Dinner mit Philipp Wittmann: ein unvergesslicher Riesling-Abend!

Das Weingut Wittmann gehört seit einigen Jahren zu den absoluten Top-Produzenten für Rheinhessischen Riesling. In der Schweiz werden die Weine von Gerstl Weinselektionen vertrieben, welche anfangs November unter dem Motto „Wittmann Persönlich“ eine Jahrgangspräsentation der 2015er Weine im kleinen Rahmen durchgeführt hat. Gastgeber war die Weinloft von Beat Caduff in Zürich, welche ohnehin eine der ersten Adressen für Top-Rieslinge in der ganzen Schweiz ist.

Nach der spannenden Probe gab es ein genussvolles Abendessen, zu dem einige Raritäten aus Wittmanns Schatzkammer gereicht wurden. Philipp Wittmann, Kellermeister des Gutes, sass dazu bei der Gruppe am Tisch und erzählte zu jedem Wein viele spannende Details. Dies war nicht nur sehr authentisch, sondern auch enorm sympathisch – genau so wie seine grossartigen Weine! Zuerst wurden alle Weine aus dem aktuellen Jahrgang 2015 verkostet. Über viele Rieslinge aus 2015 haben wir bereits im September ausführlich berichtet.

Helles Zitronengelb. Sehr feiner und frischer Duft nach Zitrone, grünem Apfel und Grapefruit. Leichtfüssig am Gaumen mit frischer Säure, knackiger Struktur und angenehmer Länger. Ein sehr gelungener und lebendiger Gutsriesling! Jetzt bis 2021, 17vvPunkte (87/100)

Dieser Wein stammt aus der Lage Orbel, welche sich ein gutes Stück nördlich von Westhofen befindet und einen hohen Schieferanteil besitzt. Schade, dass insgesamt nur drei Jahrgänge von diesem filigranen Wein produziert wurden.

Helles Zitronengelb. Verhaltenes und elegantes Bouquet nach Zitronenschale, Apfel, weisser Pfirsich und Zitronenmelisse. Am Gaumen mit schöner Balance aus feiner Frucht und einer gewissen Kargheit, sehr saftig und mineralisch im langen Abgang. Jetzt bis 2025+, 18vvPunkte (90/100)

Wirkt etwas üppiger, zugleich aber auch offener als der Niersteiner. Viel reife Frucht, weisser Pfirsich und reifer Apfel, elegante und schmelzige Struktur, wirkt zurückhaltend und doch bereits sehr zugänglich. Langer Abgang mit lebendiger Säure und feiner Fruchtsüsse, macht Spass! Jetzt bis 2025, 18vvPunkte (90/100)

Mittleres Zitronengelb. Frische Nase nach Limette, Grapefruit, Pfirsich und Kandis. Enorm straff  und absolut straight am Gaumen, trotzdem sehr animierend und fordernd, reife Säure, gute Balance aus Kraft und Frische. Langer Abgang mit würziger Note und feiner Mineralität.

Von allen Grossen Gewächsen wirkt die Aulerde auch dieses Jahr am zugänglichsten und macht bereits sehr viel Trinkgenuss! 2018 bis 2028+, 18vvPunkte (91/100)

Mittleres Zitronengelb. Ruhiges Bouquet, wirkt kühl und zurückhaltend, dezente Frucht nach Limette, Pfirsich, Ananas, Minze und blumigen Noten. Sehr elegant und vielschichtig am Gaumen, puristisch und klar, viel Mineralität und Klasse, langer Abgang mit schönem Spannungsbogen – grossartiger Wein! 2020 bis 2030+, 18,5vvPunkte (93/100)

In der Nase erstaunlich offen, viel weisser Pfirsich, Grapefruit, Babyananas, Wiesenkräuter, Holunderblüten, Rauch, sehr nobel und komplex! Wirkt auch am Gaumen tiefgründig mit viel Spannung und Kraft, zeigt trotzdem viel Finesse und eine kühle, würzige Frucht. Enorm lang, saftig und mineralisch.

Für mich ist der Morstein auch dieses Jahr ein absolutes Highlight! Unbedingt einige Jahre in den Keller legen, kann sogar noch einen Punkt zulegen. 2020 bis 2033+, 19vvPunkte (94/100) 

Nach den trockenen Weinen gab es noch drei Morstein Auslesen aus dem aktuellen Jahrgang. Diese präsentierten sich ebenfalls zugänglich und finessenreich.

Die Morstein Auslese 2015 wird ohne Botrytis Trauben hergestellt und überzeugt durch viel Trinkfluss, Frische und schönem Süss-Säurespiel. Ein Wein der jetzt bereits viel Spass macht und zu vielen Speisekombinationen ein perfekter Begleiter ist. Die Morstein Auslese Goldkapsel 2015 wirkt hingegen etwas konzentrierter und tiefer, zeigt aber dennoch viel Frische und eine gewisse Leichtigkeit. Dieses Elixier dürfte vor allem auch hervorrangend reifen und wird zu keinem Zeitpunkt fett und schwerfällig schmecken.

Die 2015er Morstein Trockenbeerenauslese ist ein kleines Monument, welches unbedingt für viele Jahre im Keller vergessen werden sollte. Auch hier treffen Konzentration und Leichtigkeit in bester Harmonie aufeinander, viel reife Aprikose, Karamell, Honig, ein Hauch Exotik, würzige Dörrobstaromatik, langer und mineralischer Abgang – hervorragend!

Im Anschluss gab es eine spannende Vertikale durch diverse Jahrgänge der Grossen Gewächse Aulerde, Morstein sowie dem Riesling alte Reben „La Borne“. Besonders gut haben mir generell die 2014er aller GG’s gefallen. Der Jahrgang verspricht viel Finesse, Leichtigkeit und vor allem Lagerpotential. Bis auf die Aulerde befinden sich zwar alle Weine noch im Dornröschenschlaf, aber ich bin mir sicher: sie werden in ein paar Jahren sehr viel Spass machen!

Ein besonderes Highlight ist für mich die 2002er Aulerde, welche noch sehr jugendlich wirkt und perfekt gereift ist. Klassische Riesling-Nase mit gelber Frucht und floralen Noten, dahinter ganz dezente Ankläge von Petrol und Blütenhonig. Am Gaumen mit viel Schmelz und Leichtigkeit, langes, verspieltes Finale – ein wunderbarer Wein aus einem grossen Jahr!

Auch die beiden Morsteine aus 2008 und 2011 sind absolut genial. Wobei der 2008er noch ein paar Gramm Restzucker hat, was am Tisch sehr aufschlussreich und intensiv diskutiert wurde. Obwohl ich solche Weine lieber knochentrocken mag, stören mich die paar Gramm hier allerdings überhaupt nicht. Die etwas höhere Viskosität wird durch die frische Säure und die kühle Anmutung des Jahrgangs sehr gut ausblanciert. Ganz anders der Morstein 2011, welcher knochentrocken, kräftig und präzise daherkommt. Die Wärme des Jahrgangs ist hier kaum zu spüren, denn dieser Riesling wirkt sehr nobel und elegant.

Zum Schluss hat Gastgeber Beat Caduff noch zwei tolle Morstein-Weine aus 2009 entkorkt. Eine Flasche von Gastwinzer Philipp Wittmann und eine von der Riesling-Ikone Klaus Peter Keller. Auch in diesem Direktvergleich muss sich Wittmann’s Morstein nicht im geringsten verstecken, im Gegenteil! Der Keller Morstein ist ein grosser Schmeichler und wirkt relativ viskos, rund und süsslich. Der Morstein von Wittmann hingegen hat mehr Biss, Präzision und Eleganz. Doch beide Weine wirken noch jung und haben viele Jahre vor sich.

Für den genialen Abend möchte ich mich nochmals herzlich bei allen Beteiligten bedanken. Die Bedingungen, das Essen und die Atmosphäre waren wunderbar. Bei solchen Verkostungen im kleinen Rahmen fühle mich immer viel wohler und kann die Weine sowie Stimmung einfach besser geniessen. Zudem ist es jedesmal eine tolle Gelegenheit sich mit dem Winzer auszutauschen und seine Philosophie zu verstehen. Ein unvergesslicher Riesling-Abend!

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch