K(l)eine Bagatelle aus Saint-Chinian.
«Bagatelle» ist in französischer Sprache doppeldeutig. Einerseits steht es für «Kleinigkeit» (wie in Deutsch auch) andererseits kann es auch «Liebschaft» heissen. Clos Bagatelle verkörpert beides, zum einen die Liebe (am Leben und zum Wein), zum anderen die Präzision und Passion fürs Detail. Das in Familienbesitz liegende Weingut gehört zur Appellation Saint-Chinian, ein wildes, karges und dennoch hochspannendes Gebiet im nordwestlichen Hinterland von Béziers rund 20 Kilomter nördlich von Narbonne.
Die Böden hier, das zeigt eine interessante geologische Studie, sind vielfältig und durch vier unterschiedliche Einflüsse geprägt. Erstens, die Variszische Orogenese (das war vor rund 300 Millionen Jahren einer der bedeutendsten Schritte bei der Bildung des Superkontinentes Pangaea, die noch bis zum Ende des Paläozoikums andauerte). Zweitens, das Terroir Saint-Jean-de-Minervois, welches von atlantischen Einflüssen mit Kalk- und Fossilien von vor rund 55 Millionen Jahren geprägt ist. Dann die Ausläufer der Pyrenäen, genannt Terroir von Assignan, wo Ton- und Kalkgestein dominiert und schliesslich das Terroir von Lauzes, Überbleibsel aus der Eiszeit vor rund 100 Tausend Jahren mit Quarzit und Schwemmland. Das klingt äusserst vielschichtig und sehr kompliziert. Genauso vielschichtig aber überhaupt nicht kompliziert sind die Weine, diedie ich heute im Glas habe…
2016, Clos Bagatelle «Au Fil de Soi», Saint-Chinian, Languedoc, Frankreich (30% Mourvèdre, 30% Grenache, 30% Syrah, 10% Carignan) Mittleres Rubin, violette Reflexe. In der Nase intensiv duftend nach reifen Brombeeren, schwarzen Johannisbeeren, Sauerkirschen, Garrique-Kräutern, Amareto, Süssholz, auch etwas grüne Paprika, sehr schönes Aromaspiel. Im Auftakt weich und fruchtbetont, mittlerer Körper, zeigt Schmelz und eine gewisse Fülle, bleibt dabei aber elegant, ungemein würzig und mit herrlicher Frucht sowie feinen Tanninen ausgestattet zeigt sich der Wein im Abgang angenehm langanhaltend, endet auf eine ins Rotfruchtige tendierende Rückaromatik. Ein Charmeur. Jetzt bis 2025 geniessen, 18 vvPunkte (90/100).
2015, Clos Bagatelle «La Terre de mon Père», Saint-Chinian, Languedoc, Frankreich (50% Syrah, 30% Mourvèdre, 20% Grenache). Kräftiges Rubin, jugendlicher Glanz. In der Nase direkt nach dem Öffnen sehr expressiv, intensiv duftend nach Brombeeren, Blaubeeren, getrockneten Kräutern, reifen, schwarzen Kirschen, darüber florale Aromen und ein Hauch Tabak, sehr komplex. Im Auftakt gradlinig, straff, das ist nicht einer dieser schweren, klebrigen, über-üppigen Südfrankreich-Weine, nein im Gegenteil, trotz viel Konzentration und 14.5% scheint der Wein förmlich über die Zunge zu schweben, zeigt viel Eleganz, seidenweiches, fein gewobenes Tannin, die konzentrierte Frucht ist reif aber nicht überreif, wird von den Gerbstoffen und einer knackigen Säure getragen. Im Abgang zieht sich der Wein lange hin, zeigt eine fast pfeffrige Würze und endet auf reife Himbeeren. Zu diesem Preis ein absoluter Hit. Jetzt bis 2028 geniessen, 19 vvPunkte (94/100).
Die Weine sind für kurze Zeit bei Love-is-the-answer im Laden-Atelier respektive bei Daniel Vins erhältlich.
Dein Kommentar
Want to join the discussion?Feel free to contribute!