Notte Barbaresco.
Am letzten Freitag war es wieder mal soweit. Roger Umricht lud zu einer munteren Verkostungs-Runde mit mehrgängiger, kulinarischer Begleitung aus der hauseigenen Küche. Das Thema lautete Barbaresco und am Start standen ein gutes Duzend Barbaresco-Weine von verschiedenen Produzenten und aus unterschiedlichen Jahrgängen. Den Aufktakt machte ein gelungener Roero Arneis von Bruno Giacosa.
2018, Roero Arneis, Bruno Giacosa. Piemont, Italien. Blasse Gelb. Feine Nase, weisser Pfirsich, etwas Apfel. Schlanker Gaumen, reife Frucht, frisch, cremige Textur, endet lang auf Birne und etwas Banane. Ausgewogen, nicht zu schwerfällig und ohne jegliche Süsse, wenn auch nicht wirklich Emotionen weckend. 17.5 vvPunkte (89/100)
Weiter ging es mit einer Vertikalen von Socré, dessen Weine sich gut wenn auch etwas heterogen zeigten.
2013, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Leuchtendes Rubin Intensiv, würzig, viel reife Kirschfrucht, auch Pflaumen, getrocknete Kräuter, florale Töne. Im Mund kräftig, noch etwas ungestüm, herrlich reife Frucht, sehr feine Gerbstoffe, top Säure und im Abgang langanhaltend, rotfruchtig mit floralen Retro-Aromen. Noch jugendlich, muss noch etwas reifen, dürfte dann noch etwas zulegen. 18+ vvPunkte (90+/100)
2012, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Helles Rubin. Florale Nase, Kirsche, Zwetschgen, Tee. Sehr feiner Gaumen, schlank, mit straffer Struktur, markanten, leicht trocknenden Tanninen und einer lebhaften Säure. Endet mittellang. Verspricht in der Nase etwas mehr als er am Gaumen dann halten kann. 17.5 vvPunkte (89/100)
2011, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Helles Rubin. Verschlossene Nase, warm anmutend, dann aber auch mit krautigen Noten. Im Gaumen zeigt der Wein einiges an Fülle, die Gerbstoffe sind etwas klebrig, verleihen dem Wein eine sehr gute Struktur, doch da ist auch eine gewisse Hitzigkeit mit im Spiel. Der Abgang ist lang, rotfruchtig, wieder etwas hitzig. Nicht zu warm servieren. 17.5 vvPunkte (89/100)
2010, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Helles Rubin. Feinduftige Nase, tiefgründig, leicht rauchig, deutlich Terroir, auch florale Noten, verspielt. im Gaumen zugänglich, weich im Auftakt, packt dann zu, zeigt eine markante Struktur und ein sehr fein gewobenes Gerbstoffgerüst, die Säure ist genau richtig dosiert, die Frucht ist zart. Im Abgang mit Persistenz, insgesamt sehr elegant. Macht jetzt Spass, kann reifen. 18.5 vvPunkte (93/100)
2008, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Kräftiges Rubin. Reife Nase, offen, dezent kräuterig, viel reife Kirsche, Gewürze, rauchige Noten, angenehm komplex. Im Gaumen zugänglich, zeigt einiges an Fülle, eine sehr schöne Frucht, feine Gerbstoffe, top Säure, endet lang, würzig. Ein Wein, der am Anfang einer schönen Trinkreife ist und gute Reserven hat. 18 vvPunkte (91/100)
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2006, Barbaresco „Roncaglie“, Socré, Piemont, Italien. Helles Rubin. Feine Nase, zurückhaltend, zeigt Reife, Kirsche, Gräser. Im Gaumen schlank, klassisch, mit merklich Gerbstoffen, diese sind leicht trocknend, dennoch sehr filigran und im Abgang lang und ausgewogen. Aktuell in einem sehr schönen Trinkfenster. 18 vvPunkte (90/100)
Die nachfolgenden Weine der Cascina Luisin überzeugten mich sehr, denn hier scheint man eine klassische Linie gefunden zu haben und mit viel Fingerspitzengefühl auf die Eigenheiten der Jahrgänge einzugehen.
2013, Barbaresco „Rabaja“, Cascina Luisin, Piemont, Italien. Helles Rubin. Feine Nase, klassisch, kühl, rotfruchtig, süsse Kirschen, florale Noten. Schlank, gradlinig, sehr feingliedrig, feminin, top Struktur, tänzerisch leicht, sensationelle Säure, das vibriert, hallt lange nach. Stilistisch ein Hit, klassisch, ausgewogen, mit Charakter. Das Plus indiziert, dass hier in ein paar Jahren vielleicht noch mehr kommt… 18+ vvPunkte (91+/100)
2012, Barbaresco „Rabaja“, Cascina Luisin, Piemont, Italien. Kräftiges Rubin. Kühle, rauchige Nase, krautige Nase. Im Gaumen straff, üppige Frucht, dennoch schlank und mit guter Säure/GS Balance, die GS sind nicht so ausgeprägt wie im 2013er, top ausgewogen. Sehr gut gemacht in diesem nicht einfachen 2012 und mit Subtilität genau richtig extrahiert, bravo! 18 vvPunkte (90/100)
Etwas heterogen bezüglich Stilistik empfand ich die Riserva-Wein der Cascina Coccalini. Qualitativ nicht schlecht jedoch ohne erkennbare Handschrift – ob man hier noch etwas auf der Suche ist?
2011, Barbaresco Riserva, Cascina Roccalini, Piemont, Italien. Mittleres Rubin. Expressive Nase, Heu, getrocknete Gräser, reife Kirsche, Zwetschgen. Im Gaumen üppig aber nicht plump, sehr feines Tannin, viel Fruchtsüsse, geschliffene Tannine, allerdings ist auch der Alkohol spürbar, langanhaltend. Wirkt für mich etwas zu gemacht, fast schon kitschig, ein Crowd Pleaser wenn auch qualitativ sehr gut. 18 vvPunkte (90/100)
2013, Barbaresco Riserva, Cascina Roccalini, Piemont, Italien. Helles Rubin. Klassische Nebbiolo-Nase, rotfruchtig, steinig, kühl, mit Aromen von Rosenblüten und Sauerkirschen. Straffer Gaumen, schlank, präzis, sehr feine Gerbstoff-Textur, der Wein hat Zug und zeigt viel Saftigkeit, Würze, hat durchaus Energie und endet lang. Sehr gut gemacht für 2012, nicht zu viel extrahiert, bravo. 18 vvPunkte (91/100)
Die Weine der Cascina Bruciata tanzten etwas aus dem Rahmen, sowohl in Sachen Jahrgang als auch bezüglich Qualität.
2007, Barbaresco Rio Sordo, Cascina Bruciata, Piemont, Italien. Reifes Rubin. Sehr offen, expressiv, verführerisch in der Nase, zeigt Rosen, Weihnachtsgewürze, Tee, komplex. Im Gaumen zugänglich, weich und rund, packt dann zu, zeigt eine reife Frucht und viel Schmelz, die Gerbstoffe sind bereits gut eingebunden, stützen, die Säure wirkt etwas tief. Endet langanhaltend mit Weihnachtsgewürzen im Abgang. Ein gereifter Wein der sein warmes Jahr nicht verbirgt und über den Abend rasch abbaut. Ab sofort bis 2022 geniessen. 17.5 vvPunkte (89/100)
2002, Barbaresco, Cascina Bruciata, Piemont, Italien. Reifes Rubin. Offene Nase, Eukalyptus, auch Medizinschrank, dazu verbranntes Caramel und eingemachte Zwetschge. Im Gaumen zugänglich, rund im Auftakt, wird dann aber rasch straff, zeigt etwas klebriges Tannin und eine markante Säure. Im Abgang angenehm lang. Ein gelungener 02er aber definitiv kein grosser Wein. 17.5 vvPunkte (89/100)
Die letzten drei Weine präsentierten sich dann nochmals heterogen. Während sowohl die Alten Reben von Paitin als auch der Ovello der Produttori überzeugten, fiel der 2006er Riserva Vigna Rongalio von Abrigo etwas ab.
2008, Vecchie Vigne Riserva, Paitin, Piemont, Italien. Reifes Rubin. Offene Nase, das Barrique deutlich erkennbar, dazu Leder, auch ein Hauch Sattel, reife Kirschfrucht, dunkle Schokolade. Der Gaumen ist druckvoll, sehr kräftig, fast schon üppig jedoch mit einer sehr guten Balance zwischen Frucht, Gerbstoffen und Säure, zieht am mittleren Gaumen durch und endet langanhaltend. Ein modern gemachter Wein, bereits sehr gut zugänglich wenn auch etwas harmlos. Technisch sehr schön, wenig Emotion. 18.5 vvPunkte (92/100)
2006, Meruzzano Riserva Vigna Rongalio, Orlando Abrigo, Piemont, Italien. Kräftiges Rubin, reife Farbe, aufgehellte Ränder. Sehr intensive Nase, wirkt verbrannt, zeigt auch überreife Frucht, viele Weihnachtsgewürze. Im Gaumen üppig, sehr reif, die Gerbstoffe markieren, wirken etwas gar trocknend, endet mittellang. Nicht schlecht aber ohne Eleganz und mit wenig Harmonie. 17 vvPunkte (87/100)
2008, Barbaresco Ovello Riserva, Produttori del Barbaresco, Piemont, Italien. Kräftiges Rubin. Reife Nase, sehr warm anmutend, Zwetschgen, Feigen, Kräuter, dunkel Kirschen, komplex. Im Gaumen feingliedrig, saftig, frisch, die Frucht ist genau richtig reif, die Säure stimmt, feinste Gerbstoffe stützen, wunderbare Balance. Im Abgang lang, würzig, mit Retro-Aromen auf reife Früchte, allerdings mit steigender Temperatur auch mit einer gewissen Brandigkeit. Dennoch, ein sehr guter Barbaresco der nicht zu warm serviert werden sollte. 18.5 vvPunkte (92/100)
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Zum Abschluss verkosteten wir blind einen gereiften Wein. Aufgrund der sehr weit entwickelten Aromatik und den wunderbar abgeschmolzenen Gerbstoffen, tippte ich auf einen 1961er Barbaresco. Das war bezüglich Traubensorte kreuzfalsch, nicht aber bezüglich Jahrgang… Wir genossen einen 1962er Morgon von Jean Vouillon, der sich erstaunlich gut gehalten hat (der Wein natürlich, nicht der Jean). Dieses berührende Erlebnis zeigte mir einmal mehr auf, dass Beaujolais zu unrecht eine unterschätzte Weinregion ist.
Ganz und gar nicht abgefallen ist an diesem Abend die Küche. Roger Umbricht hat einmal mehr bewiesen, dass in ihm ein Koch verloren gegangen ist. Sämtliche Gerichte überzeugten mit perfekten Garstufen, viel Finesse und aromatischer Komplexität. Bravo und grossen Dank für diesen wundervollen Abend!
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