The Privée hullabaloo

Ihr kennt das: Man wacht schweissgebadet auf, weil man schlecht geträumt hat? Mir ist das kürzlich passiert als der René Gabriel in meinem Traum auftauchte. In der Hand eine Flasche Lafite aus 1921 wo auf der Etikette sein Konterfei zu sehen war. Dabei wurde mir ein Glas kredenzt und der René hat sich dabei köstlich amüsiert. Ich hatte anschliessend echt Mühe wieder einzuschlafen. Aber das können Sie sich ja selbst vorstellen.

Das Traumdeuten möchte ich an der Stelle auch gerne überspringen. Denn die Erklärung hierzu dürfte mich bestimmt noch mehr verwirren (Vorschläge und Erklärungsversuche gerne in den Kommentaren). Ich lag also wach im Bett und dem Renés Geist flattert immer noch durch meine Gehirnwindungen und ich frage mich, warum passiert mir sowas? War der Wein schuld? Zu viel kann es nicht gewesen sein, denn ich lebe seit Anfang Jahr ja viel gesünder. Also zumindest rede ich mir das ein, da ich jetzt ab und an Kichererbsen koche, statt dass ich mir ein Wienerli in die Pfanne haue und mit zwei Spiegeleiern dekoriere.

Aber langsam dämmerte es mir in meinem Dämmerschlaf, und der Angstschweiss verdunstete in die trockene Schlafzimmerluft, habe ich doch kürzlich über das neue Vorhaben von René und Martin gelesen:  «The Privée hullabaloo» geht in die zweite Runde! The Story must go on. Wird ein zweites Mal Geschichte geschrieben?

Bildergebnis für donatsch privée 2015
Ob der 2015er Privée preislich auch wieder durch die Decke geht? (c) vvWine.ch

Aus diesem Anlass reibe ich erneut ganz feste an der Glaskugel: Ihr mögt euch noch an den teuersten Schweizer Wein erinnern? Bis der Electus aus dem Wallis kam, teilten sich die Spitze der Castello Luigi und der Vinattieri, die je nach Jahrgang mit plus/minus 130.– auf den Geldbeutel drückten. Und ja für einen Chardonnay von Gantenbein oder einen Les Rissieux von Tatasciore bezahlt man aus zweiter Hand auch gerne mal 150.–. Wenn’s teuer wird, dann sind wir sonst so eher bei 80/85.–, das obere Mittelfeld liegt dann um 60.– und das Gros der Schweizer Weine liegt wohl um zwanzig bis dreissig Franken rum. Auf alle Fälle ist das die Range, in der ich mich persönlich bewege. Also das, was ich trinke. C’est la vie!

Und dann kam der Tag, an dem an der Weinbörse sechs Kisten des Donatsch Privée unter den Hammer kamen. 36 Flaschen aus dem eigentlich unverkäuflichen Privée-Fässli. Und siehe da, seither sind Vinattieri, Castello Luigi, Electus und Les Rissieux reines Nasenwasser, Einstiegsweine quasi, gemacht für Erstsemester-Studis an der HSG. Denn als der Hammer fiel, schlug so eine Guttere vom Donatsch seinem Pinot mit 1’000 Fränkli zu Buche, was sich in Zukunft nur noch Hätschfondsmänätscher leischten können (und vermutlich noch ein paar reiche Chinesen). Und natürlich frage ich mich, ob die 36 Flaschen je getrunken werden oder als Wanderpokal von Auktion zu Auktion gereicht werden oder als Trophäen in Weinkellern auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Es bleibt spannend. Anyway: Ich verlor darüber ein paar Zeilen und stellte die Frage: Hype oder kein Hype? Denn jetzt kommt an besagter Auktion der zweite Streich von Martin und René. Denn 2015 wurde erneut nicht nur das Beste, sondern gleich zwei beste Fässli als Privée-würdig eingestuft. Somit wurden davon also doppelt so viel, nämlich 585 Flaschen abgefüllt. 120 davon, also rund dreimal mehr als letztes Jahr, kommen in Bad-Ragaz am 9. Mai 2020 unter den Hammer.

Und jetzt die Gretchenfrage: Was passiert am besagten Tag, wenn die Lots des Privée aufgerufen werden? Wie auch beim letzten Mal, vergab der René 20/20 Punkte. Stephan Reinhard benotete den 13er Privée mit sensationellen 97 Punkten. Der «normale» PN Unique bekommt im Jahr 2015 nur ein Pünktchen weniger als sein Kollege aus 2013. Daher gehe ich davon aus, dass der Martin für den 15er Privée gleich, oder ein Punkt schwächer bewertet wird. Aus diesem Grund und aus Gründen der besseren Verfügbarkeit, gehe ich davon aus, dass der Hammer bei 700 bis 800 Franken fällt. Aber vermutlich irre ich mich und mache die Rechnung ohne den Wirt. Denn der Faktor Mensch und die Tatsache, dass er sich, getrieben von einer massiven FOMO (Fear of missing out) an einer Auktion befindet, kann also durchaus dazu führen, dass hier erneut die Rakete durch das Dach schiesst. Wir werden sehen, ob sich dieser Marketing-Clou wiederholt. Lasst die Spiele beginnen!

2 Kommentare
  1. Hannes Locher
    Hannes Locher says:

    Wie ich gehört habe wurden zumindest 18 der 30 versteigerten Flaschen (waren nicht 36) oder zumindest 3 von 5 Kisten von Donatsch-Fans und Weinliebhaber gekauft (die die dann auch trinken werden).

    Ich erwarte, dass der Preis tiefer sein wird. Schon beim letzten Mal war nur 1 Kiste über 1000 Franken und die anderen um 700. Dieses Mal erwarte ich eher Preise zwischen 350-500 Franken pro Flasche. Dabei kann es natürlich immer passieren, dass die eine oder andere Kisten hochgeboten wird (vor allem gegen Schluss).

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  2. Katarina
    Katarina says:

    Getreu dem Motto Ihrer Kolumne lieber Herr Uehlinger, da muss man schon leicht einen sitzen haben, wenn man da mitbieten tut. Was treibt die Leute an? Ahh, wir sind mal wieder beim Thema Gier. „Greed is all right, by the way. I want you to know that. I think greed is healthy. You can be greedy and still feel good about yourself.“, Gordon Gekko. Fragt sich nur, welche Art von Gier am fragwürdigsten ist. Die des Auktionators nach hohen Zuschlägen und damit Gebühren (und wahrscheinlich auch Prestige), die des Verkäufers nach Geld und einer vermeidlichen Anerkennung oder die Gier des Käufers nach Prestige und Anerkennung, schaut her, was ich mir leisten kann (by the way, was kostet eigentlich die Welt?). Sonderbar, alle für sich. Aber eigentlich nur schade für das Ansehen und das Renommee des Weingutes Donatsch, was bis anhin, zu mindestens in meiner Wahrnehmung, als anständig und bodenständig galt.Verwunderlich finde ich auch, dass der Snobismus offensichtlich weiterhin Hochkonjunktur hat, im fortschreitenden 21. Jahrhundert. Oder vielleicht gerade deswegen. Wer weiss das schon. Cheers!

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