1996 Barolo in top Form.
Auf Initiative von Paolo Bardoscia von Selection-B verkosteten wir vor einigen Wochen im kleinen Kreis bei uns zu Hause einige Barolo-Weine aus dem Jahr 1996 sowie einen Piraten aus Barbaresco 1996 resp. zwei andere Jahrgänge aus dem Barolo. Ziel war es, die Trinkbarkeit resp. weitere Lagerfähigkeit der Weine zu prüfen.
Zum Einstieg öffnete ich drei reife Rieslinge aus dem Rheingau, welche sich reif aber durchaus schön präsentierten.
2004, W1, Rheingau: Duftiges Bouquet mit würziger Note und exotischer Frucht. Am Gaumen kräftig und mit Biss, zeigt Noten nach Zitrone und Apfel. Im Abgang etwas kurz aber in sich stimmig. 17.5 vvPunkte, (88/100)
2002, W2, Rheingau: Kräftiges Goldgelb im Glas und im Duft sehr fein und durchaus komplex. Ich vernehme Zitronen-Thymian, weisse Blüten und reife Aprikosen. Saftiger Auftakt am Gaumen mit knackiger Frucht, reifer und frischer Säure, toller Komplexität und Ausgewogenheit. 18 vvPunkte, (90/100)
2004, W3, Rheingau: Sehr dunkles Goldgelb mit kräftiger petrol-Nase sowie Anflüge von Passionsfrucht und Honig. Im Mund sehr weich, viel Frucht, vollem Körper und sehr schöner säure. Da ist richtig Fleisch am Knochen! Wirkt aber deutlich gereift und zeigt eine mittlere Komplexität mit guter Ausgewogenheit. 17.5 vvPunkte, (88/100)
Dann ging es in Serien von 2 resp. 3 Weinen an die Baroli. Die nachfolgenden Notizen sind in der Reihenfolge der Verkostung geordnet.
1996, Mauro Molino, Barolo, Piemont: Im Glas aufgehelltes Granatrot mit wässrigem Rand. Die Nase noch etwas verhalten, braucht Zeit um sich zu öffnen. Zeigt eine schöne Tiefe und einen feinen Duft nach Veilchen, Vanille und roter Frucht. Im Mund noch sehr frisch, knackiger Säure und eher leichtem Körper. Dazu kommen stimmige Aromen roter Johannisbeeren und eine finessenreiche und ausgewogene Balance. Kein Ausbund an Komplexität, aber äusserst stimmig mit viel Finesse und deutlichen Reserven. 18 vvPunkte, (90/100)
1998, Bartolo Mascarello, Barolo, Piemont: Helle Granatrot mit leicht wässrigem Rand und Anflügen von Braun. Die Nase wirkt reif und zeigt nebst schöner Tiefe Noten nach Champignon und leicht moderigem Holz. Am Gaumen recht weich, reif, rotfruchtig und sehr schön eingebundenen Gerbstoffen. Mittlerer Körper, saftige Säure und schöne Harmonie. Befindet sich aktuell in einem schönen Trinkfenster. 17.5 vvPunkte, (88/100)
1996, Vietti Barolo, Piemont: Aufgehelltes Granat, leicht ins Orange tendierend. Die Nase zeigt viel Tiefe, Frische und florale Note nach Eukalyptus, Trockenblumen und Veilchen. Am Gaumen unglaublich weich, fast warm beginnend, dann zeigt der Wein seine Zähne! Delikate Frucht, herrlich reifes Tannin, mittelkräftiger und eleganter Körper und eine saftige, gut eingebundene säure. Das ist alles sehr komplex und was die Nase verspricht, wird am Gaumen genau so umgesetzt. Ein sehr finessenreicher und eleganter Wein mit ausgewogenem Abgang. 18.5 vvPunkte, (93/100)
1996, Marcarini Barolo Brunate, Piemont: Reifes Granat mit deutlich orangen Rändern. Sehr reife Nase, angenehm tief, aber auch etwas modrig. Dahinter schönes Süssholz und eine tolle Komplexität, jedoch mit deutlich spürbarem Alkohol. Straffer Gaumen mit vordergründigen Gerbstoffen und etwas herben Noten und rotfruchtigen Aromen. Mittlerer Körper, nicht so ausgewogen und etwas karg, somit tendiert der Wein etwas zum austrocknen. Im Abgang mit guter Länge, vielschichtig und viel Druck. 17.5 vvPunkte, (89/100)
1996, Paolo Scavino Barolo Cannubi, Piemont: Reifes Granat, sehr wässeriger Rand. Das Bouquet ist sehr schön offen und zeigt Noten nach Karamell, Trockenblumen und Zedernholz. Das wirkt alles sehr harmonisch und Komplex. Am Gaumen angenehm weich, sehr rund und einer grossartigen Würze, wow! Trotz der spürbaren Wärme gibt es hier keine Anzeichen von viel Alkohol und brandigen Aromen. Der Wein hat eine sehr schöne Harmonie, verbindet Süsse mit Frische und wirkt sehr vielschichtig. Sehr gute Länge im Abgang, 18.5 vvPunkte, (93/100)
1996, Conterno Fantina, Barolo Sori Ginestra, Piemont: Im Glas Granatrot mir schönem Glanz. Die Nase ist sehr tief, nobel und komplex. Ich vernehme Trockenblumen, ein Hauch Süssholz und weisser Pfeffer. Wirkt am Gaumen unglaublich weich, sehr schön ausgewogen und hat eine delikate Beerenaromatik. Gerbstoffe, Säure und Frucht sind in grossartiger Balance, sehr gute Struktur! Zeigt eine ausgezeichnete Länge voller Kraft, Finesse und viel Tiefgang – ein klasse Barolo! 19 vvPunkte, (94/100)
1996, Ceretto Barolo Grignore, Piemont: Granatrot mit wässerigem Rand. Sehr offene und zu Beginn etwas stinkige Nase. Diese öffnet sich aber und zeigt eine sehr schöne Tiefe sowie Noten nach Rauch, Torf und verwelkten Veilchen. Am Gaumen straff, etwas von der Säure dominiert aber auch einer herrlich roten Frucht, feinen Gerbstoffen und ausgewogener Struktur. Vielleicht einen Tick zu rustikal, trotzdem ein sehr schöner Barolo mit wunderbarer Länge. 18 vvPunkte, (91/100)
1996, Clerico Barolo Percristina, Piemont: Im Glas helles Granatrot welche auf eine fortgeschrittene Reife hindeutet. Dies ist auch in der Nase zu erkennen, welche etwas staubig, medizinal und leicht muffig wirkt. Zeigt zwar Tiefe, aber die deutlichen Noten nach Steinpilzen polarisieren, das muss man mögen. Sehr reif auch am Gaumen, jedoch weich, ausgewogen und Aromen nach Maggikraut und Bouillon. Im Abgang mit schöner Harmonie und durchaus lang. Dieser Wein ist etwas über den Zenit, ist aber alles andere als unharmonisch. 17.5 vvPunkte, (89/100)
1996, Mascarello, Barolo Monprivato, Piemont: Granatrot mit aufhellendem Rand. Sehr offene und tiefe Nase nach Tabak, Rauch, würziger, dunkler aber auch roter Frucht. Am Gaumen elegant, sehr klar, saftig und straff. Delikate Aromen nach Johannisbeeren und Kerbel, durch und durch knackig und frisch – das ist grosse Klasse! Endet lang und wirkt trotz allem etwas über dem Zenit. Trotzdem: ein herrlicher Wein mit grossartiger Harmonie. 19 vvPunkte, (95/100)
2006, Mascarello, Barolo Monprivato, Piemont: Helles Rubinrot mit noch jugendlichem Glanz. Zugängliche und florale Nase mit vegetalen Anflügen. Wirkt sehr klar, würzig und vielschichtig. Am Gaumen straff und saftig, grossartiger Struktur und reifen Gerbstoffen. Was ich hier im Glas habe wirkt noch fast jugendlich und hat sehr viel Finesse und Tiefe, ein richtiger Traumtänzer! Auch im Abgang lang und voller Finesse, grosses Barolo-Kino! 19 vvPunkte, (94/100)
1996, Gaja Barbaresco, Piemont: Kräftiges, dichtes Granat im Glas. Sehr offene Nase mit Tief und Kraft. Schöne Balance aus würzigen sowie etwas krautigen Aromen, dunkler Frucht und Röstnoten vom Barrique. Tolle Komplexität auch am Gaumen, wo alles straff, kräftig und von fester Struktur ist. Die Gerbstoffe sind reif und gut integriert, alles wirkt sehr dicht, durchaus noch jugendlich und trotz der Power sehr elegant. Definitiv ein toller Wein, braucht aber zwingend Essen. 18.5 vvPunkte, (92/100)
Zum Abschluss gönnten wir uns noch drei weitere, sehr gelungene Weine. Den 2001er Brunello di Montalcino (Annata) von Biondi Santi, einen 1985er Ch. Léoville Poyferré, sowie eine 2001er Clos de Vougeot von Tardy. Alle drei sehr schön gereifte Weine im besten Trinkfenster. Als süsser Abschluss dann noch ein halbes Fläschlein Ch. d’Yquem 2004 der mit einer grossen Frische auftrumpfen konnte.
Es bleibt mir Paolo zu danken, für diese tolle Initiative und die vielen, von Paolo mitgebrachten Weine. Weiter geht mein Dank auch an die tollen Weine von den anderen Degustations-Teilnehmern, welche gezeigt haben, dass Barolo 1996 aktuell wunderbar zu trinken ist.
Ich freue mich bereits auf den nächsten gemeinsamen Abend.
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