Alain Moueix: Wein ist Kunst.

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Die Weine von Château Fonroque gehören seit Jahren zu meinen persönlichen Favoriten, sind sie doch nie üppig und schwer, sondern stets unglaublich elegant und finessenreich.

Ich erinnere mich gut an meinen Besuch im Jahr 2011 auf Château Fonroque in Saint-Emilion. Alain Moueix, ein äusserst charismatischer Mensch mit einer grossen Aura, erzählte uns damals begeistert von seiner Bio-Philosophie, welche er seit dem Jahr 2001 auf Château Fonroque verfolgt. Er stellte uns damals sein Experiment mit einem Beton-Ei vor, welches den Fonroque-Weinen (noch) mehr Vertikalität verleihen soll.

Die Betoneier verleihen den Weinen von Château Mazeyres mehr Vertikalität (c) vvWine.ch

Die Weine von Alain Moueix. Heute, sieben Jahre später, ist die Aura von Alain Moueix grösser denn je. Die Bio-Philosophie hat sich inzwischen zu einem biodynamischen Ansatz weiterentwickelt und das Sammeln von zeitgenössischer Kunst nimmt einen grösser werdenden Stellenwert im Leben von Alain ein. Neben Château Fonroque, welches Alain Moueix im Sommer 2017 verkauft hat, dort aber weiterhin für die Leitung des Gutes zuständig ist, kümmert sich Alain nach wie vor um Château Mazeyres in Pomerol. Dort wohnt er zusammen mit seiner Frau. Und dort treffe ich Alain und seine rechte Hand Stephany Lesaint an diesem herrlich warmen Frühlingstag.

Seit über zehn Jahren produziert Alain Moueix auf diesem Familienweingut sehr gute Weine. Der erste Jahrgang, welcher mir persönlich positiv aufgefallen ist, war der 2005er. Und wie auf Château Fonroque wird auch auf Château Mazeyres nach biodynamischen Grundsätzen gearbeitet.

Alain führt mich in die Keller. Die ursprünglich auf Fonroque getesteten Beton-Eier kommen heute primär auf Mazeyres zum Einsatz. Der Grund: das zunehmend warme Klima setzt dem Merlot auf den Böden in Pomerol stärker zu als in Saint-Emilion. Die Betoneier verleihen den Mazeyres-Weinen die nötige Vertikalität, halten die die sonst naturgemäss stärker vorhandene Üppigkeit entsprechend in Schach.

Wo Wein und Kunst aufeinander treffen: Champagner-Aperitif mit Alain Moueix und Stephany Lesaint nach der Rotweinverkostung auf Château Mazeyres (c) vvWine.ch

Wein und Kunst. Auf Château Mazeyres atmet man neben Wein aber auch Kunst. Die Räume des etwas unter dem Radar der renommierten Pomerol-Etiketten fliegenden Gutes sind voll von modernen Gemälden und Installationen. Der Kontrast zwischen den altehrwürdigen Räumlichkeiten und den zeitgenössischen Kunstwerken erzeugt eine grosse Spannung.

Kunst ist wie Wein und vice versa. Entsprechend spannend ist die Entwicklung der Mazeyres-Weine. Jede Parzelle, jede Bodenstruktur, jedes Mikroklima trägt ihren Teil zum Ganzen bei. Genau wie bei einem Gemälde, wo tausende Pinselstriche sich zu einem Kunstwerk vereinen, formieren die unzähligen Elemente der Natur im Einklang mit der Vision und dem Schaffen des Weinmachers, zuletzt einen Wein. Und zwar nicht irgend einen Wein, sondern den Grand Vin von Château Mazeyres.

Château Mazeyres, 2014 bis 2017.

Ich durfte an diesem sommerlichen April-Tag zusammen mit Alain Moeuix und Stephany Lesaint eine kleine Vertikale der letzten Jahrgänge verkosten. Nachfolgend meine Eindrücke.

Château Mazeyres 2014 bis 2017 (c) vvWine.ch

2014, Château Mazeyres, Pomerol (verkostet aus der halben Flasche, die Assemblage enthält neben Merlot und Cabernet Franc auch 6% Petit Verdot): Helles Rubin, leicht aufgehellter Rand. Steinig-kühle Nase, rote Früchte, Rauch, Kräuter, gute bis sehr gute Komplexität. Weicher Auftakt, feine, rote Frucht, sehr frisch, dezent krautig, mittelkräftiger Körper, gut integrierte Säure, feines Tannin, am mittleren Gaumen leicht vegetabil, langer Abgang, endet auf rote Beeren. Bereits sehr gut zugänglich mit soliden Reserven ausgestattet. 17.5 vvPunkte (89/100). Jetzt bis 2030+

2015, Château Mazeyres, Pomerol (verkostet aus der halben Flasche, die Assemblage enthält neben Merlot und Cabernet Franc auch 4% Petit Verdot): Dichtes Rubin. Tiefe Nase, fleischig und mit roten und dunklen Beeren, darüber dezent florale Noten, Veilchen, Tee, wirkt aktuell noch etwas verhalten, zeigt Noblesse. Weicher Gaumen, beginnt vollmundig und rund, da ist eine feine, satte Frucht, sehr gut strukturiert, mit Aromen von Brombeeren und dunklen Kirschen, die Frucht ist getragen von lebhaften, fein gewobenen Gerbstoffen, der Wein ist voluminös aber nicht schwer. Im Abgang von wunderbarer Länge, endet würzig und auf eine dezente Feigennote. Kraftvoll und dennoch sehr finessenreich. 18.5 vvPunkte (92/100). 2020-2035.

Alain Moueix, Regisseur auf Château Fonroque und Château Mazeyres (c) vvWine.ch

2016, Château Mazeyres, Pomerol (verkostet aus der halben Flasche): Komplexe Nase, viele Brombeeren, Schlagsahne, Kräuter, würzige Noten, wunderbar tief und nobel anmutend. Im Auftakt die pure Präzision, sehr dicht, kraftvoll und dabei hochelegant, expressive, knackige Frucht, getragen von top reifem Tannin und einer sensationellen Säure, das hat viel Energie, ist ungemein lebhaft, spannungsvoll und saftig. Sehr langanhaltend im Abgang. Ein dichter, präziser und dennoch hocheleganter Mazeyres, hat seit meiner Primeur-Verkostung nochmals deutlich zulegen können. Bravo! 18.5 vvPunkte (93+/100)

2017 (Primeur), Château Mazeyres, Pomerol (Ertrag von lediglich 16.5 hl/Hektar, 57% der Knospen sind erfroren): Tiefe, dunkelfruchtige Nase, Rauch, Kräuter, sogar etwas Pfeffer, dezent florale Noten, sehr schöne Komplexität. Weicher Auftakt, sehr cremig, dann mehr und mehr straffer werdend, knackige Frucht, präzise Gerbstoffe, keinerlei Holzdominanz, der Alkohol ist sehr gut eingebunden, rote und dunkle Beeren, sehr feines Tannin, zeigt Frische, Saftigkeit und Charakter. Angenehm langer, feinwürziger Abgang. Insgesamt schlanker als der 2016er, ebenfalls mit viel Eleganz. Ein sehr gelungener Pomerol, dürfte rasch zugänglich sein und dennoch gut reifen. 2020-2034+, 18+ vvPunkte (90+/100)

Château Fonroque 2014 bis 2017 (c) vvWine.ch

Château Fonroque, 2014 bis 2017.

Nach dieser eindrücklichen Mini-Vertikalen von Château Mazeyres verkostete ich ebenfalls zusammen mit Alain und Stephany die letzten vier Jahrgänge von Château Fonroque.

2014, Château Fonroque, Saint-Emilion Grand Cru Classé. Offene, sehr expressive und florale Nase, was für ein Duft, rote Beeren, ein Hauch Leder, Trockenkräuter, verspielt und angenehm zu riechen. Weicher Auftakt, mittlerer Körper, feinkörniges Tannin, feine, rote Frucht, sehr strukturbetont, vertikal, elegant, wirkt fast schon klösterlich gradlinig und reduziert, zeigt Charakter und eine burgundische Frische, die 13.5% Alkohol sind perfekt verpackt, im Abgang sehr lang und feinwürzig, endet steinig kühl auf Blutorangenzesten. Jetzt bis 2028 geniessen. 18 vvPunkte (90/100)

2015, Château Fonroque, Saint-Emilion Grand Cru Classé. Tiefe, rauchige Nase, noch sehr verhalten, viel Weihnachtsgewrüze, rote und dunkle Beeren geben sich die Hand, darüber Krätuerwürze die an Zitronenthymian erinnert, sehr komplex. Vollmundiger Auftakt, ein Mund voll Wein, auch hier ein Mix aus dunklen und roten Beeren, knackig, frisch, saftig und sehr gut strukturiert, grosse Konzentration, dabei aber ohne jegliche Schwere, präzis, definiert, vertikalisiert und wunderbar ausgewogen. Im Abgang von ausgezeichneter Länge, endet rotfruchtig und mit viel Würze. Ein Wein der Zeit braucht – mindestens sechs Jahre auf die Seite legen und ab 2024 bis 2038 geniessen. Ein grossartiger Fonroque, 19 vvPunkte (94+/100)

Wein ist Kunst: Château Mazeyres 2017 (c) vvWine.ch

2016, Château Fonroque, Saint-Emilion Grand Cru Classé. Tiefe, noble Nase, sehr schöne Frucht, Brombeeren, Cassis, rauchige Noten, darüber Gewürze, mit mehr Luft zudem viele florale Noten, sehr spannungsvoll, komplex und verspielt. Straffer, gradliniger Gaumen, dann rasch vollmundig werdend, konzentrierte Frucht, kompakt, saftig und ungemein knackig, getragen von markanten, top reifen Tanninen, eine mineralische Note schwingt mit, dieses Fruchtbündel ist hervorragend strukturiert und enorm langanhaltend im Abgang. Ein nobler Wein, der souverän im Glas steht und den 2015er dereinst wohl noch überragen dürfte. Ein Must Buy. 2024-2040+, 19+ vvPunkte (94+/100)

2017 (Primeur), Château Fonroque, Saint-Emilion Grand Cru Classé (80% Merlot, 20% Cabernet Franc): Sehr schöne Nase, floral und verspielt, viele Veilchen, Rosen, dazu Trockenkräuter, Brombeeren, rote Früchte, ein Schnüffelwein mit sehr schöner Komplexität. Im Auftakt weich und mit herrlicher Cremigkeit, viele eingemachte Erdbeeren, Brombeeren, auch etwas Rhabarber, kompakt aber nicht schwer, getragen von feinsten Gerbstoffen, das ist unglaublich dicht und dennoch frisch. Im Abgang langanhaltend und äusserst elegant, ein Hit! Sehr gelungen und einmal mehr ein absoluter Must-Buy. 2023-2036, 18.5 vvPunkte (92/100)

Wo Wein auf Kunst trifft: Château Mazeyres, Pomerol – Wohn-, Denk- und Arbeitsort von Alain Moueix (c) vvWine.ch

Fazit, Dank und eine Erkenntnis.

Die Weine von Château Fonroque und Château Mazeyres haben über die letzten Jahre nochmals massiv an Finesse zugelegt. Mittlerweile zählen sie für mich zu den attraktivsten Gewächsen von Saint-Emilion resp. Pomerol, denn sie sind nach wie vor zu einem mehr als anständigen Preis erhältlich. Und die Weine reifen gut, das bewies ein 1990er Château Fonroque beim anschliessenden Mittagessen auf Château Mazeyres. Der Wein war schlicht ein Gedicht oder besser gesagt ein finessenreiches Gemälde. Wer von diesem 1990er Fonroque noch etwas im Keller hat, darf sich wahrlich Glückspilz nennen.

Nobel gereift: Château Fonroque 1990 (c) vvWine.ch

An dieser Stelle möchte ich ein grosses Dankeschön an Stephany Lesaint und Alain Moueix aussprechen. Herzlichen Dank für den freundlichen Empfang, die inspirierenden Gespräche und eine wichtige Erkenntnis: Wein ist Kunst.

Die Weine von Château Fonroque sind sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz bei diversen Händlern erhältlich. Ebenso die Weine von Château Mazeyres, die man in Deutschland und in der Schweiz bei diversen Händlern findet.

6 Kommentare
  1. Frank Ebbinghaus
    Frank Ebbinghaus says:

    Den 1990er Fonroque hatte ich gestern im Glas. Ganz schön, aber auch mit sehr hartem und etwas zu bitterem Abgang. Nichts zum Solo-Trinken. Aber vielleicht ganz gut mit einem Steak.

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Lieber Frank Ebbinghaus, danke für die Rückmeldung zum 1990er Fonroque. Mein Exemplar habe ich nicht hart in Erinnerung, aber ja, zu einem Steak ist der Wein sicherlich ideal! Weinfreundliche Grüsse Adrian

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  2. Frank
    Frank says:

    Lieber Adrian, gestern hatte ich meine zweite Flasche 1990 Fonroque geöffnet. Und welch ein Unterschied zur ersten (s.o.)! Da kann ich Deinen Eindruck gerne bestätigen. Ein Gedicht!

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Hallo Frank, das freut mich, dass die 2. Flasche besser war als die erste… Ab einem gewissen Alter gibt’s keine guten Jahrgänge mehr, nur noch gute Flaschen. Herzlich, Adrian

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  3. Ulrich Ulrich
    Ulrich Ulrich says:

    Lieber Adrian, betreffend dem Château Fonroque 1990 darf ich mitteilen, auch aus Unwissenheit, ob Du selbst noch davon im Keller hast, ich zwei Flaschen davon kaufen konnte. Nichts wäre mir lieber als einmal eine Flasche mit Dir zu teilen, sei es bei mir oder bei dir. Ob es jetzt eilt wegen der Haltbarkeit solltest Du entscheiden, denn ich habe aus Ehrfurcht noch keine geöffnet.
    Let me now.. Thanks

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Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Fonroque, wohlvertanden eines meiner Lieblingsweingüter im Saint-Emilion, über das ich schon mehrmals berichtet habe. Die Chance, den 2019er von Fonroque verkosten zu können, wollte ich mir trotz Corona nicht […]

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