Electus 2013 und Eclat 2014-2016: Schweizer Wein auf internationalem Niveau.

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Fast zwei Jahre ist es her, als ich die Aushängeschilder von Provins resp. Valais Mundi mit den klingenden Namen Electus und Eclat zum ersten Mal verkosten durfte. Ich war beeindruckt von der Qualität der beiden Rotweine mit Jahrgang 2010 und 2011 sowie vom damals neu geschaffenen Weisswein namens Eclat.

Entsprechend wollte ich es mir nicht entgehen lassen, auch den neuen Jahrgang 2013 des Electus zu verkosten. Der 2013er ist gleich doppelt spannend, a) weil auch 2013 kein einfaches Jahr war und b) weil 2012 kein Electus produziert wurde, weil das Jahr klimatisch zu herausfordernd war. So schlägt dieser 2013er Electus also eine Jahresbrücke und wurde darum vom geladenen Fachpublikum mit viel Spannung erwartet.

Electus 2013: kann sich auf der internationalen Bühne behaupten (c) vvWine.ch

Die Verkostung 
Die Verkostung fand am 30. August im Hotel Carlton in Lausanne statt. Eine kleine Gruppe von Wein-Bloggern, Journalisten, Weinfachpersonen sowie Vertreter von Valais Mundi trafen sich zu einer sehr gut organisierten „Masterclass“. Damit jeder der Teilnehmer den Electus 2013 ohne Vorurteile bewerten konnte, wurde dieser zusammen mit zehn anderen potentiell grossen Weinen dieser Welt ausgeschenkt und blind verkostet. Die Teilnehmer wussten einzig, dass einer der elf präsentierten Weine ein Electus 2013 war, und dass die anderen Weine „grosse Weine“ dieser Welt mit Jahrgang 2013 waren. Sämtliche Electus-Konkurrenten waren Weine auf Basis von kräftigen Sorten wie Cabernet, Syrah, Merlot etc., es wurden also keine Pinot Noir Weine ausgeschenkt.

Die zentrale Frage lautete: kann der Wein aus dem Wallis auf der Bühne der grossen Weine dieser Welt mitspielen? Eines vorweg: der Electus hat sich gut gehalten. Beim anschliessenden Aufdecken der Weine gab es aber dennoch die eine oder andere Überraschung und man diskutierte angeregt über Jahrgangscharakteristik, Machart und Stil. Ganz im Sinne von „zehn Personen, zwölf Meinungen“ war es mir am Schluss nicht möglich, eine konsolidierte Rangliste zu erstellen.

Darum nachfolgend meine persönlichen Eindrücke, welche in der rund einstündigen Verkostung entstanden sind. Die Weine sind in der Reihenfolge der Probe geordnet und wie oben erwähnt entstanden meine Bewertungen absolut blind. In Klammer die jeweiligen Durchschnittspreis von Wine-Searcher in der Schweiz.

Blind als „Electus“ erkannt, doch verstecken muss er sich auch vor grossen Namen nicht (c) vvWine.ch

Electus auf der Bühne der grossen Weine

2013, Pape Clement, Pessac-Léognan (CHF 81): Kräftiges Rubin, leicht aufgehellter Rand. Offene Nase, etwas Cassis, Schlagsahne, bereits Anflüge von Leder, erste Reifenoten, gute bis sehr gute Komplexität. Sehr frischer Gaumen, rotfruchtig, saftig und mit etwas Würze, dezent Tabak, leichter bis mittlerer Körper, die Gerbstoffe und die Säure sind markant, im Abgang von sehr guter Länge, endet etwas trocknend. Ein charaktervoller Wein der noch etwas reifen kann, der aber etwas mehr Fleisch am Knochen haben könnte. 2018-2030, 18 vvPunkte, (90/100)

2013, Pontet-Canet, Pauillac, (CHF 99): Kräftiges Rubin, im Kern ziemlich dicht. Sehr expressive Nase, Kräuter, Minze, Schokolade, dunkle Beeren, sehr viel Cassis, reife Himbeeren, wunderbare Komplexität. Am Gaumen weich im Auftakt, dann packt der Wein zu, sehr frisch, trotz beachtlicher Fülle, ausgesprochen feine Gerbstoffe, genau richtig dosierte Säure, rotfruchtige Aromen ergänzen die Cassisfrucht, dazu auch schwarze Kirsche und würzige Elemente. Im Abgang sehr lang und ausgewogen. Modern gemacht, sehr üppig aber ohne jegliche Klebrigkeit. Jetzt bis 2035, 19 vvPunkte, (94/100)

2013, Sassicaia, Toskana (CHF 174): Mittleres Rubin, leicht aufgehellter Rand. Offene, feinduftige Nase, dunkle Kirschen, Pflaumen, Cassis, Thymian, schwarze Oliven, Kaffee, sehr gute Komplexität. Sehr weicher Auftakt, mollige Frucht, reifes Traubengut, dunkle und rote Beeren, leicht laktisch, spannungsvoll, mit sehr feinen Gerbstoffen, gut integrierter Säure aber merklich Alkohol. Langanhaltend, würzig und ebenfalls sehr alkoholisch im Abgang. Ein sehr schöner Wein, wenn nur der Alkohol etwas dezenter wäre, kann reifen. 2020-2035+, 18.5 vvPunkte, (92/100)

Ein hochkarätiges Spielfeld für Electus (c) vvWine.ch

2013, E. Guigal, Côte Rôtie La Mouline (CHF 278): Kräftiges Rubin, jugendlicher Glanz. Sehr expressive Nase, noch markant vom Holz geprägt, doch dieses ist sehr schön und gut integriert, darüber weisser Pfeffer, Kirschen, Leder, Gräser, Tabak, enorm spannungsvoll, tief, rein und klar wie ein Bergbach, ausgezeichnete Komplexität. Seidenweicher Auftakt, kraftvoll, dicht doch ohne jegliche Schwere, die Tannine sind sehr fein gewoben, die Säure perfekt integriert, wieder dunkle Kirschen, Brombeeren, würzige Noten, das ist ein Mund voll Wein aber er zeigt keinerlei Breite. Langanhaltender, dunkelfruchtig und sehr würziger Abgang. Wow, ein Wein-Monument und ein Rhone-Syrah-Archetyp. 2018-2044+, 19 vvPunkte, (96/100)

2013, Solaia, Toskana (CHF 212): Kräftiges Rubin, dichter Kern. Sehr kräftige Nase, deutlich Lakritze, dunkle Schokolade, Rauch, Weihnachtsgewürze, Tabak, dahinter geballte dunkle Frucht, florale Noten schwingen mit, Minze, sehr verspielt, verändert sich ständig, ausgezeichnete Komplexität. Weicher, vollmundiger Auftakt, reife, warm anmutende Frucht, Kirschen, Brombeeren, Blaubeeren, am mittleren Gaumen merklich Gerbstoff, sehr feine Textur, körperreich aber nicht plump. Sehr langer Abgang, endet würzig und auf eingelegte, schwarze Kirschen. Ein Wein mit sehr guten Reserven. 2018-2036+, 19 vvPunkte, (95/100)

2013, Ornellaia, Toskana (CHF 179): Sehr dichtes Rubin, im Kern fast schwarz. Warm anmutende Nase, definitiv südlich geprägt, reife dunkle Frucht, Pflaumenkompott, Nelken, Trockenblumen, Oregano, sehr gute Komplexität. Üppiger Auftakt, hier ist einiges an Fleisch am Knochen, feinste, sehr markante Gerbstoffe, eher tiefe Säure, die Struktur trägt die ausladende Frucht, eigentlich eher ein Fruchtkonzentrat, der Wein ist enorm konzentriert, etwas zu kraftvoll für meinen Gusto, qualitativ aber einwandfrei und mit sehr schönem, fruchtig-würzigem Abgang. Modern, könnte mit der Reife noch zulegen. 2020-2036+, 18.5+ vvPunkte, (92+/100)

2013, Pichon Baron, Pauillac (CHF 93): Leuchtendes Rubin, schöner Glanz. Sehr offene, expressive Nase, anfangs leicht laktische Noten, dahinter dunkle Beeren, Rauch, Schwarztee, Zartbitterschokolade, mit mehr Luft immer mehr Tiefe zeigend, sehr gute Komplexität. Am Gaumen fast harmlos beginnend, dann breitet sich der Wein aus, zeigt eine reife Brombeerfrucht, auch rote Beeren gesellen sich dazu, mittlerer Körper, die Gerbstoffe sind noch etwas gar ungestüm aber von guter Qualiät, die Säure hält den Wein frischer als es die Nase vermuten lässt, sehr gute Balance. Im Abgang von sehr guter Länge, gefällt mir mit seiner Würzigkeit. Hat Stil und Charakter ohne Anspruch auf Grösse. 2020-2034+, 18.5 vvPunkte, (93/100)

Top gelungen: Solaia 2013 und Ornellaia 2013 (c) vvWine.ch

2013, Electus, Wallis (CHF 150) – Assemblage aus 35% Cornalin, 28% Humagne Rouge, 18% Diolinoir, 9% Merlot, 8% Cabernet Sauvignon und 2% Cabernet Franc: Kräftiges Rubin, schöner Glanz. Die Nase ist angenehm tief, noch etwas verhalten, ätherische Noten, getrocknete Blumen, Oregano, Gewürze, reife Brombeeren, ausgesprochen komplex und mit mehr Luft sich ständig verändernd. Weicher Auftakt, dicht, mit sehr guter Konzentration, die roten Beeren nehmen überhand, eine leicht krautige Note kommt dazu, markant Gerbstoff, sehr saftige aber gut dosierte Säure, das Holz ist sehr gut eingebunden, der Wein hat Spannung und einiges an Potenzial. Ein kraftvoller Bursche, aktuell noch etwas wild, doch mit sehr guten Anlagen. 2020-2035+, 18.5 vvPunkte, (93/100)

2013, Angelus, St-Emilion CHF 259): Kräftiges Rubin, leicht aufgehellter Rand. Deutlich vom Holz geprägte Nase, dahinter Blumen, dunkle und rote Beeren, Cassis, Rauch und eine leicht medizinale Note, sehr gute Komplexität, braucht sicher noch Zeit sich zu entwickeln. Im Auftakt weich und zugänglich, gradlinig und mit markanter Säure ausgestattet, mittlerer bis kräftiger Körper, rotfruchtige Aromen dominieren, gut gemacht, aber nicht ganz so spannungsvoll wie andere Weine in dieser Runde. Saftiger, würziger und angenehm frischer Abgang. Ein insgesamt etwas gemacht wirkender Wein von sehr guter Qualität. 2020-2032+, 18.5 vvPunkte, (92/100)

Enttäuschend: Angelus 2013 (c) vvWine.ch

2013, Opus One, Kalifornien (CHF 315): Sehr dichtes Rubin, im Kern fast Schwarz. Eigenwillige, fast etwas parfümiert wirkende Nase, getrocknete Blumen, dahinter konzentrierte dunkle Beerenfrucht, Anflüge von Minze, Nüsse, Rauch, ausgesprochen vielschichtig und komplex, braucht noch Zeit sich zu entwickeln. Weich und füllig im Auftakt, ungemein feine Tannine, poliert, präzis, die Frucht wirkt allerdings süss, südlich, warm, fast etwas gekocht, die Säure ist moderat, dunkle Schokolade, etwas Lakritz. Im Abgang von sehr guter Länge, ein Charmeur. Modern, definitiv top vinifiziert aber mit etwas wenig Seele. Jetzt bis 2035, 18.5 vvPunkte, (93/100)

2013, Alion, Ribera del Duero (CHF 67): Kräftiges Rubin, schöner Glanz. Sehr expressive Nase, würzig, floral, dunkle und rote Beeren, Kirsche, ein Strauss von Aromen, durchaus komplex, verspielt und mit schöner Spannung. Sehr zurückhaltender Auftakt, dann packt der Wein zu, die Gerbstoffe sind fein gewoben, die Säure stimmt, rotfruchtige Aromen beginnen zu dominieren, kraftvoll aber nicht plump, modern, saftig, mit Charakter aber nicht der ganz grossen Komplexität. Insgesamt aber ein sehr gelungener Wein, hat Reserven. 2019-2032, 18.5 vvPunkte, (92/100)

Das gesamte Line-up (c) vvWine.ch

Drei Jahrgänge Eclat

2014, Eclat, Wallis: Mittleres Gelb, weisslicher Rand. Sehr duftige Nase, leicht reduktiv, verhalten, kühl, burgundisch anmutend, Zitrusfrüchte, Grapefruit, Gräser, Akazienblüten, ein Hauch Tee, dann auch ein Hauch Ananas, das ist verspielt und lebhaft, spannungsvoll, steinig und mit sehr guter Komplexität. Am Gaumen straff, sehr knackige Frucht, Mirabellen, Zitronen, Ananas, grüner Apfel, ungemein knackige Säure, auch hier sehr spannungsvoll und mit herrlicher Mineralik. Im Abgang sehr langanhaltend, endet auf einen Hauch Petrol. Stilistisch genau auf meiner Linie, der Wein ist so knackig und klar, da jubeln die Sinne. 2017-2028, 19 vvPunkte, (94/100)

2015, Eclat, Wallis (80% Petit Arvine, 20% Heida, Fermentation in neuen Barriques, 9 monatiger Ausbau auf der Hefe im Barrique): Blasses Gelb, weisslicher Rand. Sehr feinduftige Nase, Akazienblüten, grüner Apfel, Zitrusfrüchte, Passionsfrucht, sehr gut integriertes Holz, leicht rauchige Noten, komplex und verspielt. Fruchtbetonter Gaumenauftakt, Mirabellen, Zitrusfrüchte und auch exotische Früchte dominieren die Aaromatik, die Säure ist gut eingebunden, eine feine Mineralik ist da, im Abgang würzig, fruchtbetont und mit sehr guter Länge. Ein sehr gelungener Weisswein mit Reserven für sicher zehn Jahre. Jetzt bis 2027+, 18.5 vvPunkte, (92/100)

14 hervorragende Weine in ca. zwei Stunden (c) vvWine.ch

2016, Eclat, Wallis (Fassmuster): Helles Gelb, noch mit Trübstoff (ungefiltert). In der Nase deutlich vom Ausbau geprägt, dahinter florale Noten, weisse Blüten, Zitrusfrüchte, Grapefruit, viele exotische Früchte, da deutet sich ein Wein mit Viel Tiefgang an. Vollmundiger Gaumen, keinerlei Schwere, das Fruchtpaket ist dicht und konzentriert, dabei bleibt er aber super frisch, mineralisch, spannungsvoll, strukturiert und mit hervorragender Säure, stilistisch nahe am 2014er, doch mit etwas mehr reifer Frucht und Fleisch am Knochen. Im Abgang von sehr guter Länge, könnte den 2014er in einigen Jahren um eine Nasenlänge schlagen. Bravo! 2018-2032, 19 vvPunkte, (94+/100)

Fazit: Weder der Electus noch der Eclat brauchen sich vor den grossen Namen dieser Welt zu verstecken. Im Gegenteil. Sie sind eine interessante Interpretation eines unvergleichlichen Terroirs und ideale Kandidaten für eine Blindprobe mit Überraschungen.
Es bleibt mir dem Team von Valais Mundi danke zu sagen. Danke für die tolle Probe, die einwandfreie Organisation und natürlich auch Danke für zwei wunderschöne Schweizer Weine.

Erhältlich sind die Weine in der Deutschschweiz bei www.Riegger.ch.

Irgendwie gefällt mir dieses Bild: die Verkoster bei Valais Mundi, 30. August 2017 (c) vvWine.ch
PS: Hier geht’s zu einem weiteren Bericht von Ellen Wallace, einer befreundeten Food-Journalistin aus der Westschweiz.
2 Kommentare
  1. Bona Aestimare
    Bona Aestimare says:

    Ganz spannende Verkostung – da wäre ich doch sehr gerne dabei gewesen. Und wenn ich die Bewertungen von Sassicaia und Ornellaia lese hätte ich doch auch ganz gerne den Ville Rustiche von Eucaliptus dazugestellt. Die Degustationsnotizen zum Ville Rustiche:

    http://weinclub-ybrig.blogspot.ch/2016/03/eucalipus-bolgheri-weine-vom-feinsten.html

    http://bona-aestimare.blogspot.ch/2016/10/unter-verschluss-der-ville-rustiche-aus.html

    http://bona-aestimare.ch/eucaliptus-bolgheri/

    Meine wiederholte Erfahrung: besser als Sassicaia und fast auf Augenhöhe mit Ornellaia, diese Kleinproduktion. Unbedingt einmal probieren.

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Syrah, Cinsault und Rolle. Zusammen mit Johanna Dayer (Jahanna ist auch Projektleiterin „Electus“ bei Valais-Mundi), welche dem Paar mit oenologischer Beratung zur Seite steht, füllt man […]

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