Château Palmer «10 Years on»
Château Palmer, offiziell «nur» 3eme Grand Cru Classé, doch insgeheim schon seit langem ein stetiger Herausforderer des 1er Grand Cru Classé Château Margaux, ist eines der Médoc-Weingüter mit dem höchsten Anteil von Merlot in der Assemblage und eines der noch wenigen Médoc-Weingüter, die ihre Parzellen nach biodynamischen Prinzipien kultivieren (NB: In der Appellation Margaux sind neben Château Palmer lediglich Durfort-Vivens und Ferrière biodynamisch zertifiziert). Nach ersten Gehversuchen im Jahr 2009 und einem schwierigen Jahr 2013, in welchem die 50% biodynamisch kultivierten Parzellen dem herausfordernden Wetter genau gleich gut trotzten, wie die klassisch bewirtschafteten Rebberge, hat man sich auf Palmer entschieden, ganz auf die Methoden der Biodynamie umzustellen. 2018 erlangte das Château Palmer die offizielle Bio-Zertifizierung und just in diesem 2018er Jahr wurden die Erträge aufgrund von starkem Mehltau-Befall erneut stark beeinträchtig. Man erntete 2018 auf Palmer lediglich 11 Hektoliter pro Hektar, was ca. einem Drittel der normalen Erntemenge entspricht.
Kürzlich durfte ich einer interessanten Verkostung beiwohnen, welche von Arvi in Zusammenarbeit mit Château Palmer organisiert worden war. Vorgestellt wurde der 2012er Jahrgang als «Ten Years On Release». Der Hintergrund: Jedes Jahr werden auf Palmer 50% des Grand Vin auf dem Château behalten, um diesen Wein zehn Jahre später auf den Markt zu bringen, genau dann, wann Bordeaux-Weine in aller Regel ihr erstes, optimales Trinkfenster erreicht haben. Die Lancierung des «Ten Years On Release» findet jeweils am vierten Donnerstag im September statt.
Mit dem 2012er «Ten Years On Release», der ergo noch nicht nach biodynamischen Richtlinien produziert worden ist, hat man auf Palmer erstmals auch die Flaschen-Auszeichnung angepasst, so dass man eine «Ten Years On» Release Flasche am blauen Château-Aufdruck auf der Kapsel sowie an einem blauen Sicherheits-Label erkennen kann.
2012, Château Palmer, Frankreich, Bordeaux, Margaux (48% Merlot, 46% Cabernet Sauvignon, 6% Petit Verdot. 21 Monate Ausbau, 50-60% Neuholz, der zweite Teil des Ausbaus findet in grossen Fässern von Stockinger und Seguin-Moreau statt). Kräftiges Rubinrot. Die Nase ist eine kleine Droge, expressiv, verspielt, tiefgründig und mit feiner Würze, florale Noten ergänzen die reife, dunkle Frucht, Cassis, Kirschen und Pflaumenaromen ergänzen mineralische Anklänge. Im Gaumen rund und weich, verführerisch, mit seidenweichen Tanninen, einer feinen Säure und ungemein viel Charme, der Wein tänzelt über die Zunge, wird im mittleren Gaumen immer eleganter und hallt im Abgang sehr lange nach. Ein nobler Wein, der das ungeschriebene Gesetz untermalt, dass Bordeaux-Weine nach 10 Jahren in ein gutes Trinkfenster kommen. Ab sofort bis 2040+, 95 vvPunkte
Ebenfalls probieren durfte ich im Rahmen des Arvi-Tastings zwei Weine aus dem Jahr 2017. Zum einen wurde der 2017er «Alter Ego de Palmer» serviert, ein Wein der heute weniger als Zweitwein zu verstehen ist, sondern vielmehr als eigenständige, früher zugängliche Version eines Grand Vin, bei dem dank weniger Extraktion und kühleren Gär-Temperaturen die delikate Frucht im Vordergrund steht.
2017, Alter Ego de Château Palmer, Frankreich, Bordeaux, Margaux (53% Merlot, 41% Cabernet Sauvignon, 6% Petit Verdot, mit rund 10 Tsd. Kisten macht Altelr Ego in der Regel rund 50% der Produktion. 21 Monate Ausbau, 20-30% Neuholz). Leuchtendes Rubinrot. Feinduftige Nase nach Brombeeren, Cassis, Süssholz vermischt mit rauchigen Noten, darüber findet man florale Töne, die an Veilchenblüten erinnern. Der Gaumen ist weich und bereits sehr gut zugänglich, die feinkörnigen Tannine stützen zusammen mit einer feinen Säure die knackige Frucht, der Wein wirkt äusserst filigran, elegant und ist top balanciert. Im Abgang von guter Länge und mit rotfruchtigen Rückaromen. Jetzt bis 2033, 91 vvPunkte
Als zweiten Wein aus 2017 verkostete ich den «Historical XIXth Century Wine L.20.17». Diese Cuvée ist eine Hommage an die alte Bordeaux-Tradition die man «hermitagé» nennt. Noch im 19. Jahrhundert war es nämlich üblich, die teils etwas «dünnen» Bordeaux-Weine mit Syrah von der Nord- oder Südrhone anzureichern, um ihnen mehr Fülle und Struktur zu verleihen. Dass solche Weine ein gutes Alterungspotential haben, bewies bei einer Verkostung eine Flasche Palmer aus dem Jahr 1869, welche noch erstaunlich gut im Schuss war. 2004 entschloss man sich auf Palmer darum, diese alte Tradition zumindest mit ein paar Flaschen Palmer «hermitagé» wiederzubeleben.
2017, Historical XIXth Century Wine L.20.17, Frankreich, Vin de France (47% Merlot, 43% Cabernet Sauvignon aus 2017 ergänzt mit 10% Syrah aus dem Jahrgang 2018 von der Nord-Rhone. Preislich war der Wein jeweils ähnlich wie Palmer, seit 2021 wird der Wein preislich unabhängig von Palmer lanciert). Der Wein zeigt eine etwas dichtere und violettere Farbe, als die des Alter Ego. Anfangs etwas scheue Nase, die etwas Zeit braucht, um sich zu öffnen, um dann dunkle Früchte, etwas Rauch, Leder sowie eine subtile Eukalyptus-Note zu offenbare. Im Gaumen straff, fruchtig, sehr saftig, mit guter Struktur, kernigen Gerbstoffen und einer markanten Würze im Abgang. Ein ausgezeichneter Wein, der zeigt, wie die Syrah-Traube die Bordeaux-Assemblage gut ergänzen kann. Hat Reserven, bis 2040+ geniessen. 92 vvPunkte
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ans Team von Arvi, welches diese exklusive Probe möglich gemacht hat.
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