Stefan Bietighöfer: Mut und Intuition.

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Das Weingut Bietighöfer liegt in der Pfalz und produziert seit dem 17 Jahrhundert Wein. Für mich war das Gut, obwohl es zu den grösseren Produzenten der Pfalz gehört, bisher ein blinder Fleck auf der Weinlandkarte. Zeit also, die Weine zu probieren. Ich verkostete querbeet, vom Riesling zum Weissburgunder, vom Pinot Noir zum Dark Chocolate. Und ich habe dabei Weine kennengelernt, die mit dem Status Quo brechen, die anders sind, teils wilder, frecher, auf jeden Fall aber nicht langweilig. Sie sind es definitiv wert, probiert zu werden.

Gelungene Weissburgunder (c) vvWine.ch

2019, Weissburgunder Réserve, Stefan Bietighöfer, Pfalz, Deutschland (100% Pinot Blanc). Kräftiges Gelb. In der Nase fruchtbetont, mit gelbem Pfirsich, reifem Apfel und etwas Rosenblüten. Im Gaumen mit weichem, cremigem Auftakt, reife, süsse Frucht, zeigt einen leichten bis mittleren Körper und eine moderate Säure, zugänglich, fruchtbetont und mit einem mittellangen Abgang. Endet wie die Nase begonnen hat auf eine reife Pfirsichnote und einen Tick Bitterkeit, die ihm ganz gut steht. Mir fehlt es ein wenig an Säure und Frische, aber das ist Geschmacksache. Jung und kühl geniessen. Jetzt bis 2024, 87/100 vvPunkte.

2017, Weissburgunder Grande Réserve, Stefan Bietighöfer, Pfalz, Deutschland (100% Pinot Blanc). Mittlers Gelb. Intensive und tiefgründige Nase, zeigt neben Zitrus und Aprikose, dazu auch exotische Früchte auch deutlich steinige Noten. Der Gaumen ist saftig und frisch, zeigt eine gute Konzentration, perfekt eingebundenes Holz und einen schönen Mix aus Cremigkeit und Biss, baut am mittleren Gaumen ordentlich Druck auf, ohne dabei in die Breite zu gehen. Endet langanhaltend und frisch auf Zitrusfrüchte und eine steinige Note. Ein sehr gelungener Weissburgunder der jetzt Spass macht und noch reifen kann. 2020-2026+. 89-90/100 vvPunkte.

2015, Das Ende der Fahnenstange, Pinot Blanc Trocken, Dorst & Consorten, Pfalz, Deutschland (13.5%. Die Trauben werden in 500-Liter Tonneaux- und 225-Liter Barriquefässern während drei Monaten mittels Spontanhefe vergoren. Von Hand und ohne Filtration abgefüllt). Kräftiges Gelb. Intensive, komplexe und sehr tiefe Nase, reife Zitrusfrüchte, Melone, Ananas und Kamillenblüten, dahinter eine kalkig-steinig Note. Im Gaumen mit reifer Frucht, leicht cremiger Textur und einem mittleren Körper, zeigt deutlich Opulenz und strahlt eine gewisse Wärme aus, die wohl dosierte Säure puffert jedoch gut, verleiht Struktur und Frische, zieht am mittleren Gaumen durch und hinterlässt im Abgang wieder einen Mix aus Zitrusfrüchten und etwas Exotik. Langanhaltend. Jetzt bis 2024+ geniessen, 92/100 vvPunkte.

Gelungener Balanceakt: Wild, fordernd und doch ein Riesling. Riesling von Stefan Bietighöfer (c) vvWine.ch

2016, Das Ende der Fahnenstange, Pinot Blanc Trocken, Dorst & Consorten, Pfalz, Deutschland (13.5%. Die Trauben werden in 500-Liter Tonneaux- und 225-Liter Barriquefässern während drei Monaten mittels Spontanhefe vergoren. Von Hand und ohne Filtration abgefüllt). Kräftiges Gelb. Anfangs mit minimer Reduktion, öffnet sich jedoch sehr schnell, zeigt eine tiefgründige, steinige Nase, wirkt etwas kühler als der 2015er, komplexe Aromatik mit Zitrusfrüchten, gelbem Pfirsich, Apfel und exotischen Früchten, dazu Blüten, Nüsse. Im Gaumen elegant und frisch, druckvoll, cremig, ungemein präzis und mit viel Eleganz. Die süsse Frucht tanzt mit einer sehr schön integrierten Säure, der Wein wirkt lebhaft und verspielt und endet im sehr langen Abgang auf Ananas mit Fleur de Sel. Gefällt mir mit seiner noch etwas grösseren Frische persönlich noch einen Tick besser als der eindrückliche 2015er. Ist aber eher eine Frage des Stils. Jetzt bis 2026+ geniessen, 93/100 vvPunkte.

2018, Riesling, Stefan Bietighöfer, Pfalz, Deutschland (100% Riesling, mit 96°Oe geerntet und dann im gebrauchten Eichenholzfass vergoren). Helles Gelb, leicht trüb. In der Nase ruhig, deutlich weniger expressiv als viele andere Rieslinge, wirkt bei sich, zeigt Tiefe und eine sehr gute Komplexität mit Aromen von Pfirsich, Kirschpflaume, Quitte, Mango und etwas grünem Apfel, dazu frisch geschnittene Brennnesseln, weisse Blüten, spannend, entwickelt sich mit Luft sehr schön. Der Gaumen ist straff, schlank, aber druckvoll, wow, das haut so richtig rein, die kompakte saftige Frucht wird von einer milden Säure gestützt, gut strukturiert, mit Zug und Frische, Kraft und Balance zieht sich der Wein in einen langen, gelbfruchtigen Abgang, endet auf reife Ananas. Der Wein unterscheidet sich deutlich von anderen Rieslingen, die ich aus der Pfalz kenne und genau darum ist er einen Versuch wert. Da kommt noch mehr, denn der Wein hat Reserven. Jetzt bis 2028, 89+/100 vvPunkte.

2017, Dark Chocolate, Stefan Bietighöfer, Pfalz, Deutschland. Tag 1: Super reduktive Nase, ein hässliches Entlein. Korken drauf, wegstellen. Tag 2, nach ziemlich genau 24h ohne Abpumpen präsentiert sich der Wein mit einer völlig andren Nase, die Reduktion ist wesg, Weihnachtsgewürze, Pflaume, Rhabarber, Johannisbeeren und Zartbitterschokolade (nein, das ist kein Witz) machen sich bemerkbar. Im Gaumen schlank, straff, frisch, energetisch, markant Tannin, leicht trocknend, krautig und mit eher roter Frucht, einer anregenden Würzigkeit und viel Charakter belebt der Wein die Papillen. Endet nicht sonderlich lang, jedoch ausgewogen. Aus dem hässlichen Entlein wurde zumindest ein lebhafter, junger Schwan. Sicherlich ein beschwingender Grillwein, stilistisch mag ich das nämlich sehr. Die Frage ist nur: Wer will das? Und wer hat die Musse, einen solchen Wein 24h vor Genuss zu öffnen…? Wer das probiert – bitte UNBEDINGT 24h vor Genuss öffnen und nicht erschrecken – es kommt dann schon gut… 88/100 vvPunkte.

Ein herrlicher Pinot: Rosenäcker 2016 (c) vvWine.ch

2016, Rosenäcker Spätburgunder Grande Réserve, Stefan Bietighöfer, Pfalz, Deutschland (100% Pinot Noir). Helles Granat, aufgehellter Rand. Die Nase ist gleich nach dem Öffnen voll da, expressiv, duftig mit Roten Kirschen, Johannisbeeren, Pflaumen und Blutorangen, darüber florale und steinige Noten, sehr komplex. Im Gaumen zugänglich, mit reifer Frucht und faszinierender Würze, eine gewisse Üppigkeit verbindet sich mit Frische, Frucht und Struktur sind gut aufeinander abgestimmt, die Säure belebt, verleiht Zug, der Alkohol hält sich diskret im Hintergrund. Im Abgang lang, würzig und mit herrlicher Pinot-Frucht. Ein wunderbarer Wein der jetzt ab sofort für sicher 5-8 Jahre grossen Trinkspass bietet. 2020 bis 2028, 92/100 vvPunkte.

Die Weine sind bei Terravigna.ch erhältlich.

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