Hoss Hauksson im Live-Stream.
Ich berichtete vor ziemlich genau einem Jahr über Hoss Hauksson, der seit einigen Jahren statt strukturierten Produkten, strukturierte Weine produziert. Gestern verkostete ich – in Begleitung von Hoss Hausksson’s Kommentaren im Livestream – einige neue Jahrgänge des Aargauer Winzers. Unter den Weinen befanden sich nicht weniger als drei «Orange-Weine» die allesamt eine spannende Aromatik boten. Hier die spontanen Eindrücke.
2019, Im Lee Pinot Gris, AOC Aargau, Hauksson (Ein auf der Maische vergorener Pinot Gris aus der Lage Im Lee in Döttingen. Stahltankausbau). Leicht getrübtes Rosa, Kupferreflexe. Die Nase zeigt Noten von Himbeeren, Stachelbeeren und Hefenoten, dazu Rosa Grapefruit und getrocknete Gräser. Im Gaumen straff, gradlinig und mit anständig Druck, die Gerbstoffe markieren, verleihen zusammen mit einer frischen Säure die nötige Struktur und tragen die rote Frucht in einen mittellangen, leicht würzigen Abgang. Der Pinot Gris hat auch mit dem Jahrgang 2019 seinen eigenständigen Charakter behalten, ist noch etwas strukturbetonter als sein gelungener Vorgängerjahrgang. Vermutlich ist dieser Wein leichter zu trinken als zu verkaufen. 2020-2025, 17.5 vvPunkte (89/100).
2019, Horn Kerner, AOC Aargau, Hauksson (Orangewine. Wie ein Rotwein gekeltert. Auf den Traubenhäuten vergoren, 3 Monate in Akazienholz). Trübes, milchiges Gelb. In der Nase feinduftig, leicht floral, dazu deutlich Kümmel, Zitrusfrüchte, Orangenblüten sogar Lakritze, spannend. Im Gaumen straff, säurebetont, strukturiert und mit safiger Frucht, wirkt bei sich, zeigt Energie, ist frisch und trinkig aber auch definitiv gewöhnungsbedürftig, macht mir persönlich aber Spass. Jetzt bis 2025 aus grossen Gläsern und nicht zu kühl geniessen. 17.5 vvPunkte (89/100).
2018, Sauvignon Blanc Döttingen, AOC Aargau, Hauksson (Orangewine. Im Akazienholz ausgebaut). Sehr dunkle Farbe, wirkt wie ein rund 10 Jahre gereifter Wein. In der Nase oxidative Noten, offen, kräuterig, reifer Apfel, Quitte, exotische Früchte, Dörraprikosen, Nüsse und Bier. Weicher, ruhiger Gaumen, wirkt ausgewogen, die 14.5% Alkohol machen sich bemerkbar, verleihen Fülle, gut strukturiert, mit deutlich Gerbstoff und im Abgang einer leicht alkoholischen Note. Eine Sauvignon-Blanc-Kuriosität, die mit ziemlich allem bricht, was ich bisher von dieser Sorte im Glas hatte. Braucht Essen und dürfte mit Fisch, Käse und sogar rauchigem Grillgemüse fertig werden. Jetzt bis 2024+ (?) geniessen. 17.5 vvPunkte (88/100).
2018, Solskin Pinot Noir, AOC Aargau, Hauksson. Kräftiges Rubin. Intensive, rauchige Nase, kräftig, dunkelfruchtig, würzig, speckig, warm und reif anmutend, durchaus komplex. Im Gaumen vollmundig, zugänglich und rund, die hohe Alkoholgradation macht sich bemerkbar, wirkt etwas gar mastig und es fehlt an Frische, erinnert mich an gewisse 2003er, die ich seinerzeit «frisch ab Presse» probiert habe. Mir persönlich ist dieser Wein zu wenig elegant und die 15% Alkohol machen ihn im Abgang etwas gar brandig. Ein atypischer Pinot Noir, der besser jung und kühl getrunken werden sollte. Quasi ein italienischer Hengst im Pinot-Kleid. 17 vvPunkte (85/100).
2017, Alpberg Pinot Noir, AOC Aargau, Hauksson (Ausgebaut in zu 60% neuen Holzfässern). Kräftiges Rubin. Offene Nase, rotfruchtig, noch immer vom Barrique geprägt, Räucherspeck, zeigt neben den roten Beeren auch reife, dunkle Kirschen. Im Gaumen straff, würzig und energiegeladen, mittlerer Körper, top integriertes Barrique, der Wein wirkt ungemein rassig und trotz der Dichte auch elegant. Ein Top-Pinot aus dem Aargau der mit 2-3 Jahren Kellerruhe noch besser werden wird. Jetzt (dekantieren) bis 2028. 18+ vvPunkte (91+/100).
2018, Garanoir Dornfelder Döttingen, AOC Aargau, Hauksson. Kräftiges Rubin, sehr dunkel. In der Nase dunkelfruchtig mit schwarzen Kirschen, Brombeeren und einer pfeffrigen Würze, kein hochkomplexes aber ein schönes Duftbild. Im Gaumen rund, fleischig und mit ordentlich Körper, die reife Frucht wird von einer guten Säure getragen, die Gerbstoffe sind bereits gut integriert und verleihen zusätzlich Struktur. Saftig, knackig und mit einer guten Länge macht dieser Wein ordentlich Trinkspass. Grill raus und mit dem Winzer auf die abgeschlossene Ernte anstossen. Nicht zu warm servieren. Jetzt bis 2023 auf der Frucht geniessen. 17 vvPunkte (87/100).
Alle Weine sind bei Cortis oder direkt bei HaukssonWeine.ch erhältlich.
Ich war bis auf den 2017er Alpberg von neuen Weinen mehrheitlich enttäuscht. Das Weingut hat eine komplette Kehrtwende in der Vinifikation, hin zum Orange-Wein vollzogen. Dies ohne eine Kommunikation oder Kennzeichnung auf der Flasche. Für Weissweine in Zukunft leider keine Option mehr für mich.