Auf zu neuen Ufern mit Weinen von Richard Östreicher.
Vor einigen Jahren, ich erinnere mich gut, stand ich mit einem Glas Wein auf Basis der Grenache-Traube im Keller eines bekannten Winzers im südlichen Rhonetal, und dieser sagte zu mir: «Die beste Wein-Qualität entsteht immer am nördlichsten Rand, wo die jeweilige Traubensorte noch gedeihen kann. Für Syrah ist es hier schon lange zu heiss geworden, darum sind die Syrah-Weine aus der nördlichen Rhone oder der Schweiz einfach besser. Für Grenache aber, sind wir hier genau richtig.» (man lese zum Thema nördliche Syrahs auch meine Notiz zum Syrah vom Weingut Ziereisen, in Deutschland). Nun, zur Jahreswende 2020/2021 probiere ich einige Weine aus Franken. Franken, in diesem Fall ist nicht die helvetische Währung sondern die Region (auch Frankenland) gemeint, gehört für mich offen gesagt zu den noch unentdeckten Wein-Ecken dieser wunderbaren Welt. Florian Bechtold, ein Kenner der Deutschen Wein-Szene, schickte mir einige Musterflaschen vom Weingut Richard Östreicher, die mich offen gesagt nicht nur überzeugt, sondern richtiggehend verblüfft haben. Verblüfft, weil sowohl die ortstypischen Silvaner als auch der Weissburgunder, der Chardonnay, die drei verkosteten Weine aus Pinot Noir und auch die Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot eine Kombination aus nördlicher Frische und eigenständiger Stilistik ins Glas bringen, die mich umgehauen hat.
2018, 2018 Dettelbacher Honigberg Silvaner «sur lie» QbA trocken, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Silvaner, 1 Jahr Holzfass, danach 1 Jahr im Stahltank auf der Hefe). Mittleres Goldgelb. In der Nase weisse Blüten die mich an Kamille und Jasmin erinnern, dazu dezent Kräuter, weisser Pfirsich, Zitronen. Und dann der Gaumen, wooom, druckvoll, dicht mit grossartiger Säure, einem dennoch cremigen Mundgefühl, voluminös, aber nicht breitschultrig, im Gegenteil, definiert, kompakt, kraftvoll und mit viel Rasse, das macht richtig Spass, zeigt Trinkfluss, eine herrliche Zitrusfrucht und im Abgang viel Saftigkeit bei mittlerer Länge. 89/100 vvPunkte.
2019, Silvaner «Augustbaum», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Silvaner, von sandigen Muschelkalkböden.) Mittleres Gelb. In der Nase kühl, mit Noten von grünem Apfel, weissem Pfirsich und etwas Grapefruit, wirkt kühl, erhaben, sehr frisch, mit mehr Luft auch Melissenaromen. Im Auftakt voluminös, zeigt einen cremigen Schmelz, die Frucht ist reif und süss, wird von einer saftigen Säurestruktur getragen, der Wein ist dicht, jedoch auch tänzerisch leicht und ungemein frisch, hallt im Abgang im Gegensatz zum «Sur Lie» deutlich länger nach und hinterlässt grüne Äpfel und eine feine, zitrische Note. Was will man mehr? Ein Silvaner mit so viel Schwung und Charakter – Love it! 91/100 vvPunkte.
2019, Silvaner «Maria im Weingarten», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Silvaner) Mittleres Gelb. Tiefgründige Nase, ein Mix aus Zitronenzesten, Gurke, Melisse, Kamillenblüten, Stein, mit Wärme und Luft etwas weisser Pfirsich. Der Gaumen ist straff, schlank und ungemein präzis, was für eine Klarheit, so rein und unberührt, der Name lässt grüssen… Die Säure wirkt nervig, belebt, verleiht Frische, ein aristokratischer Wein, stählern, kühl, distanziert, federleicht und doch sehr gut strukturiert, so ungefähr wie wenn ein terroirbetonter Saint-Aubin eine noble Dame aus Sancerre heiratet… Das hat viel Zug und offenbart im Retrofinale eine salzig-kräuterige Note. Umwerfend schön. 92/100 vvPunkte.
2019, Weissburgunder «Hölzlein», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Weissburgunder von Muschelkalkböden, spontan vergoren, in gebrauchten Barriques ausgebaut, 13% Alkohol). Kräftiges Gelb. In der Nase anfangs zurückhaltend, braucht etwas Zeit sich zu entwickeln, wirkt kühl und unnahbar, rein und klar wie ein Bergbach, offenbart dann mit Luft und etwas Wärme mehr und mehr Aromen, Zitrusfrüchte, weisser Pfirsich, grüner Apfel, ein Hauch Banane. Im Gaumen saftig, frisch, gradlinig, messerscharfe, stählerne Säurestruktur, mittlerer Körper, gefühlte mit null Gramm Fett und doch viel Schmelz und Druck ausgestattet zieht der Wein sich in die Länge, er hat viel Energie, wirkt kontrolliert, in sich stimmig, aufgeräumt, nobel. Langer, säurebetonter, eleganter Abgang. Noch sehr jugendlich und vermutlich in 1-2 Jahren noch schöner. Jetzt (Luft geben) bis 2027+ geniessen. 90+/100 vvPunkte.
2019, Chardonnay «Rossbach», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Chardonnay, kleinbeerige Burgunder-Klone, geringe Erträge, je hälftig in neuem respektive einmal benutzten Barrique-Fässern ausgebaut). Kräftiges Gelb. Feinduftige Nase, komplex, super dezente Röstnoten, etwas Mandeln, gelbe Früchte, Kräuter, feuchter Stein. Der Auftakt ist füllig aber nicht breit, wow, das ist hochelegant, hat Druck und viel Zug, man wähnt sich im Burgund, Saint-Aubin lässt grüssen, ungemein frisch, das Holz perfekt verpackt und mit einem nervigen Säuregerüst ausgestattet, welches die Frucht gnadenlos in Schach hält. Im Abgang sehr langanhaltend und ausgewogen. Klasse! Jetzt (dekantieren) oder ab 2022 bis 2030 geniessen. 92/100 vvPunkte.
2017, Spätburgunder «Tradition», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Spätburgunder, mehrheitlich von unbekannten, fränkischen Klonen, die er von seinem Vater geerbt hat. Im gebrauchten Barrique ausgebaut). Helles Rubin, schöner Glanz. Sehr Pinot-typische Nase, leicht kräuterige Noten ergänzen das rotfruchtige Duftbild, mit mehr Luft etwas dunkle Kirsche, angebranntes Holz. Der Gaumen ist schlank und frisch, saftig, mit top Säure und feinen, nicht zu dominanten Gerbstoffen ausgestattet, diese tragen die Frucht und verleihen eine solide Struktur. Im Retrofinale wieder deutlich Rotfruchtig mit etwas Blutorangen und einer dezenten Krautigkeit. Kein hochkomplexer Wein aber ein Pinot mit Trinkfluss ohne Ende. Jetzt bis 2025 geniessen. 88-89/100 vvPunkte.
2017, Spätburgunder «Rosen», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Spätburgunder, aus den untersten Lagen nahe beim Fluss, die von relativ sandige Böden dominiert sind). Helles Rubinrot. Florale Nase, erinnert fast etwas an das delikate Blumen-Bouquet (vielleicht darum der Name?) eines noblen Barolo, wäre da nicht dieser typische Pinot-Duft mit dabei, der rote Kirschen, Himbeeren und auch eine Herbe Kräuternote zeigt, die Nase wirkt verspielt, entwickelt sich mit Luft… Im Gaumen schlank, filigran, ein sehr zartes Pflänzchen, feine Textur, leichter bis mittlerer Körper, bereits top integrierte Gerbstoffe, zeigt trotz seiner schlanken Art einen guten Druck und im Abgang eine erstaunliche Länge. Ein femininer, präziser Pinot, der Gefahr läuft, dass er auf den ersten Blick übersehen wird – auf den zweiten Blick jedoch ist das eine Sleeping Beauty. Jetzt bis 2027. 92+/100 vvPunkte.
2017, Spätburgunder «Katzenkopf», Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (100% Spätburgunder, aus höheren Lagen am Katzenkopf, wo Lehm und Löss die Böden beherrscht). Helles Rubinrot. Die Nase ein Gedicht, neben floralen Noten, wie schon beim Rosen findet man hier noch mehr Gewürze und Kräuter, der Wein wirkt etwas mineralischer, kühler, steiniger als Rosen, zeigt ebenfalls rote Kirschen und zitrische Noten, die mich an Blutorangen erinnern. Im Gaumen gradlinig und klar, das ist ein Balletttänzer, federleicht, balanciert, dennoch druckvoll und straff, das tänzelt förmlich über die Zunge, belebt jede Ecke des Gaumens, das Holz ist wunderbar verwoben mit der Frucht, der feinen Säure, alles ist an seinem Platz. Wüsste ich nicht, dass dieser Wein aus Franken kommt, ich wäre bei Armand Rousseau in Gevrey-Chambertin. Grandioses, finessenreiches Pinot-Kino. Jetzt bis 2030+. 93+/100 vvPunkte.
2016, R Cuvée, Sommeracher Katzenkopf, Weingut Richard Östreicher, Sommerach, Franken (Assemblage aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot). Eher helles Rubin, die Farbe ginge als die eines dunklen Pinot Noir durch. In der Nase würzig und krautig, blind wäre ich wohl bei einem Cabernet Franc von der Loire, zeigt einiges an grüner Paprika, dazu rote Kirschen, Cranberries, frisch geschnittener Busch, mit mehr Luft auch ätherische Noten, ein spannender und wahrlich eigenständiger Duft ist das. Im Gaumen frisch, feingliedrig und saftig, leichter, bis mittlerer Körper, wirkt auch hier etwas krautig, so wie Bordeaux-Weine vor Dekaden in schwächeren Jahren waren, die Frucht wirkt zart, fast etwas karg, aber auch so wunderbar unaufdringlich, eine feine Säure und milde Tannine stützen den Wein. Im Abgang von erstaunlicher guter Länge, endet rotfruchtig und würzig. Eine eigenständige und elegante Interpretation der Rebsorte und ja, man ahnt es bereits: Ich liebe diesen Stil! Jetzt bis 2028, 89/100 vvPunkte.
Fazit: Die Weine von Richard Östreicher haben mir einmal mehr aufzeigte, dass die eingangs erwähnte, nördliche Trauben-Grenze dank (oder negativ betrachtet „wegen“) des Klimawandels mehr und mehr in Richtung Norden rückt. Die Silvaner gehören mit zum Besten, was ich aus dieser Sorte verkosten durfte. Und auch der Weissburgunder gefiel mir ausserordentlich gut. Den Pinot-Stil von Österreicher muss man mögen, doch wer die filigranen Tropfen von Rousseau mag, sollte einen scheuen Blick auf diese verkannte Weinregion werfen. Denn hier – zumindest beim Weingut Richard Östreicher – kommen einige Chardonnay’s und Pinot’s der Zukunft her…
Falls ich mit diesen Notizen die Probierlust geweckt habe, können sich interessierte Personen direkt bei Florian Bechtold melden.
Danke Adrian, das macht Lust auf Entdeckungen. Aus Franken hatte ich bisher ein paar Spitzenweine von Rudolf Fürst, die waren alle ausnahmslos empfehlenswert!
Lieber Adrian
Danke für diesen Bericht. Das macht Lust auf bestellen und probieren .