Mariage-Versuche an einem Dienstag Abend bei Eva und Martin

Man soll die Feste feiern wie sie fallen. Und eine spontane SMS-Einladung zum nachbarschaftlichen Dinner mit Eva und Martin abzulehnen wäre eine unverzeihbare Naivität. Das Menu fliegt schon ein paar Stunden vorher ins eMail-Postfach und der Schreibende sucht im Keller nach den passenden Tropfen. Diesmal keine leichte Aufgabe, da einige nicht ganz Wein-kompatible Geschmackskomponenten vertreten sind.

Wir starten mit einem Blanc de Blancs 1er Cru Cuis von Pierre Gimonnet. Dieser Champagner zeigt sich sehr appetitanregend mit hellem Gelb, feiner Perlage und noten von grünem Apfel sowie leicht nussigen Aromen im Abgang. 17.5 vvPunkte (89/100). Erhältlich für erfrischende Fr. 24.30 bei Pierre Wyss – ein Highlight in Sachen Preis/Leistung.

Dieser wunderbare Schäumer machte eine ideale Überleitung von den gerösteten Zederkernen zum Jakobsmuschel-Carpaccio mit Nori und harmonierte ideal mit dem im Gericht enthaltenen Limettensaft sowie den Muscheln. Eine wahrlich sehr gute Kombination.

Blanc de Blancs 1er Cru Cuis von Pierre Gimonnet

Weiter ging es mit einer kalten Zitronengras-Kokossuppe. Auch hier keine einfaches Vorhaben, den passenden Wein zu diesem leichten aber intensiven Gericht zu finden. Meine Wahl fiel auf einen gereiften, würzigen Riesling.

2006, Riesling Spätlese trocken, Ungsteiner Herrenberg, Weingut Pflüger, Pfalz. Der Wein fliesst mit einem mittelkräftigen Goldgelb ins Glas. Die Nase zeigt sich offen und nach wie vor frisch mit feinen floralen Düften nach weissen Blüten sowie Aromen von Limette, exotischen Früchten und Anflügen von Petrol und Schiefer. Am Gaumen reifer, weicher und vollmundiger Auftakt, sehr intensive Würze, viel Schmelz und ausgeprägte Frucht die an reifen Pfirsich erinnert. Ein sehr schön gereifter Riesling der die aromatische Herausforderung Zitronengras und Kokos optimal meisterte. 17.5 vvPunkte (89/100).

2006, Riesling Spätlese trocken, Ungsteiner Herrenberg, Weingut Pflüger, Pfalz

Die dritte Foodpairing-Herausforderung war der Miso-Lachs mit Salat an Sesam-Wasabi-Sauce. Hier hat es fast nur Komponenten dabei, welche es einem Wein schwierig machen können. Lachs verträgt sich erfahrungsgemäss mit fast gar nichts und die asiatisch angehauchte Marinade bietet ebenfalls kombinatorische Fallstricke. Ich wählte einen Rosé aus dem Rhonegebiet.

2013 Rosé Réserve Grand Veneur, Alain Jaume & Fils, Côtes du Rhone. Dieser feinduftige, zarte Wein gab dem Lachs eine gute Spielwiese und harmonierte sehr gut mit den kräftigen Aromen des Gerichtes. Der Wein zeigt ein blasses Lachsrosa mit jugendlichem Glanz. Die Nase ist fein, floral nach weissen Blüten, Himbeeren und einem Hauch Kräutern. Am Gaumen weich mit schönem Trinkfluss, einer gut stützenden Säure und viel Schmelz im Abgang. 17.5 vvPunkte (88/100).

Vielleicht hätte ein etwas kräftigerer Tavel hier noch einen Tick besser gepasst aber die Kombination mit diesem Rhone-Rosé war durchaus vertretbar.

2013 Rosé Réserve Grand Veneur, Alain Jaume & Fils, Côtes du Rhone

Weiter ging es mit Entenbrust-Spiesschen, Curry-Apfel, gebratenem Rotkraut sowie mit Kürbiskern-Kartoffeln. Wir gönnten uns dazu einen reifen Rotwein aus dem Rioja.

2004 La Rioja Alta Gran Reserva 904, Rioja. Ein Wein, der mich immer wieder fasziniert. Helles Granatrot, leicht aufgehellter ins Ziegelstein tendierender Rand. Die Nase archetypische für einen old-shool Rioja, eher rotbeerig mit viel Würze, Leder, Lilien und schönen Vanillearomen. Am Gaumen von eher leichter Statur, tänzerisch mit viel Saftigkeit und Frische. Da sind Aromen von roten Früchten sowie Rosienen. Die weitgehend abgeschmolzenen Tannine und eine markante Säure runden das Bild ab. Ein äusserst eleganter Rioja mit sehr guter Komplexität und Länge im Abgang. 18.5 vvPunkte (93/100).

Der Wein harmonierte sehr gut mit den Entenbrust-Spiesschen sowie den Beilagen und verlieh dem saucenlosen Gericht eine willkommene Frische und Saftigkeit.

2004 La Rioja Alta Gran Reserva 904, Rioja

Die Käseplatte brachte mich dann Rotwein-technisch ans Limit. Tomme Fleurette, Alp-Dräckloch-Hartkäse und Bleu de Gex Moussières. Eine unsägliche Kombination von drei grossartigen Käsen die aber alle für sich einen Wein beanspruchen würden.

2005 Ch. Pesquie «Quintessence»

Der 2005 Ch. Pesquie «Quintessence», Cotes du Ventoux brachte es nicht zu Stande, mit allen Käsen zu gefallen. Es ist ein vollmundiger, tiefer und sehr gut strukturierter Wein auf Basis von 80% Syrah und 20% Grenache. Die Nase ist würzig mit Noten von Brombeeren, Leder, Lakritze und getrockneten Kräutern. Am Gaumen ungemein kraftvoll im Auftakt mit nach wie vor präsenten Gerbstoffen, einer saftigen Säure und hervorragender, konzentrierter Frucht. Hier ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Wer davon noch im Keller hat, kann getrost noch ein paar Jahre warten. 18 vvPunkte (92/100).

Nachfolgejahrgänge dieses äusserst preiswerten sind bei Gazzar erhältlich.

Da die Rotwein-Kombination am Käse scheiterte probierten wir individuell den oben genannten, gereiften Riesling von Pflüger (v.a. zum Tomme Fleurette sehr schön) sowie einen traumhaften 2001er Mitis, Amigne de Vétroz von Jean-René Germanier. Ich habe mir davon keine detaillierten Notizen mehr gemacht, doch zeigte sich der Mitis hervorragend zu allen drei Käsen mit einer wunderbaren Nase nach Aprikose, Nüssen, Mandeln und Honig. Am Gaumen sehr süss und mit viel Schmelz.

2001er Mitis, Amigne de Vétroz von Jean-René Germanier

Mitis war dann auch ein idealer Partner zum Tonkabohnen-Pannacotta mit Zwetschge sowie Pavés au Chocolat et Citron. Mit diesem Dessert übertraf sich Eva einmal mehr und brachte sogar mich dazu, die süsse Kreation von A-Z zu geniessen.

Ein grosses Dankeschön an dieser Stelle an Eva und Martin für den anregenden Abend und die kulinarischen Höhenflüge. Auf weiterhin genussvolle Nachbarschaft!

Eva alias Baldwin: „I’ve got a cunning plan“

 

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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