Es sind wie immer Momentaufnahmen, die nur einen Bruchteil dessen wiedergeben, was in den Weinen steckt.

Der Lagen-Chardonnay überzeugte mit wunderbarer Frische © vvWine.ch

2015, Chardonnay Bussiador, Poderi Aldo Conterno: die Reben wurden an den kühleren Ost- und Nordostlagen gepflanzt wo ursprünglich Grignolino und Dolcetto wuchsen. Zitat Giacomo Conterno: „Chardonnay loves to be kissed by the sun in the morning“ und weil die Nachmittagssonne hier nicht so stark brennt wie an den Südlagen, bleibt dieser Wein wunderbar frisch… Kühle Nase, mittlere bis hohe Intensität, weisse Blüten, Holunderblüten, Zitrusfrüchte, Apfel, unterlegt von einer dezenten Holznote, mit Luft auch Butter, Biscuit, frische Haselnuss, Aprikose etwas Rauch. Weicher Auftakt, da ist einiges an Schmelz mit im Spiel, sehr gute Intensität, reife Zitrone, Kamille, getragen von einer markanten Säure, cremig und sehr frisch, hochelegant und mit viel mineralischer Spannung. Im Abgang sehr lang, endet auf gelbe Äpfel. 2018-2028 zu geniessen, 18.5 vvPunkte (92/100).

Ein knackiger 2015er Barbera © vvWine.ch

2015, Barbera Conca Tre Pila, Poderi Aldo Conterno: Strahlends Rubin, jugendlicher Glanz. In der Nase noch vom Holz geprägt, viele Brombeeren sowie schwarze Kirschen, feinwürzige Aromen, angenehm tief und mit guter bis sehr guter Komplexität. Am Gaumen sehr saftig im Auftakt, ungemein knackige Frucht, das Holz ist gut eingebunden, auch hier dominieren die Noten von Kirschen und Brombeeren, eine sehr feine Säure verleiht dem Wein Struktur, trotz 15% Vol. Alkohol wirkt der Wein angenehm frisch und durchaus trinkanimierend. Im Abgang von mittlerer Länge. Ein Wein der jeder Bagna Cauda-Runde Fröhlichkeit einhauchen wird. Jetzt bis 2024 bei 16° geniessen, 17.5 vvPunkte (89/100).

2014, Barolo Colonello, Poderi Aldo Conterno: Der Colonello ist normalerweise der zugänglichste der drei Lagen-Barolo von Aldo Conterno. Der 2014er zeigte sich uns allerdings verschlossener als sein Bruder aus der Lage Cicala. 4 Wochen auf der Maische, 29 Monate Ausbau in Holzfässern und Barriques. Strahlendes Rubin. Intensiv duftende Nase, sehr faszinierend, Aromen von eingelegten Kirschen, dunklen Rosenblüten, Veilchen, Lebkuchengewürze, weisser Pfeffer, Cassis, mit mehr Luft auch rotfruchtige Aromen, sehr komplex. Am Gaumen frisch und rotfruchtig beginnend, markantes aber fein gewobenes Tannin, top Struktur, noch sehr ungestüm, blutjung, mit saftiger Säure, mittlerer Körper, reine, frische Frucht, viele rote und dunkle Kirschen, etwas Pflaume, Brombeeren. Im Abgang sehr lang. Ein sehr elegantes, ausgewogenes Weinbaby mit hervorragenden Anlagen. 2022-2038 geniessen. 18.5 vvPunkte (93/100).

Now we’re talking – Cicala 2014 © vvWine.ch

2014, Barolo Cicala, Poderi Aldo Conterno: Im Gegensatz zum sonst zugänglicheren Colonello zeigte sich dieser Cicala bei der Verkostung fast schon schmeichelhaft. Die Lage mit 3.2 Hektar Rebfläche ergäbe eigentlich über 20 Tausend. Flaschen Wein, produziert wurden deren 6’000. 4 Wochen Maischgärung, 24 Monate Ausbau in Holzfässern und Barriques. Kräftiges Rubin, jugendlicher Glanz. Sehr intensiv duftende Nase, Rauch, ätherische Noten, dunkle Beeren Dominieren, einige rote Früchte mischen sich dazu, viel Würzigkeit, Bittermandel, Lavendel, ein fazinierender Schnüffelwein. Der Gaumen ist kraftvoll und dennoch hochelegant, superfeines Tannin, wirkt etwas zurückhaltender, weniger ungestüm als Colonello, auch hier mit hoher Säure, saftig, knackig und frisch, aromatisch mit Pflaumen, Brombeeren und etwas Cassis, das ganze umhüllt von einem runden Schmelz. Spannungsvoll und mit viel Nachhall im Abgang. Ein tänzerischer Cicala, enorm präzis, eine Symbiose aus Kraft und Eleganz. 2022-2040. 19+ vvPunkte (94+/100)

Trotz schwierigem Jahr stand vor uns eine ausgezeichnete Auswahl sorgfältig gekelterter Weine mit grossem Lagerpotential © vvWine.ch

2014, Barolo Romirasco, Poderi Aldo Conterno: Die Spitzenlage hat das Potential von 24 Tausend Flaschen, gefüllt wurden 4’900 Flaschen. 4 Wochen Maischgärung, 32 Monate Fassausbau. Kräftiges Rubinrot. Sehr intensive, würzige und florale Nase, wow, das ist ein Parfum, kein Wein! Veilchenblüten, Lebkuchen, Sauerkirschen (Röteli lässt grüssen), eingelegte Pflaumen und eine leicht grasige Note schwingt mit. Im Auftakt schlank und federleicht, dann breitet sich der Wein aus, zeigt eine ausgezeichnete Intensität, füllt mehr und mehr den Mund, wird voluminös, zeigt Schmelz, wunderbar weich und geschmeidig. Aromatisch auch hier mit vielen roten Beeren, deutlich würzigen Komponenten, unglaublich charmant, frisch und trinkanimierend, man möchte gleich schlucken. Im Abgang von ausgezeichneter Länge, endet feinwürzig und mit cremigem Schmelz. Ein Klasse-Wein. 2024-2040. 19 vvPunkte (95/100)

Sorgfältig geprüft und karaffiert – Gran Bussia 2009 © vvWine.ch

2009, Barolo Gran Bussia Riserva, Poderi Aldo Conterno: das jüngste Riserva-Kind ist doch schon 9 Jahre alt und wird demnächst auf den Markt kommen. Vom 2009er Jahrgang wurden lediglich 3’000 Flaschen produziert. Rubinrot, deutlich reifer als die jungen 2014er Weine. In der Nase offener als die Jungen Weine, viele Gwürze, frisch gebackener Lebkuchen, ätherische Noten, Moos, Waldboden, auch Pilze, rote und dunkle Früchte, Kirschen, eingelegte Pflaumen, feuchter Stein, hervorragende Komplexität. Wuchtiger Auftakt, weich und samtig die Zunge streichelnd, auch hier mit würzigen Aromen, Lebkuchen, Honig, Latwerge, Kräuter, superfeines Tannin, ein wahnsinniges Mundgefühl, druckvoll und dennoch hochelegant, die 15% Alkohol perfekt verpackt, hier ist alles an seinem Platz. Im Abgang sehr langanhaltend. Ein Vorzeigeschüler in Sachen Balance und Harmonie, beeindruckend! 2017-2037. 19.5 vvPunkte (97/100).

Giacomo Conterno von Poderi Aldo Conterno © vvWine.ch

Die anschliessende Kellerführung (wo wir neben Barrique-Fässern auch viele traditionelle Eichenfässer zu sehen bekamen) rundete dieses wunderbare Erlebnis ab. Besonders eindrücklich war der historische Keller, wo die Flaschen für die Riserva Granbussia lagern. Im Keller herrscht eine konstante, natürliche Luftzirkulation, welche für die rund sechsjährige Flaschenreife der Granbussia-Weine ideal ist. Ebenso interessant war ein Kunstwerk das alle Facetten eines grossen Nebbiolo-Weins darstellt. Das Bild, bestehend aus vielen, strukturiert angeordneten und natürlich eingefärbten Quadraten. Es symbolisiert für mich ganz persönlich auf sehr schöne Weise das Wesen eines grossen Barolo: Klarheit, Präzision, Struktur, Kraft, Erdbezogenheit und eine sehr breite Aromenvielfalt.

Die verschiedenen Aromen wurden reliefartig in jedes Quadrat eingeritzt © vvWine.ch

So sieht Nebbiolo aus © vvWine.ch

Zum Schluss ein grosses Dankeschön. Danke an Franco, Stefano und Giacomo Conterno für diesen Blick hinter die Kulissen der Poderi Aldo Conterno. Wir nehmen Giacomo beim Wort und kommen gerne wieder nächstes Jahr, um die 2015er Weine zu verkosten; dann hoffentlich mit Sonne und weniger Schnee auf den Strassen. Die Weine von Poderi Aldo Conternon sind in der Schweiz bei Caratello oder Gerstl erhältlich.

Eine Weinflasche hinter Gittern © vvWine.ch

Der Zugang in den museumsähnlichen Keller © vvWine.ch

Der Jahrgang war nicht mehr lesbar © vvWine.ch

Zurecht eingesperrt, die Familienreserve © vvWine.ch

Der Vorplatz war bei unserer Abfahrt bereits geräumt, geschneit hat es aber noch immer © vvWine.ch

3 Kommentare
  1. Pierre Sobkowiak
    Pierre Sobkowiak says:

    sehr schöner professioneller Artikel
    werden seine Barolo in Barriques
    und/oder in grossen Eichenholzfässern ausgebaut
    lg Pierre

    Antworten
    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Hallo Pierre

      Es werden beide Fässertypen benutzt. Barrique aber mit dezentem toasting. Wenn ein Fass zu stark getoasted riecht dann geht es zurück…

      Gruss Adrian

      Antworten

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  1. […] war deutlich freundlicheres Wetter als noch vor einem Jahr. Man könnte sogar sagen, es war perfektes Spätherbst-Wetter und Giacomo Conterno erwartete uns um […]

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