Verkannte Beauties: Die Weine der Loire.
Sie sind von den Bistro-Tischen französischer Metropolen nicht wegzudenken, die Weine der Loire. Ob ein Gläschen Sancerre zum Apéro, einen frisch-würzigen Chinon oder Bourgueil zum „Magret de canard“ oder ein „Assortiment de Fromages“ begleitet von einem salzigen oder süssen Chenin Blanc… Die Loire-Weine sind fantastische Essensbegleiter.
Doch warum nur trinkt man diese Tropfen bei uns viel zu selten? Das höchste der Gefühle auf unseren Weinkarten sind oft ein Sancerre oder Pouilly Fumé – meist von grossen Produzenten wie beispielsweise Baron de Ladoucette. Diese Weine sind zweifelsohne gut, doch die Loire hat so viel mehr zu bieten, als diese etwas auf den Massengeschmack ausgerichteten Sauvignon Blancs.
Roten Gewächse auf Basis von Cabernet Franc oder die vielen Varianten des Chenin Blanc (diesen gibt es vom leichten, trockenen Sommerwein über opulent-mineralische Tropfen bis hin zu Weinen unterschiedlichsten Süssegrades) erspäht man leider auf unseren Weinkarten respektive in den Weinregalen der Händler viel zu selten.
Dabei sind die Weine nicht nur sehr gut, sondern meist auch äusserst preiswert. Ein guter Chinon ist schon um 20 Franken erhältlich und kostet je nach Restaurant und angewandtem Faktor auf der Weinkarte dann irgendwo zwischen 40 bis 60 Franken; ein Schnäppchen, wenn man diesen Preis mit dessen von Bordeaux- oder Burgunderweinen vergleicht. Warum nur schwimmen viele Händler und Restaurants lieber mit als gegen den Strom?
Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Und eine dieser Ausnahmen ist Roger Crausaz. Er setzt mit seiner zugegebenermassen etwas in die Jahre gekommenen Web-Site Loire-Weine.ch exakt auf dieses Gebiet. Neben etablierten Namen wie Nicolas Joly oder Alphonse Mellot findet man bei Loire-Weine.ch auch unbekanntere Namen. Im Rahmen der Arrivage-Degustation konnte ich eine kleine Auswahl aus Roger’s Sortiment probieren.
Ich hatte für einmal keinen Computer dabei und probierte die Weine etwas oberflächlicher als üblich. Darum an dieser Stelle nur einige kurze Eindrücke die der geneigte Leser doch baldmöglichst selbst überprüfen möge.
Die präsentierten Schaumweine der Domaine Couly-Dutheil werden beide aus 100% Cabernet Franc hergestellt. Der Blanc Prestige Brut de Franc gefiel mir mit seinen leicht floralen Noten aromatisch zwar ganz gut, allerdings war mir hier die Dosage etwas zu hoch 16.5 vvPunkte (84/100).
Der Brut de Franc Rosé gefiel mir da schon besser, seine umwerfende Frucht (Waldbeeren, Himbeeren) und die feine Perlage machen diesen Wein zu einem unkomplizierten Apéro-Begleiter. 17 vvPunkte (86/100).
Die Weissweine der Domaine de l’Ecu gefielen mir sehr gut. Der aus 100% Melon de Bourgogne gekelterte Muscadet Sèvre et Maine 2016 präsentierte sich anfangs leicht reduktiv, öffnete sich dann rasch und bestach mit saftigem Gaumen, einer weichen Textur sowie einem wunderbar salzigen Finale. Hier fehlten mir nur die Austern. Ein Hit als sommerlicher Seafood-Begleiter. 17 vvPunkte (86/100).
Der 2015er Muscadet Sèvre et Maine der Domaine de l’Ecu ist etwas komplexer in der Nase, zeigt dort Aromen von Gräsern, Blüten, Kümmel. Mit seiner steinig-kühlen Stilistik zeigt dieser Wein am Gaumen ungemein viel Trinkfluss. Er ist schlank, gradlinig, gut strukturiert und besitzt einen sehr frischen und salzig-mineralischen Abgang. 18 vvPunkte (90/100).
Die Sauvignon Blanc der Domaine Pellé bieten ein top Preis-/Leistungsverhältnis. Der 2017er Les Bornés ist eine Assemblage aus verschiedenen Parzellen in der Gemeinde Menetou-Salon. Er ist ungemein sortentypsisch, frisch und fruchtig, geradezu federleicht, zugänglich und ausgewogen, mit Noten von Zitrusfrüchten und und einer steinig-kühlen Aromatik im Abgang. Zum jung und kühl geniessen. 17 vvPunkte (86/100).
Komplexer und deutlich mineralischer ist der 2017er Le Carroir der
Domaine Pellé. Er stammt aus Parzellen mit Reben, die 1976 gepflanzt wurden und bietet in der Nase neben diesem nicht wirklich beschreibbaren Kreide-Duft auch Zitrusfrüchte, Blüten und frisch geschnittene Gräser. Im Gaumen saftig, klar, mit messerscharfer Säure und einem ungemein reinen, angenehm langen Abgang passt dieser Wein nicht nur als Apéro, sondern auch als Speisebegleiter. 18 vvPunkte (90/100).
Die Domaine Pellé produziert mit dem Les Bornés Rouge 2017 auch einen Pinot Noir dessen Trauben von 35-jährigen Reben stammen. Der Wein gefiel mir mit seiner leicht reduktiven Art, krautig-würzigen Aromen und einem straffen Gaumen mit kühler aber dennoch reifer Frucht. Es ist ein unkomplizierter Wein, knochentrocken und dürfte mit einer Grillade wunderbar harmonieren. 17 vvPunkte (87/100)
Die Domaine Alphonse Mellot gehört für mich schon länger zu den interessantesten Sauvignon-Blanc Produzenten an der Loire. Der 2018er La Moussière ist fruchtbetont, zugänglich, zeigt gewisse Rundungen und einen cremigen Schmelz. Aromatisch mit einem Touch Honig und trotz der Opulenz endet der Wein frisch und sehr langanhaltend. 17.5 vvPunkte (88/100).
Die Demoiselle 2016 war einfach nur Wow! Tief komplex, würzig, steinig mit einem straffen, gradlinigen Gaumen, viel Frische, Struktur und einer top Balance bis in den sehr langen, salzigen Abgang. So kann Sauvignon Blanc sein! 18.5 vvPunkte (92/100).
Ein weiterer Klassiker ist der Vouvray Le Haut-Lieu Sec 2017 der Domaine Huet. Den oxidative Stil mit einem Mix aus Kräutern, Birne und Zitrusfrüchten muss man aromatisch mögen. Auch der Gaumen ist mit seiner vollmundigen, etwas opulenten Art nicht jedermanns Sache, dafür super mineralisch, konzentriert und im Abgang mit einer beeindruckenden Länge. Diesen Wein zu kosten ist wie an einem Stein zu lecken. I Love-it! 18 vvPunkte (91/100).
Weiter ging es mit den Weissweinen der Domaine Couly-Dutheil. Der 2018er Les Moulins de Turquant präsentierte sich frisch und sehr blumig mit Anflügen von Honig und etwas Birne. Im Gaumen mit mittlerem Körper und leicht cremiger Textur, dazu kommt eine sehr sortentypische Chenin-Aromatik. Im Abgang mittellang, würzig, endet auf Waldhonig. 17.5 vvPunkte (88/100).
Der Les Chanteaux 2017 von Couly-Dutheil ist kräftiger, intensiver aber dennoch sehr feinduftend, ungemein floral, weisse Blüten, Blütenhonig, dazu Zitrusfrüchte und reife Birne. Im Gaumen vollmundig, reichhaltig, kräftig und dicht, eingemachte Zitronen und etwas Quitte werden von einer top Säure gestützt. Nachhaltig und salzig im Abgang, klasse! 18 vvPunkte (90/100).
Die beiden vorgestellten Rosé-Weine waren unkompliziert. Der 2018er Chinon Rosé der Domaine Gouron besteht zu 100% aus Cabernet Franc. Er zeigte eine feinduftige Nase nach Himbeeren und Gräsern. Im Gaumen zugänglich, dezent krautig, saftig, feinfruchtig und mit guter Länge. 17 vvPunkte (85/100).
Der 2018 Rosé Equinox der Domaine Yannick Amirault war dagegen sehr eigen im Stil. Die intensive Barrique-Note war mir persönlich zwar deutlich zu ausgeprägt, die Qualität der Frucht und des Holzes aber ohne Frage. Im Gaumen rund, füllig, mit cremiger Textur und aromatisch guter Komplexität ausgestattet mochte mir dieser Weine nicht wirklich gefallen, denn auch hier dominiert im Abgang das Holz. 16 vvPunkte (83/100).
Und dann probierte ich auch einige Rotweine aus der Paradesorte der Loire: Cabernet Franc.
Das vorgestellte Rotweinpaar der Domaine Couly-Dutheil zeigte mir einmal mehr, welch trinkfreundliche Weine diese Sorte hervorbringen kann. Ich konnte mich nicht wirklich entscheiden, welcher der beiden Weine mir nun besser gefällt. Der Chinon Clos de l’Echo 2015 duftete zart und frisch nach Kräutern und Sauerkirschen. Im Gaumen sehr elegant, dabei gut strukturiert mit markanten Gerbstoffen und einer intensiven, krautig-würzige Aromatik. Verspielt, langanhaltend und sehr ausgewogen. Das ist Kraft und Eleganz. 18 vvPunkte (91/100).
Vielleicht noch einen Tick reichhaltiger und komplexer war der Chinon Clos de l’Olive 2015. In der Nase tief, rauchig, eher dunkelfruchtig und mit vielen frisch geschnittenen Gräsern. Der Gaumen ist füllig um nicht zu sagen üppig, dennoch bleibt der Wein tänzerisch leicht, verfügt über einwandfreie Gerbstoffe, eine frische Säure und hält aromatisch mit gutem Spannungsbogen lange an. 18.5 vvPunkte (92/100).
Sehr viel Trinkspass für wenig Geld bot der Les Gravières 2017 der Domaine Couly-Dutheil. Dunkelbeerig mit Noten von Kräutern, Kirschen und Gewürzen präsentierte sich der Weine zugänglich, rund und mit opulenter Frucht. Im Abgang erstaunlich lang und sehr ausgewogen 17.5 vvPunkte (88/100).
Etwas garstig und trocknend dagegen der 2015er Domaine René Couly. In der Nase animalisch, reduktiv braucht dieser Wein viel Zeit, um sich zu öffnen. Der Gaumen ist zwar gut strukturiert aber zu stark vom Gerbstoff geprägt, ob das sich findet? 16.5 vvPunkte (84/100).
Der 2017 Bourgueil La Coudraye der Domaine Yannick Amirault gefiel mir gut. Ein anfangs leicht reduktiver Wein der sich dann rasch öffnet und mit seiner straffen, krautigen Art ein Archetyp eines Bourgueil darstellt. Unkompliziert aber nicht banal dürfte das ein perfekter Grillwein für die heissen Tage sein. 17.5 vvPunkte (88/100).
Der ebenfalls vorgestellte Bourgueil Les Malgagnes 2017 hatte leider einen Korkfehler.
Last but not least, ein Süsswein auf Basis von Chenin-Blanc. Der 2005er Les Rayelles von Chateau Pierre-Bise zeigte eine dunkle Bernsteinfarbe. In der Nase offen, komplex mit intensiver Honignote, dazu Studentenfutter, Bienenwachs, Nüsse und Toast. Im Gaumen cremig, vollmundig, dicht und körperreich, ungemein reif, üppig und intensiv süss, sorgt eine moderate, gut eingebundene Säure für Balance. Endet auf Honig und Kaffee. 18 vvPunkte (92/100).
Sämtliche Weine sind bei Loire-Weine.ch erhältlich.
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