Deutschland 2016/17 bei Gerstl: wahrlich grosse Gewächse!
Wie jedes Jahr im September, steigt die Vorfreude auf mein persönliches Wein-Highlight des Jahres: die Grossen Gewächse aus Deutschland kommen auf den Markt! Die meisten Rieslinge und Silvaner stammen dabei aus dem vorherigen Jahr. Die Chardonnay und Spätburgunder kommen in der Regel zwei Jahre nach der Ernte auf den Markt. Mittlerweile lassen aber auch einige Riesling-Produzenten ihren Weinen ein ganzes Jahr mehr Zeit, und so gibt es auch dieses Jahr Gewächse aus den beiden Jahren 2016 und 2017 zu verkosten. Während der Deutschland-Degustation von Gerstl habe ich versuche mir einen Überblick über die 2017er sowie die «Late Releases» aus dem Jahr 2016 zu verschaffen.
Da es mir unmöglich war alle Weine zu probieren, habe ich mir aus jeder Region ein bis zwei Produzenten herausgesucht und deren Kollektion verkostet. Bei den Notizen handelt sich – wie immer an solchen Verkostungen – um Momentaufnahmen. Gerade bei solch jungen Weinen, die oftmals noch etwas verschlossen sind, ist es schwierig, ihr ganzes Potential zu erahnen. An dieser Stelle möchte ich mich gleich beim Gerstl-Team bedanken. Ich konnte die Weine unter einwandfreien Bedingungen in einer ruhigen Ecke verkosten.
Deutschland 2017 – eine Herausforderung mit grossartigen Resultaten
Der Jahrgang 2017 reiht sich nahtlos in die Reihe der vergangen Jahrgänge ein. Warum? Weil eigentlich überhaupt nichts einem «normalen» Jahrgang entsprach, was für viele Winzer erneut eine grosse Herausforderung darstellte. Obwohl das Jahr in den meisten Regionen mit einem warmen Frühling und frühen Austrieb vielversprechend begann, sorgte ein verheerender Spätfrost im April für Ernteausfälle. Nach diesem Wetterstreich verlief die Vegetation grundsätzlich positiv. Warme, trockene Tage in Kombination mit kühlen Nächten sorgten für reife Trauben mit frischer Säurestruktur. In einigen Regionen hat man sich allerdings zu früh gefreut: ein paar Wochen vor der Ernte, die ohnehin sehr früh begann, wurden viele Weinberge durch starken Hagel massiv beschädigt. Die Quintessenz daraus waren kleine Mengen aber sehr gute Qualitäten. Es scheint sie also so gut wie nicht mehr zu geben, die «normalen» Jahrgänge. Unbestritten haben sich die Winzer in den vergangen Jahren sehr gut auf die Wetterkapriolen eingestellt und liefern ein konstant hohes Niveau. Lange Rede, kurzer Sinn: es gibt warme und kühle Jahre, einfache und schwierige, aber qualitativ definitiv keine schlechten mehr.
Big Buys – charaktervolle Orts- und Lagenweine für den kleinen Geldbeutel
Nebst den GGs habe ich natürlich auch einige Orts- und Lagenweine verkostet. Die Qualität dieser Weine ist auch 2017 sehr hoch und so hatte ich durch das Band hochwertige und spannende Weine im Glas, die sich auch für den kleinen Geldbeutel eignen. Zwar können auch diese Weine oftmals sehr gut reifen, doch bereiten sie auch jung schon viel Spass und lassen die Wartezeit auf die «Grand Crus» genussvoll überbrücken!
2017, A. Christmann Riesling Gimmeldinger, Pfalz: Relativ zurückhaltend im Duft, reife Zitrusfrüchte, florale Noten, nasser Stein, aber auch noch leicht hefig. Hat am Gaumen dann Rasse und viel Zug, wirkt dennoch ruhig, alles passt gut zueinander, die Säure ist sehr fein und die Struktur elegant, wieder Zitrus, gelber Apfel und etwas Steiniges, gute Länge. Kein lauter Wein, aber zweifellos delikat und in seiner Art irgendwie bescheiden. 2019 bis 2027, 17.5 vvPunkte (89/100)
2017, A. Christmann Riesling Paradiesgarten, Pfalz: Sehr animierend und verspielt, viel Zitrus, Grapefruit, weisser Pfirsich und blumige Noten, springt fast aus dem Glas und ist dennoch in sich ruhend. Auch am Gaumen sehr lebendig, crisp und saftig, hat eine knackige Säure und eine präzise Struktur, Salzzitrone, weisser Pfrisich dazu steinige Noten mit mineralischen Akzenten im Abgang, macht jetzt schon viel Spass! 2019 bis 2029, 18 vvPunkte (90/100)
2016, Daniel Vollenweider Riesling Schimbock, Mosel: Eigenwillig, tief, spannungsvoll in der Nase, reife Zitrone, Baby-Ananas, Melisse, aber auch etwas Herbes schwingt mit. Hat am Gaumen ordentlich Druck, schwebt trotzdem seidenweich über die Zunge, die 7g/L Restzucker werden von der saftigen Säure gut gepuffert, hat deutlich weniger Frucht als die Nase vermuten lässt, wirkt relativ steinig und herb, sehr komplex, strukturiert, salzig und lang. Ob er jemals an die genialen 2010er und 2015er anknüpfen kann? Braucht jedenfalls viel Zeit. 2021 bis 2032, 18+ vvPunkte (91+/100)
2017, Wittmann Riesling Westhofener, Rheinhessen: Bereits sehr zugänglich mit klassischer Riesling-Nase nach reifem Steinobst, Ananas und einer erfrischenden Blumigkeit. Hat auch am Gaumen alles was ein Riesling vom Kalkstein haben sollte: feiner Schmelz, eine rassige Säure, ganz zarte und perfekt abgestimmte Gerbstoffe, dazu Aromen von weissem Pfirsich, reifer Zitrone und Apfel, sehr gute Länge mit animierender Saftigkeit. Wirkt etwas üppiger und runder als die GGs, aber nicht minder verführerisch – auch dieses Jahr ein sicherer Wert! 2019 bis 2029, 18 vvPunkte (90/100)
2017, Gut Hermannsberg Riesling von den Steinterrassen, Nahe: Leicht vegetabiler und hefiger Duft, dazu kalter Rauch, reife Grapefruit und etwas Steiniges, hat Charakter. Im Mund durchaus mit Druck und Struktur, wirkt leicht phenolisch, hat trotz der Kraft keinerlei süssen Schmelz, das ist eher steinig und strukturiert, auch hier wieder kalter Rauch, florale Noten und zurückhaltende Frucht nach Limette und süsser Birne. Im Abgang mit guter Länge. 2019 bis 2027, 18 vvPunkte (90/100)
2017, Maximin Grünhaus Riesling alte Reben trocken, Mosel: Heller Duft mit einem Mix von grünem Apfel und Blüten, dazu etwas Aprikose und Minze. Fliesst weich und frisch über die Zunge, zeigt trotz ein paar Gramm Restzucker und etwas Schmelz keinerlei Schwere, mittellang im Abgang mit leicht süss-vegetabilen Note. Dürfte mit zunehmender Reifung sensorisch trockener werden und etwas mehr Mineralik offenbaren. Jetzt bis 2029, 17.5 vvPunkte (88/100)
2017, Peter Jakob Kühn Riesling Hallgartener Hendelberg, Rheingau: Spannendes und charaktervolles Bouquet: eingelegter Pfirsich, Limettenschalen, Ginger, jede Menge Kräuter und Vanille-Gewürz. Sehr saftig und wunderbar balanciert, wirkt durch die frische Säure sehr lebendig, hat dennoch einen leicht schmelzigen Extrakt, jedoch ohne Fett und Süsse, alles wirkt sehr harmonisch und elegant, auch im Mund mit saftigem Steinobst, dazu auch etwas Safran und Rosmarin. Langer, aromatischer Abgang. 2019 bis 2029, 18.5 vvPunkte (92/100)
Die Restsüssen 2017er Riesling mit hervorragender Frische und Balance
Bei den fruchtsüssen Rieslingen habe ich mich dieses Mal nur auf die Mosel konzentriert. Ich bin vom Potential dieser Region absolut überzeugt und zugleich der Meinung, dass praktisch nur dort Weine mit diesem einzigartigen Zusammenspiel aus Frische, Eleganz und Süsse entstehen können. Das bestätigen auch die 2017er, welche nochmals ein Tick frischer aus die letzten beiden Jahre daherkommen und mit einer hervorragenden Balance brillieren.
2017, Willi Schaefer Riesling Graacher Domprobst Kabinett, Mosel: Etwas Sponti in der Nase, dahinter animierende Frucht mit dezenter Exotik, reifer Birne, Grapefruit, floralem Touch und Apfelminze. Fliesst herrlich frisch und elegant über die Zunge, hat einen feinen Schmelz und eine kühle Ader, alles ist gut aufeinander abgestimmt und subtil. Im Abgang mit guter Länge und frischem Säurekick, wirkt leichter als in vergangen zwei Jahren. Ein Mosel-Klassiker in bestechender Form! Jetzt bis 2037, 18 vvPunkte (91/100)
2017, Willi Schaefer Riesling Graacher Himmelreich Spätlese, Mosel: Etwas konzentrierter als der Kabinett mit einem Hauch Honig und Mango, dahinter reife Zitrusfrucht und blumige Noten, lädt zum eintauchen ein. Im Mund sehr saftig und klar, etwas Blütenhonig und Passionsfrucht, die Süsse ist wunderbar integriert und wird von der knackigen Säure hervorragend gepuffert, wirkt zwar zu Beginn etwas burschikos, wird im langen Abgang dann immer klarer und mineralischer, eine herrliche Spätlese. Jetzt bis 2037, 18.5 vvPunkte (92/100)
2017, Willi Schaefer Riesling Graacher Domprobst Spätlese #5, Mosel: Etwas feiner und klarer im Duft als die Himmelreich Spätlese, unglaublich lebendig und frisch, mit reifer Frucht (Passionsfrucht, Melone, Orange) und frischen Kräutern (Minze, Zitronenmelisse). Auch am Gaumen mit unglaublicher Klarheit und Dichte, konzentriert und schmelzig, alles ohne jegliche Üppigkeit, dazu eine messerscharfe Säure, viel Mineralität und eine herrliche Balance aus exotischer Frucht und steiniger Klarheit, grossartig! 2020 bis 2042, 19 vvPunkte (94/100)
2017, Maximin Grünhaus Riesling Herrenberg Kabinett, Mosel, Deutschland: Leichter Sponti, öffnet sich zunehmend und zeigt dann alles, was ein Mosel Kabinett zu bieten hat: Kräuter, Grapefruit, weisser Pfirisch, ein Hauch Exotik, feine Schiefernote, wunderbar frisch und klar. Auch die Balance aus Schmelz, Frucht und animierender Schiefermineralität ist sehr gut gelungen, wirkt stets sehr lebendig und verspielt, dazu die klassische Kräuterigkeit der Grünhaus-Weine, das ist richtig gut! 2018 bis 2032, 18 vvPunkte (90/100)
2017, Maximin Grünhaus Riesling Herrenberg Spätlese, Mosel: Duftet noch kompakter und tiefer als der Kabinett, zeigt nebst frischer Kräuter- und Minznote noch etwas mehr Exotik (Passionsfrucht, Papaya und reife Ananas). Hat wunderbaren Schmelz, eine lebendige Säure, wirkt Federleicht und hat doch ungemein feinen Extrakt, auch hier wieder mit einem exotischem Touch und subtiler Schiefer-Mineralität. Endet lang und saftig, ist deutlich auf Frische gebaut. 2018 bis 2040, 18.5 vvPunkte (92/100)
2017, Egon Müller Riesling Scharzhof, Mosel: Filigraner, reiner Duft mit feiner Zitrusnote, leicht vegetabilen Anklängen und puristischer Klarheit. Tänzelt förmlich über die Zunge, wirkt dabei sehr agil, elegant und hat einen tollen Spannungsbogen, strotzt nur so vor Klarheit und mustergültigem Süss-Säure-Spiel, endet zart salzig. Ein super Einstieg in Egon Müllers Riesling-Welt. 2018 bis 2029, 18 vvPunkte (90/100)
2017, Egon Müller Riesling Scharzhofberger Spätlese: Riecht zurückhaltend und nobel, sehr komplex, da sind Kräuter und blumigen Akzente im Spiel, Kamille, Zitronenmelisse, reifer Pfirsich, Aprikosen, absolut klar und delikat. Auch am Gaumen ein Gedicht: rein wie ein Gebirgsbach, herrlich proportionierter Extrakt, fein eingebundene Süsse tanzt mit frischer Säure, hat viel Salzigkeit und Finesse, eine unglaublich filigrane und noble Spätlese mit grossem Potential! 2020 bis 2042, 19+ vvPunkte (94+/100)
2017, Egon Müller Riesling Scharzhofberger Auslese, Mosel: Einmal eingetaucht, möchte man nicht mehr raus: ein Korb voller reifer Früchte, Exotik trifft auf Steinfrucht, etwas Blütenhonig, aber auch hier mit einer kräuterigen Ader, dazu Minze, Salbei und ein floraler Nerv, enorm komplex. Ein Elixier voller Finesse mit einer unglaublichen Aroma-Palette, alles ist superb balanciert und von grosser Eleganz, trotz deutlicher Süsse und Konzentration ist das keine Sekunde klebrig, sondern mineralisch, kühl, saftig und enorm lang. Ein schwebendes Monument wie es nur an der Saar entstehen kann! 2022 bis 2057, 19 vvPunkte (96/100)
Die Grossen Gewächse – einmal mehr wahrlich gross!
Auch bei den GGs habe ich mich auf eine handvoll Produzenten aus den verschiedenen Anbauregionen fokussiert. Bewusst ausgelassen habe ich, trotz der vielen Lorbeeren bei der Jahrgangspräsentation in Wiesbaden, die Weine von Dönnhoff. Ich werde dieses Weingut, sowie auch Von Winning, Bürklin-Wolf und Reichsrat Von Buhl, in den kommenden Tagen besuchen und die Weine vor Ort verkosten können; Update folgt!
Besonders stark haben mir die Kollektionen von Wittmann und Christmann gefallen. Das i-Tüpfelchen setzt aber auch dieses Jahr Peter Jakob Kühn auf: die beiden Gewächse aus dem St. Nikolaus und dem Doosberg sind bereits jetzt kleine Unikate!
2017, Wittmann Riesling Aulerde GG, Rheinhessen: Um einiges zurückhaltender als der oben beschriebene Westhofener, zeigt zart florale Noten, auch die Frucht ist dezenter und „heller“, dafür sind steinige Noten im Vordergrund, obwohl das die wärmste GG-Lage von Wittmann ist, wirkt alles erstaunlich klar und präzise, ein komplexer Duft zum entdecken. Ist auch am Gaumen die Ruhe selbst, dabei ist die Säure messerscharf und sorgt für viel Frische, mittelkräftiger Körper mit eleganter Struktur, saftig, subtil, mit salziger Mineralität und einer feinen Zitrusfrucht, etwas Steinbost sowie einer kreidigen Note. Sehr lang im Abgang mit eleganter Bitternote. Best Aulerde ever? Ziemlich sicher! 2020 bis 2032, 18.5 vvPunkte (93/100)
2017, Wittmann Riesling Kirchspiel GG, Rheinhessen: Im Bouquet ähnlich wie die Aulerde, nur noch mit zusätzlichen Schichten ausgestattet: floral, delikate Frucht, würzig, etwas Feuerstein, alles wirkt auf den Punkt zusammengefügt und hat unglaublich viel Charme. Die Struktur ist mundfüllend und saftig, ist dabei mit viel Finesse ausgestattet, die Säure ist auch hier sehr frisch und zupackend, die Balance aus feiner Pfirsichfrucht, Mineralität und süsslichen Gewürzen ist wunderbar gelungen, endet straff, mit feinstem Gerbstoffgerüst und enorm lang. Knüpft zweifelsohne an die Form der letzten Jahre an, braucht Zeit. 2022 bis 2035, 19 vvPunkte (94/100)
2017, Wittmann Riesling Morstein GG, Rheinhessen: Was für ein Duft! Hell oder doch dunkel? Fruchtig, steinig kühl oder doch floral? Wie auch immer, das kann nur Morstein! Enorm vielschichtig, noch leicht hefig, trotzdem bereits sehr ruhig, frische Kräuter gesellen sich zu reifer Zitrusfrucht, Nektarine, Rauch und einer steinigen Note, sehr komplex! Auch am Gaumen passt alles zusammen: das ist tief, fest, straff, kühl, hat dennoch einen subtilen Schmelz und eine köstliche Extraktsüsse, die Säure wirkt zu beginn etwas milder als bei den anderen GGs, wird dann im Abgang aber richtig straff, die Frucht bleibt delikat im Hintergrund, es dominieren auch hier die klaren Komponenten. Im Abgang salzig und enorm lang, einmal mehr ein grossartiger Morstein! 2022 bis 2037, 19 vvPunkte (95/100)
2017, Gut Hermannsberg Riesling Rotenberg GG, Nahe: Duftig, leicht vegetabil, sehr würzig, etwas Safran, zurückhaltende Frucht, noch etwas unruhig, aber das wird sich legen. Straight und sehr gut proportioniert am Gaumen, die Säure ist reif und saftig, der Wein hat eine tolle Struktur mit leicht herben Anklägen und gut dosiertem Schmelz, wieder viele würzige Aromen, dezent gelbe Frucht und eine gewisse kühle Ader. Sehr gute Länge mit leicht phenolischem Touch. 2020 bis 2029, 18.5 vvPunkte (92/100)
2016, Gut Hermannsberg Riesling Bastei GG, Nahe: Ganz heller, leicht rauchiger und filigraner Duft, sehr präzise und kühl, Feuerstein, reife Zitrusfrucht, etwas Grapefruit, aber auch etwas Salbei, wirkt aber auch steinig, hat viel Tiefe, zum eintauchen. Im Gaumen zu Beginn ein absoluter Geradeauslauf, wird dann immer komplexer, die Säure ist wie gezeichnet, hier hat alles viel Schliff und Präzision, baut im langen Abgang dann Druck auf, aromatisch wieder kandierte Grapefruit und reife Limette, dazu Gewürze und ganz zarte Salzigkeit, prickelt nahezu auf der Zunge, spannender Wein. 2021 bis 2034, 18.5 vvPunkte (93/100)
2016, Peter Jakob Kühn Riesling Doosberg GG, Rheingau: Willkommen in Kühn’s einzigartiger Riesling-Welt: Curry, Safran, Vanille, etwas Ananas, Melone, Orangenschale und Kurkuma, enorm komplex und eigenständig. Im Gaumen eine Achterbahnfahrt zwischen straffer Säure, salziger Mineralität, verführerischem Schmelz, saftiger Frucht, Gewürzen und kräuterigen Aromen, verändert sich ständig und wirkt agil. Im Abgang sehr lang und komplex. Ein grosser Riesling mit individueller Handschrift und viel Potential! 2020 bis 2036, 19 vvPunkte (95/100)
2016, Peter Jakob Kühn Riesling St. Nikolaus GG, Rheingau: Im Vergleich zum Doosberg etwas heller und kräuteriger, dazu weisser Tee, Zitronenschale und Thymian. Beginnt mit frischem Säurenerv und leicht herber Würze, wird danach etwas schmelziger jedoch ohne vordergründigen Süsskomplex, ist verspielt und vibrierend, einerseits von opulenter Aromatik, anderseits filigran wie ein Seiltänzer und mit sehr langem Abgang. Insgesamt etwas zurückhaltender und herber als der Doosberg, aber qualitativ auf Augenhöhe. 2020 bis 2036, 19 vvPunkte (95/100)
2017, A. Christmann Riesling Meerspinne (im Mandelgarten) GG, Pfalz: Hat viel Tiefe, dabei stehen reife Frucht (Pfirsich, Aprikose, gelber Apfel) in Balance mit steinigen Noten und floralen Aspekten, wirkt ruhig und vielschichtig. Beginnt zurückhaltend, breitet sich danach am Gaumen aus, das hat Schmelz, zarte Gerbstoffe und Rasse, wirkt trotz viel Druck sehr präzise, feinste Pfirsichfrucht steht neben salziger Mineralität, bleibt lange haften, braucht Zeit und könnte sich zum absoluten «Sleeper» entwickeln. 2021 bis 2035, 18.5 vvPunkte (93/100)
2017, A. Christmann Riesling Idig GG, Pfalz: Im Duft «heller» als die Meerspinne, hat mehr blumige, kräuterige und steinige Akzente, dabei aber viel Tiefe und Komplexität, wirkt absolut unaufgeregt und ist gerade deswegen bereits im Duft gross! Auch am Gaumen ein schlafender Riese: hat Kraft, Schmelz und eine herrliche Struktur, dabei aber ohne Fett, sehr komplex, enorm salzig, perfekte Symbiose aus Fülle und steinigem Charakter, sehr lang mit glasklarer Säurestruktur. Einmal mehr herrlicher Idig mit grossem Potential, kann noch zulegen! 2022 bis 2037, 19+ vvPunkte (94+/100)
2017, Maximin Grünhaus Riesling Abtsberg GG, Mosel: Noch etwas hefig und vegetabil, dahinter Grünhaus-typisch mit Kräuter- und Schiefernoten, Grapefruit, weissen Johannisbeeren und Heu, verändert sich ständig im Glas. Am Gaumen mit sehr präziser Säurestruktur, viel Salzigkeit, bekömmlich und mit ausgewogenem Extrakt, auch hier wieder etwas hefig und leicht schmelziger Anmutung, dazu wieder Kräuter, Limette und eine kühle Ader. Im Abgang mit ordentlicher Länge und gut eingebundenem Zuckerschwänzchen, macht Spass. 2020 bis 2030, 18 vvPunkte (92/100)
Die Burgundersorten plus ein grossartiger Silvaner
Nebst Riesling spielen in Deutschland die Burgundersorten zunehmend eine wichtige Rolle. Natürlich werden diese Sorten schon seit vielen Jahrzehnten angepflanzt, doch die Qualitäten nehmen in den letzten Jahren stets zu. Besonders auf dem Vormarsch sind die Spätburgunder, die mittlerweile in der «Champions-League» angekommen sind. Auch Chardonnay und Weissburgunder erhalten zunehmend Format und Schliff. Zu guter Letzt landete noch ein Silvaner von Horst Sauer in meinem Glas – ein grosser Wein und zweifelsohne Benchmark-verdächtig!
2016, Maximin Grünhaus Spätburgunder, Mosel: In der Nase mit reichhaltiger Frucht nach Schwarzkirschen, Zwetschgen und Brombeeren, dazu etwas Rauch und Graphit. Hat ordentlich Druck und Schmelz, da ist einiges an süssem Extrakt vorhanden, dabei legen sich die griffigen Tannine wie ein Korsett um die Frucht und geben Struktur, die Säure ist Mosel-typisch knackig. Der Wein endet lang und mit spannender Schiefernote. Ein eher kräftiger und schmeichelnder Spätburgunder, der mit zunehmender Reife noch zulegen dürfte. 2019 bis 2027 17.5+ vvPunkte (89+/100)
2014, Friedrich Becker Spätburgunder Sankt Paul GG, Pfalz: Rote und schwarze Kirschen, etwas Zimt und Schokolade vom Holz, dazu etwas Rauch und leicht vegetabile Noten, schöne Balance aus Frische und Konzentration. Ist am Gaumen noch etwas subtiler als die Nase vermuten lässt, das Holz gibt etwas Würze und Struktur, die Frucht hält aber gut dagegen an, wirkt durchaus knackig, die Gerbstoffe sind aktuell noch etwas sperrig, sorgen aber für Ecken und Kanten. Langes, saftiges Finale mit guter Komplexität, braucht Zeit, wird sich aber wunderbar entwickeln. 2019 bis 2029, 18.5+ vvPunkte (93+/100)
2014, Friedrich Becker Spätburgunder Heydenreich, Pfalz: Bereits im Duft tiefer und fester als der Sankt Paul, wirkt nobler und feiner, viel Kirsche, etwas Heu, Zedern, Rauch, getrocknete Johannisbeeren, sehr komplex und sehr «Bourgogne». Ungemein fest und straff, hat dabei enorm viel Tiefe und eine hervorragende Struktur, auch hier mit leicht ruppingen Gerbstoffen, dazu mit stützendem Säuregerüst und saftiger Kirschfrucht im langen Finale. Hat sehr viel Potential und Tiefe, unbedingt liegen lassen! 2020 bis 2034, 19 vvPunkte (95/100)
2014, Friedrich Becker Spätburgunder Kammerberg GG, Pfalz: Wirkt im Bouquet etwas fülliger und fruchtiger, viele dunkle Kirschen und Brombeeren, dazu Nelken und leicht rauchige Nuancen. Ist am Gaumen mit viel Rasse aber auch einer gewissen Eleganz ausgestattet, kommt ein Tick fülliger aber auch «runder» daher als die anderen Becker Pinots, dazu mit präsenten Gerbstoffen, reifer Frucht und einer gewissen Erdigkeit, erinnert mich etwas an einen Pommard. Gute Länge mit viel Kraft und Struktur. Für mich auch dieses Jahr die «maskulinste» Becker-Abfüllung. 2019 bis 2029, 18.5 vvPunkte (93/100)
2016, Rudolf Fürst Spätburgunder Centgrafenberg GG, Franken: Noch etwas verschlossenes Bouquet, offenbart mit der Zeit rote Kirschen, reife Erdbeeren, etwas Gewürznelke, Bitterschokolade und leicht rauchiges, aber gut eingebundenes Holz, braucht aktuell viel Luft. Wirkt auch im Mund noch etwas unruhig, zeigt aber bereits klar wo die Reise hingeht: das ist saftig und elegant, die Gerbstoffe sind feinkörnig und wohl dosiert, die Säure sehr fein, dazu mit Schmelz und gut dosiertem Extrakt. Das Holz ist würzig und rauchig, dahinter rote Beeren, Heu und erdige Anklänge, gute Länge mit Frische und feinem Schmelz. Die Stilistik von Fürst wird immer klarer und saftiger, gefällt mir sehr gut! 2020 bis 2032, 18.5 vvPunkte (93/100)
2016, Rudolf Fürst Spätburgunder Bürgstadter Berg, Franken: Schöner Mix aus floralen Noten, roten und schwarzen Beeren und würzigem Holz. Auch am Gaumen etwas leichter und klarer als der Centgrafenberg, die knackige Säure und die feinen Gerbstoffe halten sich die Waage, der Wein zeigt Struktur, einen mittleren Körper und saftige Rotfruchtigkeit. Im Abgang mit guter Länge, zeigt Noten von reifen Johannisbeeren, Gräsern und einem Hauch Karamell. Schliesst die Lücke zwischen dem Ortswein und den GGs; grosser Pinot-Spass für die kommenden 8 bis 10 Jahre. 2019 bis 2028, 18 vvPunkte (91/100)
2016, Dr. Heger Spätburgunder Häusleboden GG, Baden: Dunkelfruchtige, leicht rauchige und würzige Nase mit viel Tiefe. Ein Mund voll Wein, füllig und dennoch mit subtiler Struktur, feiner Schmelz, perfekt dosierte Extraktsüsse, das ist wahrlich eine Symbiose und Kraft und Finesse. Auch hier mit schwarzer Kirschfrucht, Zwetschgen und eingemachten Erdbeeren, dazu etwas Teer, Rauch und Bitterschokolade. Hält lange an und macht trotz der Fülle jederzeit Lust auf den nächsten Schluck, braucht Zeit. 2021 bis 2031, 19 vvPunkte (94/100)
2016, Dr. Heger Chardonnay Winklerberg «Gras im Ofen» GG, Baden: Komplexer und reifer Chardonnay-Duft nach Melone, Zitronentarte und Reneclaude, das gut eingebundene Holz verleiht mit Noten von Haselnuss, Karamell und Mandeln zusätzliche Komplexität. Im Mund mit feiner Cremigkeit, frischer Säure und mittlerem Körper, wirkt erst etwas viskos, erhält jedoch mit Luft zunehmend Schliff und Klarheit, wirkt somit gut balanciert und hält lange an. Macht jetzt schon Freude, dürfte aber problemlos reifen. Der „Meursault“ vom Kaiserstuhl, sehr gut gemacht. 2019 bis 2026+, 18.5 vvPunkte (92/100)
2017, Horst Sauer Escherndorf am Lumpen Silvaner GG, Franken: Zu Beginn etwas diffus, doch die gelbe Frucht findet nach und nach zu den herben Kräuternoten, dazu gesellen sich vielschichtige Aromen von Kräutertee und getrocknete Orangenzesten, ein raffinierter und komplexer Duft. Sehr animierend am Gaumen mit saftiger Säure, saftiger Fülle und feiner Phenolik, alles wirkt ausgewogen, die weisse Frucht (Birne und Apfel) schwingt hier nur sanft mit und lässt Kräuter, Stein und Struktur den Vorrang, im Abgang enorm lang und salzig. Gehört auch dieses Jahr zur Silvaner-Elite, ein Charakterwein für Liebhaber! 2020 bis 2030, 19 vvPunkte (94/100)
Die Weine sind – sofern noch verfügbar – bei Gerstl Weinselektionen erhältlich. Wer von GGs noch etwas bekommen möchte, sollte jedoch schnell sein: die Mengen fallen dieses Jahr sehr bescheiden aus!
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