Nik Weis und seine Möselchen.

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Der St. Urbans-Hof ist ein relativ junges Weingut, welches erst 1942 von Nik Weis‘ Grossvater gegründet wurde. Ursprünglich als Mischbetrieb aufgestellt, in dem auch eine Schuhmacherei integriert war, entwickelte sich der Betrieb über die Jahre zur ersten Rebschule in Rheinland Pfalz (die Arche Noa des Rieslings) und zu einem der bedeutendsten Weingüter an der Mosel.

Aktuell leitet Nik Weis die Geschicke des St. Urbans-Hof. Nik, ein Monument eines Mannes und somit das pure Gegenteil von Peter Bernhard, den wir am Vortag besucht haben. Unterschiedlicher könnten auch die Betriebe nicht sein. Dort 2g Restzucker, bei Weis darf’s gerne auch mal 20g und mehr sein. Dort biodynamisch, hier konventionell. Wobei «konventionell» eigentlich gar nicht konventionell ist, im Gegenteil: Nick Weis bewirtschaftet seine Reben nachhaltig nach den Prinzipien von FAIR’NGREEN. «Das geht deutlich weiter als Bio», sagt er überzeugt, «das heisst auch: keine schweren Flaschen, keine schlecht bezahlten Rebarbeiter, Strom von eigenen Solar-Anlagen, neue Maschinen statt alte, stinkende Dieseltraktoren, ein starker Fokus auf Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, und und und.»

Ein Mann, der weiss von was er spricht: Nik Weis nahm sich geschlagene drei Stunden Zeit, um vvWine die Lagen des St. Urbans-Hof zu erklären (c) vvWine.ch

Nik nimmt sich die Natur zur Brust, er ist überzeugt, dass die Natur den Menschen braucht und vice versa. Er pflegt sie nach seiner Art und unterstützt wo er denkt es sei nötig. Wie ein Dirigent orchestriert er die Parzellen und wo nötig schreibt er um. Sammelt an der ganzen Mosel die Genetik ein und bringt sie in seinen eigenen Weinbergen unter. Hier wird nichts gerodet, sondern Stock für Stock aufgeforstet, was zum Resultat hat, dass eine unglaubliche Komplexität in seinen Weinen steckt.

Und was Peter Bernhard und Nik Weis ebenfalls verbindet ist die Terroir- und Lagen-Denke, das Wissen, dass 99% der Weinqualität durch die Arbeit im Weinberg entsteht. Beide verfügen über ungemein viel Knowhow, sie kennen ihre Böden, die Untergründe, das Mikroklima und beide bringen diese absolut brillant und in Spitzenqualitäten auf die Flasche. Im Keller gilt bei Nik Weis das Prinzip der minimalen Intervention. Es gibt hier keine Computersteuerung, keine Temperatur-kontrollierten Stahltanks, Nik lässt der Natur bei der Weinbereitung weitgehend freien Lauf.

Die trockenen Rieslinge.

2017, Mosel Riesling. Feinwürzige Nase, leichter Körper, schönes Süss-Säurespiel, etwas Apfel und heller Pfirsich. Kurzer, stimmiger Abgang. 17 vvPunkte (85/100).

2016, Schiefer Riesling. Vom roten Schiefer. Offene, würzige Nase, Kräuter, ein Hauch Curry, Zitrusfrüchte. Im Gaumen mit schönem Schmelz, zeigt einiges an Kraft, bleibt dabei federleicht, strukturiert und mit sehr gut eingebundener Säure, ungemein frisch und ausgewogen, endet auf eine exotische Ananas-Aromatik. 17.5 vvPunkte (88/100).

2017, Schiefer Riesling. Expressive Nase, viel exotische Frucht, etwas weisser Pfirsich, markant mineralische Note, dazu eine feine Würze. Im Auftakt kraftvoll, zeigt Schmelz und Druck, wirkt etwas molliger als 2016, eine sehr feine Säure stützt die opulente Frucht, endet mittellang. Sehr ausgewogen. 17 vvPunkte (87/100).

2017, Wiltinger Alte Reben. Aus einem «ewigen» Rebberg der seit Jahrzehnten immer wieder nachgepflanzt worden ist und unterschiedlichste Riesling-Genetiken vereint. Tiefe Nase, zeigt deutlich Mineralik, reifer Weinbergpfirsich, Curry-Würze und getrocknete Kräuter. Schlanker Auftakt, präzise Frucht, wirkt verhalten, fast etwas zurückhaltend, verfügt jedoch über eine beeindruckende Vertikalität, gut strukturiert, frisch und saftig im angenehm langen Abgang. 17.5 vvPunkte (89/100).

Aus einer geplanten Stunde wurden fast drei Stunden (c) vvWine.ch

2016, Mehringen Alte Reben. Vom blauen Schiefer, im 1000 Liter Fuder aus deutscher Eiche ausgebaut. Spannende, tiefgründige Nase, feine Schiefernote, rauchig und mit Mirabellen, dezent Holz. Im Gaumen saftig und frisch, knackige Frucht, sehr schöner Säurenerv, sehr gut strukturiert und mit zartem Schmelz schwebt der Wein förmlich über die Zunge, sehr elegant und mit eindrücklichem Nachhall, endet auf Mirabelle. Ein sehr gelungener Riesling, kann reifen. 18 vvPunkte (90/100).

2016, Saarfeilser GG. Vom roten und grauen Schieferböden, mit runden Quarzit-Steinen). Tiefe Nase, sehr komplex, ungemein verspielt. Neben Apfel und weissem Pfirsich auch Gräser und Blütenhonig. Im Auftakt mit Schmelz und Körper, zeigt eine reife Frucht die von einer sehr guten Struktur getragen wird, da ist einiges an Fülle mit im Spiel, der Wein wirkt dabei aber nicht schwer, sondern ungemein elegant und leichtfüssig, die Säure ist wunderbar eingebunden, zieht den Wein weiter in einen langen Abgang. 18 vvPunkte (90/100).

2016, Bockstein GG. Eine der besten Lagen an der Mosel, die Temperatur-Unterschiede zwischen Tag und Nacht sind an dieser Steillage speziell hoch. Die Wärme der Sonne und die Kälte der Nacht sorgen für einen langen Vegetationszyklus, Bockstein ist quasi der Sportwagen unter den Rieslingen. In der Nase sehr expressiv, intensiv duftend, super-floral, dann auch viele Kräuter, Gewürze, Mirabelle, grüner Apfel, sehr komplex. Im Gaumen straff, gradlinig und mit definiertem Körper, der Wein ist ungemein elegant, leichtfüssig und frisch, verfügt über eine hervorragende Säurestruktur, eine reife aber nicht überreife Frucht, präzis, saftig, klar wie ein Bergbach und sowas von Energiegeladen. Sehr langer, feinwürziger Abgang. Ein Hit. 18.5 vvPunkte (92/100).

Die Wetter-Stimmungen und die teils sehr steilen Lagen an der Mosel sind beeindruckend (c) vvWine.ch

2016, Laurentiuslay GG. Das Wort «Lay» leitet sich vom altdeutschen Wort «Layet» ab, das für Schiefer steht. Es ist die heisseste Lage von Nik Weis. Intensive, feinwürzige Nase, deutlich grüner Apfel, Pfirsich sowie Anflüge von Brotkruste und Peffer, dazu leicht nussige Noten, sehr komplex. Im Gaumen mit ungemein fein gewobener Textur, der Wein umgarnt die Zunge, wirkt eher rund und kuschelig, ist dabei aber nicht schwerfällig oder plump, sondern zeigt im feinwürzigen und fruchtigen Abgang durchaus Eleganz. 18 vvPunkte (90/100).

2017 Layet GG. Der Blattenberg ist die beste Lage in Mehring. Der Volksmund nennt die Parzelle des St. Urbans-Hofs in dieser Lage «Layet». Die Reben wachsen hier auf blauem Schiefer. Die Nase wirkt steinig, kühl, dann rauchig, würzig, ganz zart darüber Fliedernoten, etwas Zitrusfrucht, ungemein verspielt. Opulenter Gaumenauftakt, reife Frucht, markante Fruchtsüsse, sehr körperreich und mit guter Struktur ausgestattet zeigt dieser Wein Schmelz und Fülle, bleibt dabei aber in schöner Balance mit der nervigen Säure. Ausgesprochen aromatisch, mit grünem Apfel, weissem Pfirisch, Mirabellen und einer feinen Würze im sehr langen Abgang.  18.5 vvPunkte (92/100).

Die fruchtsüssen Weine sind mit schwarzem Etikett ausgestattet (c) vvWine.ch

Die fruchtsüssen Rieslinge.

Nach den trockenen Rieslingen widmeten wir uns den fruchtsüssen Tropfen. Nik Weis erklärte uns, warum «fruchtsüss» nicht «klebrig-süss» sondern eben «fruchtig-süss» wahrgenommen wird. Vor der Gärung beträgt das Verhältnis zwischen Fructose und Glucose ca. 50:50. Die Hefen fressen dann während der Gärung zuerst die Glucose, was dazu führt, dass gegen Ende des Gärprozesses ein Überhang an Fructose bleibt, was im Gaumen diese angenehme Fruchtsüsse hinterlässt.

2017, Piesporter Goldtröpfchen Kabinett. Zartduftende Nase, reifer, mehliger Apfel, auch Brotrinde. Feiner Gaumen, rund aber nicht schwer, die Säure nervt, die Süsse stimuliert, endet kurz aber stimmig. 17 vvPunkte (87/100).

2007 Ockfener Bockstein Kabinett. Reife Nase, dezent oxidativ, markante Petrolnote, viel Mineralik. Cremiger Gaumen, zeigt einiges an Körper, eine reife Frucht, die Säure hält die Fruchtsüsse in Schach, zeigt im Abgang neben einer reifen Apfelfrucht auch eine feine Mokanote. 17.5 vvPunkte (88/100).

2004 Piesporter Goldtröpfchen Kabinett. Anfangs leicht muffige Nase, öffnet sich mehr und mehr, zeigt dann reifen Apfel und weissen Pfirsich, dazu Käserinde, Kräuter, eine fast pfeffrige Note, Haselnuss, spannend. Im Auftakt schlank und feinfruchtig, präzis, klar und rein, top eingebundene Säure, vibrierender Charakter, ungemein lebhaft und mit sehr schöner Länge. Ein Hit. 18 vvPunkte (90/100).

Lebhaft und feinfruchtig, das Goldtröpfchen Möselchen von Nik Weis (c) vvWine.ch

2011, Leiwener Laurentiuslay Spätlese. Betörende Nase, mineralisch, reif, wirkt schon deutlich entwickelt, reif, zeigt Noten von Wachholder, kandierten Orangen, dazu auch florale Noten, Seife, sehr komplex. Im Gaumen weich, füllig, mit moderater Säure ausgestattet, diese kitzelt die reife Frucht, verleiht eine gewisse Frische, im Abgang sehr lang und mit dezenter Würze. 18 vvPunkte (90/100).

2012 Zickelgarten Spätlese. Der Zickelgarten ist eine Sub-Parzelle der Lage Bockstein. Intensive Nase, sehr floral, komplex, zeigt Noten von Curry, Gingerpowder, dazu Haselnuss. Im Gaumen füllig, kräftig, mit Körper, Fülle und merklich Süsse, diese wird von der sehr schönen Säure perfekt in Schach gehalten, ein fantastisches Süss-Säurespiel, sehr balanciert. Im Abgang lebhaft und äusserst langanhaltend. Ein Hit. 18.5 vvPunkte (92/100).

2017 Saarfeilser Spätlese. Das Wort Feilser steht für Felsen. In der Nase intensiv duftend, reifer Pfirsich und Schwarztee, das erinnert mich an den Migros-Kult-Ice-Tea mit Pfirsich-Aroma, dazu kommt einem Hauch Zitrusfrucht. Am Gaumen füllig, reif, weich und süss, die Säure ist nicht sonderlich ausgeprägt, dennoch zeigt der Wein keine Schwere. Im Abgang endet er stimmig auf Schwarztee. 17.5 vvPunkte (89/100).

2017, Layet Spätlese. Leicht reduktive Nase, braucht Zeit, zeigt Noten von Rauch und kühlem Kamin, dazu mehliger Apfel, Kräuter. Im Gaumen kraftvoll, zeigt viel Druck, da ist eine konzentrierte, süsse Frucht, die sehr schön mit der Säure harmoniert, top balanciert, aromenreich und ungemein langanhaltend, hallt sicherlich 45 Sekunden nach. Hervorragend. 18.5 vvPunkte (92/100).

Poesievolle Namen wie Laurentiuslay und Zickelgarten machen Lust auf Entdecken (c) vvWine.ch

2001, Leiwener Laurentiuslay Auslese. Eine Nase zum Eintauchen, Tee, kandierte Früchte, Rauch, Trockenkräuter, Pfeffer, eingelegte Gurke, Ingwer und Anis, hochkomplex. Der Gaumen ist dicht, wirkt überhaupt nicht süss oder klebrig, nein das ist frisch und saftig, ungemein präzis und mit top Säurenerv, hervorragende Balance, das vibriert, pulsiert, zeigt eine ausserordentlich gute Struktur und eine wunderbare Länge. Ein sensationell ausgewogener Wein ohne jegliche Klebrigkeit, so muss Auslese sein, wow! 19 vvPunkte (94/100).

2003, Ockfener Bockstein, Auslese. Was für eine Nase, deutlich Salbei, frisch geschnittenes Holz, viele Kräuter, Orangen, reife Zitrone, ausgesprochen komplex. Der Gaumen ist füllig, ein Kind seines Jahrgangs, opulent und dicht, kraftvoll und mit gut eingebundener, wenn auch eher tiefen säure ausgestattet, weich in der Textur, super langanhaltend im Abgang. 18.5 vvPunkte (92/100).

2017, Piesporter Goldtröpfchen Auslese. Die Nase zeigt Tee, Kräuter, Croissant, Vanillezucker, man fühlt sich wie in einer Bäckerstube, sehr komplex. Im Gaumen süss im Auftakt, sehr reife Frucht, viele exotische Früchte tanzen hier mit reifen Birnen, dazu kommt etwas Blätterteig, der Birnenkuchen von Barbara (meine Ex-Nachbarin) lässt grüssen. Sehr langer Abgang, hinterlässt viel reife Fruchtigkeit. 18 vvPunkte (90/100).

2016 Ockfener Bockstein Spätlese. Reduktive Nase, sehr verschlossen, zeigt Tiefe, braucht Luft, viel, viel Luft… Der Gaumen beginnt dicht und konzentriert, die reife Frucht duelliert mit der gut dosierten Säure, der Wein ist lebhaft, zeigt Spannung, feinwürzig, super saftig in der Frucht, mit Aromen von Zitronen, Orangen und Holunderblüten im langen Abgang. 18.5 vvPunkte (92/100).

Überzeugende Kollektion mit einem sensationellen Höhepunkt: die Bockstein Trockenbeerenauslese (c) vvWine.ch

2017, Leiwener Laurentiuslay Auslese Goldkapsel. Die Goldkapsel signalisiert eine besonders feine Auslese (eine noch feinere Auslese wäre dann die lange Goldkapsel). Sehr feiner Duft, viele weisse Blüten, Schwarztee, Kräuter, Ingwer, kandierte Früchte, ein Duftkino, eine kleine Droge. Im Gaumen kraftvoll, zeigt sehr viel Druck, Körper und Schmelz, die Textur ist fein, eine deutliche Botrytisnote macht sich bemerkbar, der Wein ist reichhaltig aber nicht plump oder klebrig, im Gegenteil, das ist vibrierend, leicht und ungemein ausgewogen, Konzentration und Dichte treffen hier auf federleichte Eleganz. Hervorragend in der Balance, ausgezeichnet langanhaltend im Abgang. Ein kleines Riesling-Monument. 19 vvPunkte (94/100).

2015, Ockfener Bockstein Riesling Trockenbeerenauslese. Eine Nase zum Eintauchen, kandierte Früchte, Botrytis, kandierte Orangen, Trockenkräuter, Nüsse, Schwarztee, Salbei, dann auch florale Noten, ein unglaubliches Aromenspiel, hochkomplex. Im Gaumen dicht und konzentriert, gleichzeitig verspielt und federleicht, saftig und frisch, mit top Balance, die Kraft, die Dichte, die Frische und die Feinheit sind kaum zu übertreffen, der Wein ist hochelegant und mit einem fast nicht enden wollenden Abgang. Ein Spektakel, ein Monument, pure Finesse. 19.5 vvPunkte (97/100).

Die Aussicht vom Verkostungs-Raum von Nik Weis in die neblige Herbststimmung (c) vvWine.ch

Ich gebe zu, die TBA habe ich vom ersten bis zum letzten Probeschluck geschluckt und nicht gespuckt. Sowas hat man nicht alle Tage im Glas. «Ich will keine Orgelpfeifen-Kollektion», sagte Nik im Anschluss an diese eindrückliche Verkostung, «ich will keine Kollektion bei der alles gleich schmeckt, bei welcher einfach – wie bei der Orgel jede nächste Pfeife etwas dicker ist – jeder grössere Wein etwas intensiver schmeckt. Ich will, dass meine Weine ihre Lagen und Böden widerspiegeln». Und ich kann bestätigen, das tun sie. Und wie. Nik’s Verständnis für Terroir, Lagen, Geologie in Kombination mit seiner auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Bewirtschaftung führen zu faszinierenden Weinen. Weinen, die Böden wahrlich sprechen lassen. Mosel pur.

Die Weine sind in der Schweiz (teilweise) bei Von SalisValentin Wine und Savary Weine erhältlich.

1 Antwort

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] an den steilen Lagen der Mosel geerntet werden. Danach keltert der talentierte Nik Weis, über dessen Weine ich an dieser Stelle auch schon berichtet habe, einen Riesling, der seinem Terroir alle Ehre machen soll. Und wie bei jeder guten […]

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