Grosser Spass mit grossen Flaschen
Magnum-Verkostung – die Weissweine (c) Andreas Berghoff |
Am letzten Montag lud Andreas Berghoff zu einer Burgunder-Magnum-Probe. Am Start standen diverse Grossflaschen in Weiss und Rot aus unterschiedlichsten Jahren und Appellationen. Die Weine wurden in offenen Zweierserien verkostet und konnten, den Grossformaten sei Dank, zu Genüge nachverkostet werden.
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Der Auftakt machte ein von mir als Apéro-Wein eingebrachter „Nicht-Burgunder“. Domaine Gauby Vielle Vignes Blanc aus dem Jahr 2002. Ich kenne von Gauby primär die jüngeren Jahrgänge, habe aber von einem guten Weinfreund gehört, dass diese Tropfen hervorragend reifen. Wir sollten alle nicht enttäuscht werden, die Vielle Vignes Blanc präsentierte sich aus der Magnum phänomenal.
2002, Domaine Gauby, Vielle Vignes Blanc, Languedoc: Mittleres Zitronengelb, noch schöner Glanz. Die Nase duftig intensiv, einerseits sehr floral, andererseits wunderbar mineralisch, mit rauchigen Noten, Honig, Zitrusfrüchten, auch etwas Quitte, mit mehr Luft auch geschnittene Gräser, gebrannte Mandeln, sehr gute Komplexität. Am Gaumen weich und cremig im Auftakt, da ist eine reife und doch sehr saftige Frucht, wieder Zitronenaromen, dazu eingemachte Limetten und etwas Ananas, sehr gute Struktur, top frisch und unglaublich knackig. Dieser Wein hat eine sehr gute Komplexität, eine hohe Dichte ohne dabei klebrig zu wirken, hervorragende Balance. Im Abgang sehr langanhaltend, endet leicht salzig, hat noch deutlich Reserven. Jetzt bis 2025, 18.5 vvPunkte, (93/100)
2002, Domaine Gauby, Vielle Vignes Blanc (c) Andreas Berghoff |
Weiter ging es mit zwei sehr schönen Weinen der Domaine Servin aus dem Chablis-Gebiet. Der erste Wein aus dem Sonnenjahr 2009 stammte aus der wohl besten 1er Cru Lage des Chablis: Montée de Tonnèrre. Der zweite Wein war ein Grand Cru aus dem Jahr 2008 aus der Lage Bougros.
2009, Domaine Servin, Chablis 1er Cru Montée de Tonnèrre, Burgund: Kräftiges Goldgelb, sehr schöner Glanz. Anfangs noch etwas zu kühl serviert, sehr feinduftige Nase, floral mit deutlich Orangenblüten, dezent auch laktische Noten, dazu etwas nicht ganz reife Aprikose, mit mehr Wärme Honigmelone und sehr viel Stein, fast etwas staubig aber sehr Chabli, das braucht etwas Zeit sich zu öffnen, sehr gute Komplexität. Am Gaumen frisch und gradlinig im Auftakt, intensive Frucht, einiges an Zitrusaromen, auch ein Hauch Passionsfrucht, anfangs straff und ungemein saftig, am mittleren Gaumen zeigt sich dann der warme Jahrgang doch noch, nicht ganz so präzis, wie Chablis sein kann, die Säure könnte einen Tick knackiger sein, doch das ist Kritik auf hohem Niveau. Die Frucht ist stimmig, ebenfalls ist der Alkohol kaum wahrnehmar, der Wein ist komplex, dicht aber nicht breit, endet langanhaltend und sehr mineralisch. Jetzt bis 2025, 18.5 vvPunkte, (92/100)
2009, Domaine Servin, Chablis 1er Cru Montée de Tonnèrre (c) Andreas Berghoff |
2008, Domaine Servin, Chablis, GC Bougros, Burgund: Kräftiges Goldgelb, jugendlicher Glanz. Die Nase ist sehr sauber und klar, das ist wunderbar mineralisch, Anfangs aufgrund der Ausschank-Temperatur noch verhalten, dezent auch mit Käsearomen, doch mit Zeit und Luft wird das immer duftiger, floraler mit vielen weissen Blüten, dazu etwas Haselnuss, sehr verspielt und mit viel Spannung und Komplexität. Am Gaumen saftiger Auftakt, das ist wunderbar frisch, sehr dicht und mit vielen Zitrusfrüchten gespickt, dazu etwas weisse, nicht ganz reife Birne, Limettenzesten, solide Struktur, vertikal, stramm und dann ganz hinten am Gaumen doch mit diesem runden, zugänglichen Bougros-Mäntelchen aus Samt und Seide… sehr gute Komplexität und mit schöner Länge im Abgang. Unbedingt dekantieren und mit ca. 10-12 Grad servieren. Jetzt bis 2030, 18.5 vvPunkte, (93/100)
2008, Domaine Servin, Chablis Grand Cru Bougros (c) Andreas Berghoff |
Die zweite Serie bestand aus zwei Weinen aus der Appellation Meursault. Während sich der Wein aus 1996 hervorragend präsentierte, zeigte der 2004er leider sehr unschöne Cassis-Aromen die ich bisher mehrheitlich in den Rotweinen des Jahrgangs 2004 wahrgenommen habe.
2004, Domaine Francois Jobard, Meursault 1er Cru Charmes, Burgund: Mittleres Zitronengelb, jugendlicher Glanz. Die Nase sehr intensiv, wie viele 04er Rotweine mit diesen Cassisaromen, Marienkäfer machen sich deutlich bemerkbar, das ist grasig, vegetal, mit Spargel, deutlich Katzenpipi, dahinter auch weisse Blüten und Anflüge von Brot, komplex aber leider mit diesen zu dominanten Negativ-Aromen. Am Gaumen wieder diese Cassis-Note, saftig, schlank und elegant, die struktur ist da, der Wein ist frisch aber auch etwas gar belanglos in Anbetracht der Lage. Ein guter Wein aber weit weg von gross, Jetzt bis 2020, 17 vvPunkte, (85/100)
2004, Domaine Francois Jobard, Meursault 1er Cru Charmes (c) Andreas Berghoff |
1996, Domaine Francois Jobard, Meursault 1er Genevrières, Burgund: Kräftiges Goldgelb, leicht aufgehellter Rand. Sehr intensive Nase, das ist ein wundervoller Duft, Zitrusfrüchte, Honig, Anflüge von Rauch, Latwerge, dezent Holz, sehr komplex, verändert sich ständig, das ist verspielt und zeigt viel Spannung. Am Gaumen beginnt der Wein sehr voluminös, da ist einiges an Schmelz mit im Spiel, die Frucht ist sehr reif, neben Zitrusfrüchten auch Anflüge von Apfel und etwas Honig, wunderbar ausgewogen, dicht, mit viel Körper und gleichzeitig einer grossartigen Finesse sowie viel Straffheit. Hier ist Kraft und Eleganz sehr schön vereint. Im Abgang langanhaltend, endet auf eine feine Salzigkeit. Bravo! Jetzt bis 2025, 19 vvPunkte, (94/100)
1996, Domaine Francois Jobard, Meursault 1er Cru Genevrières(c) Andreas Berghoff |
Als Mini-Name dafür im Maxi-Format, einer Doppelmagnum, kam als kleines, respektive besser als grosses Intermezzo ein Gevrey-Chambertin Village ins Glas. Soweit, nichts Spektakuläres, wäre da nicht die Nebensächlichkeit des Jahrgangs; 1969. Ein sehr gutes Jahr im Burgund und umso gespannter waren wir alle, wie sich ein kleiner Wein aus grossem Jahr und noch grösserer Flasche nach fast 50 Jahren präsentieren würde…
Noch sehr jugendliche Farbe: 1969, Champy Père & Fils, Gevrey-Chambertin, (c) vvWine.ch |
1969, Champy Père & Fils Gevrey-Chambertin, Burgund: Mittleres Rubin, noch erstaunlich schöner Glanz (siehe Foto). Die Nase ist offen, feinduftig, da ist noch einiges an Frucht vorhanden, rote Beeren, Unterholz, Waldboden, auch Anflüge von Weihnachtsgewürzen, Zimt, Koriander und mit mehr Luft auch deutlich Lakrizze, sehr spannend, komplex, eine sehr eindrückliche Burgunder-Nase. Am Gaumen straff, mit deutlich Säure, hier fehlt leider etwas an Frucht, was bei einem Wein aus 1969 nicht erstaunt, die Gerbstoffe sind weitgehend abgeschmolzen, ein paar rote und dunkle Beeren, eingekochten Kirschen, dazu wieder ein Hauch Magenbrot, feine Würze. Der Wein wirkt hier am Gaumen deutlich gezehrt, etwas gar karg aber absolut trinkbar mit kurzem aber stimmigem Abgang. Vermutlich war dieser Wein vor 10-20 Jahren noch deutlich besser und ausgewogener, die Nase allerdings ist schon einen Kauf dieses Topfens wert. Im Kontext der Reife sowie der Klassifizierung (ein Village) hat sich dieser Village erstaunlich gut gehalten. 17.5 vvPunkte, (88/100)
1969, Domaine Champy, Gevrey-Chambertin (c) Andreas Berghoff |
Der nächste Zweierflight bestand aus zwei bekannten Lagen aus unterschiedlichen Jahren. Zum einen der 1972er Chambertin Clos de Bèze von Pierre Damoy, eine grosse Lage aus einem super schwachen Jahr, zum anderen ein 1982er Clos Vougeot von Jean Raphet. Eines vorweg, beide Weine zeigten sich sehr schwach bis untrinkbar.
1972, Chambertin Clos de Bèze Damoy, Burgund: Mittleres Rubin, ziegelfarbener Rand. Die Nase muffig, unsauber, stinkig (einige Teilnehmer tippen auf Kork, was ich allerdings nicht unterschreiben kann), dieser Wein ist einfach müde und gezehrt, da wäre vielleicht einmal mehr Komplexität gewesen – mit Betonung auf gewesen. Am gaumen straff, rotfruchtig, deutlich zu viel Säure, unharmonisch, harsch, vegetale Aromen, sehr karg mit schlankem Körper, trocknet aus. Eigentlich keine Bewertung möglich – im Kontext des Jahrgangs 14.5 vvPunkte, (74/100)
1972, Domaine Pierre Damoy, Chambertin Clos de Bèze (c) Andreas Berghoff |
1982, Raphet, Clos Vouget, Burgund: Mittleres Rubin, leicht trüber, orangefarbener Rand. Sehr muffige Hase, Heu, Unterholz, moderig, altes, grünes Fass, das macht keinens Spass. Am Gaumen weich, etwas Todessüsse, dezente Würzigkeit, ein paar Weihnachtsgewürze, da war vor 10-15 Jahren mal etwas vorhanden, doch auch dieser Wein ist weit über den Zenith hinaus. Tiefe Säure, im Abgang mit etwas Schmelz. Sehr schwach, im Kontext des Jahrgangs 15 vvPunkte (76/100)
1982, Domaine Jean Raphet Clos Vougeot (c) Andreas Berghoff |
Der letzte Zweierflight bestand aus zwei 9er-Jahren. Einmal 1989 und einmal 1999, zwei kleinere Weine, welche sich aber von der allerbesten Seite zeigten.
1989, Dom. Arthur Barolet, Savigny-les-Beaune, Clos des Guettes, Burgund: Helles Rubin, strahlender Glanz. Sehr feine, würzige Nase, rotfruchtig, auch Stachelbeeren, reife Erdbeeren, Kräuter, sehr schöne Komplexität. Am Gaumen straff, gradlinig beginnend, wieder rotfruchtige Aromen, dazu etwas Oragenzesten, sehr solide Struktur, die Säure ist gut eingebunden, zudem ist hier noch einiges an Gerbstoff vorhanden, gute Balance, ein Tick burschikos vielleicht aber nicht uncharmant. Komplex ohne zu überfordern, im Abgang von sehr schöner Länge, endet stimmig auf Orangenzesten. Dieser Wein ist sehr gut zu trinken und hat noch ein wenig Reserven. Jetzt bis 2024, 17.5 vvPunkte, (89/100)
1989, Domaine Arthur Barolet, Savigny-les-Beaune 1er Cru Clos des Guettes (c) Andreas Berghoff |
1999, Drouhin, Clos de Mouches, Burgund: Kräftiges Rubin, sehr schöner Glanz. Wow, was für eine Nase, tief, rauchig, sehr duftig, dunkelfruchtige Aromen, Brombeeren, Stroh, ein Hauch Zimt, geröstete Haselnüsse, auch Aprikosen, sehr schöne Komplexität. Am Gaumen vollmundig, sehr kräftig und mit viel satter Frucht beginnend, dann zeigen sich Noten von Cassis, Aprikosenkonfitüre auch ein paar Gümmibärchen schwingen mit, dazu viel rote Johannisbeere, das ist sehr saftig und unglaublich knackig. Der Wein hat eine sehr gute Struktur mit nach wie vor deutlich Gerbstoff, die Säure verleiht hier viel Frische, das ist sehr komplex und trinkanimierend. Im Abgang wunderbar lang. Ein sehr schön gereifter Burgunder, mit Reserven. Jetzt bis 2028, 18.5 vvPunkte, (92/100)
1999, Domaine Joseph Drouhin, Beaune Clos des Mouches (c) Andreas Berghoff |
Zum Schluss, ein richtig grosser Wein. Domaine Jacque Prieur, Clos de Vougeot 2002. Ich habe von Prieur schon viel Gutes aber auch schon einiges schwache Weine erwischt. Dieser hier, war sensationell, wenn auch, typisch für dieses Gut, eher auf der kräftigen als eleganten Seite.
2002, Dom. Jacques Prieur, Clos de Vougetot, Burgund: Kräftiges Rubin, dicht, sehr schöner Glanz. Die Nase ein Spektakel, tief und nobel, dunkle Beeren, Rauch, leicht angekohltes Holz, Torf, Speck, dann auch viele florale Noten, Veilchen, getrocknete Rosen, das ist ein Archetyp eines Prieur-Weines, sehr tief und wunderbar verspielt und komplex. Am Gaumen straff, auch hier enorm dicht, kraftvoll, noch sehr jugendlich, da sind keinerlei Altersnoten, dieser Wein ist ganz am Anfang seines Trinkfensters, sensationelle Frische, dunkelfruchtig, Heidelbeeren, etwas Leder, einiges an Gerbstoff, top strukturiert, die Säure und der Alkohol perfekt eingebunden, das Holz nicht wahrnehmar. Das ist ein kleines Burgunder-Monument mit sehr guter Harmonie. Nichts für Finessen-Trinker, der Wein ist definitiv eher auf der Body-Builder-Seite – aber immer im Kontext eines Burgunders (sonst hätte ich das Glas nicht ausgetrunken). Ein grosser Wein mit enormen Reserven. Jetzt bis 2040, 19.5 vvPunkte, (97/100)
2002, Domaine Jacques Prieur, Clos Vougeot (c) Andreas Berghoff |
Grosser Spass mit grossen Flaschen (c) vvWine.ch |
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