Domaine de la Pierre Latine in Yvorne

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Es ist eine dieser eingpräsamen Weinetiketten, die wohl jede weinaffine Person schon gesehen hat. Die Rede ist von der Domaine de la Pierre Latine in Yvorne, die ich kürzlich zusammen mit zwei weinbegeisterten Menschen besuchen konnte und mit dem Gutsleiter Philippe Gex einen äusserst tiefgründigen, charmanten und humorvollen Menschen kennenlernen durfte. Philippe Gex war Syndic (Gemeindepräsident) von Yvorne und erzeugt mit Hilfe seines Önologen Bernard Cavé auch einige der schönsten Weine von Yvorne. 

Philippe übernahm im Jahr 1982 das Weingut von seinem Vater und er erzählte uns bei diesem lockeren Treffen, dass man das Gut ursprünglich «Voile Latine» nennen wollte (das ist die französische Bezeichnung eines dreieckigen Schiffs-Segel). Da der Lac Léman aber schon etwas gar weit weg von Yvorne liegt und die felsige Landschaft rund um Yvorne besser zur Domaine passt einigte man sich auf den Namen «Pierre Latine» (Pierre bedeutet in Französisch Felsen).

Schalk, Vision, Erfahrung: Philippe Gex, Gutsleiter auf der Domaine de la Pierre Latine (c) vvWine.ch

Yvorne ist mit seinen 160 Hektar das grösste Weindorf des Chablais und gleichzeitig eine der grössten Weingemeinden des ganzen Kantons Waadt. und wer das Terroir von Yvorne kennt, weiss, dass dort Geröll und Felsen dominieren. Grund ist ein Felssturz, der am 4. März 1584 vom Berg Tour d’Aï Teile des Dorfes verschüttete und dessen Felsbrocken heute Teil des einzigartigen Bodens von Yvorne sind.

Die eigentliche Geschichte der Domaine de la Pierre Latine begann im Jahr 1990 mit der Produktion des ersten Chasselas und dem Aufbau des Weinsortiments. 2002 erwarb Philippe Gex dann die 2.5 Hektar grosse Lage «Clos du Crosex Grillé» in Aigle, dessen Wein heute auch Mitglied der Vereinigung «Mémoire des Vins Suisses» ist. Der terrassenförmig angelegte Clos liegt mit deutlicher Hangneigung auf 410 bis 600 Metern und ist nach Westen und Südwesten ausgerichtet.

Seit 2017 ist André Hoffmann neuer Eigentümer der Domaine de la Pierre Latine. Gemäss Philippe Gex ein wahrer Glücksfall und «perfect Match», denn die Tochter von Philippe wollte die Geschichte des Weinguts nicht selbst weiterschreiben. André ist somit nicht nur neuer Eigentümer sondern mit seiner langfristigen Vision auch Garant dafür, dass das Gut in seiner heutigen Form fortbestehen und sich weiterentwickeln kann. Ich lernte André vor einigen Monaten an einer Kunstveranstaltung kennen und traf in ihm einen äusserst ruhigen, subtilen Menschen mit viel Gefühl und einem ausgesprochenen Sinn für Familie. Philippe Gex erwähnte in unserem Gespräch, dass André nach dem Erwerb des Gutes nicht einmal seinen Namen auf der Etikette haben wollte, doch schliesslich einigten sich die beiden auf «Philipp Gex pour André Hoffmann».

Nachhaltigkeit und maximaler Umweltschutz sind Leitmotiv und Antrieb von André Hoffmann, der bei sehr naturverbundenen Eltern aufwuchs. Sein Vater, Luc Hoffmann, rief 1961 zusammen mit Peter Scott, Sohn des berühmten Polarforschers, den WWF (World Wildlife Fund) ins Leben. Vor einem solchen, familiär verpflichtenden Hintergrund, haben sich André und Philippe Gex zum Ziel gesetzt, die AOC Yvorne zur ersten, 100% biologischen AOC der Schweiz zu machen. Noch ist man nicht am Ziel angelangt, doch gemäss Philippe sei man auf sehr gutem Weg, die anderen Weingüter der Appellation an Bord des Projektes zu kriegen. Zumindest die Domaine Pierre Latine wird bis 2024 zu 100% biologisch bewirtschaftet werden.

Nach jeder Geschichte, noch eine Geschichte: Philippe Gex, ein Winzer mit Charisma (c) vvWine.ch

Natürlich verkosteten wir auch Weine (naja, eigentlich tranken wir zusammen ein paar Gläser). Meine Notizen sind darum auch etwas kürzer und weniger präzis als auch schon. Chasselas sei Dank! So oder so, die Weine der Domaine de la Pierre Latine sind absolut entdeckenswert.

2020, Yvorne „Nature“ Grand Cru, Domaine de la Pierre Latine, Yvorne, Waadt, Schweiz (100% Chasselas) Feinduftige Nase, etwas Apfel, weisse Blüten, frisch, steinig, kühl. Im Gaumen schlank, wiederum sehr frisch und saftig, feine Säurestruktur, mittlere aromatische Intensität, wirkt aktuell noch etwas verhalten, zeigt im Abgang viel Steinigkeit mit einer feinen, salzigen Note. 89 vvPunkte

2019, Aigle Grand Cru Clos de Crosex Grillé «Cuvée des Immortels», Phillipe Gex & Bernard Cavé, Aigle, Waadt, Schweiz (100% Chasselas). Kalkige Nase, steinig, tief, sehr mineralisch geprägt, darüber florale Noten, weisse Blüten. Im Gaumen fleischig, rund und doch mit straffem Kern, wirkt lebhaft, leicht cremig, zeigt viel Frische und baut ordentlich Druck auf, bleibt dabei leichtfüssig und endet angenehm langanhalten auf eine herrlich mineralische Note. Ein purer Steinwein. 91 vvPunkte

Der Aigle Grand Cru Clos de Crosex Grillé mit Jahrgang 2017 war ein absoluter Hit (c) vvWine.ch

2018, Aigle Grand Cru Clos de Crosex Grillé «Cuvée des Immortels», Phillipe Gex & Bernard Cavé, Aigle, Waadt, Schweiz (100% Chasselas). Etwas zurückhaltender und reiffruchtiger in der Nase, feine Blütennoten, sogar etwas Blütenhonig. Im Gaumen unglaublich rund und weich, ein Mund voll Wein, mit Rubensfigur, gut strukturiert und mit einem langen Abgang der neben Salzigkeit auch eine leicht nussige Note hinterlässt. 90 vvPunkte

2017, Aigle Grand Cru Clos de Crosex Grillé «Cuvée des Immortels», Phillipe Gex & Bernard Cavé, Aigle, Waadt, Schweiz (100% Chasselas). Sensationelle Nase, tiefgründig, steinig, ungemein mineralisch, Honignoten, Zitrusfrüchte, auch exotische Früchte, fast schon Chablis-like anmutend was die Mineralik betrifft. Im Gaumen reichhaltig, offen, eine Wucht, super präzis, enorm druckvoll, gleichzeitig leichtfüssig schwebend, ein Wein mit Energie, Charakter und wunderbarer länge. Das ist Chablis im Waadtland, grandios! 93 vvPunkte

2009, „Mythologie“ Pinotissima, Domaine de la Pierre Latine, Yvorne, Waadt, Schweiz (100% Pinot Noir, während 12 Monaten in zu 50% neuen Barrique-Fässern ausgebaut. 1’500 Flaschen Produktion). Kräftiges Rubin, erste Reifetöne. Komplexe Nase, zeigt erste Reifetöne, intensiv duftend, leicht rauchig, speckig, zeigt Kräuter, rote und dunkle Beeren, auch Anflüge von Pflaumenkompott. Im Gaumen gut strukturiert, noch mit deutlich Gerbstoff versehen, die Frucht wirkt warm, die Sekundäraromen vom Holzfassausbau sind noch immer präsent, doch da ist auch eine wohltuende Frische im langanhaltenden Abgang, wo sich Aromen von Erdbeeren und Blutorangen bemerkbar machen. Ein Wein mit Kraft und Klasse. 90 vvPunkte

Rasse und Klasse: Merlottissima 2017 aus der Serie Mythologie (c) vvWine.ch

2018, „Mythologie“ Pinotissima, Domaine de la Pierre Latine, Yvorne, Waadt, Schweiz (100% Pinot Noir, während 12 Monaten in zu 50% neuen Barrique-Fässern ausgebaut. 1’500 Flaschen Produktion). Intensives Rubinrot. Noch deutlich vom Holz geprägte Nase, zeigt Würzigkeit, eine reife Frucht, Tiefgang. Im Gaumen druckvoll, mit merklich Gerbstoff, baut viel Druck auf, auch hier mit deutlicher Barrique-Prägung, der Wein ist noch sehr jugendlich, muss seine innere Balance noch finden. Aktuell würde ich den Wein in einer dunklen Kellerecke verstecken und ab 2026 bis 2035 geniessen. 91+ vvPunkte

2017, „Mythologie“ Merlotissima, Domaine de la Pierre Latine, Yvorne, Waadt, Schweiz (100% Merlot, 18 Monate im Barrique ausgebaut, 13.5% Alkohol, nur 1’500 Flaschen Produktion). Kräftiges Rubin. Tiefgründige, sehr intensive und komplexe Nase, zeigt Brombeeren, auch rote Kirschen, Pflaumen, darüber florale Noten, das Holz ist präsent, verleiht Würze. Im Gauemn gradlinig, saftig und frisch, sehr gut strukturiert, hat Klasse und Rasse, die Ballance ist beeindruckend, druckvoll, üppig, aber kein Gramm Fett, ein Baletttänzer Merlot, mit Wütze, Charakter und Länge. Bravo. 93 vvPunkte

Mehr über das Weingut erfährt man direkt auf der Homepage der Domaine de la Pierre Latine. Die Weine sind direkt ab Weingut oder im Fachhandel zu finden.

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