Ein wunderschön verregneter Samstag Nachmittag

Es regnete gestern. Und zwar nur einmal. Sehr ungewohnt, waren wir doch die letzten Wochen mit viel Sonne verwöhnt worden. Ebenfalls etwas ungewohnt für unsere Gastgeber war die auf Grund von Kindes-Anwesenheit vorgeschlagene Mittagszeit. So traff man sich gestern gegen 13.30h zum Late-Lunch in Affoltern.

Unseren (Wein-)Freunde Thomas Magyari und Barbara Graf haben dabei alle Register gezückt. Das Menu las sich äusserst vielversprechend:

Da wir ja primär aus Rücksicht auf die Umwelt Wein trinken statt Wasser, wurden die Amuse bouche von einem Jacquesson Cuvée 737 (90% Jahrgang 2009) begleitet.

Die Cuvée 737 ist ein vorzüglicher Champagner der deutlich mehr Spass ins Glas bringt als die ganzen Marken-Champagner wie Moet Chandon, Veuve und Konsorten. Die Perlage ist fein, der Wein ist duftig und am Gaumen knochentrocken und mit viel Körper sowie mit einer – jahrgangsbedingt – mässig ausgeprägten aber doch gut stützenden Säure. Im Abgang langanhaltend und cremig. Diese wunderbare Einstiegs-Cuvée 737 von Jacquesson gibt es für moderate Fr. 55.– bei Ritter Weine.

Die Amuse Bouche mundeten vorzüglich. Zitronen-Lachs-Ravioli mit einem Tipp Olivenöl, selbst gemachte Fleich-Bällchen in dezent pikanter Tomatensauce sowie Bruschetta und eine ausgezeichnetes Erbsen-Süppchen das mit Kokosmilch und Curry verfeinert wurde. Mmmmm!

Weiter ging’s mit einer hausgemachten Morchelterrine begleitet von Feldsalat und einem Wachtelspiegelei.

Ein Weisswein floss dazu blind ins Glas. Reife Farbe, dunkles Goldgelb (3/3). Die Nase offen, reif aber nicht überreif mit Noten von gelben Früchten, etwas Petrol, weisse Blüten auch Honig und dezent Holz, wow, wunderbarer Duft! (5.5/6). Am Gaumen reif, saftig im Auftakt, die Säure noch sehr präsent, nicht diese frische Säure sondern eine reife, gut eingebundene Säure wie sie nur ganz toll gereifte Weine haben. Die Aromen gehen von Zitrusfrüchten über reife Ananas bis hin zu würzigen Aromen. Sehr schön (8/9). Im Abgang von beeindruckender Länge und mit grosser Balance! (2/2) – 18.5 vvPunkte (93/100) Jetzt bis 2020 geniessen. Ein Highlight und mit lediglich 11.5% vol. ein Beweis dafür, dass grosse Aromatik nicht zwingend viel Alkohol braucht.

Ich tippte auf einen Wein aus 2006 und war erst bei einem Chardonnay aus dem Burgund, dann doch nicht, das Petrol irritierte mich. Eine Mineralik wie im Chablis? Nein. Fumé de Pouilly… es war ein 2004er „Pur Sang“ von der Domaine Didier Dagueneau. Jüngere Jahrgänge des Pur Sang sind bei Gazzar erhältlich. Weitere Infos zum Pur Sang auch bei Vinifera-Mundi

Die zweite Vorspeise war eine Komposition aus Jakobsmuscheln und Spinat, das ganze verfeinert mit Safranschaum. Ein Gedicht! Sowohl die letzten Tropfen Pur Sang als auch der darauf folgende Rotwein aus Neuchâtel passten sehr gut zur Jakobsmuschel.

Im Glas (wieder blind) ein 2010er Vielles Vignes von Jacques Tatasciore. Mittleres Rubin, schöner Glanz (3/3). Die Nase erst sehr holzbetont, der Wein braucht Zeit sich zu öffnen, wird aber im Laufe des Nachmittags immer schöner. Mir gefällt das, denn da ist sehr viel Tiefe mit im Spiel, dunkle und rote Beeren, Tabak-Würze, auch florale Noten die an Veilchen erinnern und eine tolle Mineralik (5.5/6). Ich tippte spontan auf Neuchâtel 2010, wanderte dann aber auch in andere Gebiete um schliesslich wieder in NE zu landen. Am Gaumen saftig, dunkelbeerig, das Holz wieder präsent aber sehr gut eingebunden, gute Struktur mit reifem Gerbstoff, von der Extraktion her am oberen Limit für meinen Geschmack aber ohne Zweifel ein sehr guter Wein der noch viele Jahre vor sich hat. (8.5/9). Die (1.5/2) Punkte für den Gesamteindruck resultieren aus der doch sehr grossen Holzdominanz und der starken Extraktion. Vielleicht wäre hier ein Tick weniger von allem mehr gewesen? 18.5 vvPunkte (92/100). Jetzt bis 2024 geniessen und unbedingt 1h vorher belüften.

Es folgte ein rosa gegartes Roastbeef mit Meerrettichsauce und Bohnen und Kroketten.

Ein weiterer Pinot floss (wieder blind) ins Glas. Strahlendes Rubinrot (3/3). Die Nase offen, voll da, tief und sehr Pinot, wow, das macht Spass! Ein ganzer Korb roter Früchte, reif aber nicht überreif mit Noten von Magenbrot, Gewürzen, grosse Klasse (5.5/6). Am Gaumen saftiger Aufakt, knackig die Säure, sehr frisch. Wieder rote Beeren, das Holz perfekt eingebunden, nicht dominant und mit wunderbarer Würze die sich bis in den langen Abgang hält (8.5/9) vvPunkte und volle 2/2 für diesen äusserst harmonischen Wein. Mit 19 vvPunkten (94/100) der beste Wein an diesem hochkarätigen Nachmittag: der 2009er Achkarrer Schlossberg, Grosses Gewächs von Dr. Heger. Den 2011er Schlossberg GG von Heger gibt’s bei Gerstl.

Abgerundet wurde das ganze Essen mit einer wunderbaren Käseauswahl sowie einem warmen Schokoladeküchlein das nicht nur Simon sehr gut geschmeckt hat.

Ein grosses Dankeschön an die wunderbare Köchin Barbara Graf für dieses Samstags-Menu. Und ein grosses Kompliment an den Privat-Sommelier Thomas Magyari. Er hat die nicht ganz einfache Aufgabe, einen Adrian van Velsen mit Wein glücklich zu machen, mit Bravour gemeistert.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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  1. […] regelmässig für aufgehellte Stimmung. Vor gut einem Jahr genossen wir mit Freunden an einem Regen-Sonntag die Cuvée N° 737 und gestern musste das ewige Nass-Grau ebenfalls von einem Jacquesson-Schaumwein […]

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