Weingut Schwarz: Schaumschläger oder aufsteigender Star?

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Vor einigen Wochen bin ich via Facebook über ein Youtube Video gestolpert. Priska und Andreas Schwarz, zwei junge Winzer aus Freienstein im Kanton Zürich, berichteten darin frisch von der Leber und in herrlich schlechtem wenn auch nicht minder sympathischem Schweizer-Hochdeutsch über die schönen und auch strengeren Seiten eines jungen Winzerpaars. Die Videos sind derart lebhaft und authentisch gemacht, dass ich das Paar und ihre Weine unbedingt kennen lernen wollte.

Das erste Vlog-Video einer ganzen Vlog Serie

Am wohl letzten sonnigen Herbsttag des Jahres 2017 besuchte ich das Weingut Schwarz. Andy Schwarz wuchs auf dem Bauernhof seiner Eltern auf, Priska im nahe gelegenen Embrach. Gefunkt hat es zwischen den beiden nicht bei einer Weinverkostung sondern an einer Schaumparty (was immer das auch ist). Sind sie also Schaumschläger oder ernst zu nehmende Weinproduzenten? Ein Blick auf den Betrieb und ein paar Weinmuster im Glas sollten mir helfen, diese Frage zu klären.

Letzer schöner Spätherbsttag im Jahr 2017 (c) vvWine.ch

Der bäuerliche Betrieb von Andys Eltern lebte früher von Kühen und Ackerbau, der Anbau von Reben spielte lediglich eine Nebenrolle und das Traubengut wurde an Volg verkauft. Doch Andy packte die Faszination am Wein. Er machte eine Ausbildung zum Winzer, konnte während seiner Lehre vom Know-how von Urs Pircher in Eglisau sowie Dani Huber im Tessin profitieren und sein Wissen während Aufenthalten in Australien und Bordeaux vertiefen. Im Jahr 2004 übernahm Andy den Betrieb seiner Eltern, um diesen als Selbstkelterer in eine neue Ära zu führen.
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Heute bewirtschaftet das Weingut Schwarz rund 6.5 Hektar Rebfläche. Angebaut werden neben den traditionellen Sorten Riesling Sylvaner und Pinot Noir auch die weissen Weltsorten Chardonnay und Sauvignon Blanc sowie rote Spezialitäten wie Merlot, Dornfelder, Syrah und Malbec. Einen interessanten Ansatz verfolgt Andy Schwarz beim Rebschnitt. Inspiriert von einer sich wie Efeu um einen Baum rankenden Wildrebe setzt er auf den Heckenschnitt. Bei diesem äusserlich sehr chaotisch wirkenden Schnitt stelle sich die Rebe gemäss Andy mittelfristig selber besser auf die natürlichen Gegebenheiten ein. Der Rebstock produziert mehr Trauben aber weniger Beeren. Dadurch hängen die Beeren lockerer, es entstehen keine Geiztriebe und in der Konsequenz gibt es dadurch auch weniger Pilzdruck. Aus diesem Grund wird wenn immer möglich auf systemische Spritzung verzichtet.

Inspiration für den „chaotischen“ Rebschnitt: eine Wilde Rebe rankt sich an einem Baum hoch (c) vvWine.ch

Ob sich dieser doch etwas alternativ wirkende Ansatz auch im Glas zeigt? Ich war gespannt auf die Verkostung… Andy Schwarz präsentierte mir drei seiner Weissweine. Die Verkostung fand in einem idyllisch, in Mitten von Reben gelegenen „Räbhüsli“ statt. Es gibt wohl keinen schöneren Ort für eine Weinprobe. N.B. das „Räbhüsli“ wurde von der Familie Schwarz restauriert und kann für kleine Gruppen z.B. für einen Fondue-Plausch gemietet werden.

2016, Weisse Dame, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Eine Assemblage aus Sauvignon Blanc und Chardonnay, aus den Lagen Geistig und Churli, süd-südwestliche Ausrichtung, mit wilden Hefen vergoren).

Helles Weiss, blasser Rand. Sehr expressive Nase, Apfel, Litchi, exotische Früchte, Gräser, gute Komplexität. Weicher, runder Auftakt, fast etwas mollig wirkend, dann immer mehr frische, saftige Frucht zeigend, Apfel, reife Zitrone, gut integrierte, moderat ausgeprägte Säure, im Abgang mit schönem Schmelz. Ein einfach zu trinkender Wein, jung und kühl geniessen, 17 vvPunkte, (86/100)

2016, Schwarz Zürich, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Ein Orange Wein quasi, statt Müller aus dem Thurgau oder eben Riesling Sylvaner heisst der Wein Schwarz aus Zürich. Spontane Vergärung bei 16° mit Stielen und Häute, manuelles Untertauchen der Maische, sanfte Pressung, Umzug in ein neues 300 Liter Barrique, 5 Monate Ausbau im Barrique):

Helles Gelb, keine Trubstoffe. In der Nase Aprikosen, Mandelblüten, etwas Rauch, gelber Apfel, Stroh, sehr gute Komplexität. Im Auftakt gradlinig, saftig, auch hier mit Noten von gedörrten Aprikosen, dazu nussige Aromen, leicht krautig, sehr knackige Säure (kein BSA) und top integriertes Holz, ungemein saftig und charaktervoll. Nicht für jedermann aber für Freaks einen Versuch wert. 17.5 vvPunkte, (89/100)

2016, Riesling Sylvaner Auslese, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Riesling x Sylvaner aus der Lage Höpler, mit süd-südwest Ausrichtung und viel Abendsonne.)

Blasses Gelb, schöner Glanz. Etwas gewöhnungsbedürftige Nase, Apfel, Pfirsich, auch etwas moderig, Gäraromen, mit mehr Luft etwas Würze zeigend, gute Komplexität. Vollmundiger Auftakt, einiges an Schmelz, die Süsse ist nicht zu dominant, eine gut eingebundene Säure hält dagegen, sehr reife Frucht, wieder Noten von Apfel und Pfirsich, im Abgang von solider Länge. 16.5 vvPunkte, (84/100)

Drei Weissweine in Mitten der Reben (c) vvWine.ch

2015, Pinot Noir „Steitröpfli“, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich, Weingut Schwarz, Steitröpfli, Freienstein, Zürich (Pinot Noir von 20jährigen Stöcken mit alten, kompakten sowie modernen, lockerbeerigen Pinot Noir Klonen. Sandig-lehmige Böden mit hohem Schlufanteil. Handlese, strenge Selektion im Rebberg, Ertrag ca. 800g/m2, kein Umpumpen, ca. 15%, Saftabzug (Saignee), Maischestandzeit, Vergärung bei 27 bis 34° mit manuellem Untertauchen der Maische. Sanftes Pressen, Biologischer Säureabbau und Ausbau 4 Monate Ausbau in einem mehrfach gebrauchten Barrique).

Kräftiges Rubin, heller Rand. Offene Nase, Kirschen, reife Himbeeren, dezent Rauch, wirkt verspielt, gute bis sehr gute Komplexität. Straffer, gradliniger Gaumen, rotfruchtige Aromatik, rote Kirschen, Organenzesten, mittlerer Körper, solide Struktur, die Gerbstoffe sind markant, die 14% Alkohol sind wahrnehmbar. Angenehm langer, würziger Abgang. Ein Pinot der nicht zu warm genossen werden sollte. 17 vvPunkte, (86/100)

2015, Pinot Noir „Elevé en futs de chêne“, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Pinot Noir aus 40jährigen Stöcken mit alten kompakten Pinot Noir Klonen. Sandige Lehmböden mit hohem Schlufanteil. Handlese anfangs Oktober, Ertrag von ca. 700 bis 750 g/m2, kein Umpumpen, ca. 25% Saftabzug (Saignee), Maischestandzeit, Vergärung bei 27 bis 34° mit manuellem Untertauchen der Maische. Sanftes Pressen, Biologischer Säureabbau und Ausbau während 12 Monaten in 1-2 Mal gebrauchten Barriques.)

Kräftiges Rubin, aufgehellter Rand. Offene, rotfruchtige Nase, viele Kräuter, Kirschen, Walderdbeeren und Himbeeren, mit Luft mehr und mehr würzig werdend, sehr gute Komplexität. Vollmundiger Gaumen, dabei aber nicht schwer, sehr schöne, reife Frucht, die fein gewobenen Gerbstoffe verleihen Struktur, der Alkohl ist wahrnehmbar aber gut eingebunden, wieder rote Kirschen, auch Brombeeren und reife Himbeeren, sehr füllig, mit Schmelz und einem hauch Schokolade sowie Lakritze im Abgang. Hat Reserven, 17.5 vvPunkte, (89/100)

2014, Pinot Noir „Barrique“, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Pinot Noir aus 40-jährigen Stöcken mit alten, kompakten sowie modernen, lockerbeerigen Pinot Noir Klonen. Sandige Lehmböden mit hohem Schlufanteil. Handlese anfangs Oktober, Ertrag von ca. 650 bis 700 g/m2, kein Umpumpen, ca. 25% Saftabzug (Saignee), Maischestandzeit, Vergärung bei 27 bis 34° mit manuellem Untertauchen der Maische. Sanftes Pressen, Biologischer Säureabbau und Ausbau während 16 Monaten in zu ca. 1/3 neuen Barriques.).

Kräftiges Rubin, heller Rand. Offene, expressive, von Röstnoten geprägte Nase, dazu Kräuter, reife Kirschen, Himbeeren, Orangenzesten und Gäraromen, sehr gute Komplexität. Kraftvoller Gaumen, wirkt gradlinig, das Neuholz hier weniger zu sprüren, dafür macht sich eine Rosinen-Aromatik bemerkbar, eine gute Säure hält die kräftige, süsse Frucht in Schach, feine Gerbstoffe, gute Struktur, der Wein wirkt dicht aber nicht üppig. Angenehm langer Abgang, endet erstaunlich frisch und hat gute Reserven. 17.5 vvPunkte, (89/100)

Die verkostete Rotweinpalette: drei Mal Pinot Noir, ein Malbec und ein Merlot (c) vvWine.ch

2015, Bastard, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Malbec aus der Lage Geistieg. Handlese anfangs Oktober, rund 700 g/m2 Ertrag, kein Umpumpen, ca. 25% Saftabzug (Saignee), 10 Tage Maischestandzeit, Vergärung bei 27 bis 34° mit manuellem Untertauchen der Maische. Sanftes Pressen, Biologischer Säureabbau im 300 Liter Barrique, danach Ausbau während 16 Monaten in Barriques.)

Dichtes, leuchtendes Rubin, schöner Glanz. Sehr intensive, dunkelfruchtige Nase, viele Heidelbeeren, schwarze Kirschen, Waldbeeren, darüber florale Noten, sehr gute Komplexität. Dichter Gaumen, einiges an Schmelz, süssliche wirkende Frucht, warm anmutend, fast etwas hitzig, dahinter krautige Noten, sehr feine Gerbstoffe, gut integrierte Säure, das hat schon fast einen einlullenden Charakter. Im Abgang von guter Länge. Ein hitziger Junge für Fruchttrinker, etwas wenig Finesse, dafür mit Reserven. Bis 2024 zu Grilladen geniessen. 17.5 vvPunkte, (88/100)

2015, Raben Schwarz, Weingut Schwarz, Freienstein, Zürich (Merlot aus der Lage Geistieg. Handlese anfangs Oktober, rund 700 g/m2 Ertrag, kein Umpumpen, ca. 15% Saftabzug (Saignee), Maischestandzeit, Vergärung bei 27 bis 34° mit manuellem Untertauchen der Maische. Sanftes Pressen, Biologischer Säureabbau und Ausbau während 14 Monaten in Barriques.)

Leuchtendes Rubin, aufgehellter Rand. Sehr intensive, fruchtbetonte Nase, viele Himbeeren, auch Waldbeeren, schwarze Kirschen, dazu eine sortentypische, würzig-krautige Note und Lakritze, sehr gute Komplexität. Gradliniger Auftakt, rasch weich werdend, sehr feine Gerbstoffe, süssliche, für meinen Gaumen fast etwas gar süsse Frucht, das Holz sehr gut integriert. Im Abgang erstaunlich knackig und mit solider Länge. Ein gefälliger Charmeur ohne Anspruch auf Grösse. Jetzt bis 2022 geniessen. 17 vvPunkte, (86/100)

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Fazit: Priska und Andy Schwarz vom Weingut Schwarz in Freienstein gehen auf jeden Fall einen eigenen Weg. Mit den nach wie vor unterhaltsamen Videos ist das junge Paar mittlerweile beim Youtube Vlog #38 angelangt. Auch die Schwarz Weinpalette muss sich nicht hinter anderen Schweizer Weinen verstecken. Generell sind die Weine stilistisch auf der eher kräftigen Seite, durchaus passend zu Andy, der vom körperlichen Typ her mehr auf der robusten als eleganten Seite anzusiedeln ist. Mir persönlich haben der „Freak-Wein“ (ein sehr gelungener 2016er Riesling Sylvaner Orange Wein) sowie der 2015er Pinot Noir „Elevé en futs de chêne“ am besten gefallen. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön an Andy und Priska für ihre Zeit. Ich freue mich bereits auf das nächste Drohnen-Video…

4 Kommentare
  1. Schwarz wanda
    Schwarz wanda says:

    Kinder…… ist alles rech und gut. Aber Andy hatte auch eine Mutter, ohne die es dieses Weingut in dieser Form nicht geben würde.
    Er hat den elterlichen Hof übernommen – ohne meine Unterschrift von damals wäre er heute nicht so weit…..
    nur soviel zum Thema Eltern !!

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Liebe Frau Schwarz, danke für den Hinweis. Andy sprach beim Interview von seinem Vater, daher der ursprüngliche Text. Ich habe die relevanten Passagen nun aber entsprechend angepasst. Freundliche Grüsse, Adrian van Velsen

      Antworten

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