Unter dem Radar: Liesch Weine.
Die Bündner Herrschaft ist sicherlich kein Geheimtipp mehr, wenn’s um gute Pinot Noir Weine geht. Namen wie Gantenbein, Studach, Grünenfelder, Wegelin, Fromm oder Adank sind den meisten Weinfreaks geläufig. Aber Liesch Weine? Das Gebrüderpaar Ueli und Jürg fliegt – meines Erachtens unverdient – noch immer etwas unter dem Rader.
Ueli und Jürg führen das Weingut seit 30 Jahren gemeinsam. 2016 haben sie erstmals auf Bio umgestellt, das Vorhaben jedoch noch im gleichen Jahr mit konventionellen Eingriffen wieder begraben, da ihnen die Wetterbedingungen in diesem schwierigen Jahr den Mut genommen haben. 2020 starteten sie den nächsten Versuch und seither arbeiten die Liesch-Brüder voll nach biologischen Richtlinien, seit 2022 ist das Weingut offiziell Bio Suisse zertifiziert.
Auf rund sieben Hektar Rebfläche gedeihen 70% rote Sorten (Pinot Noir, Malbec, Merlot sowie etwas Diolinoir und Mara) und 30% weisse Trauben (Sauvignon blanc, Chardonnay, Rheinriesling, Pinot gris, Riesling x Sylvaner). Der Weisswein-Anteil ist über die letzten Jahre etwas angestiegen, jedoch verzichten die Gebrüder Liesch trotz Bio-Fokus bewusst interspezifische Sorten.
Ich besuchte Ueli und Jürg vor kurzem auf dem Weingut in Malans und verkostete ein paar Weine. Besonders beeindruckt war ich vom 2021er Pinot Noir Prezius, der eine gelungene Antithese zu diesem vermeintlich «schlechten Jahrgang» ist.
2022, Sauvingon Blanc, Ueli & Jürg Liesch, Schweiz, Graubünden, Malans (100% Sauvignon Blanc, 13% Alkohol) Offene Nase mit exotischen Früchten, Litschi, Zitronenschalen. Im Gaumen fruchtbetont, mittlerer Körper, gut verpackte Säure, der Wein hat Trinkfluss und eine gute Länge. Ein stimmiger Sauvignon Blanc für viele Gelegenheit. 88 vvPunkte
2022, Chardonnay, Ueli & Jürg Liesch, Schweiz, Graubünden, Malans (100% Chardonnay, im Fass vergoren und ausgebaut, 20% Neuholz, 14% Alkohol) Kräftiges Goldgelb. Die Nase zeigt subtile, nicht dominante Röstnoten, reife Frucht, Apfel und Pfirsich, würzige und florale Noten. Der Gaumen ist reichhaltig und rund, satte Frucht, viel Rasse und sehr gute Länge, feuriges Finish. 91 vvPunkte
2022, Pinot Noir Tradiziun, Ueli & Jürg Liesch, Schweiz, Graubünden, Malans (100% Pinot Noir, vollständig entrappt vergoren, im Stahltank ausgebaut, 13.5% Alkohol) Rubinrot und sehr sortentypisch mit Sauerkirschen, Himbeeren und leicht krautigen Noten. Fruchtiger Gaumen, gradlinig, schnörkellos, harmonisch, mit knackiger Frucht, nicht überbordenden Gerbstoffen und einem frischen, saftigen Finish. Ein klassischer, trinkanimierender Pinot. 89 vvPunkte
2021, Pinot Noir Prezius, Ueli & Jürg Liesch, Schweiz, Graubünden, Malans (100% Pinot Noir, vollständig entrappt vergoren, im Barrique ausgebaut, 30-40% Neuholz, 13% Alkohol) Rubinrot, aufgehellte Ränder. Die Nase ist burgundisch im Ausdruck, würzig, frisch, rotfruchtig geprägt, Johannisbeeren und Sauerkirschen dominieren, dazu findet man Veilchenaromen, sehr verspielt, komplex. Der Gaumen ist elegant, top balanciert, grosse Harmonie aus delikater Frucht, feiner Säure und perfekt dosierten Gerbstoffen. Im Abgang wiederum rotfruchtig und sehr langanhaltend. Eine Grazie, die sich vor den ganz grossen Weinen der Herrschaft nicht verstecken muss. Mehr als eine Sünde wert und für 34 Franken ab Hof eine klare Kaufempfehlung. 93 vvPunkte
2016, Pinot Noir Prezius, Ueli & Jürg Liesch, Schweiz, Graubünden, Malans (100% Pinot Noir, vollständig entrappt vergoren, im Barrique ausgebaut, 30-40% Neuholz, 13% Alkohol) Noch immer jugendliches Rubinrot, aufgehellte Ränder. Kühle Nase, dezent laktisch, rauchige Noten, kalter Kamin, rote Beerenfrucht, Sauerkirschen, auch Hagebutten. Im Gaumen straff, ungemein frisch, die Frucht ist knackig, die Säure belebt, keinerlei Holzdominanz, sehr gute Balance. Langer, feinwürziger und rotfruchtiger Abgang. Auf dem Peak, jedoch mit sicherlich 10 Jahren Reserven. 92 vvPunkte
Die Weine sind direkt beim Weingut erhältlich.
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