Update Bordeaux 2019: Die Weine von Cos d’Estournel.

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Vor einigen Tage sind noch einmal einige 2019er Fassmuster aus Bordeaux eingetroffen. Der Jahrgang 2019 war natürlich auch auf Cos d’Estournel von viel Hitze geprägt, die dann aber rechtzeitigen durch mässige Niederschläge gemildert wurde. Das Terroir von Cos liegt unweit der Gironde-Mündung in Richtung Ozean, was gerade in heissen Jahren für eine klimatische Ausgewogenheit sorgt. Sowohl Cabernet Sauvignon als auch Merlot konnten perfekt ausreifen und lieferten konzentrierte Trauben von bemerkenswerter Qualität.

Das Traubengut wird auf Cos d’Estournel mittels Schwerkraft verarbeitet. Vergoren wird bei relativ niedrigeren Temperaturen (26-27°C), was die Hefen gemächlich arbeiten lässt und Überextraktion verhindert. Die präsentierte Range von Cos gehört sicherlich zum Besten, was das Médoc 2019 zu bieten hat.

Beeindruckendes Niveau: Cos d’Estournel 2019 (c) vvWine.ch

2019, Goulée, Saint-Estèphe AOC (86% Merlot, 13% Cabernet Sauvignon, 1% Cabernet Franc, 20% Neuholz, 13.53% Alkohol, pH 3.74. Verkostet am 10.7.2020 in Windisch). Leuchtendes Rubin. Intensive Nase, deutlich vom Merlot geprägt, kräuterig, würzig, pfeffrig, dazu ein Mix aus roten und blauen Beeren, darüber florale Töne. Im Gaumen mit mittlerem Körper, einer weichen Textur, top integrierter Säure und einer delikaten Frucht, diese wird von fein gewobenen Gerbstoffen getragen. Endet auf eine exotisch anmutende Eukalyptusnote. Der Wein wirkt sehr lebendig, harmonisch und unglaublich frisch. Gelungen! 2023-2030. 89-91 vvPunkte.

2019, Pagodes de Cos, Saint-Estèphe AOC (55% Cabernet Sauvignon, 36% Merlot, 5% Cabernet Franc, 4% Petit Verdot. 20% Neuholz, 14.03% Alkohol, pH 3.74. Verkostet am 10.7.2020 in Windisch). Zarter, sehr feiner Duft, zeigt deutlich schwarze Johannisbeere, dazu Brombeeren, Heidelbeeren und Veilchenblüten, man findet sogar zitrische Aromen die mich an Orangenzesten erinnern. Im Gaumen straff, gradlinig, präzis, mittlerer Körper, ungemein knackige Frucht, die Gerbstoffe sind seidig gewoben, die Säure wirkt saftig, verleiht viel Frische, keinerlei Alkoholüberhang, trotz 14% fliesst der Wein leichtfüssig über die Zunge. Hallt eindrücklich lange nach. Bisher der vielleicht beste Pagodes den ich verkosten durfte. Wird jung Spass machen, verfügt aber über ein beachtliches Potential. 2024-2036+. 93-95 vvPunkte.

2019, Cos d’Estournel, Saint-Estèphe AOC (65% Cabernet Sauvignon, 35% Merlot 55% Neuholz, 14.2% Alkohol, pH 3.77. Verkostet am 10.7.2020 in Windisch). Mittleres Rubin. Exotische, würzige Nase, ein verführerischer Duft, schwarze Johannisbeeren, Gräser, Lavendelblüten, getrocknetes Leder, wirkt ungemein tiefgründig, nobel, ein wahres Parfum. Im Auftakt cremig und weich, anfangs fast harmlos, man möchte gleich schlucken, doch dann packt die Struktur zu, diese ist eindrücklich, mit seidenweichen Tanninen und einer saftigen Säure, vollmundig, mächtig, mit sensationell konzentrierter Frucht, bleibt trotz 14% Alkohol leichtfüssig und beschwingt, hochelegant und im Abgang mit eindrücklicher Länge und feiner Würze. Endet auf Sauerkirsche und einen Touch weissem Pfeffer. Ein Mix aus Kraft und Frische, Druck und Eleganz. Grandios. 2026-2050+. 97-99 vvPunkte.

Unverkennbar: Kapseln von Goulée, Pagodes de Cos und Cos d’Estournel (c) vvWine.ch

2019, Pagodes de Cos Blanc, Saint-Estèphe AOC (88% Sauvignon Blanc, 12% Sémillon, 8% Neuholz, 14.38% Alkohol, pH 3.16, die ältesten Reben sind bereits 35 Jahre alt. Verkostet am 10.7.2020 in Windisch). Mittleres Gelb, grüne Reflexe. In der Nase verführerisch und feinduftig mit Aromen die an Limetten, Jasmintee und Mandelblüten erinnern. Der Gaumen ist opulent, sehr vollmundig, die reife Frucht wird von einer gut integrierten Säurestruktur getragen, trotz hohem Alkoholgehalt wirkt der Wein leichtfüssig und angenehm frisch. Endet langanhaltend auf Limettenaromen. Ein sehr guter Weisswein der sich selbst neben seinem grossen Bruder nicht verstecken muss. 2021-2025. 91 vvPunkte.

2019, Cos d’Estournel Blanc, Saint-Estèphe AOC (65% Sauvignon Blanc, 35% Sémillon, 8% Neuholz, 14.4% Alkohol, pH 3.15. Sowohl die Sauvignon-Blanc Reben als auch der Sémillon konnten mit ihren tiefen Wurzeln der Trockenheit entgegenhalten und litten nicht unter Wasserstress. Die diesjährige Assemblage enthält mehr Sémillon als gewohnt. Verkostet am 10.7.2020 in Windisch). Mittleres Gelb. In der Nase ein Gedicht, sehr komplex mit Jasminblüten, weissem Pfirsich, Grapefruit und Limetten, Anflügen von Rauch und sogar weissem Pfeffer. Im Gaumen sehr reichhaltig, opulent, druckvoll, ein Mund voll Wein, mit einer reifen, satten Frucht, gepuffert von einer top integrierten Säure, wirkt charmant und doch gradlinig, verspielt aber seriös. Endet sehr langanhaltend, salzig und mit etwas Oragenblütenhonig. Wird früh Spass bereiten, hat aber auch das Potential zu reifen. 2022-2030+. 94 vvPunkte.

Hier geht es zu den anderen 2019er Verkostungsnotizen:

Bordeaux 2019: Rechte Seite.

Bordeaux 2019: Linke Seite.

Bordeaux 2019: Pessac-Léognan und Sauternes.

Bordeaux 2019: Weine des Grand Cercle.

Bordeaux 2019: Der Rest vom Fest.

6 Kommentare
  1. Rainer Volz
    Rainer Volz says:

    Vielen Dank für deine spannenden Verkostungsnotizen. Der rote Grand Vin von Cos d’Estournel hat mich in den letzten Jahrzehnten selten überzeugt (mit Ausnahme der Jahrgänge 1986 und 1996). Zudem ist er auch immer teurer geworden und steht heute preislich ziemlich im Abseits, mindestens im Vergleich zu Montrose und Calon-Ségur, die beide seit Jahren unglaublich Gas geben und fast immer besser sind als Cos d’Estournel. Im Wettbewerb ist das Bessere eben immer des Guten Feind.

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Lieber Rainer. Montrose und Calon 19 konnte ich leider bisher nicht probieren aber ich finde auch, dass v.a. Montrose die letzten Jahre die Nase vorn hatte, siehe meine letzten Notizen. Aber, und da solltest du dem lieben Cos die Chance geben… Cos hat sich stilistisch geändert und gehört 2019 zu den top Weinen.

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      • Rainer Volz
        Rainer Volz says:

        Danke lieber Adrian, das sind gute Neuigkeiten. Irgendwie erstaunlich, dass sich etablierte Spitzenweingüter in diesem so traditionsreichen Bordeaux-Gebiet immer noch (oder immer wieder?) stilistisch neu ausrichten wollen oder müssen. Oft geschieht dies ja zugunsten der Weingeniesser. Aber ich frage mich, ob ich Stil trinken will oder Authentizität.

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        • adrian.vanvelsen
          adrian.vanvelsen says:

          Lieber Rainer. Eine gute Frage. Die Güter haben meiner Meinung nach in den „Parker-Zeiten“ das eine Extrem gesucht und sind nun zu den Wurzeln zurückgekehrt. Ich habe lange Jahre einen Bogen um Cos gemacht, in den letzten Jahren aber den Zugang wieder gefunden. Authentizität vs. Stil, das ist ein grosses Fass. Ich denke, die Weine sind heute insgesamt deutlich besser als noch vor 20 Jahren. Aber darüber kann man lange diskutieren, v.a. wenn man einen schönen Bordeaux aus den 80ern im Glas hat. Time will tell. Gruss, Adrian

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  2. Katarina
    Katarina says:

    Die Firma Gerstl hat soeben die Subskriptions-Kampagne für die 2019er Bordeaux gestartet. Heute zahlen, Auslieferung Sommer 2022. Der rote Cos d’Estournel wird mit CHF 149,70 pro 75cl Flasche und der weisse Cos d’Estournel mit CHF 126,00 offeriert. Die Herstellkosten liegen sicherlich nicht über EUR 15,00 pro Flasche. Hübsche Marge also und netter Profit bei einer jährlichen Menge im deutlichen 6stelligen Bereich. Man fragt sich allerdings, was meinen die Besitzer des Weingutes eigentlich wohin sie jetzt noch so teuer verkaufen können? Man liest, die Asiaten, insbesondere die Chinesen sind aufgrund der Pandemie sehr zurückhaltend beim Weinkauf. In Europa schwächelt der englische Markt aufgrund der Pandemie und den Unsicherheiten im Rahmen des Brexit. Und die USA haben wegen dem Steuerstreit hohe Strafzölle auf französische Produkte gelegt. Wohin also mit dem vielen Wein? Nach Lateinamerika oder Afrika wird man zu diesen Preisen sicherlich nicht liefern können. Es wird Zeit von den hohen Rössern abzusteigen. Der Cos hat übrigens früher sehr deutlich unter CHF 100 gekostet.

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Hallo Katarina. Das ist wahr, ich kaufte meine ersten Cos für ca. 70 Franken und ganz früher in den 80ern kostete das wohl ca. 30-40 Franken. Cos gehört heute zusammen mit Montrose zu den Spitzengütern und hat – glücklicherweise – vom fetten Stil zurück in die Finesse gefunden. Ob und werd das bezahlen will, sei jedem selbst überlassen. Herzliche Grüsse, Adrian

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