Hält länger als gedacht: Blanc Naturel von Adrians Weingut.
Manchmal ist es gut und lehrreich, seine eigenen Einschätzungen kritisch zu prüfen. Vor gut zwei Jahren besuchte mich Adrian Hartmann und zeigt mir die Weine von Adrians Weingut. Dabei hatte er unter anderem einen Blanc Naturel auf Basis von Riesling-Sylvaner. Dieser Natur-Wein gefiel mir damals äusserst gut, doch da ich diesen bezüglich Lagerfähigkeit nicht wirklich einschätzen konnte (der Wein wurde mit sehr wenig Schwefel abgefüllt), schrieb ich damals «…bis 2022+?».
Hat der Wein gehalten? Ist er besser geworden? Und hat er sogar noch Reserven für eine weitere Lagerung? Diese Fragen klärte ich mit einem kleinen Nach-Tasting des 2017er Blanc Naturel. Ebenfalls probieren durfte ich quasi seinen Nachfolger, den 2019er Blanc Naturel, der die spontante Maischegärung in einer Amphore machte.
2017, Blanc Naturel, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Riesling-Sylvaner, orange vinifiziert: 3 Wochen spontane Maischen-Gärung, 15 Monate Barrique-Ausbau, minimaler Schwefel-Einsatz, ohne Filtration.) Noch immer kräftiges Gelb mit Messingstich. Die Nase braucht direkt nach dem Öffnen ein paar Minuten zeit, um sich zu zeigen, aromatisch offenbart der Wein dann Apfel, Quitte, Zimt und Teearomen, die damals notierten Honigblüten sind verschwunden, dafür zeigt sich nach wie vor eine Würzigkeit. Im Gaumen weich, zugänglich, mit dezent cremiger Textur, einem feinen Säurenerv, delikater Frucht und lebhaften Gerbstoffen, mittelkräftig, ohne jegliche Alterstöne, mit fruchtig-würziger Aromatik im langen Abgang. Der Wein steht noch immer top im Glas, wirkt sauber und ausgewogen, macht Freud und hat noch immer Reserven. Bezüglich Entwicklungspotential bin ich jetzt etwas mutiger und notiere 2022-2025+ 90 vvPunkte
2019, Blanc Naturel, Adrians Weingut, Oberflachs, AOC Aargau, Schweiz. (Riesling-Sylvaner und Charmont, 12 Monate spontane Maischegärung in einer Ton-Amphore, 7 Monate Barrique-Ausbau, unfiltriert und ohne Zusatzstoffe abgefüllt.) Dunkles, leicht trübes Orange. Die Nase ist deutlich expressiver, als beim 2017er, zeigt Noten von Hefen, Schwarztee, Orangen und Unterholz. Im Gaumen opulent und kräftig, der Wein hat viel Gerbstoff, eine reife Frucht und eine lebhafte Säure, diese verleiht Zug und Frische. Die Teearomen werden im hinteren Gaumen immer deutlicher, vermählen sich mit Zitrusaromen und hallen im Abgang noch länger nach, als beim 2017er. Ein sehr gelungener Naturwein mit Rasse, Charakter und Struktur. Er gefällt mir noch besser, als der 2017er, da er die Grenzen noch etwas mehr ausreizt, ohne dabei ins Fehlerhafte zu kippen. Natürlich ist das nichts für Menschen, die das Übliche suchen, für Naturweinliebhaber ist dieser Tropfen jedoch ohne Einschränkung zu empfehlen. Jetzt bis 2027+ 91 vvPunkte
Mein Fazit: Die Naturweine von Adrians Weingut halten länger als man denkt und, noch viel wichtiger, sie machen richtig Spass! Die Weine sind direkt ab Weingut erhältlich.
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